Präsentationen

Volker Schwier

Inhalt

1. Kurzbeschreibung
2. Geschichte
3. Didaktische Überlegungen zur „Präsentation“ als Methode im Sachunterricht
   3.1 Kindliche Vorerfahrungen
   3.2 Schwierigkeiten
   3.3 Begründungen
   3.4 Kompetenzen
   3.5 Möglichkeiten
4. Literatur

 

1. Kurzbeschreibung

„Präsentation“ bezeichnet hier ein methodisches Verfahren in einem auf kritische Selbsttätigkeit und gesellschaftliche Handlungsfähigkeit orientierten Sachunterricht. In seiner Anwendung soll es den Lernenden zunehmend dazu verhelfen, Ausdrucks- und Handlungsvermögen zu erweitern. Entsprechend wird „Präsentation“ als ein methodisches Handlungsmuster von Lernenden verstanden, das sie im Sachunterricht entwickeln, erproben und einüben können. Wesentlich geht es dabei um den komplexen Zusammenhang von Dokumentation, Veranschaulichung und Reflexion eigener Lernprozesse gegenüber anderen. Aber nicht jede Äußerung oder Darstellung von Sachverhalten soll als „Präsentation“ begriffen werden. Vielmehr handelt es sich erst dann um eine „Präsentation“, wenn diese an die Intention gebunden ist, zu einer „Aufklärung über Bestehendes, (der) Öffnung für Neues, (dem) Aufbau von Zugangsweisen (... und/oder der) Ermutigung zum Handeln“ (Kahlert 2002, S. 26) beizutragen. Dazu bedient sie sich verschiedener Medien (Töne, Sprache, Schrift, Bilder etc.) und Darstellungsformen (Text, Collage, Tabelle, Broschüre, (Wand-)Zeitung, szenische Vorführung, Film, Internet-Dokument, Modell oder anderer (ästhetischer) Objekte etc.). Entspricht eine „Präsentation“ Kriterien wie Anschaulichkeit, Erfahrungsnähe, Verständlichkeit, Strukturiertheit, Transparenz, Prägnanz etc. so erhöht sich die Chance mit ihr zu intersubjektiver Verständigung in der Lerngruppe beizutragen. Entsprechende Kompetenzen der Präsentation können somit als aktive, individuelle und situativ unterschiedliche Prozesse der Umweltaneignung und –ausdeutung begriffen werden. Als solchen kommt ihnen eine besondere Relevanz für die Sozialisation zu. Handelt es sich doch immer um Entwicklungsmöglichkeiten der Persönlichkeit in Auseinandersetzung mit der jeweiligen gesellschaftlichen Umwelt, die in gleicher Weise vergesellschaftend wie individuierend wirken (vgl. Tillmann 1993, S. 10ff.). In einem umfassenden Sinne beschreibt „Präsentation“ damit einen aktiven, sozialen Prozess der Aneignung und Konstruktion gemeinsam geteilter sozialer Wirklichkeit.

2. Geschichte

Hinweise auf die Bedeutung von Präsentationen für Lernprozesse im Sachunterricht - oder in dessen historischen Vorformen wie dem Realienunterricht oder der Heimat- bzw. Sachkunde - finden sich eher vereinzelt und wenig systematisiert. Bezogen auf den Heimatkundeunterricht erwähnt beispielsweise Kopp (1959, S. 84) den „Schülerbericht“, bei dem „wesentlich ist, daß die Kinder etwas berichten, das der Klasse neu“ sei. Dabei schildern sie „Erlebtes, Beobachtetes und Gelesenes“, um den Unterricht zu bereichern; sie sollen „sich auf diesen Bericht vor[/S. 206:]bereiten können und dürfen darum auch Notizen benützen“(ebd.). Neben dem inhaltlichen Kriterium - Informationswert für die Lerngruppe - verweist Kopp damit auf die Möglichkeit der Vorbereitung, die als eher formale Anforderung an Präsentationen begriffen werden kann. Jeziorsky (1965) nimmt die Erfahrungen mit Freiarbeitsformen zum Anlass die Präsentationsbemühungen von Kindern zu ontologisieren wenn er betont, dass diese „sich nicht mit dem Betrachten und Bedenken der Gegebenheiten, die die Welt ihnen bietet (begnügen), sondern (...) darauf bedacht (seien), die Dinge in Nachbildern selbst herzustellen“ (ebd., S.198). Auch wer diese Zuschreibungen nicht teilt, kann doch seiner Annahme folgen, die „Bedeutung dieses darstellenden Tuns als Mittel einer ganz intensiven Weltbemächtigung“ (ebd., S.199) zu interpretieren. Insgesamt lassen sich auch seine Ausführungen als Hinweise auf die formalen, inhaltlichen und prozessualen Dimensionen von Präsentationen lesen: Entgegen der verbreiteten Mutmaßung einer zeitlichen wie kognitiven Abfolge von vorangehendem Aneignungs- und nachgeordnetem Präsentationsprozess betont Jeziorsky den „Parallelverlauf beider Beschäftigungen“ (ebd., S. 201). Für unterrichtliche Lernprozesse folgert er, „daß die darstellende Arbeit zugleich mit der Behandlung des Themas im Klassenunterricht betrieben wird“ (ebd., S. 202; Hervorh. im Orig.) und veranschaulicht anhand von Beispielen, wie „Realbegegnung und darstellende Arbeit einander“ fördern (ebd.).

