Annäherungen an eine sozioökonomische Bildung
In der wirtschaftsdidaktischen Community wird seit 2011 erörtert, was Ziel, Inhalt und Sinn einer ökonomischen Bildung sein könne und sein soll. Der Ton dieser Erörterung mutet den unvoreingenommenen Betrachter manchmal etwas befremdlich an; denn zwischen den wohlformulierten Argumenten und Plausibilitätsüberlegungen finden sich auch diffamierende Äußerungen, die darauf abzielen, die Kompetenz von Personen in Frage zu stellen oder aber einzelne Akteure einem ideologischen Lager zuzuordnen. Gleichzeitig kann dem unvoreingenommenen Betrachter nicht entgehen, dass die wirtschaftsdidaktische Erörterung über den Sinn einer ökonomischen Bildung selbstreferenziell geprägt ist. Diese Selbstreferentialität wird nicht zuletzt dadurch deutlich, dass die Akteure der Erörterung sich auf das Konstrukt einer ökonomischen Bildung konzentrieren, welches an die fachdidaktische Frühphase der Wirtschaftsdidaktik angelehnt ist. In dieser Zeit versuchten vor allem volkswirtschaftlich gebildete Experten im Curriculum (hochschul-)didaktische Konzepte für Schule und Lehrerbildung zu erarbeiten. In dieser fachdidaktischen Kindheit hat sich – zu Recht – die Wissenschaftsorientierung als Leitidee für Lehr-Lern-Prozesse etabliert, so dass die Volkswirtschaftslehre unkritisch als Bezugsdisziplin akzeptiert werden konnte. Die wenigen fachdidaktischen Protagonisten sahen sich damals mit einer Herkulesarbeit konfrontiert: Als „marginale und kleine Randgruppe“ der wirtschaftswissenschaftlichen Community mussten sie die Komplexität des wirtschaftswissenschaftlichen Diskurses mit all seinen historischen und theoretischen Facetten und Nuancen erfassen und für schulische Lehr-Lern-Prozesse „tauglich machen“. Aus heutiger Sicht ist es unverständlich, dass zunächst versucht wurde, die inhaltliche Vielfalt und Komplexität zu reduzieren oder kategorial zu erfassen. Gleichzeitig mussten die fachdidaktischen Experten dem Bildungsauftrag der Schulen gerecht werden, die mit Subjektorientierung die Persönlichkeitsbildung fördern wollten. Eine Zielsetzung, die mit Konzepten wie Mitbestimmungsfähigkeit, Solidaritätsfähigkeit und Selbstbestimmung verschlagwortet wird. Angesichts dieser Herkulesaufgabe ist es den Protagonisten nicht vorzuwerfen, dass sich im Alltagsverständnis eine sozialtechnischmechanische Vorstellung von Wirtschaft und ökonomischem Handeln verankert hat und die Volkswirtschaft eher in „Analogie zu einer robusten newtonschen Himmelsmechanik“ (Streeck 2012) abgebildet wird. Im Mittelpunkt einer solchen ökonomischen Bildung stehen dann Begriffe und Kategorien, die den Schülern entproblematisiert präsentiert wurden, die sich wiederum ein formales Modelldenken antrainieren und sich einer technizistischen Ingenieurssprache und dem damit verbundenen Denken annähern. Hochsensible, politische, psychologische, soziologische Fragen, die hilfreich sind, Wirtschaft und wirtschaftliches Handeln in ihren politischen und gesellschaftlichen Bezügen deuten zu können, werden ausgeklammert. Um nicht missverstanden zu werden: Mit dem Blick in die fachdidaktischen Jugendjahre sollen keineswegs der kategoriale Ansatz und die Wissenschaftsorientierung kritisiert werden. Gefragt wird lediglich, ob durch eine entproblematisierte Reduzierung komplexer Prozesse dem Bildungsauftrag von Schulen entgegengewirkt wurde. Statt einer wissenschaftlichen Aufklärung ist es eher zu einer verwissenschaftlichten Mystifizierung ökonomischer Prozesse gekommen: „viel zu kompliziert für Otto Normalverbraucher, mit seiner Drei minus in Mathe“, wie es Streeck polemisch formuliert (Streeck 2012, S. 784). Die aus den fachdidaktischen Kinderjahren stammende szientistische Fokussierung übersieht, „dass wissenschaftliches Wissen nur im Kontext einer geteilten Lebensform, im Kontext lebensweltlichen Wissens möglich ist“ (Nida-Rümelin 2013, S. 149). Eine Verwissenschaftlichung des Schulunterrichts, eine Überladung der Unterrichtsfächer mit wissenschaftlichem Detailwissen ist mit Skepsis zu betrachten. Statt szientistisches Spezialwissen sind lebensweltliche Orientierungskompetenzen zu fördern (vgl. dazu NidaRümelin 2013, S. 137 ff.). Gesucht sind fachdidaktische Angebote, was das Unterrichtsfach in der jeweiligen Situation zur Interpretation der Welt beitragen kann. Die Fachwissenschaften stellen dabei nur ein Stoffauswahlkriterium neben vielen anderen dar. Aus diesem Verständnis heraus verwenden wir „Sozioökonomie“ und „sozioökonomische Bildung“ als eine zu beschreibende Folie, auf der wir festhalten, was wir unter den regulativen Ideen „Sozioökonomie“ und „sozioökonomische Bildung“ verstanden wissen wollen (und können). Damit halten wir fest, was wir als erstrebenswert betrachten, und erläutern, was wir zukünftig facettenreich noch verfeinern und systematisieren müssen.
Willkürliche Realfiktionen der Ökonomie als soziales Konstrukt?
Doch von welcher Realität ist die Rede, wenn daraus schlussfolgernd eine Realitätsferne beklagt wird? Hilfreich ist es, an die Bildungsstandard- und aktuell die Kompetenzdebatte anzuknüpfen, weil auch hier nach der Realität bzw. den Handlungsanforderungen innerhalb eines bestimmten Kontexts gefragt wird. In der Bildungsstandard- / Kompetenzdebatte spielt der Begriff „Domäne“ eine zentrale Rolle; denn das Ziel von Bildungsprozessen ist es, Kompetenzen zu fördern, die die Handlungsanforderungen innerhalb eines bestimmten Kontexts – also einer Domäne – widerspiegeln (vgl. Seeber/Nickolaus 2010, S. 250). In der Kompetenzdebatte weist Eckhard Klieme darauf hin, dass beim Versuch, eine Domäne zu definieren, die Gefahr einer gewissen Willkür besteht. Denn wenn der Kontext zu beliebig definiert wird, führt dies zu einer gewissen Unschärfe. Der Kontext (die Domäne) muss auf der einen Seite konkret genug sein, auf der anderen Seite aber auch nicht zu eng (vgl. Klieme/MaagMerki/Hartig 2007, S. 8). Unter Kontext wird „eine Menge hinreichend ähnlicher realer Situationen verstanden, in denen bestimmte, ähnliche Anforderungen bewältigt werden müssen“ (Klieme/Maag-Merki/Hartig 2007, S. 8). Wir sehen: Der Domänenbegriff ist eine soziale Konstruktion und spiegelt keineswegs eine Realität wider – vielmehr unterliegt das, was Realität sein soll, einem sozialen Kommunikationsprozess, der keineswegs herrschaftsfrei geführt wird. Somit geht es bei der Frage, was sozioökonomische Bildung ist, nicht um eine Auseinandersetzung um Worte, sondern vielmehr um eine Auseinandersetzung mit den Realitäten, mit realen Situationen. In diesen sind ähnliche aber auch widersprüchliche Anforderungen zu bewältigen. Diese realen Situationen sind natürlich begrifflich zu erfassen und zu beschreiben. Um es vorweg zu nehmen: Ein zentraler Unterschied zwischen sozioökonomischen und mainstreamökonomischen Ansätzen ist, dass erstere ökonomische Situationen als gesellschaftlich und individuell interpretationsbedürftig und sinnhaft bzw. sinnhaltig betrachten (und eben nicht so eindeutig definiert, dass nur noch das rationale Kalkül erforderlich ist) und dass damit nicht nur Interessen, sondern auch Kulturen und Werte ins Spiel kommen. Ob reale Situationen individuell oder kollektiv als rein ökonomische, überwiegend ökonomische, kaum ökonomische oder nicht ökonomische interpretiert werden, ist nicht vorgegeben, schon gar nicht natürlich. Das zeigt sich beispielhaft an der Repolitisierung und Remoralisierung von Konsumentscheidungen, wie es bei Fair-Trade-Produkten vorgenommen wird. Die „reale“ Situation ist also, zumindest teilweise, die konsensual oder mehrheitlich so interpretierte und akzeptierte Situation.
