Internationale Politik in der Jahrgangsstufe 10. Eine Anregung, es mit einem globalen Simulationsspiel zu versuchen

Ulrich Gottschalk

Inhalt

Einführung: Neue Situationen verlangen neue Methoden
POL&IS: Entstehungsgeschichte - Struktur - Ablauf
Erfahrungen: POL&IS in der Lehrerfortbildung und in der Schule
Erfahrungen: POL&IS in der Jahrgangsstufe 10
Erfahrungen: POL&IS und Bundeswehr
Erfahrungen: Integration in den Unterricht
Richtlinien: Brandenburg
Richtlinien: Nordrhein-Westfalen
Richtlinien: Hessen
Aktuelle fachwissenschaftliche Diskussion: Ein aktuelles Heft der Zeitschrift Außenpolitik
Aktuelle fachwissenschaftliche Diskussion: drei weitere Beispiele
Zusammenfassung: POL&IS im Unterricht der Jahrgangsstufe 10
Literatur

Einführung: Neue Situationen verlangen neue Methoden

Geben wir es zu: Wir hatten uns im West-Ost-Konflikt gut eingerichtet, zumindest im Bereich "Nationale und internationale Beziehungen" im Unterricht der Jahrgangsstufe 10. Abschreckung, Flexible response, Rüstung und Abrüstung, Nuklearwaffen, NATO: Das war das Fundament, auf dem der Afghanistan-Konflikt, die Friedensbewegung, Wehr- und Zivildienst, soziale Verteidigung, Blauhelmeinsätze usw. diskutiert wurden. Man hatte die Gewißheit, daß mit der Behandlung der jeweils aktuellen Thematik den Schülerinnen und Schülern gleichzeitig wesentliches Rüstzeug zum Verstehen, Beurteilen und möglicherweise auch für Handlungen in zukünftigen Konfliktfällen im internationalen Bereich mitgegeben werden konnte.

Ab 1990 gab es viele aktuelle Themen (Golfkrieg, Somalia, Bosnien, ...), deren Behandlung im Unterricht zu wesentlichen Erkenntnissen und Fähigkeiten bei Schülerinnen und Schülern führten. Inwieweit das jedoch für die intellektuelle Bewältigung der nächsten Krise, des nächsten Konflikts ausreichen wird, muß zweifelhaft bleiben, wenn nicht dargestellt werden kann, welche grundlegenden Erkenntnisse dabei gewonnen werden konnten.

Hier soll im Folgenden kein Inhaltskatalog erstellt werden, um diese Frage zu beantworten. Der vorzustellende Lösungsansatz ist ein methodischer. Die These lautet: Mit der Durchführung des globalen Simulationsspiels POL&IS (POLitik und Internationale Sicherheit) werden grundlegende Aspekte des Bereichs der internationalen Beziehungen in der Jahrgangsstufe 10 bearbeitet und viele aktuelle Probleme verständlicher.

Das Simulationsspiel ist natürlich kein Allzweckmittel, dessen alleinige Anwendung genügt, um sämtliche Aspekte zu bearbeiten. Gemeint ist vielmehr, daß sich mit Hilfe von POL&IS den Schülerinnen und Schülern wesentliche Einsichten in internationale Zusammenhänge spielerisch erschließen, so daß einerseits die Motivation aufgebaut wird, weiter zu forschen und andererseits aktuelle internationale Probleme in einem neuen Licht gesehen werden können - wie zu zeigen sein wird, kommt das Licht dann von mehreren Seiten.

Vielen Lehrkräften, insbesondere in Nordrhein-Westfalen ist POL&IS bekannt. Da das jedoch nicht für alle Kolleginnen und Kollegen gilt, soll es hier noch einmal kurz vorgestellt werden, bevor die These begründet wird. [/S. 102:]

POL&IS: Entstehungsgeschichte - Struktur - Ablauf

Ausgehend von der Diskussion um den NATO-Doppelbeschluß und dem Bedürfnis, Veränderungen im militärischen Bereich auf ihre globalen Auswirkungen auch unter globalen politischen und wirtschaftlichen Aspekten zu verstehen und Argumentationen simulativ zu überprüfen, wurde die Simulation "SINTAKTIKON" (Simulation INTernationaler AKTIonen und KONflikte) 1981 von einer Arbeitsgruppe am Institut für Politische Wissenschaft der Universität Erlangen entwickelt. Diese große Simulation, deren Durchführung eine Woche in Anspruch nahm, wurde 1986 - auch mit Unterstützung des nordrhein-westfälischen Landesinstituts für Schule und Weiterbildung in Soest - für die Schule "verkleinert". Es entstand das Simulationsspiel POL&IS (POLitik und Internationale Sicherheit).

Dabei handelt es sich nicht um ein Computerspiel. POL&IS ist ein Kommunikationsspiel, bei dem keine Gewinner und Verlierer ermittelt werden. Die Welt ist in elf Regionen aufgeteilt (Nord- und Südamerika, West- und Osteuropa, GUS, China, Japan, Asien: Vorder- und Hinterindien, Ozeanien, Afrika und Arabien: von Marokko bis zum Iran). POL&IS simuliert eine "Vier-Güter-Welt": Energie, Rohstoffe, Agrar- und Industriegüter. Im militärischen Bereich gibt es Armeen, Flotten, Luftflotten und Nuklearwaffen, die durch Spielsteine auf einer (polzentrierten) Weltkarte dargestellt werden. Die wirtschaftlichen und militärischen Daten zeigen ein relativ genaues Bild der elf Regionen bezüglich des Basisjahres 1992. In Soest ist eine weitere Revision der Daten für dieses Jahr geplant.

