Fallstudie zur Unternehmensentwicklungsplanung: Wie geht es weiter in der Firma Bekmann?

Bernd O. Weitz unter Mitarbeit von Helmut Stein

Inhalt

1. Ziele der Arbeit mit der Fallstudie
2. Fallschilderung
3. Arbeitsaufträge

 

1. Ziele der Arbeit mit der Fallstudie

Im Rahmen der Fallstudie sollen die Schüler

  • die wirtschaftliche Entwicklung eines Unternehmens nachvollziehen und die Ursachen für positive und negative Entwicklungen analysieren,
  • Planungen für die Entwicklung eines Unternehmens nachvollziehen und hinsichtlich der möglichen Auswirkungen, Chancen und Risiken beurteilen,
  • auf Basis vorliegender Informationen eine eigenständige Planungsskizze für die Entwicklung der Firma Bekmann erstellen,
  • die besondere Bedeutung fundiert und aktuell qualifizierter Mitarbeiter und Auszubildender für Unternehmen aus der Unternehmensentwicklung Bekmann ableiten.

2. Fallschilderung

Das Elektro-, Küchen- und Sanitätsinstallationsunternehmen Bernhard Bekmann GmbH besteht seit 1951 in einer nordrhein-westfälischen Kleinstadt (ca. 20.000 Einwohner) im wirtschaftsstrukturarmen Sauerland.

In den Anfängen führte das Unternehmen hauptsächlich Reparaturen im Bad- und Küchenbereich sowie Elektroarbeiten von Privathaushalten durch. Gleichzeitig wurden aber auch Kühlgeräte, Elektro- und Gasherde sowie Waschmaschinen und Sanitätsausstattungen in begrenztem Umfang verkauft und bei den Kunden installiert.

Bernhard Bekmann, der Unternehmensgründer, hat diese Aufgabe bis 1960 gemeinsam mit einem Gesellen bewältigt. Seine Ehefrau erledigte die im Betrieb anfallenden kaufmännischen Arbeiten. Hierzu zählt bis heute, daß sie die Ein- und Ausgänge überwacht bzw. veranlaßt. Dies bedeutet u.a., die Rechnungen an die Lieferanten zu zahlen, Kundenrechnungen zu erstellen, Mahnungen zu schreiben, Versicherungen, Steuern und Abgaben abzuführen, Preise zu kalkulieren und die Buchhaltung des Unternehmens zu führen. Frau Bekmann betreute auch den Verkaufsraum. Das Unternehmen hat sich vor allem durch "Mund-zu-Mund-Werbung" einen festen Kundenstamm geschaffen und genießt den Ruf, solide, wenn auch nicht ganz billige Arbeit abzuliefern.

Ab 1960 entwickelte sich in der Kleinstadt ein wahrer Bauboom und eine Vielzahl von Aufträgen für Elektro- und Installationsarbeiten ging an die Firma Bekmann. Gleichzeitig stieg auch die Nachfrage nach neuen Elektro- und Sanitärgeräten für Küche oder Bad und WC sprunghaft an. In der Region schlug sich die allgemeine günstige Wirtschaftsentwicklung der Bundesrepublik Deutschland in Vollbeschäftigung und einer daraus resultierenden recht hohen Kaufkraft der Bevölkerung nieder.

Herr Bekmann stellte ab 1961 in kurzer Folge insgesamt 20 Mitarbeiter ein. Zwei entlasteten Frau Bekmann von dem zunehmenden Arbeitsanfall im Bürobereich. Zwei allerdings branchenfremde Kräfte wurden für das Ladengeschäft eingestellt. Die übrigen neuen Mitarbeiter waren für Installationen und Reparaturen im Außenbereich zuständig. Darüber hinaus hatte das Unternehmen vier Auszubildende eingestellt. Herr Bekmann gab zu, daß er dies hauptsächlich wegen der dadurch verfügbaren "billigen Arbeitskraft" getan habe.

Insbesondere die neuen Kundendienstfahrzeuge, neuen Geräte und Werkzeuge für Reparatur und Installation, das vergrößerte Lager sowie die erweiterten [/S. 63:] Büro- und Werkstatträume erforderten von der Firma Bekmann erhebliche Investitionen und die Aufnahme von recht hohen Krediten. Allerdings konnten die Belastungen durch die gute Auftragslage bald abgetragen werden.

Die wirtschaftliche Rezession Ende der 60-er Jahre traf das Unternehmen dann hart. Der Bauboom verebbte, so daß die Aufträge aus diesem Bereich weitgehend stagnierten. Die allgemeine wirtschaftliche Flaute hatte in der Region eine überproportional hohe Arbeitslosigkeit zur Folge, was sich ebenfalls negativ auf die Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen der Firma Bekmann auswirkte. Hinzu kam schließlich, daß ein neu eröffneter Großmarkt neben anderen Produkten auch Heimwerkergeräte und Installationen für Küche und Bad zu sehr günstigen Preisen anbot.

Dies alles trug dazu bei, daß nach und nach bis auf eine Bürokraft für die Buchhaltung, eine Mitarbeiterin im Verkauf und vier Mitarbeiter im Elektro- und Installationsbereich alle neuen Mitarbeiter wieder entlassen werden mußten. Die Auszubildenden wurden nach Ausbildungsende nicht übernommen und neue nicht mehr eingestellt. Bernhard Bekmann war jedoch zuversichtlich, daß der Stammkundenbestand des Unternehmens dieses auch weiterhin gut erhalten werde. Die Bekmanns mußten jedoch in den folgenden Jahren feststellen, daß der Kundenstamm sich stetig weiter verringerte. Neue Kunden kamen kaum noch hinzu, so daß das Unternehmen heute in einer stets sehr angespannten Lage ist. Bernhard Bekmann will dieser Entwicklung gegenwärtig mit weiteren Entlassungen begegnen.

