Auswahl und Einsatz von Schulbüchern im Arbeits- und Wirtschaftslehreunterricht

Ursel Imhof

Inhalt

Verschiedene Funktionen von Schulbüchern im Arbeit/Wirtschaft-Unterricht
1. Strukturierungsfunktion
2. Repräsentationsfunktion
3. Steuerungsfunktion
4. Motivationsfunktion
5. Differenzierungsfunktion
6. Übungs- und Kontrollfunktion
Kriterien für die Auswahl von Schulbüchern im Arbeits- und Wirtschaftslehreunterricht
Anforderungen an ein AW-Buch als Informatorium
Anforderungen an ein AW-Buch als Didaktikum
Anforderungen an ein AW-Buch als Politikum
Quellen
Zur Autorin

Material:

Mat. 1: Katalog der didaktischen Kriterien zur Schulbuchanalyse


Kein Medium steuert den Unterricht so zentral wie Schulbücher. Deshalb ist die Auswahl von Schulbüchern nach angemessenen didaktischen Kriterien von besonderer Wichtigkeit. Dies gilt in besonderer Weise für den Wirtschaftslehreunterricht, weil hier der Anteil der ohne grundständige Ausbildung unterrichtenden Lehrkräfte höher ist als in den meisten anderen Schulfächern. Schulbücher übernehmen dann eine höhere Leitfunktion, da sich die Lehrkräfte nicht selten der Struktur des Schulbuches anpassen.

Spätestens mit der Einführung der Lernmittelfreiheit ergibt sich auch für Lehrkräfte, die AW unterrichten, die Frage, welches Schulbuch aus dem aktuellen Angebot für die Schule angeschafft werden soll. Die Auswahl ist davon abhängig, in welcher Weise und Umfang es im Arbeits- und Wirtschaftslehreunterricht Verwendung finden soll.
Schulbücher haben in der Unterrichtspraxis eine sehr unterschiedliche Bedeutung. Neben der Funktion als Vermittler von Inhalten, Methoden, Werten können sie als Arbeitsmittel oder Nachschlagewerk eingesetzt werden. Sie dienen wahlweise der Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung des Unterrichts. Je mehr eine Lehrkraft gezwungen ist, fachfremd zu unterrichten, d.h. ohne zureichende Ausbildung in einem Unterrichtsfach, um so mehr wird sie im Unterricht das Schulbuch als Leitmedium verwenden. Die meisten aktuellen AW-Bücher sind auf diese multifunktionalen Aufgaben ausgerichtet, so dass damit der Unterricht vom Lehrer mit den Schülern flexibel gestaltet werden kann.
Sie sind keine Lehrbücher mehr, die der Vermittlung abfragbaren Wissens dienen, sondern sind vorwiegend Lern- und Arbeitsbücher, die immer im Zusammenhang mit den spezifischen Unterrichtsverfahren der Wirtschafts- und Arbeitslehre stehen.

Verschiedene Funktionen von Schulbüchern im Arbeit/Wirtschaft-Unterricht

Lehren umfasst eine Reihe von Handlungen oder Tätigkeiten, die den Lernprozess in Gang setzen, begleiten, fördern, kontrollieren und dafür sorgen, dass Gelerntes behalten, übertragen und angewendet wird.
Solche Tätigkeiten sind vielfältig und von Lehrer zu Lehrer unterschiedlich. Texte und Bücher sind dabei Werkzeuge des Lehrens, die den Lehrer entlasten, ja z.T. ersetzen. Ein Schulbuch muss diesen Anforderungen an methodisches Handeln gerecht werden, wenn es bestimmte Lehrfunktionen übernehmen soll. Aufgabe der Lehrkraft ist es, dasjenige Schulbuch auszuwählen, das aufgrund seiner Möglichkeiten und seiner Struktur die von ihm intendierten Lehrfunktionen am besten zu verwirklichen hilft.
Schulze 1 hat 6 grundlegende Lehrfunktionen herausgearbeitet, die unter dem Aspekt der Delegation an ein Schulbuch besonders relevant sind.
Hacker 2 erläutert in seinem Aufsatz "Didaktische Funktionen des Mediums Schulbuch" diese einzelnen Funktionen näher. Sie waren Arbeitsgrundlage für folgende Ausführungen:

1. Strukturierungsfunktion

Die Strukturierung von Lernfeldern ist ein wichtiger Bereich der Unterrichtsplanung. Lehrkräfte müssen nicht nur ihre tägliche Unterrichtsvorbereitung leisten, sondern auch Langzeitplanungen durchführen, Jahres- und Wochenpläne erstellen.
Strukturierung in diesem Sinne bedeutet, die Gesamtheit von Lerninhalten eines Faches aufzuteilen und in ein sinnvolles Nacheinander zu bringen.
Strukturierung bedeutet aber auch, dass durch die Aufdeckung grundlegender Strukturen Interpretationsmuster zum Verstehen eines Faches geliefert werden. Das fundamentale Verständnis eines Faches spiegelt sich in der Curriculumentwicklung wider und fließt als Ergebnis in das Schulbuch ein.
Die Darstellung neuer fachlicher Strukturen im Schulbuch selbst bedürfen aber der Erläuterung, etwa in einem Einstiegskapitel oder einem Lehrerbegleitheft. Solche Strukturierungshilfen sind nötig, weil die unterrichtende Lehrkraft häufig zum Verständnis der inneren Zusammenhänge nicht die dafür erforderliche fachliche Kompetenz hat.

2. Repräsentationsfunktion

Wie Gegenstände und Sachverhalte im Unterricht vergegenwärtigt werden können, hängt von ihrer Beschaffenheit und Verfügbarkeit ab.
Realitätsnahe Repräsentation kann erfolgen, wenn das Schulbuch Abbildungen, Zeitungskommentare, Verträge, Parteiprogramme, aktuelle Wirtschaftsgrafiken enthält.
Diese Abbildung der Realität erscheint im Schulbuch sinnvoll, da es sich häufig um Materialien handelt, die für den Lehrer schwer zugänglich sind und sich anstelle der Realität gut für die Erarbeitung von Sachverhalten eigenen.
Sprachliche Repräsentation der Wirklichkeit geschieht durch Texte, die einen Sachverhalt beschreiben. Diese Texte werden selten für die Erarbeitung eingesetzt, sondern dienen eher der Festigung und Wiederholung.
Didaktische Repräsentation sind Text-Bild-Darstellungen von Problem- und Fallsituationen, die zum Handeln herausfordern, z.B. zu Diskussionen, Rollenspielen, Fallbearbeitung, Erkundungen, Expertenbefragung, Projekten. Einerseits bieten sich vielfältige Anregungen zur Unterrichtsgestaltung, andererseits darf nicht übersehen werden, dass sich Lehrkräfte bei häufigem Einsatz in die Gefahr einer gewissen Vereinseitigung und Uniformierung begeben, weil Text-Bild-Dar- [/S. 23:] stellungen zwar häufige, aber nicht die einzigen Repräsentationsformen sind.

3. Steuerungsfunktion

Wer Unterricht plant, erstellt einen bestimmten Verlauf mit mehr oder weniger offenen Einzelschritten. Darüber hinaus überlegt er sich für den tatsächlichen Verlauf verschiedene Steuerungsmöglichkeiten wie Impulse, Fragen, Aufforderungen, Arbeitsanweisungen. Es widerspräche der Kommunikationsstruktur von Unterricht, wenn steuernde Impulse aus einem Text bzw. einem Aufgaben- oder Fragenkatalog übernommen werden müssten. Wenige Lehrer würden sich so weit "entmündigen" lassen, sondern derartige Schulbuchbeiträge höchstens als Anregungen für ihren Unterricht ansehen, nicht aber das Buch im Unterricht einsetzen. Abgeschlossene Lernsequenzen eignen sich deshalb nur für Stillarbeit oder Hausaufgaben. Zur Bereicherung des mündlichen Unterrichts sind sie kaum geeignet.

