Klaus-Peter Hufer
Inhalt
Kurzbeschreibung
1. Portrait
2. Anwendung
3. Argumentationstraining gegen Stammtischparolen
4. Vorbereitung
5. Anspruch/Ziel
6. Praktische Hinweise
7. Literatur
Kurzbeschreibung
Das Argumentationstraining bietet einen Übungsraum für Redegewandtheit, Standfestigkeit und Argumentationssicherheit. Es verhilft zum Abbau von (Rede-)Ängsten und fördert Zivilcourage bzw. ermuntert zu engagiertem Handeln. Für die politische Bildung eignet sich insbesondere ein "Argumentationstraining gegen Stammtischparolen".
1. Portrait Argumentationstraining
Beim Argumentationstraining werden politische Erklärungen, Argumente, Schlagwörter und Parolen auf ihre emotionale Wirkung, sachliche Angemessenheit, politische Konsequenzen und eventuelle Gegenstrategien hin überprüft. Geübt wird, die eigene Position - auch gegen Widerstände - zu vertreten. Die Teilnehmer/innen haben Gelegenheit, gemeinsam ihre politischen Deutungen auszutauschen, erlebte Provokationen mitzuteilen, vielfach gehörte politische Erklärungsmuster zu erörtern und auf ihre Plausibilität bzw. Ideologiehaftigkeit hin zu bedenken. Inhaltlich/fachlich ist das Argumentationstraining angesiedelt in der Schnittstelle zwischen politischer Bildung, Rhetorik und Psychologie. Es ist eine Lernform politischer Bildung, die teilnehmer- und nicht kursleiterzentriert angelegt ist.
2. Anwendung
Argumentationstrainings werden in der politischen Erwachsenenbildung/außerschulischen politischen Jugendbildung eingesetzt. Sie eignen sich dort gut als neuere Lern- und Bearbeitungsweisen, zumal sie an der Attraktivität üblicher Rhetorikkurse und Selbsterfahrungsseminare partizipieren können. Da sie aber über deren gesprächstechnische Anwendung bzw. Erfahrung von Selbsterkenntnis hinausgehen, handelt es sich bei ihnen um politische Bildungsveranstaltungen. Neben der politischen Information und Meinungsbildung werden auch psychologische Kenntnisse und rhetorische Fertigkeiten vermittelt; daher ist das Argumentationstraining ein Beispiel für einen integrativem Ansatz in der politischen Bildung.
Im schulischen politischen Unterricht können Argumentationstrainings nur dann realisiert werden, wenn zeitliche und organisatorische Flexibilität es ermöglicht, eine kompakte Veranstaltung dieser Art zu realisieren. Ein Argumentationstraining sollte mindestens an einem Vormittag, idealerweise an einem oder zwei Tagen stattfinden.
Inhaltlich können Argumentationstrainings eingesetzt werden beim Üben von Interessenvertretung, vor allem aber in der Auseinandersetzung mit Vorurteilen, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus.
3. Argumentationstraining gegen Stammtischparolen
Gegen das Vor- und Umfeld des Rechtsextremismus arbeitet das Argumentationstraining gegen Stammtischparolen. Dieses ist ein von den Teilnehmenden weitestgehend selbstbestimmtes Seminar, bei dem der Leiter/die Leiterin in erster Linie moderierend, aber auch bedarfsweise informierend und erklärend wirkt.
Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen sammeln in einem Brainstorming "Stammtischparolen", das sind aggressive, zugespitzte, ausgrenzende und diskriminierende sowie schlagwortartig vorgebrachte Äußerungen. Dabei kommt eine Gruppe mühelos auf bis zu 80 Parolen, die sich im Kern in den Feldern Ausländerpolitik, Asylpolitik, Sozialpolitik, NS-Vergangenheit bewegen. In Rollenspielen werden die Parolen diskutiert, die am meisten herausfordern und provozieren. Anschließend wird die Gespräche ausgewertet, und es werden wirkungsvolle Handlungsstrategien und Reaktionsweisen gesucht bzw. ausprobiert. Geklärt werden danach die Psychologie von Vorurteilen, Gründe für aggressives Verhalten und Autoritarismus sowie die Nähe der Parolen zum Rechtsextremismus; außerdem werden argumentative, inhaltliche Gegenpositionen gesucht.
