Die Ausbildungschancen von Jugendlichen mit Migrationshintergrund haben sich in den letzten Jahren nicht verbessert.
Die Chancen junger Menschen aus Migrantenfamilien auf eine berufliche Erstausbildung und damit auch ihre Chancen auf eine berufliche Integration haben sich in den letzten Jahren nicht verbessert - im Gegenteil. Seit einiger Zeit ist der Anteil junger Menschen ausländischer Herkunft in einer beruflichen Ausbildung sogar rückläufig bzw. stagniert.
Liegt der Anteil Jugendlicher ausländischer Herkunft, die in eine berufliche Ausbildung im dualen System einmünden, 1986 noch bei 25 %, so steigt die Ausbildungsquote bis 1994 deutlich auf 44 % an, ist seither jedoch im Sinken begriffen. 1998 erreicht die Ausbildungsquote ausländischer Jugendlicher mit 38 % gerade den Stand von 1991. 1999 ist mit 39 % eine leichte Besserung festzustellen; inwieweit dies eine Trendwende darstellt, bleibt abzuwarten.
Ein Rückgang der Partizipation an beruflicher Ausbildung und damit auch der Chancen auf eine berufliche Integration von Jugendlichen mit Migrationshintergrund ist u. a. zurückzuführen auf ein im Durchschnitt der letzten Jahre rückläufiges betriebliches Ausbildungsangebot, was nicht nur aber in besonderem Maße junge Menschen aus Migrantenfamilien trifft (Granato/ Werner 1999).
Die Chancen von Schulabgängern ausländischer Herkunft auf eine berufliche Ausbildung haben mit den Verbesserungen ihrer Schulabschlüsse im letzten Jahrzehnt nicht Schritt gehalten. Die Chancen Jugendlicher ausländischer Herkunft auf einen betrieblichen Ausbildungsplatz sind nach wie vor wesentlich geringer als bei deutschen Jugendlichen.
Die Chancen von Schulabgängern ausländischer Herkunft an einer beruflichen Ausbildung haben mit den Verbesserungen ihrer Schulabschlüsse nicht Schritt gehalten. So haben 81 % der Schulabgänger ausländischer Nationalität 1999 einen Schulabschluss. Einen Realschulabschluss haben 29 % erreicht, die Hochschulreife 11 %. 41 % schließen die allgemein bildende Schule in Deutschland mit dem Hauptschulabschluss ab. Doch nur 39 % der Jugendlichen erhalten einen Ausbildungsplatz im dualen System. (1)
Obgleich sich die Schulabschlüsse ausländischer Jugendlicher seit Mitte der 80er Jahre kontinuierlich verbessert haben, hat dies kaum eine nachhaltige Auswirkung auf ihre Ausbildungschancen.
Wiewohl sich der Trend zu höheren Schulabschlüssen - seit 1993 zwar verlangsamt - auch weiter fortsetzt, hat sich im letzten Jahrzehnt der Abstand zwischen Schulabschlüssen deutscher und ausländischer Jugendlicher nicht wesentlich verringert, da auch bei deutschen Schulabgängern eine stetige Hinwendung zu höheren Abschlüssen festzustellen ist (Bundesministerium für Bildung und Forschung 2001, S. 78).
Die Chancen auf einen Ausbildungsplatz und damit auf eine qualifizierte Berufsausbildung sind für Jugendliche ausländischer Herkunft im Vergleich zu deutschen Jugendlichen wesentlich geringer. Insgesamt erhalten 1999 nur 39 % der Jugendlichen ausländischer Herkunft aber 68 % der jungen Deutschen eine Ausbildung im dualen System.
Trotz besserer Schulabschlüsse sind junge Frauen beim Zugang zum dualen System besonders benachteiligt.
Trotz besserer Schulabschlüsse im Vergleich zur männlichen Vergleichsgruppe und einem hohen Engagement an der ersten Schwelle haben 1999 nur 33 % der jungen Frauen mit ausländischem Pass Zugang zu einer Ausbildung im dualen System - seltener als männliche Jugendliche ausländischer Herkunft (44 %), aber auch wesentlich seltener als junge deutsche Frauen (57 %). (78 % der jungen Männer deutscher Nationalität durchlaufen 1999 eine Ausbildung im dualen System.)
