2. Fachdidaktisches Denken und Forschen schließt Kooperationen ein, "Bereichsdidaktiken" verhindern sie

Fachdidaktik als Wissenschaft ist in ihrem Bemühen um die Aufarbeitung fachwissenschaftlicher Erkenntnisse für den Unterricht und um die Modellierung fachspezifischer Lehr-/Lernprozese im jeweiligen Fach immer schon auf Verbindungen zu pädagogischen und gesellschaftlichen Kontexten hin angelegt. Schon der traditionelle schulische Fachunterricht, erst recht aber das pädagogische Bestreben, die lebensweltlich geprägten, handlungsbezogenen Interessen von Kindern und Jugendlichen aufzugreifen, erfordern von den Fachdidaktikern als Ausbilder zukünftiger Lehrer die Integration von fachlichen, erziehungswissenschaftlichen und fächerverbindenden Kompetenzen.

Aktuelle gesellschaftliche Probleme sind als Ausgangspunkte für die Förderung fächerverbindender Kompetenzen geeignet. Hier treffen die Interessen der Lernenden mit dem Bedarf an Klärung komplexer Sachverhalte zusammen. Die Bearbeitung derartiger Probleme erfordert Fachdidaktiker mit stark disziplinär gesicherter Kompetenz und [/S. 29:] mit der Bereitschaft zur interdisziplinären Zusammenarbeit. Solche Vernetzungen orientieren sich keineswegs an "bereichsdidaktischen" Grenzziehungen, sondern verlaufen großenteils quer dazu. Beispielsweise erfordert die Bearbeitung von Problemen der Gentechnik im Unterricht der Oberstufe des Gymnasiums die Kooperation von Biologie sowie von Philosophie- bzw. Religionsdidaktikern. Ein anderes Beispiel sind die notwendigen Kooperationen zwischen Didaktikern einzelner Sachfächer und einzelner Fremdsprachen im Rahmen der Ansätze des bilingualen Unterrichts im Primar- und Sekundarbereich. Kooperationen sind also konstitutiv immer schon in fachdidaktisches Selbstverständnis und fachdidaktisches Handeln eingelassen.

Die Einrichtung von "Bereichsdidaktiken" dagegen würde derartige Kooperationen verhindern. Denn sie ist nicht an den eben genannten realen Problemen von Gesellschaft und Erfahrung orientiert, sondern ist auf imaginäre Superwissenschaften als Bezugsrahmen gerichtet, die es so nicht gibt noch geben kann. Fächerübergreifende Probleme und Fragestellungen können und müssen kooperativ, aber doch immer auch von verschiedenen disziplinären Ansätzen der Erkenntnis und der Problemlösung her bearbeitet werden. Andernfalls ginge die Vielfalt der mit den Fächern verbundenen Perspektiven verloren.

Statt gegenstandslose "Bereichsdidaktiken" ins Gespräch zu bringen und damit Fachdidaktiken zu verdrängen, ist es einzig sinnvoll, die Fachdidaktiken in ihren interdisziplinären Bemühungen zu stützen (s. hierzu die Stellungnahme der KVFF "Zur Lehrerbildung an Universitäten und wissenschaftlichen Hochschulen" vom 6.12.1996).