Selbstreflexion und eine paradigmatische Wende
Wir stellen diesen Vorgang „vom Kopf auf die Füße“: Statt deduktiv von der Fachwissenschaft für die Domäne (Schulfach) Inhalte und Kompetenzen für den Alltag abzuleiten, gehen wir den umgekehrten Weg (und vollziehen damit eine paradigmatische (?) Wende). Um Missverständnisse zu vermeiden: Es geht nicht darum, in die utilitaristische Falle zu laufen und den Utilitarismus des Mainstreams der ökonomischen Bildung nur zu verbessern, indem eine noch bessere Anpassung an die Anforderungen des Alltags vorgenommen wird. Zu berücksichtigen und zu stärken ist, dass Aufklärung und Weltorientierung ihr eigenes Recht haben. Sie sind nicht auf eine handlungstheoretische oder pragmatische Zusatz- oder Hauptlegitimation angewiesen.
Wir halten Ausschau nach den erforderlichen Fähigkeiten im Alltag. Dabei fokussieren wir unseren Blick auf den Umgang mit sozioökonomischen Herausforderungen. Und erst dann suchen wir Hilfe und Antworten in den vorhandenen wissenschaftlichen Disziplinen. Ausgangspunkt ist also der gesellschaftlich bestimmende Handlungskontext. Dafür sind situativ aber auch zugleich bildungs- und entwicklungstheoretisch sowie wissenschaftssystematisch begründete Kompetenzen zu fördern. (Uns ist bewusst, dass unser Vorhaben ebenso normativ ausgerichtet ist; denn letztlich sind alle Bildungsabsichten normativ ausgerichtet – auch wenn der eine oder andere unter dem Deckmantel der Objektivität dies zu leugnen versucht.)
Mystische Wortbildung?
Handelt es sich bei „Sozioökonomie“ um eine mystische Wortbildung, weil etwas Vages, Diffuses und schwer Greifbares angesprochen wird? Etwas, das nicht so konkret ist, wie ein Eierbecher oder eine Lesebrille? Sozioökonomie setzt sich aus zwei Fremdwörtern zusammen. Wenn wir uns das deutsche Wörterbuch der Brüder Grimm anschauen (ein Werk, das der Herkunftsgeschichte einzelner Wörter gewidmet ist), so finden wir unter „Ökonomie“: „f. im 16. jahrh. entlehnt aus griech.-lat. oeconomia, haus-, landwirtschaft, haushaltungskunst, wirtschaftlichkeit und sparsamkeit, verallgemeinert die anordnung und zweckmäszige einrichtung eines ganzen“. (Quelle: www.dwb.uni-trier.de/Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm bzw. http://woerterbuchnetz.de/DWB/?sigle=DWB&mode=Vernetzung&lemid=GO01433). Unter „sozio“ finden wir keine passenden Stichworte. Dafür entdeckt man unter „sozial“ die Erklärung: „adj. was die menschliche gesellschaft, das zusammenleben der menschen und seine staatlich-rechtliche ordnung wie die wirtschaftlichen verhältnisse betrifft“ (Quelle: ebenda).
Die Welt neu erfinden und erklären …
Knüpfen wir – sprachlich betrachtet – an jene Zeit der Gebrüder Grimm und des deutschen Idealismus in der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert an. Der deutsche Idealismus hat sich zur Aufgabe gesetzt, das „Ganze“ der Welt auf „wissenschaftliche“ Weise zu erkennen und darzustellen. Um die Welt zu erkennen, haben die frühen Aufklärer (wie etwa Christian Wolff) Begriffe konzeptualisiert wie „Einheit“, „Bewusstsein“, „Selbstständigkeit“ oder „Wahrscheinlichkeit“. Es handelt sich um mystische Wortbildungen, weil mit ihrer Hilfe das Unbegreifliche greifbar gemacht werden soll (vgl. Steinfeld 2010, S. 59 f.).
… mit spielerischer Leichtigkeit …
Warum wir an die Sprachverknüpfungen zur Zeit des Idealismus erinnern, hat einen Grund: Die neue Sprache kam „nicht dogmatisch, eben nicht fundamentalistisch, sondern spielerisch und oft leichtsinnig daher (vgl. Steinfeld 2010, S. 61). Und weil die Sprache in Teilen tatsächlich erfunden wurde, besitzt sie „in hohem Maße poetischen Charakter“ (Steinfeld 2010, S. 58). Was hat das alles mit Sozioökonomie zu tun? Wir sollten die Welten, die sich hinter dem Begriff eröffnen (können), von der Systematik auf die Kasuistik stellen – vom Kopf auf die Füße – indem wir von den Welten erzählen. So wie die deutschen Schriftsteller des Idealismus sollten wir die starren Rituale, den Dogmatismus – die systematischen Wissenschaftswelten – zunächst in Prosa übersetzen.
… über die Facetten von „Sozioökonomie“ und „sozioökonomischer Bildung“ zum fachdidaktischen Selbstverständnis
Die in diesem Reader zusammengestellten Beiträge werden aus dem Selbstverständnis editiert, dass die Fachdidaktik eine eigenständige wissenschaftliche Disziplin darstellt, die sich gleichermaßen mit sozial-, wirtschafts-, politik-, erziehungswissenschaftlichen und lernpsychologischen Fragen beschäftigt. Daran ist deswegen zu erinnern, weil die einschlägigen Bezugsdisziplinen, wie zum Beispiel die Wirtschaftswissenschaften, keine pädagogischen und bildungstheoretischen Zielsetzungen hervorbringen (vgl. Demantowsky / Zurstrassen 2013). (Einzel-) Wissenschaften setzen sich nicht allein mit spezifischen Inhalten auseinander, sie repräsentieren zugleich eine Methode, die – wie Graupe in ihrem Beitrag (vgl. auch 2013) – anschaulich illustriert, die alltägliche (lebensweltliche) Praxis verlässt und diese durch Definitionen, Modelle, Konstrukte und Theorien austauscht.
Nicht zuletzt aufgrund ihrer forschungsrelevanten Spezialisierungen und der damit verbundenen Lehrausrichtung auf andere Adressaten als denjenigen, die wir in den Schulen finden, können die Wirtschaftswissenschaften allein weder Fragen nach Konstruktion und Reform von Curricula noch solche nach Auswahl, Anordnung und Vermittlung der Inhalte beantworten. Deswegen sei wiederholt: „Diese – szientistische – Auffassung übersieht, dass wissenschaftliches Wissen nur im Kontext einer geteilten Lebensform, im Kontext lebensweltlichen Wissens möglich ist.“ (Nida-Rümelin 2013, S. 149). Ein einseitiger fachwissenschaftlicher Zugriff bei der didaktisch begründeten Auswahl von Lerninhalten ist mit Skepsis zu betrachten. Statt szientistischen Spezialwissens sind lebensweltliche Orientierungskompetenzen zu fördern (vgl. dazu Nida-Rümelin 2013, S. 137 ff., Steinmann 1997). Die Fachdidaktik hat Angebote zu machen, was das Unterrichtsfach in der jeweiligen Situation zur Interpretation der Welt beitragen kann. Die Fachwissenschaft stellt also nur ein Stoffauswahlkriterium neben vielen anderen dar, so dass eine sozioökonomische Bildung nicht die direkte „Verlängerung“ der Fachwissenschaften darstellt. Der fachdidaktische Forschungsgegenstand erfordert demnach eine interdisziplinäre Arbeit, die verschiedene Schwerpunktthemen umfasst und deshalb curriculumtheoretische, kompetenztheoretische, organisationstheoretische und vor allem bildungstheoretische Fragen aufgreift.