Jede Region wird von einer Gruppe von bis zu vier Spielerinnen und Spielern repräsentiert, denen jeweils unterschiedliche Aufgaben zugewiesen werden. Würde um das "Gewinnen" gespielt, stünden Gewinner (Nordamerika, Westeuropa) und Verlierer (Afrika, Asien) von vornherein fest. Aber wie gesagt, darum geht es bei POL&IS nicht. Im Spiel werden globale Zusammenhänge in den Bereichen Politik, Wirtschaft und Sicherheit begriffen. Spielerisch lernen Schülerinnen und Schüler, welche Schwierigkeiten und Möglichkeiten die verschiedenen Regionen dieser Welt haben. Sie können Lösungen für Probleme planen und ausprobieren. Dabei erfahren sie etwas über die Verteilung der Ressourcen und der Produktion in der Welt (denn im Spiel werden auch Güter produziert, und es wird investiert). Sie lernen die Verteilung militärischer Machtmittel, bestehende internationale Verträge und Möglichkeiten der UNO kennen. Ein Wust von Informationen strömt durch das Spielgeschehen auf die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein, der geordnet, verarbeitet und in praktisches Tun umgesetzt werden will.

Zur Strukturierung ist das Spiel in Spielzüge mit festgelegten Phasen eingeteilt. Normalerweise werden vier bis acht solcher Spielzüge durchgeführt, sie repräsentieren jeweils ungefähr ein Jahr. In den einzelnen Phasen wird produziert, gehandelt, verhandelt, und es werden Verträge abgeschlossen. Am Ende jedes Spielzugs treffen sich alle Teilneh[/S. 103:]mer zu einer internationalen Informationsrunde, in der jede Region kurz ihre Sicht des Ablaufs darlegen kann.

Wichtig ist, daß die einzelnen Entscheidungen im Spiel zu Konsequenzen führen. Mit Geschick und Blick für Notwendigkeiten kann die Welt insgesamt ohne all zu große Probleme überleben. Es kann jedoch auch zu großen Hungerkatastrophen kommen, wenn nicht vorausschauend von allen Mitspielerinnen und Mitspielern gehandelt wird. Es können auch konventionelle und nukleare Kriege durchgeführt werden, im Spiel werden dann auch Kriegsfolgen (Niedergang der Produktion usw.) simuliert.

In das Spiel sind auch ansatzweise ökologische Probleme eingebaut, die allerdings nicht sehr detailliert sein können, da der globale Aspekt im Mittelpunkt steht. Innerstaatliche und gesellschaftliche Probleme werden nur ansatzweise mitberücksichtigt. Lokale Konflikte (z.B. Golfkrieg, Bosnien) lassen sich nur sehr schwer oder gar nicht darstellen.

Zur Durchführung benötigt man einen sehr großen Raum oder zwei nebeneinanderliegende Klassenräume. Der erste Spielzug ist als Einführungszug gedacht in dem die Regeln beim Spiel erklärt werden. Er dauert ca. drei Zeitstunden, die weiteren Spielzüge benötigen jeweils ca. 90 Minuten.

Erfahrungen: POL&IS in der Lehrerfortbildung und in der Schule

Diese kurze Spielbeschreibung kann die eigene Teilnahme oder noch besser die eigene Durchführung des Spiels mit Schülerinnen und Schülern nicht ersetzen. Viele Leserinnen und Leser werden aber dennoch bereits jetzt Einwände erheben. Zum Beispiel:

  • Ich kann mir das Spiel nicht vorstellen, es scheint sehr (zu) kompliziert zu sein. Es ist für die Schule viel zu aufwendig.
  • Das ist ein Kriegsspiel (Risiko?!)!

Diese Einwände (und andere) bleiben bei vielen Kolleginnen und Kollegen bestehen, wenn sie das Spiel in der Fortbildung - es wurde intensiv in der Fortbildung zur Friedenserziehung in Nordrhein-Westfalen eingesetzt - zum ersten Mal kennenlernen. Das ist die allgemeine Erfahrung der Moderatorinnen und Moderatoren. Eine weitere Erfahrung ist es aber auch, daß diejenigen, die das Spiel mit Schülerinnen und Schülern gespielt haben, in den allermeisten Fällen zu einer ganz anderen Beurteilung kommen. Das hat mehrere Gründe.

Zum einen lernen Jugendliche die Regeln viel schneller und leichter als Erwachsene. Es ist kein Spieldurchlauf an einer Schule bekannt, wo sich Schülerinnen und Schüler über ein zu kompliziertes Regelwerk beklagt haben.

