Eine der größten Hemmnisse im Vorfeld der Berufsausbildung ist es für Jugendliche mit Migrationshintergrund überhaupt einen Ausbildungsplatz zu bekommen. Ein Mangel an ausbildungsinteressierten Schulabgängerinnen und Schulabgängern ausländischer Herkunft kann nicht festgestellt werden. Auch der Unterstützung durch die Eltern können sich die Jugendlichen überwiegend gewiss sein. Wesentlich problematischer ist es nach wie vor, Betriebe zu finden, die bereit sind, Jugendliche ausländischer oder anderer ethnischer Herkunft auszubilden.

Hierfür gibt es unterschiedliche Ursachen und Gründe. Exemplarisch werden hier eine Reihe von zentralen Ursachen thematisiert, die den Übergang Jugendlicher aus Migrantenfamilien von der Schule in eine Ausbildung und den Zugang zu einer betrieblichen Ausbildung erschweren und behindern.

Noch immer gibt es Betriebe, die durch ihre Selektionsmechanismen und Auswahlkriterien Ausbildungsplatzbewerber ausländischer Nationalität benachteiligen. Dem muss durch Beratung und gemeinsame Initiativen von Verbänden, Gewerkschaften und Arbeitsverwaltung entgegengewirkt werden.

 

a) Weniger häufig als Deutsche können Jugendliche mit Migrationshintergrund betriebsinterne Netzwerke für eine Einstellung nutzen. Sie können den betriebsinternen Arbeitsmarkt weniger nutzen, da ihre Eltern aufgrund ihrer betrieblichen Positionen seltener über ein gutes Informationsnetz und Kontakte innerhalb des Betriebs verfügen.

Dazu ein Hinweis: Deutsche Auszubildende geben wesentlich häufiger als Auszubildende ausländischer Nationalität an, den persönlichen Beziehungen der Eltern die Ausbildungsstelle zu verdanken.

 

b) Negativ wirken sich die in Betrieben verwendeten schriftlichen Testverfahren für die Ausbildungsbeteiligung von ausländischen Jugendlichen aus.

Diese angeblich "kulturneutralen" schriftlichen Testverfahren benachteiligen Jugendliche mit Migrationshintergrund. Sie haben zusätzlich den Mangel, wie wissenschaftliche Untersuchungen festgestellt haben, dass sie nur von geringem prognostischen Wert im Hinblick auf den Ausbildungserfolg der Jugendlichen sind.

 

c) Ein weiteres Ausbildungshemmnis sind Vorurteile von Personalchefs vor allem gegenüber jungen Menschen türkischer Nationalität, insbesondere gegenüber jungen Frauen.

Vor allem Betriebe, die bislang keinen Jugendlichen ausländischer Nationalität ausgebildet haben 'befürchten' Schwierigkeiten, sei es mit Sprachproblemen, sei es mit ausländerfeindlichen Vorurteilen von Kunden bzw. Mitarbeitern (Schaub 1991).

Diese Befürchtungen haben sich jedoch bei Betrieben mit Ausbildungserfahrung mit dieser Zielgruppe als unbegründet erwiesen.

Zudem nutzen Betriebe, wenn es einmal zu Schwierigkeiten in der Ausbildung eines Jugendlichen mit Migrationshintergrund kommt - aufgrund mangelnder Information - zu wenig ausbildungsbegleitende Hilfen und betriebliche Maßnahmen zur Förderung von Nachwuchskräften aus Migrantenfamilien.

 

d) Die Zurückhaltung von Betrieben und Verwaltungen aufgrund von Diskriminierung sind eine zusätzliche Schwierigkeit beim Zugang Jugendlicher ausländischer Herkunft zu einem Ausbildungsplatz.

Jugendliche aus Migrantenfamilien sind beim Zugang zum Ausbildungs- und Arbeitsmarkt durch ethnische Diskriminierung zusätzlich benachteiligt. Eine im Auftrag der ILO durchgeführte Studie belegt empirisch eindrucksvoll die ethnische Diskriminierung von Fachkräften ausländischer Herkunft mit einem in Deutschland erworbenen anerkannten Berufsabschluss beim Zugang zu einer ihrer Ausbildung entsprechenden Berufstätigkeit in Deutschland.

Vergleichbares gilt auch für den Zugang zu einer betrieblichen Berufsausbildung: Jugendliche ausländischer Herkunft - so die Ergebnisse einer Studie, die im Auftrag des BIBB durchgeführt wurde - sind beim Zugang zu einer Berufsausbildung sowohl quantitativ als auch qualitativ aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit benachteiligt (Schaub 1991). Sie erhalten - im Vergleich zu ihrem Bevölkerungsanteil im Bundesgebiet West - unterdurchschnittlich Zugang zu einer (betrieblichen) Ausbildung im dualen System insgesamt und zudem sind sie stark unterproportional in zukunftsorientierten Berufen z. B. der IT-Branche aber auch des kaufmännischen Bereichs vertreten.

 

e) Schulabgänger ausländischer Herkunft konkurrieren mit deutschen Schulabgängern um qualifizierte betriebliche Ausbildungsplätze.

Im Vergleich zu deutschen Schulabgängern verfügen Jugendliche mit Migrationshintergrund seltener über mittlere Reife und Abitur. Sie konkurrieren daher z. T. mit schulisch besser vorgebildeten deutschen Schulabgängern um qualifizierte betriebliche Ausbildungsplätze in attraktiven gewerblich-technischen, kaufmännischen wie Dienstleistungsberufen. Die betrieblichen Auswahlkriterien und Rekrutierungsverfahren wie die sogenannten kulturneutralen Tests (s. o.) wirken sich hier doppelt benachteiligend aus, da zu den o. g. Ausgrenzungsmechanismen hinzukommt, dass die besonderen Potenziale von Jugendlichen mit Migrationshintergrund, wie interkulturelle Basiskompetenzen und eine - mindestens in Ansätzen ausgebildete - Zweisprachigkeit als Auswahlkriterien und im Rekrutierungsverfahren nur selten berücksichtigt werden.

Die bestehenden Beratungsmöglichkeiten beim Übergang von der Schule in eine Ausbildung bieten Jugendlichen meist nicht hinreichend Vorschläge für eine längerfristig angelegte Bildungslaufbahn und Berufsperspektive.

Zudem sind Ausbildungsplatzbewerber ausländischer Herkunft wie deutsche Schulabgänger mit und ohne Hauptschulabschluss bei der Suche nach Ausbildungsplätzen stärker auf die Angebote der Arbeitsverwaltung angewiesen, da sie wesentlich seltener auf familiäre Netzwerke zurückgreifen können. Übrigens nehmen Schulabgänger ausländischer Nationalität das Beratungsangebot der Arbeitsämter vergleichsweise stark in Anspruch.