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Heimliche Verführer "Mit Staatssymbolen haben die Führer der Völker noch stets Mißbrauch betrieben. Natürliche menschliche Regungen wie Mitleid, Fairneß, Hilfsbereitschaft sind häufig mit nationalen, vaterländischen Appellen erstickt worden. Der Rausch, die Weigerung, der Vernunft zu folgen, wird auch durch das Hissen der Nationalflagge oder das gemeinsame Absingen der Hymne erzeugt. Staatsmänner oder Parteiführer, die suggerieren wollen, daß Selbstbewußtsein und historische Identität von der Nutzung und Darstellung staatlicher Symbole abhängt, haben - gelinde ausgedrückt - nichts aus der Geschichte gelernt. Das Mißtrauen vieler Deutscher gegenüber der Demonstration staatlicher Macht beweist erheblich höhere Lernfähigkeit der Bürger der zweiten deutschen Republik, als es vielleicht manchem lieb sein mag. Gustav Heinemann fand einst auf die Frage, ob er den Staat liebe, die schlichte tiefsinnige Antwort: ,Ich liebe meine Frau'. Wir sollten im übrigen vielleicht auch darüber nachdenken, daß die Selbstdarstellung der Staatsmacht in Form von Fahnen, Gesängen, öffentlichen Feiern, Uniformen oder Orden vor allem in Diktaturen ihre Übersteigerung erfährt. Der Unterdrücker muß Macht demonstrieren, um Autoritätsbereitschaft und Angst zu bewirken. Demokratie aber lebt aus dem politischen Grundkonsens seiner Bürger, daß der Staat und sein Apparat Diener der Gesellschaft sind und nicht umgekehrt." Wilhelm von Sternburg: Staatssymbole gehören immer zu den
heimlichen Verführern. In: Frankfurter Rundschau, 19. 3. 1987. Fragen:
Was sind Nationalsymbole "Einen fest umrissenen Begriff des Nationalsymbols gibt es nicht. Man rechnet hierzu insbesondere Farben, Hymnen und Wappen. Hinzu treten Feiertage, Denkmäler und Ehrungen, während man andere, das Gemeinschaftsgefühl stärkende Ereignisse (wie zum Beispiel Sportwettkämpfe und kulturelle Veranstaltungen, Ausstellungen, Festspiele usw.) trotz derer oft zunehmenden politischen Bedeutung noch nicht als Nationalsymbol ansieht." H. Hattenbauer: Nationalsymbole. In: W. Weidenfeld / K.-R. Korte (Hrsg.): Handwörterbuch zur deutschen Einheit. Frankfurt/M. 1992, S. 500.
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Symbole der Jugendkultur Symbole drücken ein Lebensgefühl aus. Die Symbole, Zeichen und Sticker der Jugendkultur sagen radikaler und lauter, was sie denken und fühlen. Die Stile der Jugendkultur greifen bestimmte Symboliken aus der Sprache, der Musik und den Konzertauftritten von Rockmusikern, Filmstars und Filmen auf. Das übergeordnete Ziel aller dieser verschiedenen Arten von Ausdrucksmitteln und Symbolen ist die Entwicklung und Entfaltung von Ausdruckskraft und Gefühl. Viele Jugendliche kennen Gefühle des "Sich-nicht-verstanden-Fühlens", des "Überflüssig-Seins", des "Nichts-machen-Könnens": Sie bewältigen diese Probleme symbolisch. Jugendkulturelle Stile reflektieren die Erfahrungen und Gefühle in Sprache und Sprüchen, in Zeichen und Graffiti. Gleichzeitig sollen die Stile die Zugehörigkeit zu den existierenden jugendkulturellen Gruppierungen und Szenen herstellen. Alltagsgegenstände und Bestandteile der herkömmlichen Mode werden umgeformt und in einen anderen Gesamtzusammenhang des Stils gestellt. Anhand der verschiedenen Symboliken und Accessoires lassen sich die heute sehr verbreiteten Mischformen gut analysieren. Denn Jugendkulturen können nur eine kurze Zeit als reine Jugendkultur existieren. Die Aufmerksamkeit der Medien für jede neue auftauchende Mode, das Bedürfnis, diesen Stil nachzuahmen oder sie als auf bestimmte Äußerlichkeiten, wie die Haarfarbe und die Frisur zu reduzieren, tragen oft zur Auflösung von Jugendkulturen bei. Skinheads Die Skinheads entwickelten sich Ende der 60er Jahre aus der Gruppe der sogenannten Mods der Unterschichtsszene. Sie entstanden vor allem in den Randbereichen der englischen Großstädte wie London und Birmingham. Die Skinheads betonten den proletarischen Stil, der sich in kurzgeschorenen Haaren, Arbeiterstiefeln, kurzen Jeans oder neuerdings Uniformhosen und Hosenträgern zeigte. Sie kehrten ein extrem männliches Image heraus, waren fanatische Fußballfans und verhielten sich gewalttätig gegen Schwule, Softies und Ausländer - wie heute wieder. Es ist die Beschwörung einer magischen Gemeinschaft der Arbeiterklasse, die Suche nach nationaler Heimat - die einen sind die "Guten", die anderen die "Bösen" - bedrohliche Fremde. Punks Auch der Punkstil entstand in London Ende der 70er Jahre. Er kehrt sozusagen das Verdrängte, Häßliche, Brutale der Gesellschaft nach außen. Jugendliche, die arbeitslos waren, dreckig auf den Straßen herumhingen, Bier tranken und von den Passanten als Abschaum bezeichnet wurden, stellten sich symbolisch selbst als Müll dar. Dazu gehörten zerrissene Kleider, alte Lederjacken, kaputte Schuhe, Fahrradketten und Halsbänder als Symbole der Unterdrückung, Verletzungen, denen sie sich seelisch ausgesetzt fühlten, wurden mit Accessoires symbolisiert: Rasierklingen, durchstochene Ohrläppchen und Backen zum Beispiel. Auch hier werden Gebrauchsgegenstände aus dem Alltag zu Symbolen der Unterdrückung und des Schmerzes. Ekkehard Sander: Der Körper - ein Spiegel radikaler Gefühle. In: Süddeutsche Zeitung, 5./6. 10. 1991, S. 16, Auszüge. |
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