Kommunikative Impulse …
Um diese Facetten abzubilden, bieten sich verschiedene Möglichkeiten an. Wir haben uns für einen kommunikativen Weg entschieden. In einem ersten Schritt haben wir, die „Initiative für eine bessere ökonomische Bildung“, zu einer Fachtagung zum Thema „Was ist Sozioökonomie, was ist sozioökonomische Bildung?“ eingeladen, die Ende September 2012 an der Universität Bielefeld stattgefunden hat. Ziel der Tagung war, mit Interessierten zu erörtern, was unter einer sozioökonomischen Bildung verstanden werden kann. Die Bundeszentrale hat uns dann gebeten, in einer Aufsatzsammlung konzeptionelle Vorstellungen zur sozioökonomischen Bildung zusammenzutragen, um die fachdidaktische Debatte noch stärker einer breiten gesellschaftlichen Debatte zu öffnen. Im Folgenden skizzieren wir die einzelnen Beiträge im Überblick:
Simon Niklas Hellmich nähert sich mit der Frage „Was ist Sozioökonomie?“ der heterogenen sozioökonomischen Forschungstradition vorsichtig an und skizziert Umrisse des sozioökonomischen Diskurses. Dabei unterscheidet er zwischen einer eher ökonomisch ausgerichteten Sozioökonomie, einer eher soziologisch ausgerichteten Sozioökonomie sowie einer Sozioökonomie im Verständnis von ‚governance structures‘. Er macht deutlich, dass die eher ökonomisch ausgerichtete Sozioökonomie sich auf das ökonomische Handeln von Einzelakteuren auf der Mikroebene konzentriert und dabei auf mehr oder weniger umfassende empirisch basierte handlungstheoretische Konzepte zurückgreift, um sozioökonomisches Verhalten erklären zu können. Die Studien im Rahmen der ‚ökonomischen Sozioökonomie‘ laufen vor allem auf eine Verfeinerung der handlungstheoretischen Grundlage der Ökonomie hinaus und bleiben dabei mehr oder weniger dem methodologischen Individualismus verhaftet. Dagegen werden Wirtschaft und Gesellschaft von der soziologischen Auslegung des sozioökonomischen Ansatzes nicht als differenzierte Systeme betrachtet, so dass sich die Studien mit einem weiten und breiteren Spektrum komplexerer handlungstheoretischer Annahmen und umfassenderen Situationsanalysen beschäftigen. Gesucht werden speziell soziale Faktoren und Prozesse, die relevant sind für wirtschaftliche Entscheidungen, wie zum Beispiel intersubjektive Meinungsbildungsprozesse in der Interpretation von Normen (vgl. dazu auch die Beiträge von Lorch/Schank sowie Tafner in diesem Band). Um dem ausufernden Forschungsansatz der soziologisch ausgerichteten Sozioökonomie einen abgrenzbaren (jedoch nicht disziplinär abhängigen) Forschungsrahmen zu geben, wird als drittes in der Distinktion und im Verständnis von ‚governance structures‘ ein genuines Arbeitsfeld der Sozioökonomie angestrebt, das sich vor allem auf die Analyse von Märkten, Firmen und politischen Ökonomien konzentriert.
Hellmich verweist darauf, dass sich die Sozioökonomie von der sogenannten orthodoxen Ökonomik unterscheidet, weil die genuin neoklassische Theoriebildung ‚die Wirtschaft‘ als ein von der übrigen Gesellschaft weitgehend differenziertes System begreift, dessen Prozesse nach mehr oder weniger spezifischen Gesetzmäßigkeiten ablaufen und kaum oder gar nicht Einflüssen aus weiteren Bereichen gesellschaftlichen Lebens unterliegen. Entsprechend reduziert die neoklassisch geprägte Ökonomik alle relevanten Faktoren auf Knappheiten und ein Interesse der Akteure an materieller Nutzenmaximierung. Dagegen zieht die Sozioökonomie Faktoren wie Macht, Vertrauen, Emotionen, Anerkennung, Ideologien, Kognitionen und deren kulturelle Replikation für ein Verständnis sozialer Phänomene heran.
Dennoch stehen sich Sozioökonomie und neoklassische Theoriebildung nicht bipolar gegenüber, sondern vielmehr lassen sich Übergänge zwischen diesen beiden Denkschulen herstellen. Ein Grund für den fließenden Übergang sind handlungstheoretische Überlegungen, die den beiden (idealtypischen und somit beschränkten) Modellen ‚homo oeconomicus‘ sowie dem ‚homo culturalis‘ zugrunde liegen. Ein weiterer Grund liegt darin, dass sich das neoklassische Forschungsprogramm wandelt: Auch die als ‚orthodox‘ einzuordnenden Strömungen der Ökonomie öffnen sich bei ihrer Analyse wirtschaftlichen Handelns einer soziologischen Perspektive, die die Relevanz von Institutionen und zeitlich-räumlich spezifischen Faktoren mehr und mehr berücksichtigt. Ebenso nimmt die experimentelle und Verhaltens-Ökonomie stärker sozialpsychologische Momente in den Blick und überwindet ihre Beschränkung auf das Individuum. Auf der anderen Seite wiederum gelingt es der Sozioökonomie (hier besonders der neueren Wirtschaftssoziologie), verschiedene soziologische Handlungstheorien zu operationalisieren, um individuelles Handeln aus sozialen Bedingungen heraus zu erklären.
Während sich Simon Niklas Hellmich der Sozioökonomie vorsichtig und systematisch zugleich annähert, macht Günter Kutscha in seinem diskursgeschichtlichen Rückblick „Ökonomie an Gymnasien unter dem Anspruch des Bildungsprinzips“ deutlich, dass Ökonomieunterricht unter dem Anspruch des Bildungsprinzips sich nicht abbilddidaktisch auf die Strukturen der Fachdisziplinen und die vereinfachende Reduktion der darin jeweils dominierenden Theorieansätze begrenzen könne. Er erinnert daran, dass bereits in den 1960er-Jahren aus bildungstheoretischer Sicht grundsätzlich das abbilddidaktische Konzept und der szientistische Modernisierungsansatz abgelehnt wurden. Die Ausführungen von Kutscha machen deutlich, dass die gegenwärtige Diskussion über Ziele und Phänomenfelder einer sozioökonomischen Bildung an die fachdidaktische Diskussion anknüpfen kann, die während der damaligen Bildungsreformdebatte geführt wurde. In seinen Aufzeichnungen über die drei zentralen Diskursstränge, die im Hinblick auf die Einführung des Ökonomieunterrichts mit dem Anspruch allgemeiner Bildung geführt wurden, hebt er hervor, dass bei der Einführung der ökonomischen Bildung im Rahmen der Arbeitslehre an Hauptschulen, im Rahmen der obligatorischen staatsbürgerlichen Erziehung an Gymnasien und Realschulen und schließlich als Schwerpunktfach an Wirtschaftsgymnasien bzw. als Grund- oder Leistungskurs der gymnasialen Oberstufe der allgemeine Bildungswert ökonomischer Bildungsinhalte geprüft wurde. Er erinnert zugleich an die von Bokelmann (1964) entwickelte Theorie der ökonomischsozialethischen Bildung, die sich nicht allein auf die ökonomischen Fachdisziplinen beschränkt, sondern an „grundlegenden Denkformen der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften“ sowie an der „Wirtschaftswirklichkeit“ orientiert. Dadurch, dass der Ökonomieunterricht nicht abbilden, sondern zu einem wissenschaftlichen Denken hinführen soll, wird zugleich der wissenschaftspropädeutische Anspruch der ökonomischen Bildung hervorgehoben.
Um Antworten auf die Frage „Was ist sozioökonomische Bildung?“ zu finden, stellt Reinhold Hedtke in analytischer Absicht und pointiert zugleich die Grundpositionen gegenüber, die sich in der fachdidaktischen Community derzeit diametral gegenüberstehen, idealtypisch für zwei konzeptionelle Pole. Einer dieser Pole präferiert ein separates Fach, das sich (monodisziplinär) vor allem an die Volkswirtschaftslehre anlehnt, disziplinorientiert und deduktiv vorgeht und dem systematischen Wissen sowie dem Paradigma der Ökonomik Vorrang einräumt. Bildungspolitisch wird deswegen das Unterrichtsfach Wirtschaft gefordert. Der andere Pol versteht ökonomische Bildung als problemorientiert, sucht demzufolge in mehreren sozialwissenschaftlichen Disziplinen nach Lösungen, arbeitet vergleichend mit mehreren Paradigmen, bleibt normativ offen und fördert kritische Einstellungen zu ökonomischen Themen. Bildungspolitisch werden deshalb eher integrative sozialwissenschaftliche Schulfächer favorisiert.