Präsentationen können zunächst einzeln bzw. in (Klein-)Gruppen erarbeitet werden und dann nachfolgend in unterschiedlichsten Sozialformen erfolgen. So werden Anlässe für Interaktionen gestiftet, in denen aus der Begeisterung für und dem Stolz auf etwas Mechanismen wechselseitiger Anregung, Hilfe, Wiederholung und Kritik in Gang gesetzt werden. Auf diese Weise würde nicht nur den Anforderungen sozialen Lernens entsprochen, sondern insbesondere den Lernenden selbst wäre „der Ertrag der Bildungsbemühungen gegenständlich erfahrbar“ (ebd., S.206). Mit Blick auf den Lernprozess resultieren im günstigen Fall (quantitative wie qualitative) Intensitäts-, Ausdauer- und Leistungssteigerungen.

In der gegenwärtigen Diskussion wird die „Präsentation“ als (Teil der) Unterrichtsmethode anerkannt, weil sich in ihrer Umsetzung – so die Hoffnung – pädagogische Anliegen wie „Selbstständigkeit, grundlegendes Verantwortungslernen und kooperatives Lernen“ (Fischer 1999, S. 219) erwirken lassen. Gegenüber der – stärker den Unterricht vorbereitenden – Dokumentation wird der kommunikative und reflexive Charakter von „Präsentationen“ betont. Beschrieben als „handelnde, kommunikative, vergleichende, grafisch veranschaulichende, explorierende Auseinandersetzung mit der gegenständlichen und sozialen Wirklichkeit“ (Fischer 1999, S. 218) wird sie zu einem Lehr- bzw. „Informationsvermittlungsverfahren der Lehrkraft“ und zu einem „methodische(n) Handlungsmuster“ (Fischer 1999, S. 219) der Lernenden gleichermaßen. Ersteres bleibt im Folgenden unberücksichtigt; geht es hier doch darum, „Präsentation“ als methodisches Verfahren im Sachunterricht und als kontemporäres wie propädeutisches Handlungsvermögen der Lernenden zu entfalten.
Obgleich sich auch in den geltenden sachunterrichtlichen Lehrplänen der [/S. 207:]Bundesländer vereinzelt Hinweise auf die Bedeutung von „Dokumentation“ (vgl. z.B. Schleswig-Holstein: „das Dokumentieren der Abläufe und Ergebnisse von Beobachtungen, Experimenten ...“) oder eben „Präsentation“ finden (vgl. hierzu exemplarisch Thüringen: “Ergebnisse präsentieren (sprachlich, praktisch, gestalterisch)“ oder ausführlicher Bremen: „eigene Präsentationen der Kinder eröffnen freudvolle Begegnungen und Erlebnisse in der Gemeinschaft (...) Formen der Präsentation (...) Ergebnisse präsentieren“), tragen sie insgesamt jedoch nicht dazu bei, diesen Anspruch didaktisch weiter zu entfalten und zu begründen.

