Computergestützter Unterricht

Holger Meeh

Inhalt

1. Portrait der Methode
2. Herkunft und Entwicklung
3. Typische Anwendungsfelder
4. Literatur
  4.1 online-Literatur
Links ins Netz

 

1. Kurzportrait "Computergestützter Unterricht"

Computergestützter Unterricht ist ein Sammelbegriff für die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten moderner Hard- und Software in der politischen Bildung. Die verschiedenen Konzepte haben den gemeinsamen Anspruch, dass sie Lehr- und Lernprozesse mit Hilfe von Computeranwendungen unterstützen möchten. Diese Anwendungen sollen gezielt Lernprozesse auslösen, den Lernerfolg erhöhen oder schwer darstellbare Sachverhalte veranschaulichen. Mit Hilfe des computergestützten Unterrichts eröffnen sich der politischen Bildung methodische Möglichkeiten, die bisher nicht oder nur mit deutlich größerem Aufwand zu realisieren waren.

2. Herkunft und Entwicklung

Bis Anfang der achtziger Jahre wurden große Erwartungen in computerbasierte Lernsysteme gesetzt, die sich allerdings nicht erfüllten. Gründe für diese enttäuschten Hoffnungen waren zu leistungsschwache Hardware, hohe Kosten bei der Softwareentwicklung und mangelnde Benutzerfreundlichkeit der entwickelten Systeme. Vor allem aber scheiterten diese Entwicklungen an der mangelnden Reflexion über eine für das Medium geeignete Lerntheorie. In den achtziger Jahren setzte dann der Wandel des Computers vom "Rechenknecht" zu einem universellen Werkzeug ein, mit dessen Hilfe man Texte verfassen, Datenbanken erstellen und Berechnungen durchführen konnte. Diese Fähigkeiten machten den Computer auch für die politische Bildung interessanter, ohne jedoch sonderlich großen Einfluß zu entfalten. Über den Werkzeugaspekt hinaus gab es in dieser Zeit nur einige wenige Versuche, Computerprogramme speziell für die politische Bildung zu entwickeln. Ein Beispiel hierfür ist computergestützte Planspiel "Kommstedt". Mit der zunehmenden Verfügbarkeit leistungsfähiger und verhältnismäßig preiswerter Hardware wandelte sich der Computer in den neunziger Jahren immer stärker zu einer Multimedia-Maschine, die der (politischen) Bildung im Hinblick auf erweiterte Präsentationsmöglichkeiten sowie selbstgesteuertem Lernen neue Anwendungsfelder eröffnet. Verstärkt wird dieser Trend zudem noch durch die Wandlung des Computers zu einem globalen Kommunikationsmedium, die im Zuge der Expansion des Internets und seinen vielfältigen Anwendungen einsetzte. Die Entwicklung geeigneter Lern- und Unterrichtssoftware hat mit der Hardwareentwicklung bisher nicht mitgehalten. So ist das Angebot an entsprechenden Programmen für den Bereich der politischen Bildung sowohl quantitativ als auch qualitativ bei weitem noch nicht ausreichend. Ob sich dieser bedauerliche Umstand in absehbarer Zeit ändern wird bleibt abzuwarten. Positiver stellt sich die Situation für den Bereich des Internets dar, wo bereits eine Vielzahl hochwertiger - und teilweise didaktisch aufbereiteter - Informationsangebote vorhanden ist.

3. Typische Anwendungsfelder

3.1 Arbeitswerkzeug

Grundsätzlich lassen sich Methoden des computergestützten Unterrichts problemlos mit klassischen Makromethoden kombinieren. Computer spielen dann primär die Rolle eines Arbeitswerkzeuges, das bspw. zum Erstellen einer Zeitung mit Hilfe einer Textverarbeitung, oder als "Rechenknecht" beim Erstellen einer Wahlumfrage mit Unterstützung des Umfrageprogramms "Grafstat" verwendet wird. Besondere Stärken entfalten computergestützte Methoden im Bereich des individualisierten Lernens und der schulübergreifenden kooperativen Projektarbeit, wenn hierfür adäquate Hard- und Software zur Verfügung steht.