Zum weiteren bietet zwar das Spiel die Möglichkeit, Kriege (auch Nuklearkriege) durchzuführen, sie wird aber sehr selten wahrgenommen. Ein Praxisbeispiel: Eine Gruppe von Schülern, die schon einiges von dem Spiel gehört hatte, nahm sich vor, auf jeden Fall einen Nuklearkrieg durchzuführen. Als sie bei der Rollenverteilung die Atommacht Nordamerika zugelost bekamen, brach bei ihnen großer Jubel aus. Nach [/S. 104:] einer genaueren Analyse der Situation: nicht abzuschätzende Eskalation, kaum Schutz vor feindlichen Raketen, ein möglicher nuklearer Winter, der auch die eigene Produktion empfindlich treffen würde, kam man zu dem Schluß, daß nur eine allgemeine nukleare Abrüstung die Chance eröffnete, einen vermeintlich risikoloseren konventionellen Krieg durchführen zu können. Tatsächlich setzte diese Gruppe eine allgemeine nukleare Abrüstung durch. Der geplante konventionelle Krieg unterblieb allerdings auch, denn es hatten sich durch die Verhandlungen ganz neue interessante Handlungsmöglichkeiten ergeben. Die sich im Unterricht anschließende Analyse des Verhaltens dieser Gruppe führte schnell zu wesentlichen Einsichten über die Bedeutung von Nuklearwaffen und Abschreckung.

Auch hat die Durchführung von Kriegen im Spiel wenig mit "action" zu tun: Der "Aufmarsch" der Spielsteine muß auf der Karte genau durchgeführt werden, es muß viel in Tabellen nachgeschlagen, gewürfelt (Zufall!) und gerechnet werden, und die Verteidigung hat eine realistisch starke Stellung.

Insgesamt gesehen ist POL&IS kein Kriegsspiel sondern ein Wirtschaftsspiel: Die Nord-Süd-Problematik, die ausreichende Versorgung der eigenen Region und der Welt insgesamt stehen in fast allen Spieldurchgängen im Vordergrund. Während an den Gesamtschulen, Berufsschulen, Gymnasien, Abendgymnasien und auf Lehrerfortbildungsveranstaltungen in Nordrhein-Westfalen die Verhandlungen und Verträge zu wirtschaftlichen Fragen - militärische Mittel werden zur Verhandlungsmasse - meist im Mittelpunkt des Interesses stehen, war bei einer Lehrerausbildung in Frankfurt/Oder 1994 die Handelsphase der jeweilige Höhepunkt des Spielzugs. In der Handelsphase sitzen alle elf Regionen um einen Tisch und kaufen und verkaufen überschüssige und benötigte Güter wie auf einer Warenbörse. Vielen Teilnehmerinnen und Teilnehmern wurde hier offensichtlich durch praktisches Tun und Erleben zum ersten Mal die Funktionsweise des Markts klar, obwohl ihnen das theoretisch schon lange bekannt war.

Diese sinnliche und praktische Erfahrung ist durch theoretische Kenntnisse nicht zu ersetzen. So wird vielen Lernenden und Lehrenden im Spiel zum ersten Mal deutlich, daß die Einhaltung von internationalen Verträgen letzten Endes nur vom guten Willen der Vertragspartner abhängig ist. Es ist nicht einfach, die Regionen Afrika oder Asien zu vertreten und von vornherein von der Geberlaune der Reichen abhängig zu sein, betteln zu müssen, um das nackte Überleben zu sichern.

Erfahrungen: POL&IS in der Jahrgangsstufe 10

POL&IS wird bis jetzt zumeist in der Oberstufe gespielt. Bei Projekttagen nahmen auch schon Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 9 und 10 teil. Vom Gymnasium Wriezen in Brandenburg liegt ein ausführlicher Erfahrungsbericht über die Durchführung des Spiels mit zwei Klassen in der 10. Jahrgangsstufe im Rahmen des Unterrichts im Fach Politische Bildung vor. In ihrer fachdidaktischen Seminararbeit [/S. 105:] zeigt Kollegin Mannigel, daß POL&IS keine Überforderung für eine 10. Jahrgangsstufe darstellt. Ein längeres Zitat soll ihre Erfahrungen und Einschätzungen des Spiels deutlich machen:

"POL&IS lebt von den Aktivitäten jedes Mitspielers. Alle werden in die Simulation einbezogen und beeinflussen durch ihr Handeln den Spielverlauf. Die Schüler waren gefordert, sich kritisch auseinanderzusetzen und mußten es lernen, mit Kritik umzugehen, was nicht immer leicht war. Auch die Tatsache, daß bedingt durch das vorrangige Interesse jedes Spielers für seine Region positive Ergebnisse zu erreichen, Kompromisse eingegangen werden müssen, trug dazu bei, Kompromißfähigkeit zu entwickeln.

Der Spielverlauf und die Auswertung mit den Schülern hat gezeigt, daß POL&IS die Schüler für Probleme der internationalen Politik und Sicherheit aufschließen konnte, ihr Verständnis für globale Zusammenhänge gefördert werden konnte. Ein Beispiel für das positive Nachwirken sei an dieser Stelle genannt. Zwei Wochen nach der Simulation kamen Schüler zu mir und berichteten aufgeregt von der Nachricht, daß Nordkorea seine Mitgliedschaft im Atomwaffensperrvertrag gekündigt habe und baten mich, im Unterricht darauf einzugehen, da die Folgen nicht abzusehen seien. Eine Zeitungsnotiz, die mit anderen, aufmerksameren Augen zur Kenntnis genommen wurde. Für mich ein kleiner Erfolg und eine Bestätigung für die Richtigkeit, politische Bildung auch durch den Einsatz von Simulationsspielen zu vermitteln." (Mannigel 1993, S.14)

