1.3.1 Allgemeine didaktische Überschneidungen und Ergänzungen
Versucht man in Kürze, die Aufgaben des Geschichtsunterrichts von denen des Politikunterrichts abzugrenzen und zugleich die Berührungs- oder Überschneidungsflächen zu bezeichnen, läßt sich etwa folgendes sagen:
Das Sachgebiet des Politikunterrichts liegt in der Gegenwart im weitesten Sinne, in ihren staatlichen, regionalen, kommunalen Strukturen, sozialen, wirtschaftlichen Zuständen, theoretischen Deutungsmustern ihres Selbstverständnisses und praktischen Verhaltensweisen der Menschen – jenseits der "res privatae" – in ihren Umweltverhältnissen. Sein Ziel muß es sein, eine zugleich kritische und qualifizierte Befähigung zu vermitteln, diese Gegenwartsverhältnisse zu erkennen, anzuleiten zum Finden und Bestimmen eines eigenen Standortes, zu helfen bei der Entwicklung von Verhaltensweisen, die sowohl den Gegebenheiten wie den Herausforderungen der Gegenwart adäquat sind und soweit wie möglich auf verantwortbaren Entscheidungsprozessen beruhen. Da sowohl die Verhältnisse wie deren Interpretation, die Kategorien des Erkennens und die Muster des Verhaltens nicht statisch ein für allemal gegeben sind, sondern sich unter wechselnden Bedingungen im historischen Prozeß herausgebildet haben und sich in ihm weiter verändern, kann ein seinen eigenen Ansatz begreifender Politikunterricht nicht ohne historische Standortbestimmung der eigenen Möglichkeiten und des eigenen Wollens auskommen; er kann die gewünschten Qualifikationen nicht unter Verzicht auf die Erkenntnis ihrer Historizität vermitteln. Er ist keine normative "Ewigkeitskunde", sondern historische Gegenwartskunde. Deshalb ist die Geschichtlichkeit eine der unumgehbaren Kategorien des politischen Unterrichts – als eine Bedingung der Erkenntnis gegenwärtiger Verhältnisse und der Möglichkeit, sich in ihnen zu orientieren und selbst zu bestimmen, nicht aber um der historischen Erkenntnis vergangenen Lebens an sich gehört die geschichtliche Dimension zum politischen Unterricht.(6) [/S. 17:]
Der Geschichtsunterricht hingegen hat eine sowohl durch die zeitliche Tiefe wie durch die umfassendere, nicht durch das Politische allein zu erschöpfende Thematik menschlichen Lebens eine potentiell sehr viel weitere Gegenständlichkeit. Eine Auswahl dessen als Kenntnis und sekundäre Erfahrung zu überliefern, was menschliches Leben im Läufe der Zeit individuell und kollektiv sein konnte und was es an Spuren hinterließ, die Möglichkeiten und Perspektiven in der Folge der Veränderung, in Vielfalt, Unterschiedlichkeit und Gegensätzlichkeit zur Anschauung zu bringen und in die Reflexion zu heben, ist eine Aufgabe, die dem Geschichtsunterricht kein anderes Fach ungeachtet der historischen Dimension, die im zugeordnet sein mag, abnehmen kann. Die Fähigkeit, Vergangenes als etwas anderes, an sich selbst Interessantes und durch Verwandtschaft oder Gegensätzlichkeit das eigene Dasein Bereicherndes anzuerkennen, ist nun schon im weitesten Sinne eine Qualifikation sowohl humaner wie auch politischer Bildung. Der Gefahr des Sich-Verlierens im Unendlichen des geschichtlichen Daseins und des Verlustes an Fähigkeit zur Gewichtung muß der Geschichtsunterricht innerhalb der begrenzten Zeit, die ihm zur Verfügung steht, dadurch begegnen, daß er neben der Vermittlung des Vielfältigen und Fremden im energischen Zugriff die Genese unserer eigenen Gegenwart und ihrer im weitesten Sinne politischen Verhältnisse aufzeigt, mit denen es der Politikunterricht unmittelbar zu tun hat. Im Ernstnehmen der "Vorgeschichte der Gegenwart" werden die Gegenwartsverhältnisse nicht nur besser verstanden; sie werden auch als ein in Kontroversen Gewordenes aufgefaßt und in ihrem gegenwärtigen Spannungszustand begriffen, so daß die Vorstellung nicht Raum greifen kann, es mit festen und unveränderlichen Gegebenheiten in der Gegenwart zu tun zu haben.