4. Motivationsfunktion

Schulbücher bemühen sich, Gegenstände und Sachverhalte so darzustellen, dass Schüler zum Lernen motiviert werden. Die Motivation zum Einsatz eines Schulbuches ist umso größer, je stärker es als Arbeitsbuch konzipiert ist und je stärker die Repräsentationsformen so gewählt sind, dass Lernanreize geweckt werden durch

  • Impulse für Problemlösungen,
  • Provozieren von Kritik,
  • Auseinandersetzung mit Ideen und Vorurteilen.

Wo durch Erkundungen, Beobachtungen und Befragungen eine unmittelbare Erfahrung an außerschulischen Lernorten möglich ist bzw. wo eine aktive Auseinandersetzung durch Diskussionen, Rollenspiele etc. geeignet ist, Unterrichtsinhalte zu erschließen, sollte das Schulbuch keine primäre Rolle spielen. Wo aber Sachverhalte, Aufgaben und Gegenstände besser durch das Buch vergegenwärtigt werden können, sollen sie auch motivierend dargestellt werden. Sie sollten ansprechend sein im Layout und im Textangebot.
Schulbücher haben auch Anregungsfunktion für den planenden Lehrer. Er erhält Ideen aus dem Schulbuch, transportiert diese aber mit einem anderen Medium, z.B. mit einem Folien- oder Tafelbild, oder er zeichnet z.B. eine Gesprächssituation aus einem Buch als Tonbandaufnahme auf.

5. Differenzierungsfunktion

Differenzierung bedeutet zunächst, eine Gruppe ähnlich leistungsfähiger Schüler zu bilden, um diesen eine angemessene Aufgabe zu stellen. Wenn mehrere Gruppen mit unterschiedlichem Niveau unterrichtet werden, müssen Lehrfunktionen an Medien delegiert werden. Statt mit dem Lehrer muss ein Teil der Schüler mit didaktischem Material arbeiten. Hier könnten Schulbücher dem Lehrer einen Teil der Arbeit abnehmen. Es gibt 2 einfache Differenzierungskonzepte, die vor allem in Arbeit/Wirtschaft-Arbeitsbüchern angeboten werden.

  1. Es erfolgt eine gemeinsame Einführung in ein Thema und anschließend erfolgt ein differenzierendes Angebot an Aufgabenstellungen unterschiedlicher Anspruchshöhe, die auch als solche gekennzeichnet sind, z.B. durch Symbole. Das Arbeit/Wirtschaft-Buch von Hans Heinrich aus dem Bayerischen Schulbuchverlag zeigt dafür gute Ansätze.
  2. Einem gemeinsamen Fundamentum folgen für eine Gruppe Zusatzstoffe, während die andere Gruppe mit der Einübung des Fundamentums befasst ist (Förderung). Da differenzierende Maßnahmen vorwiegend in den übenden und festigenden Phasen des Lernprozesses eingesetzt werden, verlangen sie ein variables Angebot. Das Schulbuch sollte dabei eines neben anderen Medien bleiben.

6. Übungs- und Kontrollfunktion

Damit die motivierende Einführung eines Lerninhalts bei den Schülern haften bleibt, bedarf es eines variablen und motivierenden Übungsangebotes. Das bedeutet, dass die Aufgabenstellungen methodisch variabel sein müssen, indem sie

  • unterschiedliche Methoden zur Lösung nahelegen, z.B. Tabellen oder Schaubilder erstellen, Protokolle von Befragungen anfertigen, Collagen oder Wandzeitungen herstellen, etc.
  • unterschiedliche Arbeitsformen verlangen, z.B. Einzel- oder Gruppenarbeit.
  • mit unterschiedlichen Arbeitsmitteln und Materialien angegangen werden, z.B. Sammeln von Zeitungsanzeigen, Erstellen einer Video- oder Tonbandaufzeichnung, Dokumentation auf Plakaten, etc.