Erfahrungen: POL&IS und Bundeswehr

Der oben beschriebene Spieldurchgang wurde in Storkow (Brandenburg) in einem dreitägigen Seminar mit einem Jugendoffizier als Spielleiter und mit Unterstützung der Landeszentrale für politische Bildung Brandenburg durchgeführt. Neben dem Land Nordrhein-Westfalen verfügt auch die Bundeswehr über POL&IS. Die Jugendoffiziere sind als Spielleiter ausgebildet und bieten Spieldurchführungen für Schulen an. An den öffentlichen Schulen des Landes Nordrhein-Westfalen darf die Bundeswehr das Spiel jedoch nicht einsetzen, da u.a. mit der Spielleitung auch gleichzeitig ein Stück Verantwortung für den Unterricht aus der Hand gegeben wird. Die Spielleitung kann durch die Art der Präsentation, Hinweise auf bestimmte Regeln und Sachverhalte, Regelauslegungen und ad-hoc-Entscheidungen, die immer wieder notwendig sind, den Spielverlauf beeinflussen. Lehrerinnen und Lehrer werden dabei immer ihren weiteren Unterricht (Auswertung, weitere Themen, Verknüpfungen, ...) im Auge behalten, was einem Unterrichtsfremden nicht möglich ist. Sollte es also außerhalb Nordrhein-Westfalens nicht anders möglich sein, so sollte die Lehrkraft mit dem Jugendoffizier eine gemeinsame Spielleitung vereinbaren, wobei die didaktischen und inhaltlichen Entscheidungen immer ihr überlassen bleiben müssen.

Um Mißverständnissen vorzubeugen: Die Jugendoffiziere leisten mit [/S. 106:] ihrem POL&IS-Angebot einen wertvollen Beitrag für die außerschulische politische Bildung bei Jugendlichen und Erwachsenen, doch sollte der Einsatz von POL&IS in der Schule möglichst in den Händen der Lehrerin oder des Lehrers sein, da die Durchführung des Spiels kein singuläres Ereignis sein sollte, sondern in den Unterricht integriert werden muß.

Erfahrungen: Integration in den Unterricht

Das Spiel entfaltet seinen größten Reichtum an Ansatzpunkten für den Unterricht, wenn es zu Beginn einer Reihe durchgeführt wird, da sich viele Fragen erst aus dem Spiel ergeben und von Schülerinnen und Schülern von ihrem Vorverständnis her zunächst als uninteressant abgelehnt werden. Anknüpfungspunkte, die sich aus fast jeder Spieldurchführung ergeben, sind u.a. folgende:

  • Aufgabe, Möglichkeiten und Probleme der öffentlichen Meinung; Formen der Darstellung und Argumentation von Politikern in der Öffentlichkeit und in internen Verhandlungen
  • Bedeutung von Verträgen und Bündnissen; existierende Verträge
  • Bedeutung und Möglichkeiten internationaler Organisationen (UNO usw.)
  • Das Verhältnis zwischen Politik und Wirtschaft
  • Allgemeine Probleme der Weltwirtschaft, Verteilung der Ressourcen
  • Funktion des Weltmarkts; der Welthandel, Bedeutung von Monopolstellungen, von Wirtschaftsverträgen usw.
  • Die Problematik der Welternährung
  • Weltbank und Schuldenkrise
  • Wirtschaftliche Macht als politisches Mittel und als Waffe
  • Das Verhältnis von Politik und Militär
  • Probleme der globalen Verteilung militärischer Machtmittel
  • Wirtschaftliche und sicherheitspolitische Bedeutung von Rüstung und Abrüstung
  • Möglichkeiten der Sicherheitspolitik eines Staates
  • Sicherungsmöglichkeiten des Weltfriedens

Richtlinien: Brandenburg

Sicher lassen sich nicht alle diese Themen in einer 10. Jahrgangsstufe bearbeiten, doch zeigt der Katalog die Bandbreite der Möglichkeiten. Das soll helfen, mit einem kurzen Blick auf die exemplarisch ausgewählten Richtlinien von Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Hessen POL&IS didaktisch einzuordnen. Wesentlich im Brandenburger Rahmenplan sind die Qualifikationen. Die 6. lautet: "Fähigkeit und Bereitschaft das Lebensrecht und die Eigenständigkeit anderer Gesellschaften zu akzeptieren, für wirksame Sicherheitskonzepte und für die Interessen benachteiligter Völker einzutreten, auch individuelle Verantwortung für globale Probleme zu erfassen." (Rahmenplan Bran[/S. 108:]denburg S. 6) Als ein Schlüsselproblem wird genannt: "Krieg, Frieden und Friedenssicherung (Bürgerkrieg, Gefahr globaler Vernichtung, Verlagerung in die Dritte Welt, Rüstungskontrolle, Abrüstung, Verfassungsauftrag zur Völkerverständigung)" (Rahmenplan Brandenburg S. 7) Neben den Lernfeldern Gesellschaft, Wirtschaft und Demokratie gibt es das Lernfeld "Die Eine Welt": Besser könnte es für POL&IS gar nicht sein. Inhaltlicher Schwerpunkt für die Jahrgänge 9 und 10 innerhalb diese Lernfelds ist: "Umbrüche, Konflikte und neue Dimensionen in internationalen Beziehungen

