Frühsommer 1996. Das Staatstheater Stuttgarter führt Heinrich v. Kleists "Hermannsschlacht" auf. In der Inszenierung von Dietrich Hilsdorf tragen die Germanen Uniformen aus der Zeit der Befreiungskriege, die Römer sind eindeutig als Franzosen zu identifizieren. Und gezeigt wird uns weniger ein Stück über den Sieg Hermanns im Teutoburger Wald, als eines, das die Abgründe der deutschen Seele ausleuchtet.
Zuviel historisch-politische Bildung auf der Bühne oder gelungenes Beispiel dafür, wie Theater sich einmischt in die Fragen seiner Zeit?
Theater, wenn es nicht museales Nachspiel klassischer Vorlagen sein will, hat immer nach dem "Zeitbezug" gefragt. Und solches Theater ist auch immer wichtiger geworden bei der Einführung kultureller Elemente in die politische Bildung. [2]
Welche Erwartungen sind daran geknüpft, wenn Literatur, Musik, Bildende Kunst, Theater in Veranstaltungen der politischen Bildung auftauchen, die doch sonst in erster Linie auf rationalen Diskurs setzt? Auf jeden Fall sollte mehr erwartet werden als eine bloße Ergänzung oder ein besonderer Anreiz, der einer manchmal dröge wirkenden "politischen Bildung" ein attraktiveres Aussehen verleihen soll.