Ein nicht realisierbarer Integrationsansatz ergibt sich aus der Zuordnung von "Komplexität" und "Aspekt". Inhalte der politischen Bildung sind vieldimensional und können deshalb unter den jeweils verschiedenen fachspezifischen Sichtweisen betrachtet werden. Diese Einsicht ist in der Literatur unter die Begriffe "Komplexität" und "Aspekt" gefaßt worden. Die Gleichberechtigung der verschiedenen Sichtweisen bei der Analyse gesellschaftlicher Sachverhalte ist prinzipiell möglich und auch anzuerkennen. Die verschiedenen Sichtweisen sind im didaktischen Sinne keineswegs gleichwertig. So wie der Inhalt "Autoritätsfixierung" unter dem Aspekt "Mythos Hindenburg" oder "Fixierung an den Führer" behandelt werden kann, kann der Inhalt "Gastarbeiter" auch unter dem sozialpsychologischen Aspekt der "Vorurteilsbereitschaft" angegangen werden. Damit werden aber keinesfalls die Problembereiche "Faschismus" und "Lohnarbeit des Subproletariats" miterledigt. Die Isolierung und Betonung von bestimmten Teilaspekten läßt Faktoren in den Vordergrund treten, die für die Erklärung des Gesamtproblems nur sekundären Charakter tragen. Inhalte werden diesem Verfahren in einseitiger Weise akzentuiert [/S. 360:] und in der Folge wie ich meine, auch entpolitisiert. So ergab eine quantitative Inhaltsanalyse von acht Unterrichtsmodellen und Sozialkundebüchern zum Problem "Gastarbeiter", daß 57 % aller Aussagen sozialpsychologischer Art waren und 10,5 % sich auf ökonomische Sachverhalte bezogen (26). Der Schritt zur zwischenmenschlichen Freundlichkeit des "Seid-nett-zueinander" ist nicht weit. Aus diesen Gründen kann das Integrationsproblem innerhalb der Sozialkunde keineswegs als gelöst gelten. Die Möglichkeit unterschiedlicher Analyseansätze ist nicht identisch mit deren Lernwürdigkeit. Aus der Perspektive der Didaktik, die sich als Sozialwissenschaft auf den Horizont der Gegenwart bezieht, gibt es an den Inhalten dominante Strukturen. Eine dominante Struktur im didaktischen Sinne bemißt sich nicht an der fachwissenschaftlichen Möglichkeit, die Fragerichtung auf beliebige Aspekte zu reduzieren, sondern an der Perspektive gelingender oder verhinderter Emanzipationsprozesse. Inhalte haben in der Gegenwart einen ganz bestimmten und von ihr affizierten Wertakzent. Sie können nicht aus methodischen Gründen (Lernerleichterung, Anschaulichkeit etc.) oder fachlicher Kompetenz (Ausbildung, Vorliebe etc.) des Lehrers auf bestimmte Aspekte hin reduziert werden.