Daß die Zustände der Gegenwart Übergangszustände sind, daß sie sich nicht nur ändern, sondern daß sie auch veränderbar, d. h. menschlichem Planen und Handeln unterworfen sind, ist eine Einsicht, die politisches Grundverhalten beeinflussen kann. Aber die nicht minder wichtige Kehrseite dieser Erkenntnis ist die, daß die gewordenen Zustände eben nicht beliebig veränderbar sind, daß in Vergangenheit und Gegenwart gründende Bedingungen vielfältigster Art nicht nur das Handeln, auch schon das Planen und Denken eingrenzen, vor Hindernisse oder auch in Antinomien führen; daß geschichtliches Handeln immer im Prozeß – d. h. unter wechselnden und nicht sicher vorhersehbaren Bedingungen – vor sich geht und unter Umständen in seinen Ergebnissen weit von den Zielen und Motiven der Handelnden oder Fordernden abweicht; daß unkalkulierbare Nebenwirkungen sich in den Vordergrund drängen können.
Beides, die Möglichkeiten und die Bedingungen wie Grenzen des politischen Handelns, müssen und können im Geschichtsunterricht deshalb besonders einsichtig gemacht werden, weil uns die Geschichte abgelaufene Vorgänge und Handlungsstränge vor Augen stellt und es möglich macht, Motive und Begründungen für das Handeln, Bedingungen und Begrenzungen, Strategien und Wirkungen oder Ergebnisse politischen Handelns im Zusammenhang zu sehen. Insofern wäre ein auf diesen Blickpunkt hin angesetzter Geschichtsunterricht auch am entferntesten Beispiel eine politische Fallstudie.
Aber auch insofern, als der Geschichtsunterricht die nicht realisierten Alternativen, gescheitertes Denken und Handeln innerhalb der Vorgeschichte der Gegenwart aufzeigt, [/S. 18:] kann er die Möglichkeit und Bedingtheit politischen Handelns verdeutlichen, zu Vergleich und Urteil anregen und so dem politischen Verständnis eine tiefere und differenziertere Perspektive geben, als es ohne die historische Dimension einem rein präsentistischen Politikunterricht möglich wäre. In dieser Weise können sich gerade durch die Verbindung mit dem geschichtlichen Unterricht die Möglichkeiten, Befürchtungen und Hoffnungen der Gegenwart im Horizont der vergangenen wie der "kommenden Geschichte" (Wittram) begreifen.
Jenseits der unpolitischen Verhaltensweisen des Aktionismus oder der frustrierten Abstinenz kann in der Verbindung von politischem und historischem Unterricht besonnenes, auf Kenntnis, Urteil, Entscheidung gegründetes, illusionsloses politisches Verhalten vorbereitet werden.
Zu bestimmten, in konkreten Situationen zu realisierenden, inhaltlich umschriebenen Verhaltensweisen oder gar Handlungen kann der Geschichtsunterricht weder generelle noch spezielle Anleitungen geben, wenn er nicht das preisgeben will, was er in die politische Bildung mit gedecktem Wechsel einbringen kann: er kann für politische Verhaltensweisen und Entscheidungen einen Horizont von Kenntnis und historischer Perspektive bereitstellen, breitere Grundlagen und besseres Verständnis der unterschiedlichen oder gegensätzlichen Entscheidungen und Verhaltensweisen in der Gegenwart liefern, er soll "konditionieren" zum Begreifen der spannungsreichen politischen Positionen der eigenen Zeit, ihres relativen Rechts, ihrer jeweiligen historischen und gesellschaftlichen Bedingtheiten. Indem er die Möglichkeit, selbstbewußt und begründet Positionen zu beziehen mit dem Vermögen vermittelt, andere Positionen zu begreifen, wird er selbst unmittelbar zum politischen Unterricht. Er kann diese Funktion aber nur wahrnehmen, wenn ihm die erkennende Distanz, die Besonnenheit als didaktische Grundkategorie gewahrt bleibt, die es .erlaubt, unmittelbare Gegenwart in den historischen Zusammenhang zu rücken. Das Engagement des Geschichtsunterrichts ist eben diese Besonnenheit, und nichts wäre falscher und würde die politische Bildung mehr reduzieren, als wenn diese Besonnenheit als Mangel an Engagement verketzert oder aufgegeben würde.
