Die sozialpolitische Gesetzgebung der letzten Jahre äußerte sich unser Wirkungsfeld betreffend in der Fassung des SGB III und SGB IX. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang aber auch das Job-Aqktiv-Gesetz. Die Leitgedanken dieser Gesetzgebung lassen sich in folgender Weise darstellen:

  • In der aktuellen Gesetzgebung fand ein weiterentwickeltes Verständnis von Behinderung Niederschlag, wie es von der World Health Organisation (WHO) vertreten wird. Die WHO sieht die Notwendigkeit, Behinderung nicht nur personenbezogen zu sehen, sondern auch gesellschaftlich zu betrachten. Der Mensch wird als ein "biopsychosoziales" Wesen angesehen. Seine Gesundheit kann durch Schädigung körperlicher Strukturen und Funktionen, durch Beeinträchtigung seiner Aktivitäten und durch Einschränkungen bezüglich seiner gesellschaftlichen Partizipationsmöglichkeiten gestört sein. Diesem Ansatz folgend kann Gesundheit dadurch weitgehend wieder hergestellt werden, dass gesellschaftliche Bedingungen geschaffen werden, die die negativen Auswirkungen von körperlichen und sonstigen Schädigungen oder Aktivitätsbeeinträchtigungen mindern. Rehabilitationsarbeit bedeutet nicht nur den einzelnen Menschen zu fördern, sondern auch gesellschaftspolitisch zu handeln.

  • Gesellschaftliche Integration wird in der neuen sozialpolitischen Gesetzgebung durch zwei zentrale Aspekte definiert: Selbstbestimmung und Teilhabe. Selbstbestimmung ist umfassend gemeint. Die Menschen, die Rehabilitationsmaßnahmen in Anspruch nehmen wollen, erhalten nicht nur die Möglichkeit, Rehabilitationseinrichtungen zu wählen, sondern sie können auch die Maßnahmegestaltung mit beeinflussen. Maßnahmen werden im zunehmenden Maße individualisiert gestaltet werden müssen. Vereinbarungen zwischen Rehabilitationseinrichtungen und Rehabilitanden erhalten eine höhere Bedeutung, als sie bisslang genossen. Die Interessenvertretung auf der Ebene der einzelnen Betroffenen und ihrer Zusammenschlüsse zum Beispiel in Form von Selbsthilfegruppen kann an Bedeutung gewinnen. Der Aspekt der Teilhabe verstärkt den Anspruch auf einen Arbeitsplatz und selbstständige Lebensführung. Arbeit und Wohnen muss weitgehend barrierefrei gestaltet werden, um die Auswirkungen gesundheitlicher Störungen gering zu halten.

  • Aus sozialpolitischer Sicht wird Förderung in den unterschiedlichsten Rahmenbedingungen zunehmend mit dem Prinzip des Forderns verbunden. So werden Vorgaben für die Integration von Arbeitslosen zur Vermittlung auf dem Arbeitsmarkt neu gefasst. Ebenso werden im Bereich der Rehabilitation mit dem SGB III neue Anforderungen gestellt, indem Rehabilitationsmaßnahmen nur noch nach dem Prinzip "so viel Hilfe wie nötig und so wenig als möglich" angeboten werden sollen. Die gestellten Anforderungen beinhalten, dass die geförderten Personen einen größtmöglichen persönlichen Beitrag leisten, um die Teilhabe auf dem Arbeitsmarkt zu erreichen. Die Anforderungen ihrerseits sind - dem Geiste nach - nahezu ausschließlich auf die vorgegebenen Bedingungen des Arbeitsmarktes ausgerichtet. An dieser Stelle besteht teilweise ein Spannungsverhältnis zu dem neuen Verständnis von Behindertsein, das ja gerade auch fordert, betriebliche Bedingungen in der Weise zu verändern, dass sich aus Behinderung ergebende Einschränkungen verringert oder ganz abgebaut werden können.