3.2 Üben und Trainieren

Übungs- und Trainingsprogramme eignen sich fast ausschließlich zur Faktenvermittlung. Die Software stellt Fragen, die vom Lernenden beantwortet werden müssen. Am Ende einer Sequenz steht eine Auswertung in welcher der Lernende über seinen Lernfortschritt informiert wird. Faktenwissen kann so erworben werden, strukturelles Wissen, Fertigkeiten und Einstellungen sicherlich nicht. Von daher sollten diese Programme in einem fachdidaktisch reflektierten Politikunterricht nur sparsam eingesetzt werden. Allerdings gibt es durchaus Situationen, in denen interaktive Übungsprogramme sinnvoll eingesetzt werden können. Zu denken ist hier bspw. an das Erlernen institutionenkundlichen Basiswissens oder an die Vorbereitung einer Prüfung.

3.3 Visualisieren und präsentieren

Eine große Stärke des Computers liegt in seinen vielfältigen Visualisierungs- und Präsentationsmöglichkeiten. Mit Hilfe von Präsentationssoftware wie Microsoft PowerPoint oder Matchware Mediator lassen sich mühelos Schaubilder generieren und Arbeitsergebnisse präsentieren. Im Unterschied zu Overheadfolien oder den in Schulbüchern abgebildeten Schaubildern können diese in einer Computerpräsentation schrittweise aufgebaut, bei Bedarf ein- und ausgeblendet und mit weiteren multimedialen Komponenten kombiniert werden. Einen weitere Stärke dieser Methode liegt darin, dass Vorgänge (wie bspw. der Gang der Gesetzgebung), die mit den herkömmlichen Formen nur statisch darstellbar waren, nun als dynamische Prozesse dargestellt werden können. Die Möglichkeiten der "Inszenierung" sind also vielfältiger und eröffnen den Lehrenden völlig neue Möglichkeiten der Stoffaufbereitung. Lernenden können somit im günstigsten Fall komplexe politische Prozesse, Verfassungsschemata u.ä. deutlicher und verständlicher gemacht werden. Ein weiteres typisches Anwendungsfeld besteht darin, in einem handlungs- und produktionsorientierten Unterrichtsverfahren Lernende die Ergebnisse ihrer Arbeit in (multi-)medialer Form präsentieren zu lassen. Allerdings muss hier von seiten der Lehrenden immer darauf geachtet werden, daß Fragen der medialen Präsentation bei den Lernenden nicht die Oberhand über die inhaltliche Auseinandersetzung mit dem gestellten Thema gewinnen.

3.4 Informieren

Für die politische Bildung stellt das World Wide Web eine schier unerschöpfliche Fundgrube für Informationen unterschiedlichster Art dar. Das Internet hat in den letzten Jahren eine immense Bedeutung gewonnen, so dass politische Institutionen und Organisationen, politische Parteien und viele Politiker mit einem eigenen Informationsangebot im Netz präsent sind. Hinzu kommen noch zahlreiche Angebote von Rundfunkanstalten und Tageszeitungen, die teilweise sogar ihre Archive im Netz zugänglich machen. Zu den Möglichkeiten des Internets gesellen sich noch zahlreiche Informationsangebote auf CD-ROM und verstärkt auch auf DVD. CD-ROM und Internet sollten immer dann zum Einsatz im Unterricht kommen, wenn es darum geht aktuelle Informationen zu einem Thema zu recherchieren und in möglichst kurzer Zeit eine Vielzahl unterschiedlicher Sichtweisen, Standpunkten und Meinungen zusammenzutragen. Diese Informationsbeschaffung kann Teil der Vorbereitung von Unterricht sein. Aufwändiger aber auch ertragreicher ist es, Lernende selbständig nach Informationen recherchieren zu lassen, denn schließlich ist diese methodische Vorgehensweise als Form des entdeckenden Lernens motivierend und fördert selbständiges Lernen. Allerdings bedarf es hier einer intensiven Vorstrukturierung, um nicht in die berüchtigte "Lost-in-hyperspace-Falle" zu tappen. Ein mögliche methodische Vorgehensweise zur Vermeidung dieser "Falle" ist das sogenannte WebQuest-Verfahren.