Seit 1985 ist auch der Sohn Franz im Unternehmen tätig. Er hat 1990 seine Meisterprüfung im Elektro- und Sanitätsinstallationsbereich abgelegt und drängt seinen Vater zu Veränderungen in der Unternehmensgestaltung. Zum wiederholten Mal versucht er, seinen Vater zu folgendem Plan zu gewinnen: Franz Bekmann geht davon aus, daß das Unternehmen nicht mehr zeitgemäß arbeitet. Nach seiner Einschätzung können neue Kunden nur gewonnen werden, wenn das Unternehmen stets den neuesten technische Standard und Service bieten kann. Insbesondere der Service ist nach Franz Bekmann das zentrale Argument, denn bei den Gerätepreisen könne man seiner Auffassung nach kaum mit den Baumärkten konkurrieren, weil diese in viel höheren Stückzahlen einkaufen und deshalb günstigere Konditionen von Produzenten und Großhändlern erhalten.

Vor allem im Bereich der Badeinstallationen sieht er einen Markt für das Unternehmen, auf dem es von dem Heimwerkermarkt nicht bedroht werden kann. Immer mehr geht der Trend nach seiner Beobachtung zu teueren und komplizierten Badinstallationen, insbesondere zum Wirlpool. Solche Installationen können von den Kunden kaum mehr selbst vorgenommen werden. Auch im Küchenbereich sieht er einen vergleichbaren Trend. Moderne Küchen weisen heute eine häufig komplizierte Technik auf, was die Aufstellung der Küchen durch Laien fast unmöglich macht. Vielfach haben die Kunden nach Aussage von Franz Bekmann bereits schlechte Erfahrungen mit dem Versuch, Bade- und Kücheninstallationen selbst vorzunehmen, gemacht. Diese Kunden sind deshalb seiner Meinung nach eher bereit, die höheren "Preise des Handwerks" für Geräte und Installation zu zahlen. Sie sollen komplette Küchen und Bäder bei Bekmann kaufen und hierbei eine umfassende Beratung und Planungshilfe, den Einbau und eine langfristige Servicegarantie bekommen. Darauf gilt es nach Franz Bekmann, in wiederholten aufwendigen Werbeaktionen besonders hinzuweisen.

Schließlich weist Franz darauf hin, daß die Stadt größere Gebiete als Bauerwartungsland und als erschlossenes Baugebiet ausgewiesen hat. Insgesamt wird [/S. 64:] angestrebt, daß von 1996-2002 in der Stadt etwa 800 neue Wohnungen geschaffen werden sollen.

  • Franz Bekmann fordert seinen Vater auf, umgehend folgende Maßnahmen in Angriff zu nehmen:
  • Zunächst sollen sechs neue Mitarbeiter eingestellt werden, die über umfassende Kenntnisse und Praxis in der aktuellen Küchen- und Sanitärtechnik verfügen.
  • Zweitens sollen die bisherigen Mitarbeiter auf Kosten des Unternehmens geschult und auf die zukünftigen Aufgaben vorbereitet werden.
  • Drittens gelte es, sofort drei gewerbliche und einen kaufmännische Auszubildenden einzustellen.
  • Viertens hält Franz Bekmann den Ausbau und die Modernisierung des Ladengeschäftes zu einer größeren Ausstellungsfläche, auf der Bäder und Küchen präsentiert werden können, für dringend erforderlich. Die dafür benötigten Mittel (etwa 40.000,- DM) sollen durch Kreditaufnahme bei den Banken, mit denen das Unternehmen arbeitet, beschafft werden.
  • Franz schließlich rät dazu, zwei Verkaufskräfte zu engagieren, die in diesem Bereich bereits erfolgreich tätig waren und ab sofort intensive Werbemaßnahmen planen. Die bisherigen Verkaufsmitarbeiter möchte er entlassen. Die Mutter soll sich wieder ausschließlich auf die Büroarbeit konzentrieren.

3. Arbeitsaufträge

  1. Diskutieren Sie die Unternehmensentwicklungspläne von Bernhard und Franz Bekmann und beurteilen Sie Chancen und Risiken!

    (Holen Sie hier auch Einschätzungen von Experten, wie z.B. von Sachkundigen der Industrie- und Handelskammer oder von Verantwortlichen aus Unternehmen der gleichen Branche ein.)

  2. Welche Gründe können Franz Bekmann dazu bewogen haben, zu fordern, möglichst rasch wieder Auszubildende einzustellen?
  3. Entwickeln Sie einen eigenständigen Entwicklungsplan für die Firma Bekmann. Gehen Sie dabei davon aus, daß Bernhard Bekmann seinem Sohn freie Hand läßt.

Das Original ist unter dem gleichen Titel erschienen in: Weitz, Bernd O. (1996): Fallstudienarbeit in der beruflichen Bildung. (Sonderheft Wirtschaft und Gesellschaft im Beruf). Bad Homburg vor der Höhe: Gehlen, S. 62-64.
(c) 2001 Bernd O. Weitz, Halle/Saale; (c) 2002 sowi-online, Bielefeld
Um den Text zitierfähig zu machen, sind die Seitenwechsel des Originals in eckigen Klammern angegeben, z. B. [/S. 53:].
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