Forumstheater

Vom Kaffeekönig und dem Campesino Pedro

So begab es sich, daß im Land ein schaurig finsterer König herrschte, es war der Kaffeekönig, er hatte viele Gesichter und wundersame Namen, wie Tchibos Bester, Jakobs Krönung, Eduscho oder Aldi-Röstfrisch. Auch war er listig und schlau und dachte ständig nach, wie er denn seinen Reichtum vergrößern könne.

So schickte er eines Tages seine Knechte in das Land jenseits der großen Wasser, das Guatemala hieß. Dort nämlich lebte der Kleinbauer Campesino Pedro, der einen Maisacker und einen Kartoffelacker besaß und sein Auskommen hatte.

Die Knechte sagten zu ihm, wenn er statt Mais Kaffee pflanze, könne er viel Geld verdienen. Campesino Pedro glaubte ihnen und pflanzte den Kaffeestrauch, hegte und pflegte ihn sorgfältig, pflückte jede Bohne einzeln von Hand ab. Nach vielen Tagen voller Arbeit konnte er, als das Jahr zu Ende war, 5 Säcke Kaffee abfüllen. Da kamen die Knechte des Kaffeekönigs und gaben ihm dafür 5 Goldstücke. Für 1 Goldstücke mußte er sich Brot kaufen, da er ja keinen Mais zum Essen hatte, die restlichen sparte er.

Im zweiten Jahr kamen die Knechte wieder und fragten ihn, warum er nicht auf einem ganzen Land Kaffee anpflanze, da könne er doch viel mehr Goldstücke verdienen. Campesino Pedro glaubte ihnen erneut, schuftete doppelt so viel, so daß ihm abends das Kreuz wehtat, doch als das Jahr vorüber war, konnte er 10 Säcke füllen, und die Knechte gaben ihm 10 Goldstücke. Nur das Brot war jetzt teurer, er mußte jetzt 3 Goldstücke bezahlen.

Im dritten Jahr allerdings brach ein großes Unglück über das Land herein. Es herrschte ein bitterer Frost im Land, der alle Kaffeebohnen erfrieren ließ, und Campesino Pedro konnte keinen Kaffee verkaufen. So mußte er schwermütig seine gesparten Goldstücke nehmen, um sich Brot zu kaufen. Doch erschrak er, als er sah, daß das Brot schon 4 Goldstücke kostete. Im vierten Jahr schließlich arbeitete er wie besessen, hegte und pflegte, düngte und wässerte Tag für Tag, bis er abends todmüde ins Bett fiel. Wie das Jahr herum war, war er stolz, denn er konnte sogar 11 Säcke Kaffee abfüllen. Aber wehe, wehe. Da kamen die Knechte des Kaffeekönigs und sagten, sie könnten ihm nur 4 Goldstücke geben, es gebe jetzt soviel Kaffee zu kaufen, daß sie nicht wüßten, wohin damit.

Campesino Pedro wurde kreidebleich und konnte es nicht glauben. So stiegen sie auf den Berg, Pedro traute seinen Augen nicht. Wohin sie auch blickten, war das Land voller Kaffeesträucher. Er nahm also die 4 Goldstücke, wurde aber noch viel blasser, als er sah, daß das Brot 5 Goldstücke kostete, er aber doch nur 4 besaß. Er bettelte und flehte, doch es hatte keinen Sinn, er mußte hungern.

Als die Knechte des Kaffeekönigs mit dem vielen Kaffee zu Hause angekommen waren, gab es ein großes Fest. Der schaurig finstere Kaffeekönig freute sich, weil er seinen Reichtum um so viele Goldstücke vergrößert hatte duch den Verkauf des Kaffees. Das Volk freute sich, weil es für ein kleines Säckchen Kaffee statt 10 nur 9 Taler zahlen mußte.

Alle freuten sich, nur Campesino Pedro weinte bitterlich. Und wenn er nicht gestorben ist, schuftet er noch heute.

Brot für die Welt (Hrsg.): Den Armen Gerechtigkeit - Einladung zum Dialog. Arbeitsheft. Stuttgart 1990, S. 33.

Arbeitshinweise

  • Entwickeln Sie aus dem Stück drei Schlüsselszenen (z. B. erster Kontakt von Pedro mit den Knechten, der Kontakt im zweiten Jahr, der Kontakt im vierten Jahr) und spielen Sie diese als Rollenspiel. Wenden Sie hierfür die Regeln des Forumtheaters an.
  • Wie entwickeln sich die Szenen, wenn Pedro anders als in der Geschichte reagiert? Welche Reaktionsweisen wären für ihn möglich gewesen. Erarbeiten Sie in Kleingruppen verschiedene Reaktionsweisen und spielen Sie diese.
  • Zeichnen Sie die Geschichte als Bilderfolge mit knappen Untertiteln.
  • Welche Entsprechnung hat die Geschichte in der Wirklichkeit? Kann sie als Abbild des Welthandels verstanden werden? An welchen Punkten trifft sie zu, an welchen wird sie ungenau?

sowi-online dankt dem Landesinstitut für Schule, Soest, und der Redaktion von learn:line für die freundliche Genehmigung zur Aufnahme dieser Seite in das Angebot von sowi-online.