3. Didaktische Überlegungen zur „Präsentation“ als Methode im Sachunterricht

3.1 Kindliche Vorerfahrungen

Die Mehrzahl der Kinder hat wohl bereits vor der Einschulung vielfältige eigene Erfahrungen mit unterschiedlichen Präsentationsformen gesammelt. In selbstgemalten Bildern, mit Knetfiguren, aufgesagten Gedichten, gesungenen Liedern, gespielten Szenen und eigenen Schilderungen haben sie Erlebnisse, Erfahrungen oder Erlerntes vor anderen und für andere ausgedrückt. Schon diese Form der Präsentation wird von einem weiten Spektrum an Empfindungen umrahmt, das von der „Erzählfreude der Kinder“(Kopp a.a.O.) über den „Stolz beim Herzeigen des Geschaffenen“ (Jeziorsky 1965, S.199) bis hin zur Scham und der Furcht oder gar Angst vor einer Beurteilung reichen kann. Diese und weitere Assoziationen sind wirksam, wenn Menschen – gewollt oder genötigt – etwas vor einer „Öffentlichkeit“ zum Ausdruck bringen. Präsentiert wird neben den Objekten, Leistungen und Handlungsprodukten (Bilder, Spielzeugarrangements, Texte etc.) oft auch immer die eigene Person. Dazu zählt neben dem Aussehen und der Kleidung auch ihre Mimik und Gestik, der gesamte Habitus mitsamt aller Fähigkeiten (sprachliche, motorische etc.), Fertigkeiten (Singen, Malen, Fahrrad fahren etc.) und Einstellungen (Geschmack, Vorlieben, Ängste etc.).

3.2 Schwierigkeiten

Eine Präsentation ist demnach nie nur (Unterrichts-)Methode im engen oder gar ausschließlichen Sinn. In jedem Unterricht, der auf überindividuelle Lernwirksamkeit abzielt müssen Wahrnehmungen, Eindrücke und Erfahrungen ebenso präsentiert werden wie die darauf bezogenen Deutungen, Erkenntnisse und Ergebnisse. Grundsätzlich richtet sich die Anforderung zur Veranschaulichung dabei an Lernende wie Lehrende. Als solche, eben soziale Handlungen sind sie eingebunden in komplexe und damit in hohem Maß immer auch kontingente Kommunikationsprozesse. Selbst wenn Erzählungen also lebendig und anschaulich oder Grafiken klar und deutlich strukturiert sind und sie als solche auf konzentriert zuhörende und beobachtende, aufmerksame, neugierige und interessierte Lernende treffen, können sie bei diesen zum Auslöser für spontane Ängste, [/S. 208:]nicht-intendierte Heiterkeit oder diffuses Unbehagen werden. Die Entscheidungen darüber, ob Präsentationen eher ge- oder misslingen treffen demnach nie die Präsentierenden selbst, sondern immer deren Rezipient/-innen. Anders als in manchen Rhetorik- und Visualisierungstechnik-Kursen und von einer kaum zu überblickenden Fülle an vielversprechender Ratgeberliteratur suggeriert, ist der Erfolg einer Präsentation nicht vorab plan- und steuerbar. Einer solchen naiven und sozialtechnologischen Vorstellung von Verständigungs- und Lernprozessen stehen nicht nur neuere konstruktivistische und lerntheoretische Einsichten (vgl. z.B. Mandl/Gerstenmaier 2000) entgegen sondern schon die alltäglichen Kontingenz-Erfahrungen wenn es darum geht sich anderen verständlich zu machen.

Trotz all der Unwägbarkeiten hängt es nicht allein vom Zufall ab, ob Präsentationen für andere verständlich sind. Auch wenn jede Präsentation ihren intendierten Zweck verfehlen oder gar in sein Gegenteil verkehren kann, lassen sich dennoch Faktoren ausweisen, die zum Gelingen einer Präsentation beitragen können. Betont sei aber auch hierbei, dass es zunächst immer nur darum gehen kann, sich selbst verständlich zu machen. Dieser sehr bescheiden anmutende Anspruch, der hier als Maßstab an die Qualität von Präsentationen angelegt wird, basiert auf der Einsicht einer prinzipiellen Unverfügbarkeit über die Wirkungsmächtigkeit gegenüber den Rezipient/-innen. Missverständnisse, Irritationen, Ressentiments etc. lassen sich in Vorbereitung einer Präsentation vielleicht antizipieren und berücksichtigen; generell verhindern lassen sie sich jedoch nicht. Dabei ist es ohnehin schwierig genug, unterschiedliche Anliegen, Anschauungen oder Sachverhalte mit einiger Aussicht auf Erfolg vor anderen darstellen zu können. Das gilt erst recht, weil nicht darauf vertraut werden kann, dass Kinder sich aus der (außer-)schulischen Lebenswelt heraus eine entsprechende Präsentationskompetenz en passant aneignen. Hinter der schlichten Forderung – Verstehen und Verständlichkeit zur Grundlage von Verständigung zu machen – verbirgt sich demnach ein sehr komplexer Anspruch.

