Die Verbesserung der Lehrerbildung liegt jedem Verantwortlichen für Schule und Wissenschaft am Herzen. Viele glauben, man könne bessere PISA–Befunde nur über den Weg der Verbesserung der Lehrerbildung erreichen, was dazu führt, dass man die Konsequenzen einer jetzigen Entscheidung erst fünf bis zehn Jahre später zu Gesicht bekommen wird. Dies wiederum führt dazu, dass wir nicht unmittelbar abschätzen können, was wirklich effizient ist; wir brauchen ein Zeitmaß, das längsschnittlich und Schritt für Schritt den Fortschritt diagnostiziert und stets neu überprüft. Aber genau dieser Spannungsbogen hat noch kein Gesicht gefunden. Es gibt viele Annahmen, die kaum jemals überprüft werden, so etwa dass wir sicher wüssten, was überhaupt gute Lehrerbildung sei und was in diesem Feld schlechthin zum Fortschritt führe. 2001 haben Oser und Oelkers das Konzept der Standards für die Profession der Lehrer neu definiert und eine entsprechende Wirkungsstudie zur Lehrerbildung durchgeführt. Eines der dramatischen Resultate dieser groß angelegten Studie (N=1286 am Ende der Ausbildung, 42 Ausbildungsinstitutionen) war, dass einerseits ein gutes Sozialklima und eine reiche Ausbildungskultur vorhanden sind, dass aber zweitens kaum jemand bei dieser Ausbildung wirklich je gefordert und schon gar nicht überfordert worden ist, schließlich aber dass Standards fast gar nicht erlernt werden. Die Referenz für Standards sind dabei Kompetenzprofile, die in leichten und schwierigen Situationen von Experten erfolgreich handlungsmäßig umgesetzt werden. "Von Experten" bedeutet, dass es ein Unterschied ist, ob diese Kompetenzprofile qualitativ gut oder qualitativ mangelhaft zur Ausführung kommen. Wir sprechen nur dann von Standards, wenn beides gegeben ist, das Profil selber und dessen positive Qualität. Man kann es nochmals anders formulieren: wenn Lehrpersonen in komplexen Situationen des Unterrichts ein abgrenzbares, zieladäquates, effektives und ethisch gerechtfertigtes Einflusshandeln, das das Lernen von Schülern und Schülerinnen differenziell fördert, zeigen, sprechen wir von professionellen Standards des Lehrerberufs. Wenn sie eine Kette solcher Handlungen bewusst oder spontan initiieren und reflexiv auch in schwierigen Situationen umsetzen können, so sind sie Berufsleute mit professionellem Können. [/S. 71:] Standards sind mehr als Wissen, und es sind auch keine automatisierten Skills. Um Standards festlegen zu können, sind je entsprechende Theorien, empirische Befunde, Qualitätsmasse und eine Handlungstradition erforderlich. Man kann Standards unterschiedlich gruppieren; wir haben sie eingeteilt (2001, S. 230) in Standards zur Lehrer-Schülerbeziehung, zum schülerunterstützenden Handeln, zu Disziplinproblemen und Schülerrisiken, zum Aufbau von sozialem Verhalten, zur Lernprozessbegleitung und zu Lernstrategien, zu den Methoden und zur Gestaltung des Unterrichts, zur Evaluation und Leistungsmessung, zum Medieneinsatz, zur Teamarbeit in der Lehrerschaft, zur Öffentlichkeitsarbeit, zum Kräftehaushalt der Lehrperson und zur Fachdidaktik. Jeder Standard wird auf mittlerer Ebene formuliert, so z.B. soll die Lehrperson mit emotionalen Gefühlen von Kindern wie Scham oder Scheue richtig umgehen können. Es wurden über Quasi–Delphie–Studien 88 verschiedene Standards entwickelt. Wir möchten an dieser Stelle drei Fragen diskutieren, nämlich erstens wie kommt man zu Standards, zweitens welches ist die Rolle des Transfers darin, und drittens welches ist die Sicherheit, mit der der Erwerb der Standards die Ausübung in kritischen Situationen garantiert.