Ungeachtet verbesserter Bildungsabschlüsse hat sich in den letzten Jahren der Anteil junger Frauen ausländischer Nationalität an einer Ausbildung im dualen System kaum erhöht. Liegt ihre Ausbildungsbeteiligung 1986 noch bei 17 %, so steigt sie bis 1994 auf 34 % an und ist seither jedoch leicht im Sinken begriffen. 1998 erreicht die Ausbildungsbeteiligung ausländischer junger Frauen mit 32 % gerade den Stand, der schon 1991/ 92 festzustellen war. Auch hier ist 1999 eine leichte Besserung festzustellen (33 %) (vgl. Granato 2000b).
Große Differenzen bestehen in der Ausbildungsbeteiligung zwischen Jugendlichen ausländischer Herkunft.
Jugendliche ausländischer Herkunft stellen keine homogene Gruppe dar. Im Hinblick auf die Chancen eines Zugangs zu dualer Ausbildung existieren große regionale Unterschiede, aber auch Differenzen nach der Herkunft und dem Migrationshintergrund. Mit statistischen Daten belegbar sind die Unterschiede nach der Nationalität. So liegt die Ausbildungsbeteiligung spanischer Jugendlicher im dualen System mit 79 % höher als bei deutschen Jugendlichen in Westdeutschland (68 %) - dies gilt für Mädchen und Jungen. Während italienische und portugiesische Mädchen und Jungen eine mittlere Position einnehmen, liegt der Anteil Jugendlicher türkischer Nationalität, die sich in einer Berufsausbildung befinden mit 42 % (1998) weiterhin niedriger als bei anderen genannten Nationalitäten.
Das Interesse von Schulabgängern ausländischer Herkunft an einer qualifizierten Berufsausbildung ist nach wie vor hoch.
Die Ausbildungsleistung der Wirtschaftsbereiche für junge Menschen ausländischer Herkunft ist sehr unterschiedlich, teilweise drastisch zu niedrig. Besondere Anstrengungen sind im öffentlichen Dienst zu unternehmen.
Rund 80.000 Schulabgänger ausländischer Herkunft haben sich 1999 allein bei den Arbeitsämtern um eine Ausbildungsstelle beworben. Damit ist der Anteil gegenüber den Vorjahren gleich hoch geblieben. Zu Beginn des Ausbildungsjahres 1999 waren noch über 4.000 ausländische Jugendliche ohne Lehrstelle, das war rund ein Fünftel aller unversorgten Jugendlichen.
Jugendliche ausländischer Nationalität sind in der beruflichen Ausbildung weit unter ihrem Bevölkerungsanteil vertreten. Nur 7 % der Auszubildenden im dualen System haben einen ausländischen Pass, während unter den Jugendlichen im Alter von 15-18 Jahren rund 12 % nichtdeutscher Herkunft sind (Bundesgebiet West).
In allen Ausbildungsbereichen werden Jugendliche ausländischer Herkunft im Vergleich zu ihrem Bevölkerungsanteil unterdurchschnittlich ausgebildet. Das gilt in Industrie und Handel mit 7 %, aber auch in den Freien Berufe (2000: 9 %) und im Handwerk (8 %), wobei im Handwerk die Quote seit einigen Jahren rückläufig ist (1994: 12 %, 1997: 10 %, 1999: 9 %).
Nach wie vor ist es jedoch der öffentliche Dienst, dessen Ausbildungsleistung am geringsten ist: Gerade 3 % der Auszubildenden haben eine nichtdeutsche Staatsangehörigkeit.
Bereits jetzt sind erhebliche regionale Unterschiede in der Ausbildungsleistung der Wirtschaftsbereiche festzustellen. Diese sind zum Teil die ersten Vorboten der sich bundesweit ankündigenden demografischen Lücke.
So bilden beispielsweise das Handwerk in Baden-Württemberg mit 15 %, in Hessen mit 13 % und in Hamburg mit 12 % bereits heute über dem Bundesdurchschnitt Jugendliche ausländischer Herkunft aus (Bundesministerium für Bildung und Forschung 2001, S. 78).