3.3 Begründungen

Bevor verschiedene Faktoren aufgelistet werden, die für die Qualität von Präsentationen maßgeblich sein können, bleibt die viel grundsätzlichere Frage zu klären, welche Gründe überhaupt dafür sprechen, Präsentationen den Stellenwert einer sachunterrichtlichen Methode zuzuschreiben?

Dabei sind es vor allem gesellschaftliche Entwicklungen der vergangenen Jahrzehnte die wesentlich dazu beitrugen, dass „Wissen“, „Informationen“ und darauf bezogene „Kommunikationen“ generell an Bedeutung gewonnen haben. Das gesellschaftlich verfügbare Wissen verdoppelt sich inzwischen binnen weniger Jahre. Um so notwendiger wird die Ausbildung von Fähigkeiten und Kompetenzen, um Informationen auf ihre Relevanz hin zu überprüfen, sie zu selektieren, abzurufen, aufzubereiten und sie so insgesamt für Kommunikationsprozesse nutzbar machen zu können. So konstatiert etwa die Delphi-Befragung [/S. 209:](1998), dass „die systematische Verankerung von Wissen und Wissenschaft in der modernen Gesellschaft (...) zu einem exponentiellen Wissenswachstum geführt (hat), insbesondere beim wissenschaftlichen Wissen. Unterstützt wird das durch die informationstechnischen Möglichkeiten, die es erlauben, ungeahnte Mengen an Information verfügbar zu halten. Es entstehen daraus aber auch neue Problemstellungen: Die Vielfalt von Wissen und Information wird heterogen und immer unübersichtlicher“ (ebd., S.9; Hervorh. Im Orig.). Derartige, hier nur grob skizzierten gesellschaftlichen Entwicklungs- und Veränderungsprozesse werden als gesellschaftliche Sozialisationsanforderungen verstanden, denen Individuen nachkommen müssen, wollen sie denn handlungsfähig bleiben oder werden.

Wer diese Erfordernisse auch als Chancen interpretiert, wird der möglichen Bedeutung gewahr, die „Präsentationen“ vor diesem Hintergrund als einer demokratisch-emanzipativen Methode zukommen kann. Mit „Zusammenhang herstellen“ beschreibt Oskar Negt (1997, S. 210-221) jene „Grundlagenkompetenz“, die auf „die bewusste Herstellung eines Zusammenhangs zwischen den Interessen und Bedürfnissen des lernenden Subjekts und der Objektwelt“ (ebd., S. 217) abzielt. Solche „gesellschaftliche(n) Schlüsselqualifikationen bilden sich nie in der isolierten, abstrakten Beziehung zwischen einzelnem Lernsubjekt und der Gegenstandswelt. Es sind Prozesse kommunikativer Verständigung, in denen die Normen und Kategorien, die der Informationsverarbeitung zugrunde liegen, an Regeln der Plausibilität und der Wahrhaftigkeit überprüft werden“ (ebd., S.220). Seine Überlegungen lassen sich auch als allgemein-didaktische Begründung dafür begreifen, Präsentationen systematisch zu erlernen, einzuüben und zu reflektieren. Aus den Präsentationen je einzelner Grundschulkinder heraus vollziehen sich so Prozesse gemeinsamer Umweltaneignung und –ausdeutung.

Wenn die Diagnose einer als solcher typologisierten „Wissensgesellschaft“ gültig ist, ergibt sich fortdauernd die Notwendigkeit das gesellschaftlich verfügbare „Wissen“ zugänglich, diskursiv und nutzbar zu machen. Eine zunehmende Konkurrenz um Aufmerksamkeit macht es erforderlich, Sachverhalte ebenso kompakt wie kompetent zu kommunizieren. Schon und gerade im Grundschulunterricht sollten darum entsprechende (vermittlungswissenschaftliche) Kompetenzen des „public-presenting/understanding-of-science“ gefördert werden.