Aufgrund dieser zugespitzten Synopse gelingt es Reinhold Hedtke, das eigentlich Neue an der sozioökonomischen Bildung hervorzuheben: Sie erweitert die Perspektiven. Metaphorisch gesprochen wird das, was zusammengehört, zusammengeführt. Wirtschaftliches Denken, Handeln und Verhalten findet stets im sozialen Kontext statt. Angesichts der daraus resultierenden Pluralität ist eine disziplinär begründete Suche nach einer „Eigenlogik“ zum Scheitern verurteilt, denn zwischen den verschiedenen Wissensformen besteht keine Hierarchie. Zudem sind die Zugänge zur sozioökonomischen Bildung dynamisch und problemorientiert ausgerichtet und berücksichtigen, dass die heutige Wirtschaft das Resultat historischer Entwicklungen und nach wie vor veränderbar ist. Die „erweiterte“ Fachdidaktik beschränkt ihr Interesse nicht ausschließlich auf die Ökonomik, sondern greift auf unterschiedliche Bezugsdisziplinen, verschiedene Ansätze, Konzepte etc. zurück und integriert sie zu einer sozioökonomischen Bildung. Damit soll verhindert werden, dass Lernende eine ökonomistische Bildung erfahren, die sie zu bloßen „Opportunitätskostenkalkulationsmaschinen“ erzieht (diese Metapher wurde von Gerd Famulla im Rahmen des oben angegebenen Workshops entwickelt). Schließlich knüpft der sozioökonomische Ansatz an neuhumanistische Bildungs-, Persönlichkeits- bzw. Subjektvorstellungen an. Zusammenfassend kann also festgestellt werden, dass die in den 1970er-Jahren vorgenommene Fokussierung auf die Volkswirtschaft als Ausgangspunkt für die fachdidaktische Diskussion aufgelöst wird.
Während Reinhold Hedtke fachdidaktische Grundpositionen gegenüberstellt und Prinzipien für eine sozio-ökonomische Bildung zusammenträgt, wird Birgit Weber in ihrem Beitrag „Grundzüge einer Didaktik sozioökonomischer Allgemeinbildung“ konkreter und entwirft ein Modell (Baukasten) für eine subjekt- und lebensweltorientierte sozioökonomische Bildung. Dabei skizziert sie eine curriculare Matrix, die sie entlang der drei abstrakten Systemebenen (Mikro-, Meso-, Makroebene) sowie den Kategorien Subjekt, Lebenswelt, Wissenschaft und Verantwortung inhaltlich füllt. Damit relativiert sie aus pragmatisch-konzeptionellen Gründen die aus analytischen Überlegungen vorgenommene bipolare Gegenüberstellung von Reinhold Hedtke, mit dem Ziel, beim Einzelnen „Problemlösekompetenzen für ökonomisch geprägte Lebenssituationen unter Berücksichtigung ökonomischer Denkschemata“ (Weber in diesem Band) zu fördern. Somit können sich eine sozioökonomische und ökonomistische Bildung durchaus aufeinander beziehen, um konsistente Handlungsempfehlungen abzuleiten und Gestaltungsalternativen und -ziele zu verknüpfen. Für Birgit Weber ist es eine wichtige Aufgabe einer sozioökonomischen Bildung, über ökonomisch geprägte Lebenssituationen, ihre Gefährdungen und Handlungsspielräume aufzuklären. Zugleich sind relevante ökonomische Kategorien zu ermitteln und kritisch zu reflektieren und nicht nur zu legitimieren. Dies ist möglich, indem alternative ökonomische und sozialwissenschaftliche Denkansätze und Wirtschaftsformen einbezogen werden.
Da Birgit Weber nicht nur einen denkbaren konzeptionellen Ansatz einer sozioökonomischen Allgemeinbildung umschreibt, sondern zugleich daran erinnert, dass zur Frage, was eine (sozio- ) ökonomische Bildung sein soll und sein kann, bereits in den letzten Jahrzehnten zahlreiche fachdidaktische Konzeptionen entwickelt wurden, wird an dieser Stelle an die Vielfalt erinnert: Denn wie Birgit Weber betont, liegen für eine ökonomische Allgemeinbildung differenzierte und zum Teil heterogene Vorstellungen vor. Entsprechend differenziert ist das Spektrum an fachdidaktischen Vorstellungen / Konzepten, aus denen sich wiederum unterschiedliche und teils widersprüchliche Auffassungen einer ökonomischen Bildung ableiten lassen. Die verschiedenen Ansätze zielen darauf ab, über ökonomisch geprägte Lebenssituationen, die damit verbundenen Unsicherheiten, Gefährdungen und Handlungsspielräume aufzuklären, relevante ökonomische Kategorien kritisch zu reflektieren und alternative ökonomische und sozialwissenschaftliche Denkansätze und Wirtschaftsformen einzubeziehen. Um zu illustrieren, wie heterogen die Vorstellungen über ökonomische Bildung sind, verweist Birgit Weber auf einige Protagonisten. So leiten Hermann May (1998) und Erich Dauenhauer (1997) aus der Ökonomik Kategorien für eine ökonomische Bildung ab. Hans Kaminski (2001/2002) und Gerd-Jan Krol (2001) skizzieren vor allem ausgehend von der Volkswirtschaftslehre Denkschemata, die sie als relevant ansehen, um sich in der Welt zu orientieren. Klaus-Peter Kruber (1997) hat den kategorialen Ansatz um makroökonomische, ethische und politische Kriterien erweitert und ökonomische Denkschemata integriert. Von Reinhold Hedtke (2008), Thorsten Hippe (2010), Tim Engartner (2010) oder Birgit Weber (2012) liegen erste sozialwissenschaftliche Ansätze vor. Andere Konzepte beziehen sich auf gesellschaftliche Herausforderungen wie Nachhaltigkeit (Fischer 1998, Seeber 2001), Ethik (Retzmann 2006) oder Gender (Wiepcke 2009, Ebbers 2009). Bis Anfang des neuen Jahrtausends konnten diese Vorstellungen in friedlicher Koexistenz nebeneinander bestehen (vgl. die Beiträge in sowionlinejournal, 2001, Heft 1 und Heft 2), obwohl sie teils kontrovers zueinanderstehen. Wie wir wissen, haben sich jedoch die Verhältnisse (und der Umgangston) verändert. Auslöser der aufbrausenden Debatte über die denkbare (Neu-) Ausrichtung einer ökonomischen Bildung war eine kritische Reflexion der neu gegründeten „Initiative für eine bessere ökonomische Bildung“ (iböb, vgl. Famulla et al. 2010) des vom Gemeinschaftsausschuss der deutschen gewerblichen Wirtschaft in Auftrag gegebenen Gutachtens zur ökonomischen Bildung an allgemeinbildenden Schulen (vgl. Retzmann et al. 2010).
Ähnlich wie Birgit Weber versuchen auch Tim Engartner und Balasundaram Krisanthan in ihrem Beitrag „Ökonomische Bildung in Zeiten der Ökonomisierung“ der sozioökonomischen Bildung ein fachdidaktisches Profil zu geben. Mit Blick auf den Beutelsbacher Konsens sprechen sie Prinzipien an und erörtern Qualitätsaspekte, die aus ihrer Sicht zentral für eine sozioökonomische Bildung sind. Für sie ist es das zentrale Ziel einer solchen Bildung, die Verwirklichungschancen (Capability-Ansatz) des Einzelnen zu unterstützen. Die zentrale Idee des Capability-Ansatzes, der von dem Ökonomie-Nobelpreisträger Amartya Sen entwickelt wurde, ist es, dass ein Leben angestrebt wird, für das sich die Menschen mit guten Gründen entscheiden können und das ihre Selbstachtung nicht in Frage stellt. Es handelt sich nicht um eine Instrumentalisierung des Menschen für Zwecke der Kapitalakkumulation und der bloßen Reproduktion des Arbeitsvermögens. Vielmehr stehen sinnorientierte Tätigkeiten und eine große Bandbreite an Vorstellungen und Werturteilen über Wirtschaft, Wirtschaften und Arbeit im Mittelpunkt.
