Sowohl in der Geschichts- als auch der Politikdidaktik gab es Bestrebungen die jeweils andere Erkenntnisweise (und damit auch das Unterrichtsfach) in die eigenen Perspektive zu integrieren. Lange Zeit beanspruchte der Geschichtsunterricht den Alleinvertretungsanspruch für die politischen Erziehung. Entwicklungspsychologische Überlegungen ließen fraglich erscheinen, ob Schülerinnen und Schülern überhaupt primäre Erfahrungen im politischen Handlungsfeld machen können. Dieser Umstand rechtfertigte die zentrale Bedeutung des Geschichtsunterrichts für das politische Lernen. Denn die Beispiele aus der Politikgeschichte wurden als ein 'sekundäres Erfahrungsfeld' verstanden, an dem politisches Denken und Handeln nachvollzogen werden konnte (7). Das historische Integrationsmodell dominierte die historisch-politische Didaktik bis in die siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts (8).
Mit dem Aufschwung der Sozialwissenschaften gewann das politische Integrationsmodell an Bedeutung. Es ging davon aus, dass Geschichte hinreichend an den historischen Aspekten des aktuell Politischen erlernt werden könne. Durch die Untersuchung der historischen Entwicklung von und durch die Reflexion historischer Analogien zu gegenwärtigen politischen Problemlagen impliziere der Politikunterricht das historische Denken, so dass ein eigenes Lernfach Geschichte letztlich unnötig sei (9).
Die Möglichkeit, "den Geschichtsunterricht in den Sozialkundeunterricht zu integrieren" (10) beziehungsweise die "Gemeinschaftskunde und den Geschichtsunterricht [...] zusammenzubinden" (11) dominiert nun die Diskussion um die historisch-politische Didaktik. Öffentliches Aufsehen erregte diese Entwicklung mit den "Hessischen Rahmenrichtlinien für Gesellschaftslehre" im Jahr 1972. Geschichte sollte sich nunmehr durch den "Nachweis ihrer Beziehung zu den jeweils relevanten politisch-gesellschaftlichen Problemen" (12) legitimieren.
Das Integrationsmodell (in seiner historischen wie in seiner politischen Variante) reduzierte das jeweils anderen Faches auf einen Aspekt der eigenen Disziplin. Das Historisch-Politische unterlag dabei der Hegemonie entweder der Geschichts- oder der Politikdidaktik. Von diesem Modell sind Bemühungen zu unterscheiden, die historisch-politische Didaktik additiv als Summe des historischen und des politischen Lernfeldes zu konzeptualisieren. Demnach basiere die historisch-politische Didaktik auf der Eigenständigkeit von zwei Frageweisen, die ihren je eigenen Beitrag zur Erkenntnis der sozialen Wirklichkeit leisten können (13). Das kooperative Modell der historisch-politischen Didaktik gewann in Nordrhein-Westfalen Einfluss auf das Unterrichtsfach Politik (1973) und die "Richtlinien Politik". Im Zuge dieser Entwicklung wurde der klassische Inhaltskanon beider Fächer zurück gedrängt. Geschichte und Politik kooperierten nunmehr zu Gunsten eines fächerübergreifenden Curricularkonzepts (14).
Sowohl die Unterordnung unter eine politologisch-sozialwissenschaftliche Perspektive als auch die Aufhebung in ein fachübergreifendes Curriculum stellte die Zukunft des Geschichtsunterrichts in Frage (15). Erst im Laufe der 70er Jahren entwickelte die Geschichtsdidaktik ein neues Selbstbewusstsein, das sich auch in der Diskussion der historisch-politischen Zusammenarbeit spiegelt (16). Grundlegend dafür war die Kategorie des 'Geschichtsbewusstseins' (17). Seither begreift sich die Geschichtsdidaktik als wissenschaftliche Disziplin, "die über Bildungs- und Selbstbildungsprozesse, Lehr- und Lernprozesse an und durch Geschichte nachdenkt und damit die Entstehung, Beschaffenheit, Funktion und Beeinflussung von Geschichtsbewusstsein im gesellschaftlichen und historischen Zusammenhang thematisiert" (18).
Ausgehend von dieser disziplinären Grundlegung wurde auch die Zusammenarbeit mir der Politikdidaktik neu gedacht. Dabei gewann das korrelative Modell der historisch-politischen Didaktik an Bedeutung. Dieses stellt die historische und die politische Perspektive nicht nur nebeneinander, sondern verweist sie zugleich aufeinander. Das Historische wird als ein Bestandteil des Politischen und das Politische als ein Aspekt des Historischen betrachtet (19). Trotzdem gehen die Perspektiven nicht ineinander auf. Für die historisch-politische Didaktik tritt somit die Koordination der beiden Lernbereiche in den Vordergrund. Im Schnittbereich bereichern sich die Inhalte und Erkenntnisinteressen einer sozialwissenschaftlich orientierte Geschichtsdidaktik und eine historisch orientierte Politikdidaktik gegenseitig.
Wenn sich der Reflexionsgegenstand der historisch-politischen Didaktik im Überschneidungsfeld der beiden Fachperspektiven befindet, dann ist es sinnvoll mit dem Geschichts- und dem Politikbewusstsein zunächst deren disziplinären Gegenstände zu erörtern. In der Geschichtsdidaktik nimmt die Bewusstseinskategorie eine zentrale Position ein. Das Geschichtsbewusstsein ist zu einem disziplinären Schlüsselbegriff geworden, über den es gelungen ist, die Krisenerscheinungen der sechziger und siebziger Jahre zu überwinden und unterschiedliche fachliche Perspektiven zu integrieren. In der Politikdidaktik konnte die Diskussion des Politikbewusstseins noch keine vergleichbare Dynamik entwickeln.