Folglich ist es nicht zufällig, dass Präsentationsmethoden insbesondere im Sachunterricht ein hoher Stellenwert zukommt. Wie in keinem der anderen Kernfächer der Grundschule sind doch hier die Präsentationen immer auch unmittelbar an die Unterrichtsgegenstände und -Inhalte gebunden. Der Aufforderungscharakter und die Problemhaftigkeit von Fröschen und Frühblühern, Feuerwehr, Fahrrad, Fabrik, Familienformen etc. bestimmt den sachunterrichtlichen Alltag. Eben jene „Sachen“ – immer auch verstanden als soziale Ereignisse und lebensweltliche Strukturmerkmale (vgl. Duncker, Popp (1996, S. 24f.)) – müssen dabei stets subjektiv erfahr- und wahrnehmbar sein, ehe sie kommuniziert und gemeinsam reflektiert werden können. Präsentationen sind dabei Voraussetzung, Mittel und Ziel eben jener Kommunikationsprozesse, die den einzelnen Schüler/-[/S. 210]innen selbst und allen anderen in der Lerngruppe erst individuelle Wahrnehmungsmöglichkeiten verschaffen und so die Voraussetzung bieten, diese in bestenfalls umsichtigere und angemessenere, zumindest aber kollektive Deutungen zu überführen.

3.4 Kompetenzen

Mit einer verstärkten Berücksichtigung von „Präsentationen“ als methodischer Dimension im modernen Sachunterricht verbinden sich vielfältige Erwartungen. Zunächst geht es um die Frage, welche Kenntnisse, Fähigkeiten und Qualifikationen die Grundschulkinder dabei entwickeln und verbessern können. Ein entsprechendes und als „Präsentationskompetenz“ zu typisierendes Ausdrucks- und Handlungsvermögen der Lernenden vereinigt in sich verschiedene Kompetenzformen, die in Anlehnung an Löwisch (2000, S.131-157) als Synthese aus Sach-, Methoden-, Sozial-, Kommunikative-, Motivations- und Handlungskompetenz beschrieben werden können. In ihrer Gesamtheit befähigen sie die Grundschulkinder darin, sich ihre jeweiligen Umwelten aktiv und deutend anzueignen. Diese Prozesse der Aneignung sind weniger als Anpassung an vermeintlich Vorgegebenes, sondern vielmehr als erweiterte Erfahrungs- und Ausdrucksfähigkeiten zu begreifen.

3.5 Möglichkeiten

Vermessen wäre wohl der Anspruch, ein ideales Verfahren vorzustellen, das geeignet ist, erfolgreiches Präsentieren im Sachunterricht systematisch zu erlernen und einzuüben. Ohnehin ist „Präsentieren“ keine Methode zum Selbstzweck, sondern sie soll kontinuierlich helfen, die „Aufgaben und Ziele des Sachunterrichts“ (vgl. Köhnlein 2001) zu erreichen. Wann immer möglich wird die Anwendung, Einübung und Reflexion von Präsentationen die Lernenden im Sinne eines Spiralcurriculums durch die Grundschulzeit und auch später begleiten. Indem die Kinder den anderen ihre Überlegungen, Einsichten und Erkenntnisse präsentieren, erweitern und vertiefen sie ihr eigenes Verständnis der jeweiligen Sachverhalte. Besondere Aufmerksamkeit verdient deshalb das in einer Präsentation angelegte dialektische Arrangement aus Konstruktion und Interpretation sachunterrichtsrelevanter Inhalte für die gesamte Lerngruppe, weniger die Zielvorstellung einer „vollendeten“ Präsentation. Im Wissen um die Unzulänglichkeit aller Präsentationen lassen sich gleichwohl Faktoren ausweisen, die die Chance auf einen erfolgreichen wechselseitigen Lernprozess erhöhen. Um nicht dem grundlegenden Problem einer Aktivität der Präsentierenden einerseits und einer ausgeprägten Passivität und Rezeptivität der Adressaten andererseits zu erliegen, sollten einige generelle Grundsätze beachtet werden. Sofern sie dazu beitragen, dieses Dilemma zu überwinden, lassen sie sich auch als formale und inhaltliche Qualitätskriterien für Präsentationen verstehen: [/S. 211]