Schulbücher gehen vermehrt dazu über, verschiedene Arten von Merkhilfen zu liefern: Merksätze werden abgedruckt, Auflistungen von Begriffen gegeben, Randbemerkungen und Übersichten dargestellt. So sinnvoll solche Hilfen sind, bergen abgedruckte Merksätze ein Problem: Merkwissen soll ja aus dem Unterricht erwachsen und in der eigenen Formulierung festgehalten werden.
Wenn überhaupt Merkwissen im Schulbuch, dann müsste man auch gezielte Übungen damit anstellen, z.B. in Form von Kreuzworträtseln, oder Begriffe in einen Lückentext einfügen lassen. Grafiken, Übersichten und Randbemerkungen haben ihren Wert als Orientierungshilfe und Konzentrationspunkte beim Nachschlagen und dienen der Einübung von Arbeitstechniken.

Kriterien für die Auswahl von Schulbüchern im Arbeits- und Wirtschaftslehreunterricht

Um die fachliche und didaktische Qualität der verschiedenen Schulbücher beurteilen zu können, sind Kriterien nötig, mit denen man die Unterrichtswerke für den Arbeits- und Wirtschaftslehreunterricht analysieren kann. Die Bestimmungsgründe einer Schulbuchanalyse lassen sich in Anlehnung an Gerd Stein 3 unter drei Aspekten zusammenfassen.

Das Arbeits- und Wirtschaftslehrebuch als

  • Informatorium
  • Didaktikum
  • Politikum

Zu jedem Aspekt lassen sich differenzierte Anforderungen formulieren, die Grundlage für einen Kriterienkatalog bilden können.

Anforderungen an ein AW-Buch als Informatorium

Ein Unterrichtswerk muss dem aktuellen Stand der fachwissenschaftlichen Diskussion entsprechen, soweit diese für die Zielgruppe "Schüler" relevant ist. Ein Schulbuch sollte jedoch nicht die fachwissenschaftliche Systematik der Bezugswissenschaften z.B. der Volkswirtschaftslehre, Betriebswirtschaftslehre, Arbeitswissenschaften widerspiegeln, wie sie bei wissenschaftlichen Büchern für das Studium üblich ist, sondern sollte die fachlichen Grundlagen seines Gegenstandsbereichs aus fachdidaktischer und mehrperspektivisch fachwissenschaftlicher Sicht entwickeln und begründen.
Die Auswahl fachwissenschaftlicher Inhalte unter didaktischen Aspekten (z.B.: Ist der Inhalt geeignet, dem Schüler eine Erkenntnis oder Hilfe für die gegenwärtige oder zukünftige Lebenssituation zu geben?) ist eine verantwortungsvolle Aufgabe eines Schulbuchautors bzw. Lehrplanerstellers. Bei der Beurteilung ist zu überprüfen, welche fachwissenschaftlichen Theorien bei der Auswahl der Inhalte verwendet wurden und welche wissenschaftstheoretischen Positionen in dem Schulbuch verborgen liegen. Ein Schulbuch, das z.B. das Verbraucherverhalten allein mit der Haushaltstheorie auf dem Hintergrund einer "reinen Ökonomie" erklären würde, kann den Schülern nicht [/S. 24:] einmal die einfachsten Kaufentscheidungsprozesse verdeutlichen. Dazu wäre ein Rückgriff auf verschiedene sozialwissenschaftliche Theorieansätze z.B. der Soziologie und Psychologie erforderlich, die das Kaufentscheidungsverhalten der Konsumenten erklärbarer machen.
Häufig ist es so, dass die Wissenschaft keine eindeutigen Antworten bereithält und darum eine "Offenheit" im Schulbuch gewährleistet sein muss. Es gilt zu überprüfen, ob unterschiedliche Sichtweisen und Standpunkte zu Sachproblemen deutlich werden und eine einseitige Beeinflussung vermieden wird. Wichtig ist auch, dass die Darstellung der Inhalte zu weiterführenden Fragen und zum Nachdenken anregt. Das Fach AW beschäftigt sich mit komplexen Sachverhalten aus der Arbeits- und Wirtschaftswelt, die sich für Schüler nur erschließen lassen, wenn sie weitgehend elementarisiert werden. Der Lehrer muss sich dabei bewusst sein, dass er mit jeder Vereinfachung Gefahr läuft, Zusammenhänge zu verfälschen. Diesem kann am besten begegnet werden, wenn im Unterricht von konkreten Beispielen ausgegangen und erst allmählich zu Verallgemeinerungen geführt wird.

