Der Begriff der Standards wird unterschiedlich verwendet. Oft wird er überhaupt nicht erläutert. Standards für die Bildung von Lehrkräften werden hier definiert als ein dokumentiertes System von Aussagen, das primär als Norm für die Bildung von Lehrkräften dient und gleichzeitig Voraussetzungen für ein abgrenzbares, zieladäquates, effektives und ethisch gerechtfertigtes Einflusshandeln der differenziellen Förderung von Lernern beschreibt, das durch Vorgaben für Programme bzw. Studiengänge und Institutionen ergänzt wird.

Standards sind, ähnlich wie Qualifikationen in der Curriculumtheorie von Robinsohn(4), gleichzeitig Normen und Voraussetzungen für das Handeln der Lehrkraft. Für Standards gilt der Primat des Situationsprinzips bzw. die strikte Geltung des Situationsprinzips.(5) Demgemäß sollen die zukünftigen und gegenwärtigen Situationen der Lehrkraft zum Ausgangspunkt der curricularen Entwicklungsarbeiten gemacht werden. Auf der Folie eines Leitbildes werden Situationen abgegrenzt, für deren erfolgreiche Bewältigung Kompetenzen bestimmt werden.

obige Definition nimmt ein zentrales Merkmal bei Oser (2002) auf: "Wenn Lehrpersonen in komplexen Situationen des Unterrichts ein abgrenzbares, zieladäquates, effektives und ethisch gerechtfertigtes Einflusshandeln zeigen, das Lernen von Schülern und Schülerinnen differenziell fördert, sprechen wir von professionellen Standards des Lehrberufs." Kompetenzen werden als Alternative zu Listen von Lehrstoffen verstanden.(6) Sie sind nicht gleichbedeutend mit Skills.(7)

Standards liegen mehrdimensionale Kompetenzmodelle zugrunde (vgl. Klieme u.a. 2003, S. 21f.). In einer Dimension werden verschiedene ‚Teilkompetenzen' bzw. Domänen unterschieden. Diese werden zum Teil mehrstufig ausdifferenziert. In einer dazu orthogonalen Dimension werden Niveaus unterschieden. Diese Niveaus bieten eine Vorstellung, zu welchem Grade die entsprechende Kompetenz gegeben ist. Die verschiedenen Niveaus sollen entsprechend des Expertenparadigmas auch die Entwicklung der Professionalität der Lehrkraft abbilden.

Standards für Lehrkräfte (Kompetenzen) werden ergänzt durch Standards für Programme bzw. Studiengänge(8) und Standards für Institutionen.(9) Alle drei Standards fußen in dieser Vorstellung auf einem Leitbild und sollen in einer abgestimmten Weise die Bildung von Lehrkräften normieren. Dies zielt – schlussendlich – primär auf verbesserte Lernergebnisse der Schülerinnen und Schüler, so dass die bereits erwähnte Kette erneut virulent wird. [/S. 5:]

Standards haben mehrere Funktionen. Primär dienen sie der Normierung der Bildung von Lehrkräften. Ähnlich wie Kerncurricula können Standards zweitens die Professionsentwicklung unterstützen. Sie transportieren beispielsweise eine Vorstellung der Tätigkeitsfelder von Lehrkräften und fördern die sprachliche Entwicklung der Profession.

Standards können drittens die Kooperation zwischen Institutionen bzw. die Verzahnung verschiedener Phasen unterstützen. Ebner (2003) zeigt, dass die Kooperation in der Bildung von Lehrkräften, trotz ständiger Appelle, defizitär ist. Er macht dafür mehrere Gründe aus. Vor allem die Geschäftsgrundlage der Kooperation bleibe unklar. "Als Kernproblem bezeichne ich den Umstand, dass es bislang keine hinreichend präzise und begründete Festlegung dessen gibt, welches Können von einer qualifizierten Lehrperson erwartet wird und welches Wissen dafür die Voraussetzung darstellt" (Ebner 2003, S. 123). Phasen– bzw. institutionsübergreifende Standards könnten eine solche Geschäftsgrundlage darstellen. Dies ist beispielsweise erklärtes Ziel der Standards der Pädagogischen Hochschule Zentralschweiz. Die Standards werden für die Phasen "Grundausbildung", "Berufseinführung" und "Weiterbildung" vorgegeben. Zu den zehn Standards werden "Teilkompetenzen" sowie "Niveaus" ausdifferenziert. Das höchste Niveau werde dabei in der Grundausbildung kaum erreicht, sondern verbleibe als Aufgabe der Berufseinführung bzw. der Weiterbildung der Lehrkräfte (vgl. PHZ 2004).