  • Globale Dimension des Friedens - Neue Friedens- und Sicherheitskonzepte, Ursachen des Wettrüstens
  • Probleme und Tendenzen im europäischen Einigungsprozeß
  • Möglichkeiten und Schwierigkeiten weltwirtschaftlicher Zusammenarbeit
  • Der Nord-Süd-Konflikt als weltweite Herausforderung"

(Rahmenplan Brandenburg S. 31)

Wenn Schülerinnen und Schüler im Spiel für andere Regionen Verantwortung tragen, also von "außen" auf Westeuropa blicken, wenn Abrüstungsverträge geschlossen werden, wenn die Nord-Süd-Problematik augenfällig wird und sich regelmäßig zu einem der beherrschenden Themen des Spiels auswächst, wenn nach gemeinsamen Lösungen gesucht wird - ohne natürlich diese immer zu finden -, dann wird deutlich, daß POL&IS einen Großteil dieser Forderungen einlöst. Selbstverständlich - so muß hier wiederholt werden - nicht allein durch den Spieldurchgang, sondern auch durch die anschließende Analyse und Vertiefung. Sich nicht unmittelbar aus dem Spiel ergebende Bereiche sind z.B. "Verfassungsauftrag zur Völkerverständigung" oder auch "Probleme und Tendenzen im europäischen Einigungsprozeß". Wenn die Region Westeuropa im Spiel alle EU-Staaten umfaßt, können diese Forderungen nicht durch das Spiel eingelöst werden. Sie müssen also in anderer Form im Unterricht behandelt werden. POL&IS setzt den Schwerpunkt auf die globale Problematik. Sobald historische oder gesellschaftliche Prozesse für die Analyse der Problematik von Bedeutung sind, kann POL&IS nicht zur Erkenntniserweiterung beitragen, wohl aber motivieren, sich mit solchen Sachverhalten genauer auseinanderzusetzen und jeweils zu versuchen, sie in einem globalen Zusammenhang zu sehen.

Richtlinien: Nordrhein-Westfalen

In den nordrhein-westfälischen Richtlinien für den Politikunterricht wäre für die hier behandelte Problematik die Qualifikation 10 heranzuziehen: "Fähigkeit und Bereitschaft, das Lebensrecht und die Eigenständigkeit anderer Gesellschaften anzuerkennen, für eine gerechte Friedensordnung und für die Interessen benachteiligter Völker einzutreten, auch wenn dadurch Belastungen für die eigene Gesellschaft entstehen." (Richtlinien Nordrhein-Westfalen S. 30) Schülerinnen und Schüler haben im Spiel die Möglichkeit, armen Regionen zu helfen. [/S. 108:] Sie können politische und ökonomische Strategien zur Unterstützung entwickeln und die Konsequenzen erkennen. Es wird deutlich, daß eine "Friedensordnung", z.B. der Verzicht auf alle militärischen Mittel, nur dann auch "gerecht" genannt werden kann, wenn alle Regionen der Welt ökonomisch ausreichend versorgt sind. Eine genauere Analyse der zu dieser Qualifikation gehörenden Lernziele zeigt, daß einige allein schon durch das Spielen erreicht werden, so z.B. Lernziel 10.1: "Fähigkeit, die Bedeutung internationaler Politik für die eigene Gesellschaft einzuschätzen, und Bereitschaft, sich mit den Problemen der internationalen Beziehungen zu beschäftigen." (ebenda S. 31) Andere lassen sich mit dem Spiel nicht erreichen, so beispielsweise 10.2: "Fähigkeit und Bereitschaft, eigene Wertmaßstäbe und Denkgewohnheiten nicht unbedacht auf andere Gesellschaften anzuwenden und sich mit deren Lebensformen, Denkgewohnheiten und Wertmaßstäben vertraut zu machen." (ebenda) Während sich nämlich in der Lehrerfortbildung die Teilnehmerinnen und Teilnehmer als Vertretung bestimmter Regionen, z.B. Japans, Chinas aber auch Nordamerikas in die entsprechenden Denk- und Verhaltensweisen hineinversetzen, kann man das bei Schülerinnen und Schülern einer 10. Jahrgangsstufe nicht erwarten. Zum Erreichen eines solchen Lernziels müssen andere Methoden angewandt werden.

Richtlinien: Hessen

Anhand des hessischen Rahmenplans Sozialkunde Sekundarstufe I möchte ich abschließend noch auf ein weiteres Problem aufmerksam machen. Ein Thema für die Jahrgangsstufe 9/10 lautet: "Friedenssicherung und neue Weltordnung - Probleme des Zusammenlebens von Völkern und Staaten (am Beispiel eines aktuellen Konflikts)." (Rahmenplan Hessen S.37) Zwar wird als geeignete Methode auch auf das Planspiel verwiesen (ebenda), doch kann mit POL&IS kein lokaler Konflikt, und um solche handelt es sich meistens, durchgespielt oder analysiert werden. Der Bosnienkonflikt findet im Spiel innerhalb der Region Osteuropa, der Nahostkonflikt innerhalb der Region Arabien statt. Solche Konflikte sind zu speziell und bedürfen spezieller Kenntnisse, um sie analysieren, verstehen und bewerten zu können. Das ist bereits ausgeführt worden. Zweifelhaft ist andererseits, ob allein am Beispiel eines aktuellen Konflikts die wesentlichen Probleme der globalen Friedenssicherung erarbeitet werden können. Beide Herangehensweisen ergänzen sich. Ohne den globalen und ohne den speziellen historisch/regionalen Aspekt wird der Bereich internationaler Politik im Sinne der hier vorgestellten Richtlinien unzureichend bearbeitet worden sein.