So bedarf der politische Unterricht in seinem direkteren Zugriff der Ergänzung durch den Geschichtsunterricht – der Geschichtsunterricht seinerseits des zielgerichteten, schärferen Zugriffs des politischen Unterrichts auf die Gegenwart. Indem sich beide ergänzen, halten sie auch ihre möglichen Fehlentwicklungen in Schranken.
Diese Skizze des Gegenstandes und der Berührungspunkte von Geschichtsunterricht und politischem Unterricht entbehrt zweifellos der Trennschärfe. Es scheint so zu sein, daß der Zusammenhang zwischen historischem und politischem Unterricht im allgemeinen unbestritten ist, daß aber Versuche, aus dieser allgemeinen Ansicht eindeutige curriculare Konsequenzen zu ziehen, theoretisch willkürlich und unbefriedigend geblieben sind. War es in der Vergangenheit über lange Strecken so, daß vornehmlich dem Geschichtsunterricht zugleich die politische Bildung zugewiesen wurde, so gibt es in der Gegenwart Versuche, den Geschichtsunterricht einem didaktisch strukturell gegitterten Feld der Gesellschaftslehre einzugliedern. Die scharfe Kontroverse um diese Umkehrung des Verhältnisses zwischen geschichtlichem und politischem Unterricht hat zweifellos die Diskussionen beflügelt und die Positionen klarer hervortreten lassen. Sie hat aber auch gezeigt, daß ein ohne theoretische Vorentscheidungen und ohne Willkür aufzustellendes systematisches Schema einer Integration von Geschichts- und Politikunterricht nicht in [/S. 19:] Sicht ist.(7) Der unbewußt schon resignative Versuch andererseits, unter der Ausblendung von Geschichte zunächst einmal einen Politikunterricht für sich zu begründen und zu exemplifizieren, zeigt immer mehr die Schwächen, die im historischen Defizit dieses Ansatzes begründet sind.
Es ist wiederholt dargelegt worden, daß die Beziehungen zwischen Gegenstand und Methoden der Politikwissenschaft einerseits, der Geschichtswissenschaft andererseits so komplex, zugleich so gegenstands-, aspekt- und methodenabhängig sind, daß die Zeit für eine theoretisch haltbare Fundierung wissenschaftlicher und didaktischer Integrationsvorhaben zwischen historischem und politischem wissenschaftlichen Zugriff keineswegs erreicht ist. Die alte, vorübergehend anerkannte Scheidung zwischen "idiographischem", individuellen Prozeß beschreibendem und systematischem, generelle Formationen analysierendem Verfahren, das erste der Geschichtswissenschaft, das zweite der politischen und Sozialwissenschaft zugeordnet, ist längst aufgegeben. Auch der chronologische Ort ist kein verläßlicher Gradmesser dafür, ob wir es mit einem politischen oder historischen Gegenstand zu tun haben. Der Zeitgeschichte ist Gegenwärtiges zugewiesen; die Geschichte älterer Epochen bezieht sich virtuell in Frageanlaß und Problematisierung auf den Horizont unserer Zeit; selbst die Zukunft – als zweifellos "historische Dimension" – ist zwar nicht als Erforschbares gegeben, aber als Gewolltes und Eingeschätztes ein Regulativ der Historie. Auf der anderen Seite kennt die Politikwissenschaft längst nicht mehr die Begrenzung auf ein punktuell Gegenwärtiges, sie greift zum Vergleich wie zur Genese auf Vergangenes zurück und hat, nach vorübergehender Ausblendung historischer Kategorien, die Geschichte wieder als Politik im Prozeß entdeckt. Wie Geschichte sich in einer zweifellos nicht allgemein gültigen, aber wichtigen Auffassung als "historische Sozialwissenschaft" verstehen kann, so kann auch die Politikwissenschaft je nach Gegenstand, Methode und Erkenntniswillen – und nicht nur im Hinblick auf die Zeitgeschichte – zu einer politischen Geschichtswissenschaft werden.