  • Vorbereitung
    Es muss immer ausreichend Zeit und Gelegenheit zur inhaltlichen (recherchieren, sichten, zusammen fassen, Auswahlentscheidungen treffen etc.) und formalen Erarbeitung einer Präsentation vorhanden sein. Besonders bedeutsam sind diese Phasen, weil die Lernenden dabei immer wieder in Situation geraten, in denen sie sich reflexiv zu ihrem eigenen Lernprozess verhalten. Eine angemessene Vorbereitung betont die professionelle Qualität der Methode und kann so dazu verhelfen einer Überforderungen und Enttäuschung aller Beteiligten vorzubeugen.
  • Thema
    Vor jeder Präsentation müssen die Präsentierenden sich selbst vergegenwärtigen und gemeinsam darüber verständigen, worum es geht: Was soll präsentiert werden? Um dabei dem Problem einer Überforderung insbesondere in den ersten Schuljahren entgegen zu wirken, können Thema und geeignetes Material auch von den Lehrenden vorgegeben werden. Im Laufe der Grundschulzeit sollen die Lernenden jedoch auch selbst die Notwendigkeit erfahren, die Inhalte ihrer Präsentation einzugrenzen und entsprechendes Material auf das Thema hin auszuwählen. Dieses Thema sollte den Zuhörenden dann auch vorab (spätestens im Verlauf der Präsentation) genannt werden.
  • Prägnanz
    Eine Präsentation sollte wenige, nach Möglichkeit exemplarisch ausgewählte Gesichtspunkte vorstellen. Deren Unterscheidung und Klassifizierung als beschreibende, erklärende oder bewertende Aspekte unterstützt die Zuhörenden in ihrer Bereitschaft, sich aktiv mit dem Vorgetragenen auseinander zu setzen. Um eine Diskussion in der gesamten Lerngruppe vorzubereiten ist es hilfreich, die eigenen Einschätzungen zu begründeten Behauptungen (Thesen) zu verdichten („Kinder flüchten, denn ...“; „Ein Schiff schwimmt auf dem Wasser, weil...“).
  • Ziele und Absichten
    Kooperativ zu klären ist die Frage, welche inhaltlichen Ziele erreicht werden sollen: Warum wird etwas vorgestellt; welche Absicht steckt dahinter? In formaler Hinsicht geht es zumeist um eine Information und Motivation der Lerngruppe, die Vorbereitung von Diskussionen und ihre Reflexion. Für das Ende einer Präsentation können Fragen oder Impulse entwickelt werden, mit denen sich die Präsentierenden direkt an die Anderen wenden. Deren Antworten und Rückmeldungen können bereits erste Auskünfte darüber geben, ob die eigenen Absichten deutlich geworden sind.[/S. 212:]
  • Relevanz
    Die inhaltlichen Ziele müssen auf ihre Bedeutsamkeit für die Lerngruppe und den Lernprozess überprüft werden, d.h. die vorgestellten Aspekte oder Ergebnisse sollten eine Relevanz für den weiteren Unterrichtsverlauf haben, dort aufgegriffen und weiter geführt werden. Abfragbare Informationen („wie lang ist die Feuerwehrleiter“, „wie heißt das Junge einer Kuh“ etc.) bergen die Gefahr lediglich „Träges Wissen“ anzuhäufen. Für Präsentationen sind sie zumeist ungeeignet, denn nur selten fordern sie die Lerngruppe zu weiteren und weiterführenden (gedanklichen) Anstrengungen heraus.
  • Erfahrungsnähe
    Hilfreich ist es, während der Präsentation Bezüge zwischen den vorgestellten Inhalten und den (mutmaßlichen) Vorkenntnissen der Zuhörenden herzustellen. Es entsteht die Notwendigkeit, dass die Vortragenden sich darin üben, mögliche Erwartungen der Zuhörnenden zu antizipieren und einen Perspektivwechsel zu vollziehen: An welche (gemeinsamen) Erfahrungen knüpft die Präsentation an; welche alltäglichen Beispiele können das Gesagte illustrieren; warum sind die dargestellten Aspekte für den weiteren Lernprozess der gesamten Lerngruppe von Interesse?
  • Verständlichkeit
    Der Verständlichkeit ist es dienlich, wenn die eigenen Überlegungen bereits vorab verbalisiert, formuliert und visualisiert worden sind. Unsicheres oder zu leises Sprechen lässt sich eher vermeiden, wenn der Einsatz der Stimme und das Vorlesen vorab trainiert werden. Ein überlegter Einsatz von Mimik und Gestik kann die Verständlichkeit erhöhen, aber nur dann, wenn die Präsentierenden (weiterhin) authentisch wirken. Deshalb sollten zuvor Alternativen und Variationen erprobt werden.
  • Strukturiertheit/ Transparenz
    Ideal ist ein freier Vortrag auf der Grundlage einzelner Stichworte oder Bildkärtchen. Auch den Zuhörenden sollte der argumentative Zusammenhang der gesamten Präsentation in Kurzform – an Hand von Gliederungspunkten und/oder Piktogrammen – auf einem Handzettel, an der Tafel, Pinnwand bzw. flip chart, auf einer Wandzeitung oder Overhead-Folie veranschaulicht werden. Das kann vorab oder im Laufe der Präsentation erfolgen. Gleiches gilt für die wesentlichen Überlegungen und Ideen.
  • Anschaulichkeit
    Ästhetische Objekte, Rollenspiele, Pantomimen, Hörspiele, (kleinere) Aufführungen oder selbstgedrehte Filme stellen eine sehr lebendige und anschauliche Form von Präsentationen dar. Oft handelt es sich bei Präsentationen jedoch um Kurzvorträge,[/S. 213:] die diese Elemente in sich integrieren können, aber immer auch auf Sprache und Zeichen angewiesen bleiben. Um die Chance zu erhöhen, verschiedene Wege des Lernens zu unterstützen sollte jeder Vortrag auf unterschiedliche Wahrnehmungsformen (akustische, visuelle, haptische, olfaktorische) und Erwartungen (gegenständliche, soziale, kommunikative, ästhetische) hin ausgerichtet sein. Wünschenswert ist eine Kombination mannigfacher Arten der Präsentation.
  • Medieneinsatz
    Auch ein abwechslungsreicher aber bewusster Medieneinsatz dient diesem Anliegen. Voraussetzung dafür ist die instrumentelle Aneignung und kompetente Beherrschung vielfältiger Medien (Videoanlagen, Projektoren, digitale Präsentationen usw.). Ausgangs- und Mittelpunkt jeder Präsentation muss jedoch die Aktivität der Lernenden sein. Der Einsatz von Medien soll nicht zum Selbstzweck werden; ein „Medien- Potpourri“ fördert womöglich eher Irritationen als die Verständlichkeit. Zentrales Kriterium für den Einsatz jedes zusätzlichen Mediums ist ohnehin die Frage, ob und inwieweit es überhaupt zu einem verbesserten Vorstellungsvermögen beitragen kann.
  • Reflexion
    Im Anschluss an jede Präsentation sollte ein Gespräch in der gesamten Lerngruppe erfolgen. Neben inhaltlichen Anmerkungen und Bewertungen (Was war (un-)verständlich, (un-)interessant und (un-)wichtig; welche anderen Einschätzungen, Ansichten oder Meinungen gibt es?) müssen auch immer die formalen Aspekte einer Präsentation zum Gegenstand erneuten Nachdenkens werden (Was an der Darbietung war gut und warum; was lässt sich noch verändern und verbessern?). Eigene Einschätzungen der Präsentierenden („zuerst war ich sehr aufgeregt...“) und konstruktive Rückmeldungen an sie („wenn ihr größer schreibt, ist es auch hier hinten zu lesen“) kommen nicht nur ihnen selbst zu Gute. Vielmehr eröffnen sie der gesamten Lerngruppe weitere Perspektiven auf den nun gemeinsamen Lernprozess. Im günstigsten Fall kann eine solche dialogische Reflexion darin münden, gemeinsame Standards zu entwickeln und zu benennen, die helfen können, die Vorbereitung und Durchführung künftiger Präsentationen weiter zu verbessern.