4. Vorbereitung
Ein Argumentationstraining erfordert einen zeitlichen Rahmen von einem halben Tag bis zu zwei Tagen. Da mitunter Kleingruppenarbeit stattfindet, sind neben dem ausreichend großen Seminarraum noch weitere Räume erforderlich. Zur sachlichen Ausstattung gehören Flipchart, Papier, Tesakrepp, Eddingstifte, evtl. Kassettenrecorder oder Videokamera mit Monitor.
Inhaltlich sollte sich der Trainer/die Trainerin auf die oben (Punkt 3) angesprochenen Politikfelder vorbereiten und für die Nachbearbeitung der Rollenspiele, wenn die Teilnehmenden gemeinsam sachliche Argumente erarbeiten, entsprechende Materialien zusammenstellen und mitbringen.
5. Anspruch/Ziel
Das Argumentationstraining will die kommunikative Kompetenz verbessern. Die Teilnehmer/innen sollen Selbstsicherheit und Argumentationsfestigkeit üben sowie Einsicht bekommen in die Psychologie politischer Gespräche und Alltagsdebatten. Beim Argumentationstraining gegen Stammtischparolen sollen sie ermuntert werden, zu intervenieren und bei öffentlich und lautstark geäußerten populistischen Parolen ihren Widerspruch zu artikulieren. Das Argumentationstraining ist eine Veranstaltung, die Partei ergreift (für Zivilität und Humanität, gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus). Trotz dieser eindeutigen Positionsnahme ist die Beachtung des Überwältigungsverbots nach dem Beutelsbacher Konsens ein originäres Merkmal des Trainings. Keiner der Teilnehmenden wird durch eine autoritär vorgegebene Meinung fremdbestimmt. Vielmehr werden die Deutungen der Teilnehmer/innen untereinander ausgetauscht; gemeinsam werden verbesserte und wirkungsvolle rhetorische Verhaltensweisen gesucht.
6. Praktische Hinweise
Die Gruppe der Teilnehmer/innen sollte nicht größer als 20 sein, günstig sind 16 Personen, damit möglichst viele sich bei den Rollenspielen aktiv beteiligen können. Diese Spiele müssen vorbereitet werden, um Ängste abzubauen und um auf die Situation die Bereitschaft zu fördern, jetzt "eine Rolle" zu spielen. Die Fähigkeit zur Rollendistanz sowie zur sprachlichen Artikulation von Konflikten ist eine wesentliche Voraussetzung für die Teilnahme. Je gemischter eine Gruppe ist, d.h. je verschiedener die berufliche, altersmäßige, soziale, kulturelle Zusammensetzung ist, desto interessanter und kreativer verläuft ein Argumentationstraining.
7. Literatur
Hufer, Klaus-Peter (2000, 2001): Argumentationstraining gegen Stammtischparolen. Materialien und Anleitungen für Bildungsarbeit und Selbstlernen, Schwalbach (4. Aufl.).
Kuhn, Hans-Werner/ Massing, Peter (Hg.) (2000): Lexikon der politischen Bildung (hg. von Georg Weißeno), Bd. 2: Methoden und Arbeitstechniken, Schwalbach/Ts.
KeyWords: Argumentationstraining, Stammtischparolen, Rollenspiel, Zivilcourage, Engagement, Politische Bildung, Methoden, Lehr-Lern-Methoden, Rhetorik, Teilnehmerorientierung, Kommunikationskompetenz, Kommunikationstraining, Vorurteil, Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Interessenvertretung, Asylpolitik, Ausländerpolitik, Sozialpolitik
sowi-online Originalbeitrag
(c) 2001 Klaus-Peter Hufer, Kempen; (c) 2001 sowi-online e. V., Bielefeld
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