1.3.2 Variable Kombination als pragmatischer Weg der Verbindung von historischem und politischem Unterricht
Aus dieser multiperspektivischen und flexiblen Verbindung zwischen Politikwissenschaft und Geschichtswissenschaft, deren Zusammenhang sich je nach Gegenstand und Methode immer neu konstituiert, müssen für den Zusammenhang zwischen Geschichtsunterricht und politischem Unterricht Konsequenzen gezogen werden. Ohne eine theoretisch umfassende Basis der curricularen Verbindung ein einheitliches Konzept der Integration zu liefern und sich der Gefahr auszusetzen, gewaltsam wissenschaftstheoretische und didaktische Dekrete zu erlassen, schlägt das vorliegende Werk einen pragmatischen, gegenstands- und methodenbezogenen Weg ein: Die Akzentuierung des Unterrichts erfolgt im Hinblick auf Thema und Fragestellung so, daß entweder im Sinne eines Politikunterrichts gegenwärtig Politisches unmittelbar aufgegriffen oder im historischen Ansatz die Vergegenwärtigung des Vergangenen in Zustand und Prozeß zum Schwerpunkt wird; im ersten Fall wird die historische Dimension, im zweiten Fall die aufs gegenwärtig Politische zielende Bedeutung des Themas mit erarbeitet. In jedem Fall aber sind die methodischen Denkansätze oder die den Transfer ermöglichenden kategorialen Denkformen [/S. 20:] in den Unterrichtsbeispielen angelegt und entwickelt, die es erlauben, Geschichte und Gegenwart, Politisches und Historisches unterscheidend und urteilend miteinander in Beziehung zu setzen.
Es ist in diesem Band versucht worden, sowohl für den Geschichtsunterricht wie für den politischen Unterricht einen selbständig ansetzenden, aber jeweils auf den anderen verweisenden didaktischen Begründungs- und Handlungsrahmen zu entwickeln; innerhalb dieses didaktischen Rahmens werden die Themen aufeinander bezogen oder miteinander verbunden. Diese Beziehung ergibt sich je nach dem Gegenstand in unterschiedlicher Weise:
- Historische und politische Unterrichtsbeispiele stehen in relativer Selbständigkeit nebeneinander. Eine direkte Verbindung wird nicht intendiert – lediglich über die Entwicklung von Denkformen und methodischen Zugriffen stellt sich eine mittelbare Beziehung her. Diese Selbständigkeit ist als Möglichkeit deshalb notwendig, weil der Zwang, bei jedem Thema im Unterricht die zwar latent vorhandene, aber nicht immer im Mittelpunkt des Zielrahmens stehende und oft sehr vermittelte Verbindung zwischen Politik und Geschichte herzustellen, zur Verkrampfung führen muß. (Beispiel: Völkerwanderungen, Entdeckungen, Kolonisationen – Probleme der Entwicklungsländer).
- Historische und politische Themen sind vom Gegenstand her eng aufeinander bezogen: Eine geschichtliche Unterrichtsreihe bietet die Gelegenheit, ein politisches Phänomen in der Gegenwart genauer zu analysieren oder umgekehrt. Diese Verbindung ist die eines curricularen Nacheinanders, in dem ein Fach den Gegenstand des anderen aufgreift und auf seine Weise vertieft. (Beispiel: "Industrielle Revolution" – "Kapitalismus")
- Historischer und politischer Zugriff sind in einem Thema verbunden. Die "Integration" erfolgt durch das Zusammentreffen der gleichermaßen politisch gegenwärtigen wie historischen Bedeutung und Auffassung des Themas; das Erkennen gegenwärtiger Verhältnisse und das Begreifen historischer Prozesse sind unlösbar miteinander verbunden. Eine solche Unterrichtsreihe geht genetisch von der Vergangenheit auf die Gegenwart zu ("Kinderarbeit und Kinderschutz in Deutschland seit dem 18. Jahrhundert"), setzt regressiv an einer gegenwärtigen Erscheinung an und sucht ihre historischen Bedingungen auf ("Marxistische Revolutionen in der dritten Welt") oder versucht komparativ am historischen Anderen das gegenwärtig Eigene begreiflich zu machen und umgekehrt. ("Grenzen in der Geschichte")