Die hier eingeforderten Standards sind zwar weder systematisch noch vollständig. Doch auch ohnedies wirken sie zunächst (womöglich zu) anspruchsvoll, weil sie den Bedingungen des Unterrichtsalltags mit seinen Zwängen und Begrenzungen oft entgegen stehen könnten. Ihnen unmittelbar nachzukommen, hieße dann wohl Lernende wie Lehrende gleichermaßen zu überfordern. Im wiederkehrenden Konflikt zwischen Stofffülle (viel zu) knapper Unterrichtszeit und mutmaßlich unzureichenden Lernvoraussetzungen plädiert dieser Beitrag gleichwohl für eine kontinuierliche Entwicklung, Erprobung und Einübung von [/S. 214:]Präsentationskompetenzen über die gesamte Grundschulzeit hinweg. Der Katalog mit den beschriebenen Kriterien soll dabei – das sei erneut betont – kein absoluter Maßstab für erfolgreiche Präsentationen sein. Anliegen ist es vielmehr, entsprechende Kompetenzen – wenn auch in (zeitlich, inhaltlich, darstellerisch etc.) sehr reduzierter Form aber eben früher und häufiger – zu fördern. Die umsichtige Suche nach Präsentationsmöglichkeiten für Lernende und eine hinreichend fantasievolle Ausgestaltung enta href=sprechender Lehrarrangements kann so schon früh dazu beitragen, dass Grundschüler/-innen tatsächlich selbst zu aktiven Gestalter/-innen ihrer Lernprozesse werden.