Tim Engartner und Balasundaram Krisanthan machen deutlich, dass dabei die Integration der benachbarten sozialwissenschaftlichen Teildisziplinen einen wertvollen Beitrag zur paradigmatischen Öffnung der ökonomischen Bildung leisten kann. Sie plädieren, die paradigmatische und thematische Pluralität ökonomischer Sichtweisen zu akzentuieren, um der angestrebten Mündigkeit Rechnung tragen zu können. Für sie strebt der sozioökonomische Ansatz angesichts der engen Verflechtung und der zahlreichen Überschneidungen von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft keinen „Verdrängungswettbewerb“ zwischen den sozialwissenschaftlichen Teildisziplinen an. Aus ihrer Sicht sind die der sozialwissenschaftlichen Trias aus Politikwissenschaft, Ökonomie und Soziologie zugrundeliegenden gemeinsamen Denkweisen, Kategorien und Methoden in einen systematischen Zusammenhang zu stellen, konzeptionell zu ordnen sowie curricular zu verorten.
Ähnlich wie Tim Engartner und Balasundaram Krisanthan setzt sich auch Silja Graupe in ihrem grundsätzlichen und philosophischen Beitrag „Der kühle Gleichmut des Ökonomen“ dafür ein, im Unterricht die „geistige Monokultur“ sowie den perspektivischen Monismus zu vermeiden und heterodoxe sowie interdisziplinäre Inhalts- und Themenfelder in die Lehrpläne aufzunehmen. Bei der Frage, was Schülerinnen und Schüler tatsächlich lernen, wenn sie sich in Sachen „Wirtschaft“ bilden wollen oder bilden sollen, betrachtet sie zunächst das universitäre Lehrangebot der Wirtschaftswissenschaften mit ihren inhaltlich ausgearbeiteten Ausschnitten von Wirklichkeit, die methodologisch in Modelle, Diagramme, Statistiken und mathematische Formeln gepresst werden. Ihrer Beobachtung nach hat sich die universitär angebotene Ökonomik in eine Art fensterlosen Elfenbeinturm zurückgezogen, „der mit mathematischen Vorstellungen von dieser Welt gefüllt ist, aber keinen Blick mehr auf diese Welt zulässt, nicht einmal aus der Distanz“ (in diesem Band). Aus dieser Beobachtung leitet sie die (rhetorisch gemeinte) Frage ab, ob durch die ökonomische Bildung die Sichtweise auf Wirtschaft bzw. auf die konkreten wirtschaftlichen Situationen mit einer „ökonomischen Brille“ geschult werden soll (szientistisch, disziplinäre Betrachtungen) oder ob eine ökonomische Bildung mehrperspektivisch (interdisziplinär) auszurichten sei. Ketzerisch formuliert lautet ihre Frage: Bedeutet fürs Leben zu lernen nur noch, die immer gleiche Art des Denkens auf immer neue Situationen anzuwenden, nicht aber das Denken selbst an diesen und in diesen Situationen zu entwickeln?
Silja Graupe wendet sich nicht gegen den Gebrauch mathematischer Methoden, wohl aber gegen das physikalisch-mathematische Grundverständnis der Ökonomik, das junge Menschen lediglich befähigt, „auf der Grundlage des modernen naturwissenschaftlich-objektiven Erkenntnisideals zu denken, ohne je umgekehrt über dieses Ideal zu reflektieren und damit ins Zentrum des wissenschaftlichen Diskurses zu rücken“ (in diesem Band). Ihre philosophischen Beobachtungen und Betrachtungen machen deutlich, dass das „Ideal der mathematischen Exaktheit (…) nur im Bereich der Erkenntnis der unveränderbaren Dinge (gemeint sind Logik, Physik) sinnvoll sein (kann), nicht im Bereich der veränderlichen (gemeint sind Ethik und Politik sowie die Ökonomik im Sinne der Lehre einer guten Hauswirtschaft)“ (Nida-Rümelin 2013, S. 100).
Das Modell des Bürgerbewusstseins ist Ausgangspunkt für Moritz Peter Haarmanns konzeptionelle Überlegungen zur sozioökonomischen Bildung. Seinen Beitrag „Sozioökonomische Bildung – ökonomische Bildung unter der Zielperspektive der gesellschaftlichen Mündigkeit“ versteht der Autor als ein Plädoyer, ökonomisches Lernen im Sinne einer sozioökonomischen Bildung zu realisieren und es nicht zu einer monodisziplinär auf die Wirtschaftswissenschaften ausgerichteten Kunde zu verengen.
Gesellschaftliche Mündigkeit, so seine zentrale These, könne nur durch eine interdisziplinär begründete und interdisziplinär orientierte sozioökonomische Bildung gefördert werden. Ausgehend vom Lernmodell des Bürgerbewusstseins wird im Beitrag aufgezeigt, dass eine sozioökonomische Bildung die logische didaktische Konsequenz darstellt, wenn ökonomisches Lernen anschlussfähig an das tägliche Erleben der gesellschaftlichen Realität durch die Schülerinnen und Schüler gemacht werden solle. Einer kritischen Prüfung werden in diesem Zusammenhang Argumentationen von Wirtschaftsdidaktikern unterzogen, die „Ökonomie“ in ihrer vermeintlich reinen Form als eigenständiges Unterrichtsfach unterrichtet sehen wollen und sich dabei ebenfalls auf das Leitbild der gesellschaftlichen Mündigkeit berufen.
Michael-Burkhard Piorkowsky macht in seinen Ausführungen „Produktive Konsumenten sind basale Akteure in der realen Ökonomie“ ebenso grundlegend die dichotome Konstruktion von Produktion und Konsum deutlich. Um deutlich zu machen, dass die herkömmliche Differenzierung zwischen Produktion und Konsum aufgegeben werden müsse und die Lebensgestaltung – kompetenzorientiert – insgesamt als ein produktiver Prozess zu begreifen sei, skizziert er das Capability-Konzept von Amartya K. Sen, die Grants Economics von Kenneth E. Boulding, den Lebenslage-Ansatz von Otto Neurath und Gerhard Weisser sowie die Theorie der Wohlfahrtsproduktion von Wolfgang Zapf. Mit Hilfe dieser Ansätze kann nicht nur die Vorstellung vom Haushalt als ausschließlich konsumierende sozioökonomische Institution und die Vorstellung von den Haushaltsmitgliedern als Endkonsumenten überwunden werden, sondern zugleich auch das Modell des homo oeconomicus. Die Nähe zur sozioökonomischen Bildung sieht er darin, dass es ihr darum gehen sollte, die Menschen zu befähigen, ihr Leben selbstbestimmt und verantwortlich als Individuen und Mitglieder in kleinen und großen Gruppen zu gestalten. Neben den fachlichen Grundlagen, für die aus seiner Sicht die Fachwissenschaften hinzugezogen werden müssen, sind zugleich emotionale und moralische Aspekte zu berücksichtigen. Ihm ist klar, dass theoretische Verengungen unterbleiben und ein möglichst vollständiges Bild der betrachteten Phänomene geboten werden muss, jedoch bleibt die Frage, wie die Betrachtungen konkret zu schneiden sind.
