Bernd Krings
Inhalt
1. Wohin soll die Reise gehen?
2. … und so läuft die Sache
3. Eine kurze Wertung
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Abbildungen:
Abb. 1: Zeitplan und Struktur eines Projekts
22. August 2002, dreißig Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 12 des Thomas-Morus-Gymnasiums Daun (TMG) starten in die erste Phase des Wirtschaftsprojektes. Sie werden in der nächsten Zeit Bilanzen lesen, Geschäftsberichte studieren, Märkte untersuchen, Kennzahlen und Szenarien berechnen und die Ergebnisse ihrer Arbeit mittels Software präsentieren. Dabei werden sie im Team arbeiten und ihre Ergebnisse pünktlich abliefern müssen.
Das Projekt läuft schon zum fünften Mal am TMG und wurde von der Schule in Zusammenarbeit mit The Boston Consulting Group (BCG), einer der weltweit größten Unternehmensberatungen, entwickelt. 1999 wurde auf Initiative von BCG der Verein business@school gegründet, dessen Geschäftsstelle die organisatorische Unterstützung der Projektteams an den Schulen übernimmt, die Projektpartner von BCG vermittelt, Weiterbildungen anbietet und das Projekt weiterentwickelt. Im Schuljahr 2002/2003 nehmen bereits fünfzig Schulen aus dem deutschsprachigen Raum am Projekt teil. (Präsentationsbeispiele, Bewerbungsunterlagen und vieles mehr findet man im Internet unter http://www.business-at-school.de. )
1. Wohin soll die Reise gehen?
Fünf Grobziele sollten im Projekt erreicht werden:
- Es sollen Inhalte zum Thema Wirtschaft erarbeitet werden.
- Die Schüler sollen durch die Arbeitsweise (das Projekt als Abbild der Wirklichkeit) Anforderungen der Berufswelt und Schlüsselqualifikationen, wie Teamfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit, Präsentationsfähigkeit erfahren und trainieren.
- Sowohl die Informationsbeschaffung und deren weitere Verarbeitung als auch die Präsentation der Ergebnisse sollen mit den Mitteln moderner Informationstechnologie realisiert werden.
- Die Schüler sollen durch die Arbeit im Projekt eine Hilfestellung zur persönlichen Entscheidungsfindung bezüglich ihres weiteren Ausbildungs- und Berufsweges erhalten.
- Vor allem aber sollen die Schüler auch Spaß an der Sache "Wirtschaft" bekommen.
2. … und so läuft die Sache
Die Schüler arbeiteten in Teams zu je fünf bis sechs Schülerinnen und Schülern zusammen mit einer Lehrerin oder einem Lehrer. Die Vorkenntnisse in Sachen Internet- und Computernutzung sind unterschiedlich, betriebswirtschaftliche Vorkenntnisse waren anfangs bei den Lehrerinnen und Lehrern nur rudimentär vorhanden. (Inzwischen hat sich vor Ort doch ein ziemlicher Wissenspool gebildet.)
Betreut werden die einzelnen Teams von BCG-Beratern. An der Schule koordiniert ein Projektleiter (Lehrerin/Lehrer) die Arbeit, beseitigt notfalls organisatorische Probleme, ist für die Projektweiterentwicklung verantwortlich und bildet die Schnittstelle zur schulischen und außerschulischen Öffentlichkeit.
Das Projekt gliederte sich in drei Phasen (siehe auch Schaubild 1):
Phase I Wirtschaft in Groß oder "Wie funktioniert eigentlich ein Konzern?"
Phase II Wirtschaft in Klein oder "Wie funktioniert eigentlich der Mittelstand vor Ort?"
Phase III Der eigene Geschäftsplan
- Abb. 1 Zeitplan und Struktur eines Projekts
- Material in Originalgröße ansehen
Alle drei Phasen starten mit einer Kickoff-Veranstaltung, bei der Ziele, Beispiele und Organisatorisches den Schülern vom Projektleiter bekannt gegeben werden und enden mit einer Präsentation der Gruppenergebnisse, die mit einer Präsentationssoftware erstellt wurden und als Bildschirmpräsentation mittels Datenbeamer ablaufen. Diese Präsentationen finden vor Beratern von BCG statt. Jedes Teammitglied muss präsentieren. Im Anschluss an die Präsentation erhalten die Teams eine qualifizierte Bewertung ihrer Arbeit. (Präsentationsbeispiele findet man auf der Homepage des Vereins business@school unter http://www.business-at-school.de oder unter www.wirtschaftsprojekt.de.)
Den Schülern stehen fünf Rechner samt Software und Internetanschluss in einem eigenen Arbeitsraum zur Verfügung, den sie nach Einweisung auch in ihren Freistunden nutzen können. Die Kontakte zu Beratern und Firmen verlaufen weitgehend per e-mail.
Inzwischen nutzen einige Teams die Internetplattform Lehrer-Online (lo-net.de) zur Kommunikation und zum Datenaustausch während der Projektarbeit. So kann jeder auch zu Hause arbeiten, und dennoch sind alle stets auf dem laufenden.
Phase I: Wirtschaft in Groß oder "Wie funktioniert eigentlich ein Konzern?"