Aktuelle fachwissenschaftliche Diskussion: Ein aktuelles Heft der Zeitschrift Außenpolitik

Die didaktische Auseinandersetzung um den "aktuellen Konflikt" führt [/S. 109:] zu der Frage, inwieweit mit Hilfe von POL&IS tatsächlich aktuelle politische Probleme den Schülerinnen und Schülern nahegebracht werden können. Zunächst sollen in dieser Absicht exemplarisch die Themen des zweiten Hefts dieses Jahres der Zeitschrift "Außenpolitik" analysiert werden. Die Thematik der Beiträge "Macht und Ohnmacht innerhalb der EU", "Bosnien-Herzegowina nach Dayton, Chancen und Risiken für den Frieden", "Der Islam in der GUS: Eine Wiedergeburt?", "Land für Frieden. Zu einer innerisraelischen Kontroverse über den Frieden im Nahen Osten", "Afrika zwischen Strukturanpassung, Demokratisierung und Staatszerfall" und "Taiwan: Zeitbombe im Fernen Osten" entziehen sich mit ihrer innenpolitischen bzw. regionalen Problematik dem Zugriff mit der Methode eines globalen Simulationsspiels, wie bereits dargestellt worden ist.

In seinem Aufsatz "Das deutsche Interesse am Multilateralismus" schlüsselt Karsten Voigt folgende Prioritäten für die deutsche Außenpolitik auf:

  1. "Fortführung und Ausbau der europäischen Integration sowie Stabilisierung jener Teile Europas, die noch nicht in den Integrationsprozeß einbezogen werden können;
  2. Vertiefung und Reform der transatlantischen Beziehungen;
  3. aktive Teilnahme an einer weiter zu entwickelnden Weltordnungspolitik." (Voigt 96, S.108)

Aufgrund des immensen Drucks der globalen ökonomischen Probleme hat für die Region Westeuropa im Spiel der 3. Punkt absoluten Vorrang und wird von den Spielerinnen und Spielern in den meisten Spieldurchgängen aktiv bearbeitet. Da die NATO im Spiel zwar existiert, aber die Regionen relativ selbständig handeln, haben die beiden anderen Punkte (Verhältnis zu den USA und z.B. NATO-Osterweiterung) nur geringe Bedeutung, wie überhaupt die Region Osteuropa von Westeuropa zumeist weder als Gefahr noch als Problem wahrgenommen wird. Dagegen sehen die Westeuropaspieler es meist so wie Karsten Voigt: "Entwicklungspolitik ist deshalb auch präventive Friedenspolitik." (ebenda S.115)

Überraschenderweise spiegelt sich ein Teil der Problematik, die Roland Götz in seinem Aufsatz "Das russische Wirtschaftspotential als Basis seiner Außenpolitik" bearbeitet, im Spiel wider. "Rußland besitzt insgesamt die meisten Naturressourcen aller Länder der Welt." (Götz 96, S.138) Das macht sich bei POL&IS durch die starke Stellung der GUS bei den Gütern "Energie" und "Rohstoffe" bemerkbar. So scheitern im Spiel oft Rohstoffkartelle des Südens gegen den reichen Norden, weil man vergißt, die GUS mit aufzunehmen. In der Lehrerfortbildung passiert das auch Erdkundelehrern. Im Spiel werden so Tatsachen mühelos gelernt, weil die Konsequenzen schnell deutlich werden. Götz führt die aus der oben zitierten Tatsache resultierenden ökonomischen und finanziellen Möglichkeiten Rußlands weiter aus, die sich entsprechend im Spiel zeigen. Die von ihm im weiteren Verlauf dargestellte Problematik, daß die "gute Ressourcenausstattung tendenziell zum [/S. 110:] Entwicklungshindernis werden" kann, da die "Verdrängung verarbeitender Industriezweige und der Landwirtschaft durch expandierende Rohstoffsektoren" (ebenda S.142), wie z.B. auch in Holland festzustellen ist ("Dutch disease"), ist im Spiel nicht herauszuarbeiten.

Die von Walter Schilling in seiner Arbeit "Die Abschaffung der Kernwaffen - eine realistische Perspektive?" dargestellten Zusammenhänge werden in der Spielkonstruktion sehr weitgehend abgebildet, der tatsächliche Umgang mit den Nuklearwaffen im Spiel weicht allerdings von seiner These "Die Abschaffung der Nuklearwaffen ist ... keine realistische Perspektive." (Schilling 96, S.164) ab, da diese Waffen zumeist keine Rolle spielen bzw. relativ schnell im Spiel eine allgemeine nukleare Abrüstung einsetzt. Dabei konnte beobachtet werden, daß je jünger die Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren, die Einschätzung der Nuklearwaffen als besonderer Waffentyp nachließ. Hier muß in einer Jahrgangsstufe 10 die Spielleitung einige Aufklärungsarbeit leisten, wie überhaupt bei den jüngeren Schülerinnen und Schülern - trotz begeistert mitgemachten "Fuck Chirac"-Kampagnen - das früher vorhandene allgemeine Wissen um die Existenz und Bedeutung dieser Waffen kaum noch anzutreffen ist.