3.5 Kommunizieren und Kooperieren

Der PC wird immer mehr zum Kommunikationsmedium. Elektronische Foren, E-Mail und Chat können Klassenzimmer nach außen öffnen. Der Computer als Kommunikationsmedium findet dann Anwendung, wenn es darum geht mit Personen und Institutionen außerhalb der Schule in Kontakt zu treten. Verfahren wie die Expertenbefragung werden so wesentlich erleichtert und sogar erst ermöglicht. Hierzu gehören auch die virtuellen Konferenzen mit Politikern, wie sie bspw. der Deutsche Bundestag regelmäßig anbietet. Des weiteren kann das Kommunikationsmedium Computer auch Formen schulübergreifender Projektarbeit unterstützen und erleichtern.

3.6 Simulieren

Im Alltagsbewusstsein Lernender wird die Komplexität politischer Prozesse stark unterschätzt. Eine reizvolle Aufgabe politischer Bildung ist es deshalb, Lernenden politische Macht "virtuell" in die Hände zu geben und ihnen die Auswirkungen ihrer (fiktiven) politischen Entscheidungen vor Augen zu führen. Simulationsprogramme können hier wertvolle Dienste leisten, neue inhaltliche und methodische Wege aufzeigen und Lernchancen erweitern. Schulgerechte Simulationsprogramme sind nur vereinzelt vorhanden. Ein gelungenes Beispiel für die politische Bildung ist Ecopolicy. In diesem Programm soll das Land "Kybernetien" über 10 Runden so regiert werden, dass acht gesellschaftliche Bereiche in ein Gleichgewicht gebracht werden, wobei nur vier Bereiche direkt steuerbar sind. Für diese Aufgabe stehen den Spielern "Aktionspunkte" zur Verfügung, mit denen Veränderungen bewirkt werden können. Die Spieler müssen entscheiden, welche Bereiche Punkte in einer Runde erhalten sollen. Das Computerprogramm berechnet sodann die Wirkungen dieser Entscheidungen und teilt das Ergebnis, einschließlich der für die nächste Runde zur Verfügung stehenden Aktionspunkte, den Spielern mit. "Regieren" die Spieler gut, dann prosperiert Kybernetien, treffen sie schlechte Entscheidungen, droht ein schnell Volksaufstand. Ecopolicy erlaubt im Gegensatz zu den meisten anderen Simulationen die Einsicht in die grundlegenden Modellannahmen des Programms, die sogar verändert werden können.

4. Literatur

Moser, Heinz (2000): Abenteuer Internet. Lernen mit WebQuests. Zürich: Verlag Pestalozzianum

Sander, Wolfgang (Münster) (Hg., 2001): Forschen mit GRAFSTAT-WIN. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung. CD-ROM.

Viechtbauer, Hans-Peter (1996), Der Computer in der politischen Bildung. Konzeptionen - Unterrichtspraxis, Schwalbach: Wochenschau-Verlag.

Wadel, Reiner (1999): Computereinsatz. In: Mickel, Wolfgang (Hrsg.), Handbuch zur politischen Bildung. Schwalbach: Wochenschau-Verlag. S. 465-470.

Weißeno, Georg (Hrsg., 2002): Politikunterricht im Informationszeitalter. Medien und neue Lernumgebungen. Schwalbach: Wochenschau-Verlag.

4.1 online-Literatur

Hedtke, Reinhold (1999): Fahr'n, fahr'n, fahr'n auf der Datenautobahn? Kleine Didaktik der Internetnutzung für sozialwissenschaftliches Lernen. In: Gegenwartskunde 48 (1999) H. 4, 499-507. (Leske+Budrich)

Links ins Netz

sowi-online Originalbeitrag

(c) 2001 Holger Meeh, Heidelberg; (c) 2002 sowi-online e. V., Bielefeld

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Copyright-Inhabers unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen, auch im Internet.