Auf arbeitsorientierte Bildung bezogen heißt das bisher Gesagte:

Arbeitsorientierte Bildung muss

  • Orientierungswissen und die Fähigkeit zur realistischen Selbsteinschätzung im Hinblick auf die spätere Berufswahl und Lebensplanung ermöglichen,
  • die Bereitschaft erzeugen, die eigenen Fähigkeiten und Talente für sich selbst und andere möglichst nutzbringend (nicht notwendig gleichzusetzen mit gewinnbringend) einzusetzen und Solidarität zu üben sowie
  • ein Verständnis dafür entwickeln, dass das (historisch gewordene) Wirtschaftssystem dazu da ist, das materielle Überleben der gesamten Gesellschaft möglichst gut und gerecht zu organisieren, weshalb es auch notwendig werden kann, das Wirtschaftssystem weiter zu entwickeln, wenn die grundlegenden Belange nicht mehr gesichert sind.

Es kann also nicht darum gehen, der arbeitsorientierten Bildung ausschließlich eine Integrations- und Anpassungsfunktion an das bestehende Wirtschaftssystem zuzuweisen, wie es im Diskussionspapier der BDA geschieht. Regelrecht abzulehnen ist die Orientierung an kurzfristigen oder einseitigen Interessen des Arbeits- oder Kapitalmarktes. Das Wirtschaftssystem hat eine dienende Funktion, es ist kein Selbstzweck. Dies gilt - auch diese Bemerkung sei mir gestattet - auch für die Steigerung des Shareholder-Value.

Zwei Beispiele mögen verdeutlichen, was ich meine:

Ein Mangel an Ingenieuren z. B. sollte weder zu hastigen Werbekampagnen in den Schulen führen noch gar dazu, die entsprechenden technischen Fachanteile auszuweiten. Schule muss in langen Fristen und allen Bereichen menschlichen Arbeitens denken, kurzfristige oder partikulare Interessen sind schlechte Ratgeber. Wir haben es in der Vergangenheit erlebt: Werbemaßnahmen für bestimmte Berufe griffen in der Regel dann richtig, als der Bedarf schon wieder rückläufig war; führten folglich zu einem Bewerber-Überangebot und Arbeitslosigkeit, dadurch wurde ein Abschreckungseffekt erzeugt, der wiederum neuerlichen Mangel erzeugte.

Zweites Beispiel:

Aktien. Folgt man dem Deutschen Aktieninstitut, sollen die Deutschen zwecks Alterssicherung und Kapitalstockerhöhung zu einem Volk von (Klein-)Aktionären werden. Es widerspräche dem Bildungsauftrag der Schulen, wenn in Schulen unkritisch für den Kauf von Aktien geworben würde. Der Bildungsauftrag der Schulen verlangt, dass die Positiva und Negativa, also auch die Risiken und Nebenwirkungen etwa einer Alterssicherung auf Aktienbasis Gegenstand des Unterrichts sind.

Meine persönliche Meinung ist, dass das kapitalistische Wirtschaftssystem für seine dynamische Entwicklung regelrecht die kritischen Köpfe, die Querdenker und bunten Originale braucht. Vor allem auch um diese müssen sich die Schulen kümmern. Die Angepassten und Egoisten - so mein Eindruck - schaffen es meistens von alleine.