Die individuellen Arbeitsvermögen werden auf Strukturen bezogen, in denen Erwerbsarbeit angeboten und entlohnt wird. Darauf fußen viele Definitionen des Berufs. Beispielsweise formuliert Hesse (1972: 130 f.):
"Berufskonstruktion soll heißen ein planmäßiger Vorgang zur Konstruktion von Mustern zur Qualifizierung und zum Tausch von Arbeitskraft,
- an dem berufsfremde Interessen maßgeblich beteiligt sind
- und das Interesse der Arbeitskraftbeschaffung vor allem auf die Sicherung von Qualifikationserwartungen zielt."
"Professionalisierung soll heißen ein planmäßiger Vorgang zur Konstruktion von Mustern zur Qualifizierung und zum Tausch von Arbeitskraft,
- an dem die Berufsangehörigen maßgeblich beteiligt sind
- und das Interesse von Arbeitskraftverwertung vor allem auf die Sicherung und Steigerung von Entschädigungschancen zielt."
Dieselbe Argumentation liefern Beck/Brater/Daheim (1980: 37), wenn sie die "subjektbezogene Arbeitsorganisation" als die für Verhältnisse des Warentausches charakteristische Form interpretieren, die zu dauerhaft institutionalisierten Kombinationen und Abgrenzungen vor Arbeitsfähigkeiten bzw. Tätigkeiten führe, "die als "Arbeitskräftemuster" von Individuen übernommen werden." Ein Modus, der die "Berufsform" der Arbeitsverteilung derartig bestimme, "dass wir sagen können: Der Beruf ist die Form, in der inhaltlich besondere Fähigkeiten als Ware angeboten werden. (...) Dominantes Gestaltungsprinzip der Berufsform ist ... die Vermarktbarkeit der Arbeitskraftangebote. Dieses Prinzip bestimmt zunächst auch die Herausbildung der Einzelberufe." (a.a.O.: 39)
Arbeitsfähigkeiten, gebündelt im Zuschnitt der institutionalisierten Kombinationen, die der Einzelne durch Berufsausbildung, berufliche Weiterbildung und/oder Einarbeitung erworben hat, werden am Arbeitsmarkt in Form von Berufen mit speziellen Berufsbenennungen angeboten. Andererseits werden Qualifikationserwartungen der Betriebe, die Arbeitskräfte suchen, in ebensolcher Form als Stellenangebote formuliert. Alle derartigen Benennungen, die spezifischen Arbeitsplatzprofile im Betrieb bzw. das spezifische Arbeitsvermögen der Individuen kennzeichnen, werden im deutschen Sprachraum dann unter "Beruf" subsumiert, wenn sie mit einer Benennung bezeichnet werden können und keine umfangreichere Beschreibungen erfordern.
Die Berufsausbildung und das dort erworbene Qualifikationsprofil wirken demnach als erste Zuschreibung des Fachberufs. Unterhalb der Hochschulebene sind Freisprechungsfeiern am Ende der Lehrzeit heute noch ein blasses Abbild ursprünglicher Initiationsriten, wie sie früher den Übergang der Jugend in die Erwachsenenwelt markierten. Diplome und Abschlusszertifikate bilden aber immer noch den Nachweis fachlicher Kompetenz; Handwerker dokumentieren sie öffentlich mit dem im Verkaufsraum ausgehängten Meisterbrief.
Berufskonstruktion, Verankerung der Ausbildungsprofile in Rechtsverordnungen, Erlasse der Kultusministerien zur schulischen Berufsausbildung, Studien- und Prüfungsordnungen der Hochschulen, Landes- und Bundesgesetze, die den Zugang zu Berufen an staatliche Examina binden, all dies sind beredte Zeugnisse dafür, wie sehr Berufsausbildung konstitutives Merkmal der Beruflichkeit ist. Möglicherweise haben sie die Flexibilität von betrieblicher Berufsallokation reduziert.
Betriebe würden möglicherweise offenere Zuweisungen wie Modularisierung und Bausteinsysteme bevorzugen, um sich nicht mit den starren und überkommenen beruflichen Strukturen auseinander setzen zu müssen. Allerdings erfordert dies besondere Bemühungen, bei der dann aufscheinenden Vielfalt die jeweiligen Kombinationen prägnant, für jedermann verständlich zu benennen. Welche Bezeichnung wäre dann in der Lage, die Fachqualifikation der Personen zu beschreiben?
Neuerdings tritt der aus dem anglo-amerikanischen Raum eindringende "Job" samt dem ihm zugeschriebenen "Jobdenken" neben den Beruf. Aus der Sicht tradierter Beruflichkeit wird dem Job immer noch eine eher negative Bedeutung zugemessen, wonach Job und Jobben als auf reinen Gelderwerb zielend angesehen werden, ohne dass ein Eintauchen in die Beruflichkeit in allen ihren Dimensionen erfolgt. Die Dauerbindung, die Identifikation mit der Arbeitsaufgabe und dem Unternehmen, die Sinnfindung in der Arbeit kann der Job nicht leisten, er orientiert sich am kurzfristigen Nutzen. Allerdings ist zu beobachten, dass die Vorliebe für Anglizismen oft dazu verleitet, von Job zu reden, wo es im Grunde genommen um Beruf geht.
Berufe und ihre Benennungen bündeln die vielfältigen Fähigkeiten von Menschen, wie auch die Aufgaben, die an Arbeitsplätzen auftreten, in programmatischer Form. Berufe mit ihren Benennungen werden zur Kommunikationsbasis über den Arbeitsmarkt und die Beschäftigung, sind Tauschmuster, nach denen Bedarf signalisiert, Angebot ermittelt und Marktausgleich erfolgen kann.