Aus poststrukturalistischer Sicht arbeitet Werner Friedrichs in „„Realfiktionen“ der Ökonomie als Gegenstand sozioökonomischer Bildung“ heraus, welche Konsequenzen sich aus dem Zusammenspiel zwischen Modelldenken und realem Handeln bzw. Verhalten ergeben können. Damit thematisiert er die bekannte Frage, inwieweit Modelle helfen, die Welt zu begreifen, zu verstehen und zu erklären. Oder inwieweit Modelle die Wahrnehmung und den Erkenntnishorizont der Akteure lediglich auf jene Variablen beschränken, die vom Modell vorgegeben werden. Wie zentral diese Frage ist, illustriert Tafner, der anmerkt, dass die Ökonomik streng genommen keine Wirklichkeit abbildet, sondern Modelle der Wirklichkeit konstruiert, aber Vertreter/innen der Ökonomik dazu tendieren, Handlungsempfehlungen abzugeben und damit die Welt der Modelle verlassen (vgl. Tafner in diesem Band). Werner Friedrichs illustriert anschaulich am Diskurs über die Börse, die im Modelldenken der Ökonomik den idealen Marktplatz widerspiegelt, dass sich die Rede über ökonomische Zusammenhänge gewandelt hat. Statt Begriffe wie Crash, Baisse und Hausse, die die Trends am Markt zu beschreiben versuchten, ist von (platzenden) Blasen, technischen Reaktionen, Widerständen, Phantasien, Spikeanalysen, Knockoutschwellen, Leerverkäufen, Sell-outSzenarien, Bären- und Bullenfallen, Trendkanälen, gehedgten Werten oder Buyoutszenarien die Rede. Nach seiner Analyse der Zusammenhänge der Finanzökonomie, oder wie er es formuliert, der „Topologie der Finanzökonomie“ kommt er zum Ergebnis, dass sich der Finanzmarkt nicht allein aus spezifischen Mechaniken, logischen Zusammenhängen, rationalen Kernen bzw. rational agierenden Akteuren und stabilen Repräsentationsverhältnissen ergibt, sondern aus Assoziationen, Sprüngen oder Wiederholungen. Für Friedrichs steht fest, dass sich die ökonomischen Zusammenhänge einer gezielten und klar definierbaren Gestaltbarkeit (im Sinne einer transparenten Steuerung) aus einer sozialen Praxis heraus entziehen. Vielmehr verdichten sie sich zu einem emergenten Gefüge, dass der sozialen Praxis vorgängig ist und bilden so etwas wie einen intermediären Rahmen. Für ihn kann hier die Sozioökonomie ansetzen, die er als Hybridfigur verstanden wissen will, also als eine Umgebung für spezifische (nämlich ökonomische) Gegenstandsannahmen, für „fungible Ontologien“. Zugleich weist er auf eine epistemologische Dimension der Sozioökonomie hin, die quer liegt zur üblichen Unterscheidung zwischen einer klassisch ökonomischen Denkweise, die sich allein an einer gegebenen Regelhaftigkeit, Folgerichtigkeit und Gesamtvernunft wirtschaftlicher Zusammenhänge ausrichtet, und einem wirtschaftssoziologischen Zugriff, der ökonomische Zusammenhänge allein als Ergebnis sozialer Interaktion betrachtet. Diese Dimension der Sozioökonomie lässt sich durch die korrespondierenden Schichten der Logik der Gesetzmäßigkeit und der Praxis sozialer Konstruktion in seinen Grundzügen erfassen.
Christoph Schank und Alexander Lorch erörtern in ihrem Beitrag „Der Wirtschaftsbürger als Subjekt einer sozioökonomischen Bildung“ die Ausrichtung der sozioökonomischen Bildung aus einer wirtschaftsethischen Perspektive. Sie knüpfen vor allem an den wirtschaftsethischen Ansatz von Peter Ulrich an, der im Gegensatz zu eher institutionenökonomischen Ansätzen dem Individuum und seiner Verantwortung eine besondere Beachtung beimisst. Sie reflektieren über das Verständnis eines republikanisch-liberalen Wirtschaftsbürgerethos, in dem wirtschaftliches Handeln an Bürgertugenden und moralische Urteilskraft rückgebunden ist. Unter Wirtschaftsbürger wollen sie Wirtschaftssubjekte verstanden wissen, „die ihren Geschäftssinn vom Bürgersinn, d.h. ihrem Selbstverständnis als ‚gute Bürger‘ nicht abspalten, sondern beides integrieren wollen“ (Ulrich 2005b, 14). Unter Geschäftssinn verstehen sie das Wissen um die Sachlogik des (markt-)wirtschaftlichen Systems. Sie plädieren dafür, Ethik und Ökonomie nicht gegeneinander auszuspielen, vielmehr können die Widersprüche in der Person des Wirtschaftsbürgers integriert werden. Deswegen benötigt aus ihrer Sicht ein mündiger Wirtschaftsbürger reflexive und fachliche Kompetenzen. Dazu muss er (a) als guter Staatsbürger sein Handeln unter den Vorbehalt des Gemeinwohls stellen, (b) über Sachkompetenz und Urteilsvermögen verfügen, um ökonomische Mythen zu entzaubern und (c) genügend moralische Urteilskraft und Kompetenz ausbilden, um sich in wirtschaftlichen und politischen Kontexten an Werten, Tugenden und Pflichten orientieren zu können.
Die beiden Autoren arbeiten heraus, dass die Verantwortungsfragen nicht allein an den Wirtschaftsbürger zu richten sind. Sie plädieren, dass im Rahmen einer sozioökonomischen Bildung auch die Wechselwirkung verschiedener gesellschaftlicher institutioneller Akteure und die Reziprozität zwischen diesen unterschiedlichen Akteursebenen thematisiert werden sollten. Konkret schlagen sie zwei dieser institutionellen Orte vor, die neben dem Individuum für wirtschaftliche Sachverhalte relevant sind und denen Verantwortung zugeschrieben werden kann: Die Unternehmen und Organisationen als Akteure der Wirtschaft (Mesoebene) sowie die Ordnungspolitik, die die Wirtschaft institutionalisiert und ihr Regeln und Gesetze zur Seite stellt (Makroebene).
Auch Georg Tafner spricht Orte der Verantwortung in seinem etwas ungewöhnlich anmutenden Beitrag „Sozioökonomische Bildung = ökonomische Bildung + Moralerziehung + x. Sozioökonomische Bildung ⊂ Wirtschaftspädagogik“ an. Damit will er seine These charakterisieren, dass sozioökonomische Bildung die Summe aus mehreren Summanden ist, in der Moral und Ethik eine besondere Rolle spielen. Auch er plädiert, an den wirtschaftsethischen Ansatz von Peter Ulrich anzuknüpfen und spricht sich gegen einen wirtschaftsethischen Zugang aus, wie er von Karl Homann vertreten wird. Für Tafner liegt die fachdidaktische Herausforderung darin, eine Urteilsfähigkeit zu fördern, die nicht auf die rein ökonomische Vernunft abziele, sondern in einem umfassenderen Sinn als vernünftig gelten könne. Dabei knüpft er an eine wirtschaftspädagogische Auseinandersetzung an, die Anfang des Jahrtausends unter dem Stichwort Beck-Zabeck-Kontroverse verschlagwortet wurde. In dieser Diskussion folgt Jürgen Zabeck der deontologischen Universalethik Kants, die davon ausgeht, dass in jedem Lebensbereich die ethischen Grundsätze Kants im Sinne des kategorischen Imperativs zur Geltung kommen sollen. Die Wirtschaft mache dabei keine Ausnahme, denn auch im wirtschaftlichen Handeln sei der Mensch selbst verantwortlich. Klaus Beck möchte dagegen mit dieser Tradition brechen und argumentiert für eine partikularethische Betriebsmoral, weil in einer funktional ausdifferenzierten Gesellschaft eine Universalmoral scheitern müsse. Er folgt der Wirtschaftsethik Homanns, deren Imperativ vereinfacht so lautet: Handle wirtschaftlich stets so, dass der Gewinn maximiert wird und die Rahmenbedingungen eingehalten werden. Entlang dieser Debatte diskutiert Georg Tafner drei Gesichtspunkte, die er für die Diskussion der sozioökonomischen Bildung für besonders wichtig ansieht. Unter dem Stichwort Wertfreiheit der Ökonomik plädiert er dafür, dass sich eine sozioökonomische Bildung der Normativität jeder wirtschaftlichen Handlung bewusst sein sollte. Weiterhin weist er auf die Bedeutung des Individuums in seinem sozialen Kontext hin und schließlich arbeitet er unter dem Gesichtspunkt der funktionalen Ausdifferenzierung einen Widerspruch heraus: Das Selbstinteresse eines Individuums muss sich angesichts der plakativen Forderung der Gewinnmaximierung dem unternehmerischen Selbstinteresse unterwerfen. Wenn sich der Einzelne bewusst ist, dass er eine Kostenstelle darstellt, dann geht es aus der Sicht des Individuums nicht um die Maximierung des eigenen Nutzens, sondern um die Minimierung der eigenen Kosten zugunsten einer unternehmerischen Gewinnmaximierung.
Dietmar Kahsnitz nähert sich in seinem Artikel „Ökonomische Bildung maskiert als sozioökonomische Bildung“ der sozioökonomischen Bildung über die in den letzten Jahren höchst vernachlässigte bildungstheoretische Perspektive. Bildungstheoretisch – und das heißt persönlichkeits- bzw. identitätstheoretisch – lässt sich nach Kahsnitz eine sozioökonomische Bildung nur als notwendiger Bestandteil der Allgemeinbildung begründen. Sie habe die Jugendlichen über die Bedeutung der bestehenden Wirtschafts-, Beschäftigungs- und Sozialsysteme für ihre Lebensführung, ihre Lebens- bzw. Identitätsentwürfe und ihre Handlungs- und Mitgestaltungsmöglichkeiten aufzuklären. Dazu müsse nach Kahsnitz die Wirtschaft als sozial und politisch gestalteter Teilbereich der Gesellschaft und als Ausdruck gesellschaftlicher Werte-, Interessen- und Machtstrukturen verstanden werden, zu dessen Beurteilung Effizienz-, Gerechtigkeits- und Solidaritätskriterien heranzuziehen seien. Exemplarisch konkretisiert er die Ziele und Inhalte der sozioökonomischen Bildung am Beispiel der Bedeutung der Erwerbsarbeit bzw. des Berufs für die Identität, insbesondere die berufliche Identität.
