Unterrichtsreihe: "Neue Wege politischer Partizipation" - Der Einsatz des Internet im Sozialkundeunterricht der Berufsschule

Doris Bohn
Stefan Möhnen
Alfred Lui

Inhalt

1. Fachwissenschaftliche Überlegungen
2. Lernbedingungen / didaktische Vorüberlegungen
3. Projektskizze
4. Erfahrungsbericht und Empfehlungen
4.1 Ziele des Projekts
4.2 Didaktisch-methodische Settings
4.3 Rahmenbedingungen
5. Fazit
Anmerkungen
Literatur
Anhang

 

1. Fachwissenschaftliche Überlegungen

Die bereits in der Shell Jugendstudie 1997 festgestellte Tendenz, dass Jugendliche wenig Vertrauen haben in staatliche Institutionen und den parteipolitisch geprägten Willensbildungsprozess eher ablehnend gegenüberstehen, wird durch die Ergebnisse der im Auftrag der Hamburger Zeitung "Die Woche" vom Institut Forsa vorgenommenen Erhebung bei 1000 Personen bestätigt (1).

Die Untersuchungsergebnisse zeigen aber auch, dass junge Leute zwischen 15 und 20 Jahren sich dabei keineswegs als No-Future-Generation verstehen, sie haben jedoch mehr Vertrauen in Organisationen wie Amnesty International oder Greenpeace und sind auch bereit sich in ganz konkreten, überschaubaren Projekten zu engagieren.

Für die politische Bildung ergibt sich aus diesen negativen Trends die notwendige Forderung, nach neuen Formen der Vermittlung von Politik und Partizipation zu suchen, um Jugendlichen wieder das Gefühl zu vermitteln, dass Demokratie etwas Lebendiges ist und dass spannende, die eigene Interessenlage betreffende Prozesse zu entdecken sind.

Jugendliche interessieren sich sehr für den Bereich Multimedia, dies belegen unter anderem Befragungen der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK), die die rasante Entwicklung im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien mit der zunehmenden Bedeutung des Internet dokumentieren (2).

Hier liegt u.E. auch die große Chance für politische Bildung, an dieser Entwicklung zu partizipieren, ihre Dynamik auszunutzen und ihr in Form neuer didaktischer Konzepte und methodischer Ansätze Gestalt zu geben.

Aus den mit dem Begriff Internet verbundenen vielfältigen und teilweise auch komplizierten Dienstleistungsmöglichkeiten sollten folgende Aspekte herausgefiltert und für ein didaktisch-methodisches Planungskonzept genutzt werden:

Informationssammlung Beispiele: WWW-Sites, News- und Linksammlungen, Surfplattformen
Kommunikationsmittel Beispiele: Mail-, Chat - und Newsforen
Präsentationsmedium Beispiele: Gestaltung eigener WWW-Seiten / einer Schulhomepage etc. (3)

[/S. 65:] Im groben Rahmen des Dienstleistungsspektrums des Medium Internet lassen sich didaktische Konzepte und Lernarrangements entwickeln, die ein neues politisches Lernen ermöglichen und Jugendlichen dabei auch Grundqualifikationen im Bereich der Methoden- und Sozialkompetenz vermitteln.

Politische Bildung in diesem neuen Modus kann sich dabei auch innerhalb einer berufsbezogenen Bildung als Teil beruflicher Qualifikation verstehen, indem sie jene Qualifikationen vermittelt, die für ein politisch reflektiertes Handeln erforderlich sind.(4)

Ein schulisches Bildungs- und Erziehungsziel von hoher Priorität muss darüber hinaus die Erlangung von Medienkompetenz sein.

Der Schule kommt der Auftrag zu, die Schülerinnen und Schüler auf dem Weg zu einer Informationsgesellschaft, einer "Wirtschafts- und Gesellschaftsform, in der die Gewinnung, Speicherung, Verarbeitung, Vermittlung, Verbreitung und Nutzung von Informationen und Wissen einschließlich wachsender technischer Möglichkeiten der interaktiven Kommunikation eine entscheidende Rolle spielen"(5) zu begleiten und sie zu einem sachgerechten, selbstbestimmten und sozial verantwortlichen Umgang mit den Medien zu befähigen.

2. Lernbedingungen / didaktische Vorüberlegungen

Das Projekt "Internet-Führerschein" wurde im ersten Lehrjahr einer Berufsschulklasse des Ausbildungsfeldes Energieelektronik an der Berufsbildenden Schule I - Technik - Kaiserslautern durchgeführt. Die Klasse besteht aus 21 Schülern im Alter zwischen 16 und 18 Jahren, die ihre Ausbildung in größeren Industriebetrieben im Umkreis von Kaiserslautern absolvieren. Von den 21 Schülern sind 12 bei der Adam Opel AG Kaiserslautern in der Ausbildung.

Der für das Projekt zur Verfügung stehende Zeitraum belief sich auf eine Unterrichtswoche. Die Schüler der Klasse erhalten Blockunterricht, d.h. sie besuchen im 3-Wochen-Rhythmus jeweils für eine Woche die Berufsschule. Im Gegensatz zu Klassen, die ein- bzw. zweimal pro Woche die Berufsschule besuchen, bietet der Blockunterricht den Vorteil, eine längere, in sich geschlossene Unterrichtseinheit sinnvoll planen zu können, ohne dass Unterbrechungen von bis zu einer Woche auftreten.

