Eine alleinige Orientierung an familiären Lebensplänen stellt, wie die vorliegenden Untersuchungsergebnisse belegen, für die große Mehrheit der heutigen Generation von Schulabgängerinnen keine Alternative dar. Sie kann sich für einen Teil derjenigen, die sich großen Schwierigkeiten beim Übergang in eine Ausbildung gegenübersehen, als eine "second best" Strategie darstellen, beinhaltet jedoch meistens lediglich eine zeitliche Verschiebung der eigenen Qualifizierungspläne. Junge Frauen aller Zielgruppen möchten in je unterschiedlichen zeitlichen und innerfamiliären Konstellationen Beruf und Familie miteinander in Einklang bringen.
Die These, dass eine schwierige Lage auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt zu einer Restabilisierung traditioneller Muster in den Lebensentwürfen junger Frauen führt (vgl. Diezinger 1991), lässt sich für die hier betrachteten Zielgruppen von Schulabgängerinnen nicht empirisch belegen: Weder junge Frauen aus ost- bzw. westdeutschen Familien noch junge Frauen aus eingewanderten Herkunftsfamilien neigen dazu, ihre Ausbildungs- und Berufsziele aufzugeben und stattdessen ausschließlich familienbezogene Lebenspläne zu verfolgen. Auch am Beispiel von Teilnehmerinnen in Förderlehrgängen der Jugendberufshilfe wird deutlich, dass eine schwierige Lage auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt die betreffenden jungen Frauen nicht notwendigerweise davon abhält, ihre an Ausbildung und Beruf orientierten Pläne zu verfolgen (Schittenhelm 1998). Die Ergebnisse der Fallstudien (vgl. Abschnitt 2) weisen gleichfalls darauf hin, mit welchem Engagement, Durchhaltevermögen und unterschiedlichen Strategien sich Schulabgängerinnen für den Zugang zu einer qualifizierten Berufsausbildung einsetzen, auch unter schwierigen Ausbildungsmarktbedingungen.
Mangelndes Interesse junger Frauen an einer beruflichen Ausbildung ist daher bei allen betrachteten Zielgruppen als eine Ursache für die (schwierige) Umsetzung ihrer beruflichen Ziele auszuschließen. Im Gegenteil haben Ausbildung und Beruf im Leben junger Frauen einen zentralen Stellenwert - auch unter schwierigen Ausbildungs- und Arbeitsmarktbedingungen.
Die Erkenntnisse von Berufs- und Frauenforschung an diesem Punkt weisen deutlich in eine Richtung: Während Männer eher vom Zusammenwirken von Beruf und Familie profitieren, ist für die Lebensentwürfe und Chancen von Frauen die Kombination selten unterstützend, häufig aber erschwerend (Krüger 1995). Insbesondere in der Phase des Übergangs von der Ausbildung in den Beruf prallen für Frauen die gegensteuernden Wirkungen aufeinander.