Ökonomische Unterrichtskonzeptionen, die die soziale und politische Dimension der Wirtschaft ausblenden und wirtschaftswissenschaftlich ausgerichtet seien, wären dagegen bildungstheoretisch, so der Autor, nicht zu begründen. Sofern der Anschein erweckt wird, auch sie entsprächen den persönlichkeitsbildenden Aufgaben der Schule, führe das zu erheblichen konzeptionellen Widersprüchen und Unzulänglichkeiten. Kahsnitz zeigt dies exemplarisch am Beispiel der beiden Gutachten, die für den Gemeinschaftsausschuss der deutschen gewerblichen Wirtschaft erstellt wurden, auf.
Die beiden nachfolgenden Beiträge werfen schulformspezifische Schlaglichter auf die sozioökonomische Bildung. Volker Schwier und Carolin Kölzer stellen dar, dass auch Grundschulkinder mit sozioökonomisch bedeutsamen Phänomenen und Entscheidungssituationen konfrontiert werden, die zum Inhalt von Aufklärungs- und Bildungsprozessen im Rahmen des Sachunterrichts werden können. Der Beitrag „Sozioökonomische Bildung im Sachunterricht“ zeigt auf, dass dies noch zu selten geschieht. Wenn überhaupt, so werde das sozioökonomische Potenzial nicht angemessen entfaltet: Nach einer kurzen Bestandsaufnahme zum Stellenwert ökonomischer Bildung innerhalb der Sachunterrichtsdidaktik werden Erwartung und Umsetzung an Beispielen sachunterrichtlicher Curricula, ausgewählter Unterrichtsmaterialien und fachdidaktischer Diskursbeiträge illustriert, bevor in einem nachfolgenden Schritt die Ausweitung und Fundierung ökonomischer hin zu sozioökonomischer Bildung vorgeschlagen wird. Nur dann – so die These der Autorin und des Autors – lassen sich die ausgewiesenen Defizite überwinden, weil wirtschaftliche Phänomene nie unabhängig von ihren gesellschaftlichen Kontexten hinreichend verstanden werden könnten. Dabei biete eine lebensweltorientierte Sachunterrichtsdidaktik bereits vielfältige Potenziale für eine konsequent sozioökonomische Ausrichtung. Erste Vorschläge zu einem „sozioökonomischen Sachunterricht“ und die Ausweisung von Forschungsdesideraten und Entwicklungsperspektiven beschließen den Beitrag.
Udo Hagedorn nähert sich der sozioökonomischen Bildung ausgehend von seinem berufspädagogischen Forschungshorizont. Gesellschaftlicher Wandel bedeute für die Institutionen im Bildungssystem ständigen curricularen Nachsteuerungs-, Anpassungs- und Ordnungsbedarf. Eine sozioökonomische Bildung, die im Zuge dieses Wandels am Subjekt und seinen Praktiken in der Gesellschaft orientiert sei, sei in diesem Sinne darauf verwiesen, Verzahnungen vorzunehmen und vorzusehen, die ein umfassendes Gesamtgefüge entstehen lassen. Der Rahmen, die Rahmengröße, die damit verbundenen Praktiken und ihre Verzahnungen spielen vor diesem Hintergrund, so Udo Hagedorn, eine entscheidende Rolle bei der Frage danach, welches Selbst als Zielvorstellung in einem Entwicklungsabschnitt gesehen werden soll – und als verbindlich gelten würde. Eingebunden in diese Perspektive sei dabei stets die bildungssystematische Frage danach, wer dabei (institutionell) welche Verantwortung übernehme. Der Artikel „Wer produziert das Selbst“ fragt auf der Metaebene nach dem Rahmen, in dem sich die Übersetzung dieses Wandels zu Reproduktions- und Transformationszwecken abspielt. Dazu werden die gesellschaftlichen Leitprinzipien skizziert, die als Ziel jeweils das verbindlich Allgemeine definieren, dem Berufsausbildung in Anlage und Umsetzung genügen soll und die sich entsprechend auf die sozioökonomische Bildung beziehen lassen. Die Argumentation läuft über fünf Schritte. Zunächst wird sozioökonomische Bildung in Bezug zu Berufsausbildung gesetzt. Weiterhin ist die Berufsausbildung als Teil und Instrument der gesellschaftlichen Reproduktion mit kollektivem Auftrag kenntlich zu machen. Anschließend werden die je historisch wirkenden Deutungsmuster als Rahmen und Raster, nach dem kollektive Ansprüche an Berufsausbildung gefügt sind, beschrieben. In einem vierten Schritt wird die Idee des selbstorganisierten Lernens als ein Lösungsversuch für Probleme der gesellschaftlichen Reproduktion dargestellt und damit fünftens das ungelöste Problem des „Das-Selbst-Produzierens“ auf den aktuellen Diskurs um die sozioökonomische Bildung übertragen. Dazu wird neben dem „Wer produziert das Selbst?“ die Notwendigkeit aufgezeigt, einen wissenschaftsbasierten Diskurs darüber zu führen, „welches Selbst“ innerhalb der gesellschaftlichen Reproduktion als Referenz für die Rahmengestaltung des Bildungssystems gelten soll.
Nachdem in den bisher dargestellten Beiträgen konzeptionelle Ansätze und Begründungen der sozioökonomischen Bildung thematisiert werden, wird die Perspektive im Beitrag „Geben und Nehmen auf Augenhöhe? Kooperationen mit außerschulischen Partnern als Herausforderung der sozioökonomischen Bildung“ von Christina Gericke und Andrea Liesner erneut etwas geweitet und der Diskurs bildungspolitisch eingeordnet. Die Debatte um die (sozio)ökonomische Bildung ist in ihren Implikationen und Auswirkungen gesellschaftlich weitgreifend (Zurstrassen 2012).
Versuche von wirtschaftsnahen Interessenverbänden und Stiftungen, Einfluss auf die Bildungspolitik und die Schulen zu nehmen, erfolgen nicht nur im Bereich der ökonomischen Bildung. Christina Gericke und Andrea Liesner setzen sich daher aus einer erziehungswissenschaftlichen Perspektive mit der grundsätzlichen Problematik der Kooperation von Schulen mit Unternehmen oder unternehmensnahen Institutionen auseinander. Der Begriff der Kooperation sei in diesem Zusammenhang, so die Autorinnen, die sich auf Mira Rübsamen stützen, ein Euphemismus, da von einem „Geben und Nehmen“ auf Augenhöhe nicht die Rede sein könne. Die Autorinnen befassen sich zunächst mit den Ausgangs- und Interessenlagen, die privatwirtschaftliche Unternehmen (und auch Gewerkschaften) bewegen, mit Schulen Kooperationen einzugehen. Das Motiv der „gesellschaftlichen Verantwortung“ sei nicht handlungsleitend. Kritisch merken sie an, dass unter dem Postulat der „Öffnung von Schule“ und der Kritik am „lebensfernen Lernen“ die Institution Schule ihre besondere pädagogische Qualität als Raum zur „Distanznahme am Geschehen“ aufgeben würde. Ausgehend von der nachfolgenden Darstellung ausgewählter Kooperationsformen thematisieren die Autorinnen negative Auswirkungen des Unterrichts durch außerschulische Kooperationspartner auf die Lehrerprofession.