Auf diese Weise erscheint es am ehesten möglich, ohne Zwang, bei breitester Mitentscheidung über Thema und Methode durch den Lehrer wie durch die Lerngruppe im Unterricht den Zusammenhang zwischen Geschichte und Politik herzustellen, den beide in der Realität haben. Kein "Fach" braucht sich hier dem anderen zu unterwerfen, keins sich vom anderen zu isolieren. Auch das unterrichtstechnisch schwierige Problem der Stundenzumessung läßt sich durch dieses Konzept der relativ variablen Unterrichtsreihen, die unterschiedliche Formen der Kooperation herstellen, am ehesten lösen. Diese Aufbereitung der Gegenstände des politischen und historischen Unterrichts und die Verschränkung der Ziele läßt abwechselnd getrennten Fachunterricht ebenso zu wie Epochenunterricht oder einen kombinierten und konzentrierten Gesamtunterricht im gesellschaftswissenschaftlichen Unterrichtsfeld. [/S. 21:]
Der Explikation des didaktischen Ansatzes folgt in diesem Band eine Zusammenstellung der Themen des politischen und historischen Unterrichts. (4) Dabei werden in Rückbeziehung auf die Begründungen sowohl die Inhalte, die unterschiedlichen methodischen Zugangsformen und die Verbindungsmöglichkeiten der Themen kenntlich gemacht – im Rahmen des Versuchs, durch eine den Jahrgängen – wenngleich nicht streng – zugeordnete Folge von Unterrichtseinheiten ein Curriculum des geschichtlichen und politischen Unterrichts zu erstellen.
Erfolgt die Zusammenstellung eines Curriculums des historischen und politischen Unterrichts in pragmatischer Weise nach unterschiedlich eng dem Geschichtsunterricht bzw. dem politischen Unterricht zuzuordnenden Themen, so darf diese praktisch notwendige Form der Anordnung doch nicht ein vordergründiges Bild vom Zusammenhang zwischen geschichtlicher und politischer Bildung erzeugen: es sind letztlich nicht die Themen selbst, die diesen Zusammenhang konstituieren – oder sie sind es doch nicht vornehmlich. Ob im Geschichtsunterricht politische Bildung mitgeprägt wird, ist nicht so sehr eine Frage des behandelten Gegenstandes – etwa seiner Zeitnähe – sondern eine Frage des geistigen Zugriffs, der didaktischen Grundkategorien. Das gleiche gilt umgekehrt. Darum wird in diesem Werk der tiefere, über die Kenntnis- und Wissensvermittlung in die Sphäre der Denk- und Urteilsfähigkeiten wie der Wertsetzungen reichende Zusammenhang zwischen historischer und politischer Bildung nicht zuerst im Thematischen gesehen und gesucht; vielmehr findet er sich jenseits der Zuordnung von Themen im spezifischen, dem Gegenstand des historischen und politischen Unterrichts angemessenen Grundgefüge didaktischer Kategorien. Ist es – wie unten näher ausgeführt wird – der enge Zusammenhang zwischen Vergangenheitsbewußtsein, Gegenwartsverständnis und Zukunftsperspektive, welcher sowohl das reflektierte historische wie das aus bloßer Reaktion erlöste politische Denken und Urteilen bezeichnet, so ist darin der – unterrichtlich zu explizierende – Zusammenhang von Wissen und Erkennen, Beurteilen, Bewerten und Sich-Verhalten mit gesetzt. In der Einübung dieses Denk- und Orientierungsverhaltens an Themen, welche durch die Fragenotwendigkeiten unserer Zeit ebenso wie durch die historisch auf uns gekommenen staunenswerten und weiterwirkenden Phänomene vergangenen Daseins "pro-voziert" werden, liegt ungeachtet unterschiedlicher Akzentsetzungen und wissenschaftsystematischer Zugriffe die eigentliche Verbindung zwischen historischem und politischem Unterricht.(8) Sie realisiert sich durch didaktische Strukturierung und Methode in einem permanenten, grundlegenden und nicht nach Stunden oder Unterrichtseinheiten abzuzirkelnden Prozeß. Die thematische Zuordnung ist nur das curricular beschreibbare, organisatorisch aufweisbare Mittel, diese Verbindung in unterschiedlicher Inhaltsbezogenheit zu konkretisieren. (vgl. unter 4.1.5)