Schülerfirma

Im Kontext (sozio-)ökonomischer Bildung, die traditionsgemäß auch auf Fragen der Berufsvorbereitung und -orientierung abhebt, hat sich in den vergangenen Jahren insbesondere die Gründung von Schülerfirmen als für Projektarbeiten taugliches Instrument erwiesen: „Für Gymnasien sind Schülerfirmen aus or¬ganisatorischen Gründen als Neigungsangebote verbreitet, in Gesamt¬schulen sind sie zunehmend auch Teil des regulären Unterrichts. Real-, Haupt- und Sonderschulen bieten verschiedene Schülerfirmen vorzugs-weise im Wahlpflichtunterricht zur Auswahl an“ (Schelzke/Mette 2008, 7; vgl. weiterhin Weber 2007). Infolgedessen eignen sich immer mehr Schüler/-innen durch ihre Mitarbeit in Schülerfirmen als komplexen Lernarrangements (Vor-)Kenntnisse über betriebliche Abläufe an, orientieren sich darin ggf. sogar beruflich: „Dabei gehen die Anforderungen, die eine Schülerfirma an die darin mitarbeitenden Schülerinnen und Schüler stellt, weit über die begrenzten, vorgedachten, im Rahmen einer Unterrichtsstunde zu bearbeitenden Aufgabenstellungen des konventionellen Unterrichts hinaus“ (Schelzke/Mette 2008, 8).

Folgen Schülerfirmen einer auf die Integration der sozialwissenschaftlichen Teildisziplinen zielenden Konzeption, ermöglichen sie den Lernenden z. B. in besonderer Weise, einen demokratischen Umgang miteinander zu erlernen, indem sie Arbeitsschritte verhandeln, Mehrheitsbeschlüsse umsetzen und (rechtliche) Grundsätze der Mitbestimmung respektieren. In einer auf die Vermittlung von Demokratie- und Mitbestimmungsaspekten zielenden Schülerfirma lernen Jugendliche nicht nur, erfolgreich zu wirtschaften, sondern auch, „wirtschaftlichen Erfolg mit sozialer und ökologischer Verantwortung zu verbinden“ (Haarmann 2018, 8). So werden nicht nur vermehrt Schülerfirmen in der Rechtsform einer Genossenschaft gegründet, in der die Aspekte der sozialen, ökologischen und ökonomischen Nachhaltigkeit ebenso besondere Berücksichtigung finden wie die Aspekte „fairer Arbeit“ (vgl. Arbeitskammer des Saarlands/DGB Initiative Schule und Arbeitswelt 2018). Auch die Anbahnung, Gestaltung und Verwaltung von Spendenprojekten lässt sich mit konzeptionellen Überlegungen der Social Entrepreneurship Education verbinden, wie der Beitrag u. a. unter Verweis auf ein Interview mit Schüler/innen illustrieren soll.

An- und Einleitung für Schüler/-innen
In einer Schülerfirma könnt ihr herausfinden, wie ein Unternehmen, eine Genossenschaft oder auch ein Verein funktioniert. Ihr lernt, wie man eine Idee entwickelt, diese auf ihre gesellschaftliche Akzeptanz testet und schließlich einen Geschäftsbetrieb organisiert. Zugleich findet ihr heraus, wie man Finanzen verwaltet, wie man Arbeit untereinander aufteilt, aber vor allen Dingen auch, wie man Erfolge miteinander genießt und Misserfolge zum Anlass für Veränderungen nutzt. Im Einzelnen bedeutet das Betreiben einer Schülerfirma für euch, dass ihr Geschäftsbücher führt, Bestellungen tätigt, Produkte verkauft, Einstellungsgespräche und Lohnverhandlungen führt, aber eben auch eine Marketingstrategie entwickelt oder einen Geschäftsbericht präsentiert. Dabei solltet ihr nicht nur miteinander arbeiten, sondern auch sachkundige Personen und Unternehmen aus eurem Umfeld um Rat fragen. Am Anfang jedes erfolgreichen Unternehmens steht eine zündende Idee, die es erlaubt, sich gegenüber der Konkurrenz ab- bzw. durchzusetzen. Die Gebrüder Albrecht konnten den Discounter Aldi mit einer aggressiven Niedrigpreisstrategie so erfolgreich am Markt positionierten, dass in den letzten Jahren beinahe jede Woche eine neue Filiale eröffnet wurde. Ingvar Kamprad gründete bis heute mehr als 430 Ikea-Filialen. Was 1943 mit dem regionalen Handel von Samentüten und Bleistiften im schwedischen Älmhult begann, ist heute aufgrund einer einzigartigen Produktpolitik zu einem internationalen „Möbelriesen“ herangewachsen. Ausgangspunkt eurer Überlegungen sollte also sein, welche Kund(inn)en inner- wie außerhalb der Schule an den von euch angebotenen Gütern oder Dienstleistungen ein (Kauf-)Interesse haben könnten. Der Vorteil eurer Schülerfirma kann z.B. darin bestehen, dass die Kund(inn)en kurze Wege haben, weniger zahlen müssen oder aber von euch qualitativ besonders hochwertige Produkte angeboten bekommen.

