Bisherige Erfahrungen zeigen, dass sich wirtschafts- und gesellschaftsrelevantes Wissen als ein Instrument zur Beschreibung und Analyse der modernen Gesellschaft nicht allein durch Lebenserfahrung vermittelt. Angesichts der hier allgegenwärtigen Gefahr des Trugschlusses von Verallgemeinerungen stehen nicht hinterfragte Alltagstheorien unter latentem Ideologieverdacht. Ökonomische Bildung in der Schule verlangt daher eine solide fachwissenschaftliche und fachdidaktische Ausbildung der Lehrkräfte. Über Fragen der fachdidaktischen Anteile der Lehramtsausbildung z.B. in Bezug auf Lerntheorien oder den Einsatz handlungsorientierter Lehr–Lern–Methoden gibt es in der "scientific community" der ökonomischen Bildung kaum Differenzen. Kontrovers wird hingegen die Frage nach der fachwissenschaftlichen Grundlage einer ökonomischen Bildung diskutiert (vgl. z.B. sowi–onlinejournal 2001). Insbesondere wird der Stellenwert der Ökonomik als Bezugswissenschaft für die ökonomische Bildung unterschiedlich gewichtet. Auf der einen Seite gibt es zahlreiche Veröffentlichungen, die die Bildungsrelevanz des ökonomischen Denkansatzes darlegen (vgl. exemplarisch Krol 2001; Kruber 2000; oder Kaminski 2002). Auf der anderen Seite wird auch von manchen Fachdidaktikern gesellschaftswissenschaftlicher Disziplinen die Bedeutung der Ökonomik für den Fachunterricht mit Bezug auf den Integrationscharakter gesellschaftswissenschaftlicher Fächer in Frage gestellt. So behauptet z.B. Reinhold Hedtke als Vertreter der ökonomischen (und der politischen) Bildung in einer etwas merkwürdigen Dialektik, die Ökonomik könne nichts zur Ökonomisierung der Lebensbereiche sagen, da sie jegliches Handeln als ökonomisches Handeln interpretiere und somit den Unterschied zum nicht–ökonomischen Handeln nicht sehen könne (vgl. Hedtke 2005, S. 10).

Eine einheitliche, konsensfähige theoretische Basis der ökonomischen Bildung gibt es nicht (vgl. Retzmann 2005, S. 51 ff.) und deshalb muss auch im Rahmen dieses Papiers expliziert werden, welche Bezugswissenschaft für die Entwicklung der Lehrerbildungsstandards in der ökonomischen Bildung zugrunde gelegt wurde. Wir sehen ganz im Einklang mit den DeGöb–Bildungsstandards für den mittleren Schulabschluss (vgl. Retzmann 2005, S. 52) und im Anschluss an den wirtschaftsdidaktischen Mainstream im Forschungsprogramm der Ökonomik den zentralen fachwissenschaftlichen Bezugspunkt für die Konzeption von Bildungsstandards in der ökonomischen Bildung. Da Kompetenzen und Bildungsstandards an die Strukturen und Inhalte der jeweiligen Disziplin gekoppelt sind, für die sie formuliert werden, folgt daraus, dass sich Bildungsstandards in der ökonomischen Bildung – auch wenn sie in den meisten Bundesländern als Teil eines Integrationsfaches vermittelt wird – auf die originäre ökonomische Perspektive innerhalb dieser Integrationsfächer beziehen müssen.