4. Literatur

Delphi-Befragung (1996/1998): Potentiale und Dimensionen der Wissensgesellschaft – Auswirkungen auf Bildungsprozesse und Bildungsstrukturen, Integrierter Abschlußbericht, durchgeführt im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie. München, Basel.

Duncker, Ludwig; Popp, Walter (1996): Der schultheoretische Ort des Sachunterrichts. In: Duncker, Ludwig; Popp, Walter. Hg. Kind und Sache. Zur pädagogischen Grundlegung des Sachunterrichts. Weinheim, München, 2. Aufl., 29-40.

Fischer, Erika (1999): Lernen durch Dokumentieren und Präsentieren. In: Hempel, Marlies. Hg. Lernwege der Kinder. Subjektorientiertes Lernen und Lehren in der Grundschule. Baltmansweiler, 218-230.

Jeziorsky, Walter (1965): Allgemeinbildender Unterricht in der Grundschule. Braunschweig.

Kahlert, Joachim (2001): Sachunterricht als fächerübergreifender Lernbereich. In: Einsiedler, Wolfgang; Götz, Margarete u.a. Hg. Handbuch Grundschulpädagogik und Grundschuldidaktik. Bad Heilbrunn/Obb., 485-493.

Kahlert, Joachim (2002): Der Sachunterricht und seine Didaktik. Bad Heilbrunn/Obb., 11-28 und 91-150.

Köhnlein, Walter (2001): Aufgaben und Ziele des Sachunterrichts. In: Einsiedler, Wolfgang; Götz, Margarete u.a. Hg. Handbuch Grundschulpädagogik und Grundschuldidaktik. Bad Heilbrunn/Obb., 493-504.

Kopp, Ferdinand (1959): Methodik des Heimatkundeunterrichts. 2. Aufl.. München.

Löwisch, Dieter-Jürgen (2000): Kompetentes Handeln. Bausteine für eine lebensweltbezogene Bildung. Darmstadt.

Mandl, Heinz; Gerstenmaier, Jochen, Hg. (2000): Die Kluft zwischen Wissen und Handeln. Empirische und theoretische Lösungsansätze. Göttingen, Bern, Toronto, Seattle.

Negt, Oskar (1997): Kindheit und Schule in einer Welt der Umbrüche. Göttingen.

Richter, Dagmar (2002): Sachunterricht – Ziele und Inhalte. Ein Lehr- und Studienbuch zur Didaktik. Baltmannsweiler, 56-103.

Tillmann, Klaus-Jürgen (1993): Sozialisationstheorien. Eine Einführung in den Zusammenhang von Gesellschaft, Institution und Subjektwerdung. 4. vollst. überarb. Neuausg.. Reinbek b. Hamburg.

Das Original ist unter dem gleichen Titel erschienen im Buch: Reeken Dietmar von, Hg. 2003. Handbuch Methoden im Sachunterricht. Baltmannweiler: Schneider Verlag, 206-216.
© 2003 Schneider Verlag Hohengehren, Baltmannsweiler;
© 2003 Volker Schwier;
© 2005 sowi-online e.V., Bielefeld
sowi-online dankt dem Verfasser und dem Schneider Verlag Hohengehren für die freundliche Genehmigung zur Zweitveröffentlichung des Textes im Internet.
Um die Texte zitierfähig zu machen, sind die Seitenwechsel des Originals in eckigen Klammern angegeben, z. B.[/S. 53:].
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