Die "Perspektiven der wirtschaftlichen Entwicklung Lateinamerikas" schätzt Hartmut Sangmeister auf der Grundlage der letzten Jahre insgesamt positiv ein. Allerdings "... sieht sich die Wirtschaftspolitik vor die schwierige Aufgabe gestellt, einen Mittelweg zwischen Effizienz und Gerechtigkeit zu finden." (Sangmeister 96, S. 194) Schülerinnen und Schüler sind immer wieder erstaunt, daß sie einerseits in der Schule für brasilianische Straßenkinder Spenden sammeln, über das Elend in Kolumbien hören, mit der Kirchengemeinde Armenschulen in Mexiko unterstützen und im Spiel feststellen müssen, daß Lateinamerika eine wirtschaftlich relativ gesicherte Position einnimmt. Ausgehend von diesem Erstaunen muß im Unterricht in der Analyse des Spielablaufs auf den Unterschied zwischen Produktionsdaten und Verteilung des Reichtums eingegangen werden.

Aktuelle fachwissenschaftliche Diskussion: drei weitere Beispiele

Die kurze Analyse der Aufsätze eines Hefts im Lichte von POL&IS sollte zu einer weiteren differenzierten Sicht der Möglichkeiten dieser Simulation beitragen. Im Folgenden werden drei weitere fachliche Aspekte aufgezeigt, die durch POL&IS und im Zusammenhang mit dieser globalen Simulation verdeutlicht werden können.

Nach dem Ende des West-Ost-Konflikts, nach Somalia und Bosnien wird die Rolle der Vereinten Nationen intensiv diskutiert. So formuliert Varwick die Leitfrage: "Wie können die Vereinten Nationen reformiert werden, um ihr Hauptziel zu erreichen: die Gewalt aus den internationalen Beziehungen wenn schon nicht zu verbannen, dann doch zu reduzieren." (Varwick 95, S.56) UN-Vollversammlungen, Sitzungen des Sicherheitsrats, Entsendung von Blauhelmen oder auch Kampfverbänden lassen sich mit POL&IS simulieren. Insbesondere besteht die Mög[/S. 111:]lichkeit, neue Organisationsformen - Veränderung der Bedeutung des Sicherheitsrats, neue ständige Mitglieder usw. - auszuprobieren, so daß Chancen und Grenzen der Vereinten Nationen im Spiel deutlich werden können.

In diesem Zusammenhang spielt auch die "Präventive Diplomatie" eine besondere Rolle. Hansjörg Eiff stellt in seinem gleichnamigen Aufsatz die Frage "Was kann eine Organisation wie die OSZE mit Mitteln der Diplomatie zur Verhütung von Konflikten tun?" (Eiff 95, S. 243) Wobei er u.a. folgende These aufstellt: "Im Hinblick auf den Ausbruch eines Konflikts gibt es mehr oder weniger frühzeitig einsetzende Maßnahmen zu seiner Verhütung. Je "weicher" die Organisation, desto frühzeitiger wird sie sich engagieren." (ebenda) Solche Organisationen bilden sich im Spiel, und viele Spieldurchgänge bestätigen Eiffs These. Präventive Diplomatie in diesem Sinn ist nach den Erfahrungen mit Schülerinnen und Schülern von großer Bedeutung. Information und Kommunikation, neue Ideen für Lösungen entwickeln, überraschende Koalitionen und Zusammenschlüsse bilden, Überredung und Ausübung von kollektivem Druck, weit unterhalb der Schwelle auch nur eines angedrohten bewaffneten Konflikts - der allerdings möglich ist, da militärische Machtmittel vorhanden sind - machen das Spielgeschehen aus. Hier probieren die Jugendlichen viele Möglichkeiten.

Zum Abschluß dennoch ein Hinweis auf mögliche bewaffnete Konflikte im Spiel. Dazu Dieter S. Lutz: "Schon immer haben die Staaten des reichen Nordens für sich in Anspruch genommen, die nationalen strategischen Interessen (z.B. die Versorgung mit Erdöl) auch außerhalb des eigenen Territoriums wahren zu dürfen (vgl. z.B. die Doktrin des US-Präsidenten Carter von 1980). Selbst der Verteidigungsminister des bislang zurückhaltenden Deutschlands spricht nach der Vereinigung vom "vitalen Sicherheitsinteresse" und "weltweiter Interessenbehauptung". Er meint damit u.a. auch die "Aufrechterhaltung des freien Welthandels und des ungehinderten Zugangs zu Märkten und Rohstoffen in aller Welt". (Der Bundesminister der Verteidigung, Verteidigungspolitische Richtlinien, Bonn, 26. November 1992, S. 4f.) Was, wenn die überbevölkerten Staaten der "Armen Welt" künftig ähnliche Kategorien der strategischen Interessenbehauptung denken und handeln und auch die entsprechenden Machtmittel zur "Erpressung" besitzen? Warum sollte Bangladesh, eines der volkreichsten und zugleich ärmsten Länder der Welt, bedroht durch den Anstieg des Meeresspiegels infolge der Treibhausemissionen des Nordens, die Interessen seiner hungernden Menschen nicht künftig mit chemischen, biotechnologischen oder einer der anderen neuen exotischen Waffen durchzusetzen versuchen?" (Lutz 95, S. 38) Sowohl der Bevölkerungsanstieg als auch globale ökologische Probleme, die nur global gelöst werden können, sind in POL&IS dargestellt. Die Konfliktlinie liegt im Spiel eindeutig zwischen Nord und Süd. Hier ergeben sich aus der an der Wirklichkeit orientierten Spielkonstruktion die Probleme. [/S. 112:]