Standards können viertens als Instrument des Personalmanagements in Schulen dienen. Personalmanagement umfasst die folgenden Funktionen: Personalplanung, –controlling, –marketing sowie Organisation des Personalmanagements und strategisches Personalmanagement (Thom, Ritz 2000). Standards könnten Beliebigkeiten in der Beurteilung von Personal in Schulen relativieren und fragwürdige Beurteilungskriterien überwinden, wie z.B. das Anciennitätsprinzip. Standards weisen beispielsweise eine hohe Ähnlichkeit auf zu den Kriterien, die bei der Beurteilung von Lehrkräften für Volksschulen im Kanton Zürich eingesetzt werden. Diese Beurteilungen finden vierjährlich statt. Das Verfahren ist lohnwirksam, vergleichsweise komplex und gut evaluiert.(10)

Standards sind fünftens Kriterien zur Beurteilung der Leistungen in der Aus–, Fort–und Weiterbildung von Lehrkräften (Terhart 2002). Dabei ist allerdings zu vermerken, dass die Formulierung solcher Qualitätsstandards nur ein Ausschnitt eines umfassenden Qualitätsmanagements für (Hoch–) Schulen (Dubs 2003a) ist. Schließlich, sechstens, können Standards die (fach-) didaktische Forschung orientieren (Oser 1997), indem sie beispielsweise auf empirisch wenig erforschte Bereiche aufmerksam machen.

Standards werden mit unterschiedlicher Intensität dokumentiert. Für die Rezeption ist es hinderlich, dass Standards oft nicht mehr sind als karg erläuterte Listen. Eine umfassende Dokumentation hätte demgegenüber eine Reihe von Fragen zu beantworten.(11) [/S. 6:]

Erweitere Dokumentation für Standards

Zielsetzung/Funktionen der Standards:

  • Welche Funktionen haben die vorgelegten Standards?

Entwicklung von Standards:

(Vorgehensmodell)

  • Welcher Prozess wurde für die Entwicklung von Standards verwendet? Inwieweit ist dieser Prozess demokratisch (legitimiert)?
  • Welche Stakeholder waren in die Entwicklung der Standards involviert? Wie wurde dabei Wissenschaft und Schule (Lehrkräfte) berücksichtigt?
  • Welche Organisationsform, wie z.B. ein Professional Standard Board, wurde verwendet?
  • Wer und wie hat die Entwicklung der Standards beeinflusst (z.B. staatliche Instanzen, Hochschulleitung und –management, Professionsvereinigungen in den Fächern, Standards für Lernen in Schulen, fiskalische Überlegungen, messpraktische und –theoretische Überlegungen)?
  • Wie breit und intensiv war der Input verschiedener Stakeholder? Wie erfolgt die Moderation im Falle von Konflikten zwischen den Stakeholdern? Wie wird verhindert, dass das breite Einbringen von Expertise nicht die Kohärenz gefährdet?
  • Wie wurde gewährleistet, dass die Standards gendersensitiv sind und keine kulturelle Bias haben? (Relevanzproblem)
  • Welche Quellen wurden bei der Ausarbeitung der Standards genutzt (z.B. Forschung zur Profession, bereits existierende Standards)?
  • Wie werden Kandidaten für Standards bewertet, d.h. welche Relevanzkriterien wurden für Standards gesetzt?
  • Welche Rolle spielt die (empirische) Forschung und welche die Tradition in Schulen?
  • Wie, wann und wie oft werden die Standards in Zukunft überarbeitet?
Systemische Verankerung der Standards:
  • Welche Standards bzw. welche Implikationen ergeben sich für Studiengänge bzw. Programme sowie Institutionen?
  • Was bedeuten die Standards für andere Phasen der Bildung von Lehrkräften?
  • In welchem Bezug stehen die Standards zu den Grundgedanken des Bologna–Prozesses (Module, Leistungspunktsystem, Workloads, Diploma Supplement)?
  • In welchem Verhältnis stehen die Standards für Lehrkräfte zu Akkreditierungskriterien für Programme, Studiengänge und Institutionen sowie zu den Zulassungs– bzw. Lizenzierungskriterien für Lehrkräfte?
  • Was passiert mit Lehrkräften, Programmen oder Standorten, die den Standards nicht entsprechen?
  • In welcher Form wird die Fachlichkeit der Bildung von Lehrkräften berücksichtigt?
Lenkung & Steuerung (governance) und Finanzierung:
  • Wie erfolgt die Lenkung und Steuerung der Entwicklung, Implementation und Evaluation der Standards?
  • Wie werden die Entwicklung, die Implementation, die standardkonformen Assessments, die Revisionen etc. finanziert?
  • Welche Budgets stehen hierzu zur Verfügung?
Implementation der Standards:
  • Wie erfolgt die Durchsetzung, die Anwendung, die Interpretation, die psychometrische Spezifikation, das Training etc. der Standards?
Assessment:
  • Welche Funktion haben Assessments?

  • Wie werden die Standards überprüft bzw. bewertet?
  • Welche Rolle spielen dabei standardisierte Tests, wie z.B. die PRAXIS–Reihe des ETS?
  • Welche Rolle spielen Portfolios?
  • Wer entwickelt diese Tests?
Auswirkungen (impact) und Effektivität der Standards:
  • Liegt empirisches Wissen darüber vor, welchen Einfluss die Standards auf die Bildung von Lehrkräften, die Absolventen und die von ihnen ermöglichten Lernprozesse haben?

Tab.: Hintergrundinformationen zu Standards [/S. 7:]