Nach dem deutschen Berufsbildungsgesetz ist im Konsens der Sozialpartner festgelegt, in welcher Bündelung Arbeitsaufgaben und die ihnen zugehörigen Verrichtungen, den ökonomischen Notwendigkeiten folgend, als Ausbildungsordnungen etabliert werden sollen, um danach in einer meist dreijährigen Lehrzeit Jugendliche so zu qualifizieren, dass sie nach Abschluss dieser Ausbildung voll einsatzfähig sind, und zwar in der Weise, dass sie Arbeitsaufgaben leisten können, die nach den Tarifvereinbarungen für Facharbeiter bzw. qualifizierte Angestellte festgelegt sind.
Stünden wir am Ende des Berufs, wie dies bei Hesse (1972: 130 f.) konstatiert wird, dann müssen die bisherigen Vorstellungen, dass die spezifischen Qualifikationserwartungen der Betriebe mit spezifischen Arbeitsleistungen über das Scharnier Ausbildungsberuf verknüpft werden können, damit über "planvoll konstruierte Muster zur Qualifizierung und zum Tausch von Arbeitskraft" die Interessen der Unternehmen an der Beschaffung von Arbeitskraft abgedeckt werden, aufgegeben werden. Das Ende der Berufsform der Arbeit würde dann beschleunigt, wenn die Unternehmen ihre Arbeitskräfte nicht durch eigene Ausbildung von Nachwuchs nach dem Berufsbildungsgesetz rekrutieren, sondern andere Wege suchen und nutzen. Jenseits der Berufsform entstünden lediglich modulare Qualifikationsbündel, die auf einem offenen Markt in variabel angebotene Jobs eingebracht werden könnten. Damit ist die Vorstellung nicht mehr relevant, dass die berufsbezogenen Ausbildungsangebote der Betriebe Indikatoren dafür seien, dass die jeweiligen Profile dem betriebsinternen Bedarf an Fachkräften entsprächen und - zumindest tendenziell - eine Option für die Übernahme als Fachkraft darstellten.
Wenn Facharbeit die Berufsform verliert, dann muss dies auch für die Berufsausbildung gelten:
- Die Berufsausbildung entfernt sich von beruflichen Inhalten, sie wird zur allgemeinen Bildung, zur Basis für die Übernahme wechselnder ad hoc Aufgaben. Damit werden Qualifikationen bedeutsamer, die eine Grundlage für flexiblen Einsatz bilden könnten. Fachliche Inhalte werden im Rahmen kurzer Einarbeitung vermittelt, sodass auf der Seite der betrieblichen Organisation fordistische Strukturen aufleben müssen mit erheblicher Arbeitsteiligkeit. Einige Ansätze im Bereich der Null-Fehler-Produktion zeigen durchaus diesen Trend, indem die Möglichkeit, Fehler zu machen, durch instrumentelle Gestaltung der Arbeitsumgebung reduziert wird, was zugleich Flexibilitätsspielräume der dort arbeitenden Menschen einengt.
- Schulische Berufsausbildung - von den Berufsfachschulen bis hin zu Hochschulen - müsste eine Struktur ohne Rückgriff auf spezifische Zielberufe aufbauen, in der fachliche Elemente in beliebiger Kombination modular angeboten würden. Ihr Verwertungszusammenhang bliebe offen, die Muster zeigten eine hohe Variabilität. Signale aus dem Beschäftigungssystem in ihrer zeitlichen Dynamik führten zu Instabilitäten. Um dies handhabbar zu machen, bedarf es neuer Aggregationsmuster, die allerdings jenseits von Beruf derzeit nicht erkennbar sind.
- Die Berufsorientierung und Berufsberatung stünde zur Disposition, da in dieser Phase keine solide Basis für Beruflichkeit in Erwerbsstrukturen hoher Veränderungsintensität gelegt werden könnte. Schulabgänger müssten sich in einer unüberschaubaren Vielfalt von Tätigkeitsstrukturen mit ihren jeweiligen Spezialqualifizierungen zurechtfinden, während sie beim Vorhandensein von aggregierten beruflichen Mustern mit zugeordneter umfassender Einstiegsausbildung überschaubare Strukturen vorfinden würden.