Auf die Gefahr der (Selbst-)Ökonomisierung im Sinne des homo oeconomicus weist auch Gerd Famulla in seinem Beitrag „Sozioökonomische versus ökonomistische Bildung“ hin. Er macht deutlich, dass es im Kern um die Fragen geht, welche ökonomische Bildung wir haben und welche wir brauchen. Um Antworten zu finden, formuliert er zunächst fünf kritische Einwände gegenüber einer monodisziplinär konstruierten ökonomischen Bildung. Verschlagwortet lauten die Einwände: (1) Es dominiert mit dem homo oeconomicus-Modell nur ein Akteursmodell, während angesichts der komplexen und vielschichtigen Wirklichkeit die Auseinandersetzung mit mehreren Akteursmodellen in Bildungsprozessen notwendig sei. (2) Eine Norm- und Wertedebatte wird nicht geführt. (3) Es werden unzulängliche Annahmen zur Knappheit formuliert. (4) Bei der häufig benutzten Formulierung „ökonomisch geprägte Lebenssituation“ handelt es sich um eine inhaltsleere Floskel bzw. Metapher. (5) Bildungstheoretische bzw. pädagogische Ziele werden zwar proklamiert, angesichts der einseitigen ökonomischen Ausrichtung wird das Pädagogische marginalisiert bzw. es findet ein Outsourcing auf andere Unterrichtsfächer statt. Abschließend entwickelt Gerd Famulla ein anregendes, unterhaltsames und erhellendes Gedankenspiel, in dem er Thesen zur ökonomischen Bildung Kurzstatements zur sozioökonomischen Bildung gegenüberstellt. Dazu befragt er fiktiv (aber dennoch Literatur gestützt) Protagonisten der ökonomischen Bildung zum Stellenwert der ökonomischen Bildung. Die Protagonisten der sozioökonomischen Bildung müssen (ebenfalls fiktiv, aber Literatur gestützt) auf die Frage antworten, wie sie den Beitrag für die Konzeptionierung einer sozioökonomischen Bildung beurteilen.
… kommunikative Fortsetzung(en)
Das Gedankenspiel von Gerd Famulla (vgl. Beitrag in diesem Band) ist kommunikativ ausgerichtet, so wie alle Beiträge in diesem Band, und stellt einen (weiteren) Impuls für die anregende und aufregende Debatte über Ziele, Themen und Lehr-Lern-Arrangements sowie die Professionalisierung der Lehrenden dar. Die einzelnen Beiträge nähern sich einer sozioökonomischen Bildung zwar aus unterschiedlichen Perspektiven an, doch sie alle suchen nach Antworten auf die Frage, welche sozioökonomische Bildung wir brauchen, um den Einzelnen zu befähigen, nicht nur mit den Herausforderungen einer sich ändernden Lebensund Arbeitswelt erfolgreich umzugehen, sondern zugleich in sozialer Verantwortung neue Lebensentwürfe zu entwickeln und aktiv an der Gestaltung der Gesellschaft mitzuwirken. Somit geht es den Autorinnen und Autoren nicht so sehr darum, sich rückwärtsgewendet mit den etablierten Routinen einer einseitig ausgerichteten ökonomischen Bildung auseinanderzusetzen. Dennoch schwingt in den Annäherungen die Kritik mit, dass eine ökonomische Bildung, die im Laufe der Jahrzehnte zu einer formalen, reduktionistisch und entproblematisierenden sowie theologisch anmutenden Scholastik verkümmerte, keine Antworten auf den Umgang mit Komplexität, Unsicherheit, Ungewissheit in politisch und sozial geprägten ökonomischen Lebenssituationen anzubieten vermag. Bei der Suche nach einer besseren ökonomischen Bildung halten die Verfasser/innen nach Möglichkeiten Ausschau, in Bildungsprozessen eine Reflexion und ein Nachdenken über Denkschablonen zu ermöglichen.
Die Ausführungen sind trotz grundsätzlicher Gemeinsamkeiten heterogen und kommen durchaus zu kontroversen bzw. widersprüchlichen Einschätzungen. Ein kleines Beispiel soll das illustrieren: Michael-Burkhard Piorkowsky betrachtet durchaus wohlwollend die Arbeiten von Gary S. Becker und plädiert, an sie anzuknüpfen, um die Haushaltsproduktion ökonomisch zu rehabilitieren. Die neo-neoklassische Haushalts- und Familienökonomik sowie die von Becker vorgenommene rigorose Modellierung der Haushaltsproduktion ist für ihn keineswegs ein „rotes Tuch“. Anders werten dies jedoch Gerd Famulla oder Christoph Schank und Alexander Lorch. Für sie liefern die Arbeiten von Gary S. Becker ein eindrucksvolles Beispiel für das Eindringen der ökonomischen Logik als dominierender Erklärungsansatz menschlichen Verhaltens in einstmals von der Ökonomisierung ausgenommene Lebensbereiche. Dieses kleine Beispiel illustriert die heterogen angelegte Annäherung an eine sozioökonomische Bildung, die wir als anregend und fruchtbar für den Verständigungsprozess empfinden.
Aufgrund der „heterogen Gemeinsamkeiten“ und den damit verbundenen unterschiedlichen Perspektiven sowie kontroversen bzw. widersprüchlichen Einschätzungen lässt sich eine sozioökonomische Bildung als Umgang mit einer polykontexturalen Welt umschreiben. Die polykontexturale Welt lebt mit einer Vielzahl von Unterscheidungen, so dass nicht nur eindeutige Aussagen möglich sind, sondern ein ganzes Spektrum vom heillosen Relativismus bis hin zu vollkommener Beliebigkeit. Deswegen ist die Bildung gefordert, die spezifische fachlogische Heuristik vor allem der Ökonomik zu reflektieren und zugleich Lernende zu befähigen, die Komplexität mono- und polykontexturaler Welten zu durchdringen. Damit die Bildung ein Ort wird, an dem Menschen immer wieder neu Wirklichkeit bilden und sich zugleich selbst an Wirklichkeit bilden, sollte sie die Vielfalt möglicher Sichtweisen auf die Wirtschaft bzw. auf konkrete wirtschaftliche Situationen thematisieren, statt sich auf eine einzige und zumal unveränderliche Betrachtungsweise festzulegen.
Dabei können sich eine sozioökonomische und ökonomistische Bildung durchaus aufeinander beziehen (wie Birgit Weber in ihrem Beitrag andeutet), um konsistente Handlungsempfehlungen ableiten und Gestaltungsalternativen und -ziele verknüpfen zu können. Die von Reinhold Hedtke bipolare Gegenüberstellung (in diesem Band) ließe sich durch ein Oszillieren zwischen den beiden Denkweisen als kommunikativer Prozess deuten. Das Schwingen zwischen ökonomistischer und sozioökonomischer Bildung und die zwischen ihnen bestehenden Wechselwirkungen können als Teil des Bildungsprozesses begriffen werden, der die unzulänglichen, unsicheren, teils auch widersprüchlichen Zugänge thematisiert. Damit wird eine dritte Form des Lernens konstruiert, die als Übergang zwischen den Denkschulen verstanden werden kann. Eine solche oszillierende Bildung, die sich an den Charakteristika der sozio-ökonomischen Bildung orientiert, schließt die als ökonomistisch zugeschriebenen Merkmale definitiv als eine Alternative ein, weil sie ein (nach wie vor) dominantes Denkmuster verkörpern, das in einem multiparadigmatisch ausgerichteten Unterricht aus bildungstheoretischen Überlegungen thematisiert werden kann (vgl. dazu Fischer 2014).
Gewiss ist zugleich, dass in einer Publikation allein nicht alle vielfältigen Facetten ausgeleuchtet werden können. Wir hoffen, dass wir mit diesem Sammelband dazu beitragen, einen aufklärerisch und bildungstheoretisch begründeten Referenzrahmen zur evolutionären (Weiter-)Entwicklung der ökonomischen Bildung hin zur sozioökonomischen Bildung zu entwickeln. Partiell können wir dabei an ältere wirtschaftsdidaktische Konzepte, wie zum Beispiel Bodo Steinmanns „Lebensweltansatz“ anknüpfen.
Die Wirtschaftsdidaktik ist im Vergleich zur Politikdidaktik bisher theoriearm. Auch im Hinblick auf die sozioökonomische Bildung wissen wir, dass die eigentliche Arbeit jetzt erst anfängt und die konzeptuellen Ansätze für den Schulunterricht zu konkretisieren und weiterzuentwickeln sind. Uns ist bewusst, dass bei dieser Arbeit ein Mehr an empirischem Realismus notwendig ist, statt normativ überhöhte (An-)Forderungskataloge zu formulieren. Wir wissen, dass wir dazu auch Pionierqualitäten entfalten müssen, um eine sozioökonomische Bildung verwirklichen zu können. Mit der vorliegenden Publikation laden wir Sie ein, an der kontinuierlichen Auseinandersetzung mit dem komplexen Anspruch mitzuwirken.
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