Jugendliche ausländischer Herkunft haben am ehesten in den Ausbildungsberufen eine Chance, die für junge Deutsche nicht mehr so attraktiv sind.
Auch heute noch haben Mädchen und Jungen ausländischer Herkunft am ehesten Ausbildungschancen in den Berufen, die für Deutsche weniger attraktiv sind, wie z. B. Berufe im Bauhandwerk, als Friseurin usw.
Diese Berufe sind in der Regel gekennzeichnet durch vergleichsweise ungünstige Arbeitszeiten bzw. Arbeitsbedingungen, geringere Verdienstmöglichkeiten, geringere Aufstiegschancen und oftmals geringere Übernahmechancen und ein höheres Arbeitsplatzrisiko.
Jugendliche ausländischer Herkunft werden häufig in folgenden Ausbildungsberufen ausgebildet:
Tabelle 1: Anteil der Auszubildenden ausländischer Nationalität
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Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserie 11 Reihe 3, 2000, Berechnungen des BIBB; vgl. auch Werner 2000.
Die Chancen Jugendlicher ausländischer Herkunft in den neuen Berufen müssen deutlich verbessert werden.
Der expandierende Wirtschaftsbereich neu entwickelter Berufe im Rahmen der Informations- und Kommunikationsmedien bietet ein interessantes Betätigungsfeld mit guten Qualifizierungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten. Hier existieren mittlerweile 60.000 Ausbildungsplätze (Werner 2000). Sehr gering ist demgegenüber mit 4 % der Anteil von Jugendlichen ausländischer Herkunft in diesen Berufen (2000).
Mit 6 % in den Serviceberufen und 3 % in den Medienberufen ist die Aussicht von Jugendlichen ausländischer Nationalität in diesen Branchen unterproportional. Vergleichbares gilt für die neuen IT-Berufe, wo sie mit 3 % gleichfalls stark unterdurchschnittlich eine Ausbildung erhalten.
Tabelle 2: Anteil der Auszubildenden mit ausländischem
Pass an allen Auszubildenden in
den neu entwickelten Berufen 1998 und 2000 Bundesgebiet West - absolut und in Prozent -
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Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserie 11, Reihe 3, 1998 und 2000; Berechnungen des BIBB.
In den beruflichen Schulen sind Jugendliche ausländischer Nationalität überproportional in den Schularten vertreten, die nicht zu einem anerkannten Berufsabschluss führen. Häufig stellen diese Ausbildungsgänge "Warteschleifen" dar und sind Ausdruck des Verdrängungswettbewerbs auf dem betrieblichen Ausbildungsmarkt.
Im Berufsvorbereitungsjahr und im Berufsgrundbildungsjahr hat 1999 jeder sechste Schüler einen ausländischen Pass. Diese werden häufig als Ausweichmöglichkeiten bei mangelnden Lehrstellen genutzt. Insbesondere in den weiterführenden Zweigen des berufsbildenden Schulsystems, die in der Regel den Abschluss einer Lehre voraussetzen, sind Jugendliche ausländischer Herkunft stark unterproportional vertreten (z. B. Fachoberschule 7,1 %, Fachschule 3,9 %). In den Berufsfachschulen, die zu einem berufsbildenden Abschluss führen (können) beträgt der Anteil der Schüler ausländischer Nationalität rund 10 % und hat sich damit ihrem Bevölkerungsanteil angenähert (Bundesministerium für Bildung und Forschung 2001, S. 84).
Die Potenziale von Jugendlichen mit Migrationshintergrund müssen stärker anerkannt und genutzt werden.
In den Einstellungsverfahren werden interkulturelle und bilinguale Kompetenzen von Ausbildungsplatzbewerbern ausländischer Herkunft noch immer zu wenig erkannt und anerkannt. Selbst in Wirtschaftszweigen mit Bedarf an interkulturellem und mehrsprachigem Fachpersonal, so im Bereich der personalen Dienstleistungen, aber auch in Branchen mit einem hohen Anteil an Kunden ausländischer Nationalität, wie in Beratungsinstitutionen, im Banken- und Versicherungsgewerbe sowie im Servicebereich für ausländische Unternehmen in Deutschland, werden Jugendliche ausländischer Herkunft noch zu selten als Auszubildende und junge Fachkräfte nachgefragt.