Jede Gruppe entscheidet sich für ein Großunternehmen, erstellt einen Zeitplan und eine Aufgabenverteilung und beginnt arbeitsteilig mit der Informationsbeschaffung via Internetdatenbanken, über den Internetauftritt der Firma, Wirtschaftszeitschriften etc.. Gleichzeitig erhalten die Schülerinnen und Schüler eine Einführung in eine Präsentationssoftware, lernen, wie man aussagekräftige Folien erstellt und was zu einer guten Präsentation gehört.
Phase II: Wirtschaft in Klein oder "Wie funktioniert eigentlich ein der Mittelstand vor Ort?"
In Phase II suchen sich die einzelnen Gruppen jeweils ein mittelständisches Unternehmen vor Ort.
Die Informationsbeschaffung stellt in dieser Phase neue Anforderungen an die Schüler. Interviews, persönliche Kontakte und Betriebserkundungen sind, neben Branchenberichten und Daten der IHK, die Informationsquellen.
Bei der Abschlusspräsentation etwa Ende Februar des jeweiligen Jahres sind dann auch die Inhaber der untersuchten Firmen anwesend und zeigten sich bisher von den Schülerleistungen sehr beeindruckt.
Phase III: Der eigene Geschäftsplan
Hierbei handelt es sich sicherlich um den schwierigsten Teil des Projektes. Muss doch vor dem Hintergrund der in Phase I und II gewonnenen betriebswirtschaftlichen Kenntnisse eine eigene Geschäftsidee entwickelt und in einen Geschäftsplan umgesetzt werden. Ist die Idee erst geboren, gilt es, den Markt abzuschätzen, eventuelle Wettbewerber unter die Lupe zu nehmen, den Kapitalbedarf zu ermitteln, Kosten abzuschätzen und Szenarien für den besten und schlechtesten Fall durchzurechnen.
Am Anfang dieser Phase erhalten die Schülerinnen und Schüler eine Einführung in eine Tabellenkalkulation, bei der auch beispielhaft eine Businessplan vorgestellt wird. Im Anschluss an die Präsentation werden die Geschäftsideen von Jury, bestehend aus Beratern von BCG, dem Schulleiter und Vertretern der heimischen Wirtschaft nach den Kriterien Originalität der Idee, Qualität des Geschäftsplans, Realisierbarkeit und Güte der Präsentation prämiert. Das beste Team vertritt die Schule dann auf dem Regionalentscheid.
3. Eine kurze Wertung
Der projektorientierte Ansatz hat sich als ausgesprochen tragend für das Erreichen der gesetzten Ziele erwiesen. Zu einem festen Termin einer durch die Mitarbeiter von BCG hoch qualifizierten Öffentlichkeit ein Produkt vorstellen zu müssen, das Teamarbeit unumgänglich macht, wird durch den Schulalltag normalerweise nicht geleistet. Das Projekt stellt hohe Anforderungen an die Schüler und zeigt Breitenwirkung auch im "normalen" Unterricht. Gerade die knappen Zeitvorgaben bei der Präsentation werden von den Lehrerinnen und Lehrern als sehr positiv angesehen, zwingen sie doch zur fokussierten Darstellung, Trennung von Wesentlichem und Unwesentlichem und klarer Sprache.
Die gewonnenen Erfahrungen im Umgang mit modernen Kommunikations-, Präsentations- und Informationsmitteln sind gute Voraussetzungen für Studium und Beruf. Die Fähigkeit, sich in kurzer Zeit in eine völlig neue Materie einzuarbeiten, wird in jeder Projektphase trainiert. Viele Schülerinnen und Schüler haben Impulse für die Wahl ihres weiteren Ausbildungsganges erhalten.
Inwieweit es bisher gelungen ist, betriebswirtschaftliche Kenntnisse zu vermitteln, lässt sich nur schwer quantifizieren. Die Auseinandersetzung mit der Materie hat die Schülerinnen und Schüler auf jeden Fall dazu gebracht, sich selbst wichtige wirtschaftliche Grundbegriffe zu erschließen, Wirtschaft auch aus der Sicht des Unternehmens kennen zu lernen und betriebs- und volkswirtschaftliche Zusammenhänge besser zu verstehen, und Spaß hat es auch gemacht.
Die intensive Beschäftigung mit Betrieben vor Ort, die dabei notwendigen persönlichen Kontakte und die Ergebnispräsentation vor den Unternehmern in der Phase II haben das gegenseitige Verständnis von Gymnasium und Wirtschaft stark verbessert und die gegenseitige Anerkennung wachsen lassen.
Weitere Informationen findet man unter www.business-at-school.de. Informationen zur Benotung findet man in meinem Artikel "Business@school oder: Wie die Wirtschaft in die Schule kommt.", in Pädagogische Nachrichten Rheinland-Pfalz 2/2000, S.18 ff, Bad Kreuznach 2000
Zum Autor
Bernd Krings ist 50 Jahre alt und Studiendirektor am TMG mit den Fächern Mathematik, Erdkunde und Informatik. Von 1998/99 bis heute war er Projektleiter für business@school am TMG und hat das Projekt mit entwickelt. Seit 1999 ist er Mitglied des Beirates von business@school.
Dieser Text ist unter gleichem Titel in leicht abgeänderter Form erschienen in: Computer und Unterricht 13. Jg. 2003. (49), S. 26-28.
© 2003 Bernd Krings, © 2007 sowi-online e.V., Bielefeld
sowi-online dankt dem Friedrich Verlag, Seelze und dem Verfasser für die freundliche Genehmigung zur Zweitveröffentlichung des Textes im Internet.
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