Ausbildung und Beruf haben im Leben junger Frauen einen hohen Stellenwert. Das sind zentrale Ergebnisse nicht nur der vorliegenden bundesweiten Befragung von jungen Frauen in Ausbildung. (4)
Berufsarbeit steht gerade für weibliche Auszubildende in Ostdeutschland an vorderster Stelle ihrer Lebensplanung.
"Wenn ich viel Geld hätte, würde ich versuchen, damit beruflich weiterzukommen. (...) aber ohne Arbeit - nein. Ich war drei Monate arbeitslos, das hat mir gereicht" (w, Ost). (5)
Im dritten Ausbildungsjahr betonen weibliche Auszubildende in Ostdeutschland, wie wichtig es ist, durch eine Arbeit die eigene Existenz zu sichern: Für 80 % stehen "überhaupt eine Arbeit finden" und die Sicherheit des Arbeitsplatzes auf Platz eins der Erwartungen an das künftige Berufsleben. Als dritten Aspekt nennen 74 % der jungen Frauen gute Verdienstmöglichkeiten.
"Bei uns in der Firma spielen zur Zeit alle Lotto. Wenn ich im Lotto gewinnen würde, würde ich das gar nicht erzählen. Und dann wäre ich so ehrgeizig, in meinem Beruf erst einmal weiter zu kommen (...)" (w, Ost).
61 % der weiblichen Auszubildenden im Osten können sich auch bei gegebener materieller Absicherung ein Leben ohne Arbeit nicht vorstellen. "Spaß" aber auch "Zufriedenheit" mit der Arbeit stehen an zweiter Stelle der Kriterienliste für die Berufsarbeit. Zudem halten zwei Drittel der jungen Frauen im Osten eine "interessante Arbeit" für sehr wichtig (69 %).
Welch hohen Stellenwert Erwerbsarbeit insbesondere für junge Frauen in den neuen Ländern hat, zeigt, wie bedeutsam für sie Anerkennung und Ansehen durch bzw. im Beruf sind: Häufiger als ihre männlichen Arbeitskollegen betonen sie, wie wichtig es ist, dass ihre Arbeit anerkannt (72 %) und gerecht beurteilt (69 %) wird, aber auch, dass sie später einen angesehenen Beruf ausüben können (50 %).
In der Frage beruflicher Erwartungen rangieren bei weiblichen Auszubildenden im Westen Sicherheits-, Reproduktions- und Leistungskriterien auf Platz zwei nach persönlichen Sinnkriterien wie Spaß an der Arbeit und Zufriedenheit. Das Kriterium "Spaß an der Arbeit" ist jungen Frauen im Westen wichtiger als der männlichen Vergleichsgruppe - ähnlich zu dem Anteil der Auszubildenden im Osten.
|
Sehr wichtig |
Alle Auszubildenden |
Weibliche Auszubildende Ost |
Weibliche Auszubildende West |
überhaupt eine Arbeit zu bekommen. |
61 |
77 |
60 |
dass Ihr Arbeitsplatz auf alle Fälle gesichert ist? |
59 |
83 |
50 |
dass Ihnen Ihre Arbeit Spaß macht? |
67 |
79 |
67 |
dass Sie später mit Ihrem Arbeitsplatz zufrieden sind? |
63 |
75 |
62 |
dass Sie gut bezahlt werden? |
56 |
74 |
46 |
dass Sie Ihre Arbeit gut machen? |
57 |
71 |
55 |
dass Ihre Arbeit anerkannt wird? |
44 |
72 |
40 |
dass Sie einen angesehenen Beruf haben? |
29 |
50 |
27 |
dass Ihnen Ihre Arbeit möglichst viel Freizeit lässt? |
26 |
26 |
31 |
gerechte Beurteilung |
52 |
69 |
50 |
Quelle: BIBB Forschungsprojekt JuB (vgl. Granato 2000b).
Im Vergleich zu jungen Frauen in Westdeutschland räumen die Befragten in Ostdeutschland einer Vielzahl von Aspekten für die künftige Berufsarbeit eine vergleichsweise höhere Priorität ein. Dies gilt für Sicherheits-, Reproduktions- und Leistungskriterien genauso wie für Spaß an der Arbeit und Zufriedenheit. Auch ein hoher Verdienst ist jungen Frauen im Osten erheblich häufiger sehr wichtig als jungen Frauen im Westen. Im direkten Vergleich zeigt sich, dass bei weiblichen Auszubildenden in den neuen Ländern Sicherheitsaspekte an erster Stelle rangieren, dicht gefolgt von Spaß an der Arbeit, in den alten Ländern umgekehrt.
Auch für Schulabgängerinnen aus Migrantenfamilien haben berufliche Ausbildung und zukünftiger Beruf einen zentralen Stellenwert. Berufliche Qualifizierung ist für die große Mehrheit (75 %) der Schulabgängerinnen ausländischer Nationalität sehr wichtig - so die Ergebnisse einer bundesweiten Untersuchung des Bundesinstituts für Berufsbildung (vgl. Granato 1999, 1999a). Ebenso halten es 84 % der Schulabgängerinnen ausländischer Herkunft für sehr wichtig, dass eine Frau einen Beruf erlernt und über ein eigenes Einkommen verfügt - ohne Unterschiede nach Nationalität. 58 % der Schulabgängerinnen wollen einen Beruf erlernen, genauso häufig wie die jungen Männer. Alternativ orientieren sie sich an einem Studium (11 %) oder am Besuch weiterführender Schulen (8 %) (Granato 1999).
An der ersten Schwelle weisen Schulabgängerinnen ausländischer Herkunft ein großes Engagement auf und unternehmen erhebliche Anstrengungen, um ihre Berufsziele auch tatsächlich zu erreichen: Sie verfolgen ihre Qualifizierungsziele konsequent und verwenden dabei unterschiedliche Strategien. Rund 90 % der Schulabgängerinnen türkischer aber auch italienischer, spanischer und portugiesischer Nationalität, die nach Abschluss der allgemein bildenden Schule eine berufliche Ausbildung aufnehmen wollten, haben sich auf eine Ausbildungsstelle beworben (Granato 1999).
Diese Ergebnisse widerlegen gängige Klischees, Mädchen ausländischer Herkunft würden sich seltener als Jungen für berufliche Qualifikation interessieren, denn Schulabgängerinnen bewerten häufiger als männliche Schulabgänger Berufsausbildung als sehr wichtig. Dieser Unterschied verstärkt sich noch mit steigendem Bildungsabschluss.