Um eine Erfolg versprechende Geschäftsidee ausfindig zu machen, ist es unverzichtbar, die Wünsche der (potenziellen) Kund(inn)en zu ergründen, so dass z. B. eine Umfrage sinnvoll sein kann. Dabei können u. a. folgende Fragen hilfreich sein: Was kaufen die Kund(inn)en ein? Wo kaufen sie ein? Womit sind sie unzufrieden – und wenn ja weshalb? Welche Kund(inn)enbedürfnisse blieben bislang unbefriedigt? Was machen die Kund(inn)en selbst, weil es zu teuer ist oder bislang noch nicht angeboten wird? Will man eine (Schüler-)Firma erfolgreich führen, so gilt es einige Grundsätze zu beachten, die in schülergerechter Form wie folgt dargestellt werden können (in Anlehnung an: Landesinstitut für Schule und Weiterbildung 2000, 24):

Um die Bewertung der Schülerfirmen nicht allein von betriebswirtschaftlichen Kennzahlen abhängig zu machen, empfiehlt es sich aus- und nachdrücklich, einige verbindliche Bewertungsmaßstäbe anzulegen, die von der sachspezifischen über die fachdidaktische bis hin zur pädagogischen Perspektive reichen und mit der Ergebnis-, Prozess- oder Strukturqualität kreuzen. Um einen rein betriebswirtschaftlich orientierten didaktischen Zugang zu vermeiden, sollten fachdidaktische Prinzipien der sozioökonomischen Bildung Berücksichtigung finden, so dass multiperspektivisches Denken und Handeln gefördert werden kann: So sollten bspw. Aspekte wie Mitbestimmungsmöglichkeiten und Arbeitnehmer/-innenschutz, aber auch makroökonomische Fragen nach den Grenzen des Wachstums und der Profit- bzw. Sozialorientierung von Unternehmen (bspw. Compliance) berücksichtigt werden. Dies ist auch vor dem Hintergrund des Beutelsbacher Konsens unerlässlich.

Literatur

  • Arbeitskammer des Saarlands/DGB Initiative Schule und Arbeitswelt (Hrsg.) (2018): Gute Schülerfirmen: Demokratisch, sozial und ökologisch. Ein Leitfaden für Lehrkräfte, Eltern und betriebliche Interessenvertretungen, Frankfurt a. M./Saarbrücken

  • Haarmann, Moritz Peter (Verf.) (2018): Die mitbestimmte Schülerfirma – demokratisch und nachhaltig wirtschaften, www.boeckler.de/pdf/schule_ah_schuelerfirma_2018.pdf (abgerufen am 30.1.2020)

  • Landesinstitut für Schule und Weiterbildung (Hrsg.): Schülerfirma – Von der Idee zur Realisierung, Soest 2000

  • Schelzke, Arno/Mette, Dieter (2008): Schülerfirmen. Unternehmerisches Denken und Handeln im Spannungsfeld Schule – Wirtschaft, Berlin

  • Weber, Birgit (2007): Schülerfirmen als Gegenstand und Methode ökonomischer Bildung, in: Thomas Retzmann (Hg.), Methodentraining für den Ökonomieunterricht, Bd. I, Schwalbach/Ts., S. 185-203

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