Zusammenfassung: POL&IS im Unterricht der Jahrgangsstufe 10

Der hier gemachte Versuch die Anfangsthese im Lichte von Erfahrungen, Richtlinien und fachwissenschaftlichen Problemfeldern zu belegen, kann nur dann erfolgreich genannt werden, wenn er einige Kolleginnen und Kollegen motiviert, das Spiel in der Jahrgangsstufe 10 auszuprobieren. Der große technische Aufwand lohnt sich. Dabei ist aus der Darstellung des Spiels ersichtlich, daß man es nicht in den normalen Unterrichtsstunden spielen kann. Als sehr günstig und empfehlenswert hat sich herausgestellt, das Spiel z.B. an einem Freitagnachmittag und dem anschließenden Samstag durchzuführen und einige Politikstunden (Randstunden) ausfallen zu lassen. Die Jugendlichen planen das Kaffeekochen, Plätzchen werden besorgt und z.T. wird ein gemeinsames Mittagessen organisiert. Politikunterricht wird zu einem Erlebnis. Ein Aspekt, der gerade auch bei unserem Fach für diese Jahrgangsstufe nicht zu unterschätzen sein sollte. Außerdem bleiben dadurch viele Einzelheiten den Schülerinnen und Schülern lange präsent, so daß man immer wieder im Unterricht darauf zurückkommen kann, auch wenn sie nicht dokumentiert sind. Die Erfahrungen des Spiels befähigen viele Schülerinnen und Schüler, einen globalen Standpunkt einzunehmen, jenseits von aufgeregtem Pressegeschrei die wirklich wichtigen Weltprobleme zu erkennen und ohne die Sonderrollen- und Normalitätsdiskussion in der Bundesrepublik Deutschland deren Möglichkeiten innerhalb einer multipolaren Welt zu erkennen und einzuschätzen.

In Nordrhein-Westfalen kann das Spiel PO&IS bei den Fortbildungsdezernaten der Bezirksregierungen ausgeliehen werden. Auch hilft das Landesinstitut für Schule und Weiterbildung in Soest (insbesondere das Referat II.6) gerne weiter.

Allerdings muß in diesem Zusammenhang noch einmal darauf hingewiesen werden, daß das Spiel nur dann im Unterricht eingesetzt werden kann, wenn man es vorher selbst schon einmal gespielt hat. Hier muß eine entsprechende Lehrerfortbildung eingefordert werden.

Außerhalb Nordrhein-Westfalens kann man POL&IS nur mit Hilfe der Bundeswehr in der Schule durchführen. Beteiligt sich die Lehrerin bzw. der Lehrer aktiv an der Spielleitung, so kann auch dort das Spiel im oben skizzierten Sinn eingesetzt werden. [/S. 113:]

Literatur

Eiff, Hansjörg: Präventive Diplomatie, in: Vierteljahresschrift für Sicherheit und Frieden 4/95, S. 243 -244.
Götz, Roland: Das russische Wirtschaftspotential als Basis seiner Außenpolitik, in: Außenpolitik 2/96, S. 136 - 145.
Hessisches Kultusministerium: Rahmenplan Sozialkunde Sekundarstufe I, Frankfurt/Main 1995.
Kultusminister des Landes Nordrhein-Westfalen: Richtlinien für den Politikunterricht (3. Auflage), Düsseldorf 1987.
Lutz, Dieter S.: Wird der "Krieg der Armen gegen die Reichen" denkbar? Überlegungen zum Zusammenhang von Klimaveränderung, Migration, Krieg und Erpressung, in: Vierteljahresschrift für Sicherheit und Frieden 1/95, S. 36 -39.
Mannigel, Ilona: Die Welt zwischen Krieg und Frieden. Zur Planung, Durchführung und Auswertung einer Unterrichtsreihe unter besonderer Berücksichtigung eines Simulationsspieles. Unveröffentlichte Seminararbeit, Wriezen 1993.
Ministerium für Bildung, Jugend und Sport Land Brandenburg: Vorläufiger Rahmenplan Politische Bildung Sekundarstufe I, Potsdam 1991.
Sangmeister, Hartmut: Perspektiven der wirtschaftlichen Entwicklung Lateinamerikas, in: Außenpolitik 2/96, S.186 - 196.
Schilling, Walter: Die Abschaffung der Kernwaffen - eine realistische Perspektive?, in: Außenpolitik 2/96, S.156 - 164.
Varwick, Johannes: Vom Hoffnungsträger zur überforderten Weltpolizei - Die UNO zwischen neuen Aufgaben und alten Möglichkeiten, in: Politische Bildung 4/95, S. 56 -70.
Voigt, Karsten: Das deutsche Interesse am Multilateralismus, in: Außenpolitik 2/96, S. 107 - 116.


Das Original ist unter dem gleichen Titel erschienen in der Zeitschrift der DVPB NW: Politisches Lernen 18. Jg. (1996) H. 2-3, S. 101-113.
(c) 2001 Ulrich Gottschalck
Um den Text zitierfähig zu machen, sind die Seitenwechsel des Originals in eckigen Klammern angegeben, z. B. [/S. 53:].
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