Anforderungen an ein AW-Buch als Didaktikum

Für die Einschätzung eines Schulbuches ist ausschlaggebend, welche erkenntnisleitenden Interessen die Autoren bei der Konzeption zugrundegelegt haben und ob diese auch offengelegt werden, damit Lehrern und Schülern die einfließenden Werthaltungen deutlich werden. Dies trägt dazu bei, eigene Wertsysteme zu entwickeln, was bei sozialwissenschaftlichen Fächern wie der Arbeits- und Wirtschaftslehre eine wesentliche Intention ist.
Außerdem spielt eine wichtige Rolle, welche didaktisch-methodischen Grundkonzeptionen in das Unterrichtswerk eingeflossen sind und ob diese auch offengelegt gebracht werden, denn sie haben Auswirkungen auf das Lehrerverhalten sowie auf das Lernverhalten und die Sozialisation der Schüler im Unterricht. Bei Lehrerbegleitheften findet man diese Ausführungen häufig im Eingangskapitel. Bei fehlendem Lehrerband müsste die Intention als Vorspann oder zu Beginn eines jeden Kapitels dargestellt sein.
Die Inhalte müssen außerdem die Lebenssituationen der Schüler erreichen, d.h. sie müssen realitäts- und adressatengerecht sein. Wenn ein Schulbuch zum Erziehungsprozess der Schüler beitragen soll, muss untersucht werden, wie und auf welche Weise gesellschaftliche Realität bei der Auswahl der Themen berücksichtigt und erfahrbar gemacht wird. Es muss zu gesellschaftspolitischen Problemen z.T. bewusst eine Stellungnahme erfolgen, grundsätzliche Positionen müssen bei solchen Problemen deutlich aufgezeigt werden. Gesellschaftspolitische Akzente werden gesetzt z.B. durch die Art und Weise, wie die Situationsfelder Arbeitsplatz, Betrieb, Beruf, privater Haushalt, Markt in ihren gesellschaftlichen Bezügen gesehen werden und in welcher Gewichtung Probleme des Verhältnisses von Ökonomie und Ökologie sowie der Frauen- und Männerrolle aufgearbeitet werden.
Eine weitere didaktische Kategorie ist der Realitäts- und Handlungsbezug der Lernziele bzw. -inhalte, da einerseits die Anknüpfung an Erfahrungen, andererseits das Lernen für reale Anwendungsbereiche lerntheoretisch bedeutsam ist. Es ist darauf zu achten, ob durch die didaktische Aufbereitung das Lernen in strukturellen Zusammenhängen begünstigt wird, Transfermöglichkeiten gegeben sind und eine aktive Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit ermöglicht wird. Darum gilt zu untersuchen, ob die Inhalte und ihre Darstellung Verfahren wie Fallmethoden, Rollenspiel, Erkundungen, Expertenbefragungen, Projekte ermöglichen, die in besonderer Weise einen Realitäts- und Handlungsbezug zulassen.
Im Hinblick auf die Unterrichtsgestaltung ist bedeutsam, ob bei der Arbeit mit dem Buch verschiedene Formen der Unterrichtsorganisationen wie Einzelarbeit, Partnerarbeit, Gruppenarbeit möglich sind, um einen abwechslungsreichen Unterricht zu gewährleisten. Für den Einsatz des Schulbuches bei der Durchführung und Nachbereitung des Unterrichts ist die Qualität der Arbeitsaufgaben wichtig. Es ist zu überprüfen, welche Funktion sie übernehmen, ob sie lediglich der Wiederholung und Kontrolle dienen, oder ob sie bei der Erarbeitung und Weiterführung der Unterrichtsinhalte intensiv genutzt werden können. Für eine Vertiefung wäre es wünschenswert, wenn ergänzende Quellen und Hinweise auf andere Medien gegeben würden.
Die schülergemäße Gestaltung eines Schulbuches mit Graphiken, Schaubildern, Karikaturen, Fremdtexten erhöht die Motivation zur Arbeit mit dem Buch. Farbige Gestaltung, ansprechende Bilder oder Zeichnungen lockern die Texte auf und veranschaulichen die Unterrichtsinhalte. Sie sollten aber neben den gestalterischen Aspekten vor allem der Funktion der Erreichung von Lernzielen dienen, möglichst aktuell bzw. zeitlos sein. Die Texte müssen für die Zielgruppe gut verständlich sein und weder über- noch unterfordern.

