Wir hatten die drei Partikularfächer Haushalt, Technik und Wirtschaft in zweifacher Absicht analysiert: zum einen wollten wir uns vergewissern, welche Inhalte, Methoden usw. für die Arbeitslehre bedeutsam sind. Denn daß die Partikularfächer in die Arbeitslehre einwandern, ist unstrittig. Wir wollten aber auch den Überlegenheits-Anspruch entkräften, den viele Fachvertreter aus den Partikularfächern an die Adresse der Arbeitslehre richten. Im dritten und letzten Teil der Arbeit wird hoffentlich deutlich, daß es nicht um eine Liquidation der Partikularfächer sui generis geht, sondern um eine Integration, bei der die bewahrenswerten Elemente der Partikularfächer zu höherer Wirksamkeit gesteigert sind.

Da die Partikularfächer älter als die Arbeitslehre sind, haben sie je eigene Legitimationsmechanismen entwickelt. Einer der wirksamsten ist der, daß die inhaltliche Substanz des Schulfaches mit Komplexität angereichert wird. Die zu bearbeitende Materie wird universalisiert in einer Weise, daß die Forderung nach Lehrerexperten, nach mehr Stunden und nach Eigenständigkeit an Glaubwürdigkeit gewinnt. Das Fach Haushalt erweitert sich um eine soziologische Dimension, Technik hat den Ehrgeiz ein Verständnis der Gesamttechnik zu vermitteln, Wirtschaft kann angeblich nur noch global gedacht werden usw. Damit ist natürlich der Trend zur Verfächerung des Schulcurriculums nicht gebrochen, er wird verstärkt.

Die Abwehrhaltung gegenüber der Arbeitslehre findet sich in folgender Argumentationskette:

  • Die eigene Komplexität ist so groß, daß die Unterordnung unter eine weitergehende Bildungsidee nicht möglich ist;
  • folgerichtig ist auch kein Fachlehrer vorstellbar, der das Integrationsfach unterrichten kann;
  • das eigene Fach habe eine verhältnismäßig seriöse wissenschaftliche Herleitung, die ein Integrationsfach gar nicht haben kann;
  • es habe sich eine fachspezifische Didaktik herausgebildet, aus der eine vorzeigbare Unterrichtspraxis resultiert.

Unsere Analyse ergab einige Anhaltspunkte, die diese Argumentation erschüttern könnten. Zum einen wurde deutlich, daß die populären Einschätzungen der drei Partikularfächer durchaus einen empirischen Gehalt haben. Das Fach Haushalt ist zwar in der Schule zur Koedukation genötigt, die Rekrutierung der Lehrerinnen und der Hochschullehrerinnen kann mühelos ohne die unschöne "In"-Schreibweise erfolgen, denn es handelt sich fast ausschließlich um das weibliche Geschlecht. Der alte, auf praktische Handlungsfähigkeit verengte Hauswirtschaftsunterricht, wird etwas verschämt hinter wissenschaftlichem Imponiergehabe versteckt, was die Gefahr nicht ausschließt, daß er eines Tages verschwindet.

Der Technikunterricht ist, was die Lehrerschaft angeht, nicht so sehr eine Männerdomäne wie der Hauswirtschaftsunterricht eine der Frauen ist, gleichwohl schleppen beide Fächer ein Geschlechtszuschreibung mit sich herum. Technik hat weiterhin große Abgrenzungsprobleme zu einem angewandten Physikunterricht. Technikunterricht hat sich natürlich auch im Zuge der Akademisierung der Lehrerbildung mit dem Wissenschaftlichkeits-Postulat konfrontiert gesehen, eine Erfahrung, die den alten Werklehrern völlig fremd war. Die Folge davon ist eine etwas krampfhafte "Ingenieurisierung" des Unterrichts, die zu Lasten der [/S. 214:] Werkzeug- und Werkstofferfahrung der Schüler geht. Zumindest gilt dies für die didaktischen Konzepte, die Unterrichtspraxis unterscheidet sich davon wohl noch auf längere Zeit. Aber diese Beobachtung trifft auf alle drei Partikularfächer zu.

Die Facetten eines Faches Wirtschaft sind vielfältig. Der Ruf der bläßlichen "Kunde" ist nie ganz verstummt, andererseits wird dem Fach eine Wirksamkeit zugeschrieben, für die die Beweise noch ausstehen.

Bei allen drei Partikularfächern stellten wir eine gewisse Diskrepanz zwischen didaktischen Konzepten und der Unterrichtswirklichkeit fest. Wenn auch unsere Datenbasis für die Beurteilung von Unterricht denkbar schmal war, so konnten doch Anhaltspunkte gewonnen werden.

Die wissenschaftliche Herkunft der drei Partikularfächer muß als schwach begründet bezeichnet werden. Zumindest berechtigt es die Partikularfächer nicht, eine Inferiorität der Arbeitslehre zu behaupten, weil diese keine universitäre Mutterdisziplin vorweisen könne. Das Fehlen einer unmittelbar korrespondierenden Wissenschaftsdisziplin, dies sei am Rande vermerkt ist keine Tragödie. Es mehren sich die Stimmen, die das Wissenschaftsprotektorat über ein Schulfach auch als Last empfinden.

Etwas pointiert läßt sich folgendes sagen: Wenn Vertreter der drei Partikularfächer diejenigen Elemente ihrer Fachsystematik zu den wichtigsten erklären würden, die auch jetzt schon Berührungen mit den jeweils anderen Fachsystematiken haben, wären wir ein großes Stück weiter.