Anforderungen an ein AW-Buch als Politikum

Schulbücher werden gesteuert von den Lehrplänen der einzelnen Bundesländer und sind von den jeweiligen bildungspolitischen Interessen geprägt. Sie sind den Zulassungsbestimmungen der Kultusministerien unterworfen und stehen im Spannungsfeld von Zulassungsbeschränkung und pädagogischer Freiheit.
Die Produktion und der Vertrieb von Schulbüchern ist privatwirtschaftlich organisiert. Das bedeutet, dass die Gestaltung nicht nur unter didaktischen Gesichtspunkten steht, sondern auch absatzpolitische Aspekte eine Rolle spielen.
Bei den folgenden Beurteilungskriterien tritt die politische Dimension nicht in Erscheinung, weil die Schulbuchanalyse unabhängig von Lehrplanbedingungen nach fachwissenschaftlichen und vorwiegend didaktischen Gesichtspunkten aufgestellt wurde. Allerdings sollten die bildungspolitischen Aspekte nicht außer Acht gelassen werden.
Der nachfolgende Analyseraster wurde aus einem Aufsatz von D. Krafft 4 vom Lernfeld Haushalt auf das Fach Arbeit/ Wirtschaft übertragen und entsprechend modifiziert. Es ist zweckmäßig, nach der codierten Einzelbewertung von jedem Schulbuch noch einmal quasi als Resümee die Vor- und Nachteile zusammenfassend herauszustellen. Außerdem sollte man mindestens 2 ausgewählte Schulbücher dementsprechend durcharbeiten und bewerten. Erst nach einem Vergleich wird deutlich, wo die Besonderheiten eines jeden Buches liegen und welches Unterrichtswerk am meisten den eigenen didaktischen Ansprüchen an einen zeit- und schülergemäßen Arbeits- und Wirtschaftslehre-Unterricht gerecht wird.

Quellen:

1) Schultze, T.(1978): Methoden und Medien der Erziehung. München.

2) Hacker, H. (1980): Das Schulbuch - Funktion und Verwendung im Unterricht. Bad Heilbrunn.

3) Stein, G. (1976): Schulbuch als Schulkritik. Saarbrücken.

4) Krafft, D.(1990): Didaktische Kriterien zur Analyse von Schulbüchern für den Lernbereich "Haushalt". In: Rapin, H. (Hg.) (1990): Der private Haushalt im Unterricht. Frankfurt/New York.

Zur Autorin:

Ursel Imhof
Realschullehrerin, Fachseminarleiterin
Weimarer Str. 60, 21614 Buxtehude
[/S. 25:]

Mat. 1: Katalog der didaktischen Kriterien zur Schulbuchanalyse (Vollbild)

Dieser Text ist ursprünglich unter gleichem Titel erschienen in: arbeiten+lernen/Wirtschaft, 3. Jg. (1993) Nr. 12, S. 22-25.
© 1993 Verlag Erhard Friedrich, Seelze; © 2001 Ursel Imhof, Buxtehude
Um den Text zitierfähig zu machen, sind die Seitenwechsel des Originals in eckigen Klammern angegeben, z. B. [/S. 53:].
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