Bei der Durchführung des Projekts wurden zwei verschiedene Räume genutzt: zum einen der Klassensaal, zum anderen ein mit 12 vernetzten PCs der Pentium-Generation bestückter, schuleigener Rechnerraum. Die begrenzte Anzahl der Computerarbeitsplätze machte es nötig, jeweils zwei Schüler an einem Arbeitsplatz unterzubringen. Die Arbeitsleistung der Rechner ist für die Belange des Projekts als völlig ausreichend zu bezeichnen.

Da der Schule kein eigener Internet-Zugang zur Verfügung steht, ist der Internet-Server an den Server der Universität Kaiserslautern angeschlossen. Beim gleichzeitigen Zugriff von 12 PCs kann es so teilweise zu Engpässen kommen, die sich im Verlauf des Projekts jedoch nicht gravierend bemerkbar machten.

Die gewählte Klasse kann in Bezug auf ihre Vorkenntnisse das Internet betreffend als repräsentativ angesehen werden (6). Ca. 50% der Schüler gaben im Vorfeld an, bereits Erfahrungen mit dem Medium Internet (Internet-Café der Stadt Kaiserslautern) gesammelt zu haben, alle Schüler waren begeistert von der Idee, einen Internet-Führerschein zu erwerben. Die Befragung der bevorzugten Nutzungsgewohnheiten ergab einen klaren [/S. 66:] Schwerpunkt im Bereich Entertainment/Hobby.

Die Schüler gaben an, bei der Informationssuche im Internet eher unsystematisch vorzugehen. Eine sinnvolle Planung im Vorfeld einer Recherche erfolgt entweder gar nicht, oder wird während des Suchprozesses, aufgrund anderer, 'interessanterer' Informationen, unbewusst verworfen.

Nur ein verschwindend geringer Prozentsatz der Schüler nutzte das Internet bisher als Quelle politischer Informationen, bzw. als Medium politischer Partizipation. Die Ursache hierfür ist jedoch nicht im Medium Internet selbst, sondern in den altersbedingten Interessenslagen der Schüler zu suchen. Im Unterricht lassen sich die Schüler bei geeigneter Aufarbeitung (7) der Lerninhalte durchaus für politische Themen motivieren.

So hat zum Beispiel die bevorstehende Musterung einiger Schüler im Bewusstsein der Klasse Spuren hinterlassen. So entstand etwa ein verstärktes Interesse für Fragen zur Sicherheit in Europa und auch zur künftigen Rolle der Bundeswehr und des einzelnen Soldaten.

Wir entschieden uns folglich für die exemplarische Behandlung des damals hochaktuellen Kosovokonflikts im dritten Teil unseres Führerscheins, damit die Schüler das Medium Internet mit seinen vielfältigen Möglichkeiten sowie dessen politische Bedeutung kennen lernen konnten.

Angesichts der doch geringen Vorkenntnisse vieler Schüler entschlossen wir uns, eine gründliche Einführung in die Grundeigenschaften des Internet und die Browser-Einweisung zu geben. Diese erste Phase fand im Klassensaal statt, sozusagen 'im Trockenen', wobei das Wissen und die Vorkenntnisse einiger Schüler motivierend in den Unterrichtsablauf integriert und wichtige Hinweise an der Tafel festgehalten werden können.

Es sollte natürlich auch eine Neugier und Spannung aufgebaut werden.

Die Umsetzung unseres zweiten Teils des Internet-Führerscheins wurde bewusst streng vorstrukturiert, um den Schülern erste Einblicke in die Browser-Software, die Strukturen und die Geschichte des Internet zu geben. Es erschien uns auch wichtig, dass die Schüler in dieser Phase in einem festen Zeitrahmen eigene Lernergebnisse erzielen und Erfolgserlebnisse haben.

Für den dritten Teil des Projekts wurde die Klasse in Arbeitsgruppen aufgeteilt, die eine vollkommen freie Recherche zu einem vorher abgesprochenen Themenaspekt aus dem Bereich Kosovokonflikt und eine kritische Bewertung der gefundenen Informationen durchführen sollten.

Um den Schülern Hilfestellungen zu geben und auch um die gefundenen Informationen bewerten zu können, wurde die Suche auf bestimmte Suchmaschinen eingeschränkt.

Den Abschluss der Unterrichtsreihe bildete eine Präsentation mit Besprechung der Ergebnisse im Plenum im Klassensaal, an die sich eine allgemeine Bewertung über Chancen und Risiken des Arbeitens mit dem Internet anschloss.

Feierlicher Schlussakkord sollte die Überreichung des Internet-Führerscheins an alle Teilnehmer sein, die die verschiedenen Etappen erfolgreich durchlaufen haben.

Mit der Erarbeitung systematischen Wissens im Umgang mit dem Medium Internet und einer kritischen Reflexion der Ergebnisse wollen wir einen Grundstein legen zur Ausbildung und Förderung von Medienkompetenz. Hierin liegt unserer Meinung nach auch ein Baustein zur Erlangung von beruflicher Handlungskompetenz, wie sie auch in den neuen Lehrplänen eingefordert wird.

Der Erwerb des Internet-Führerscheins ist als Prozess angelegt, der neben der Erlangung von Fachkompetenzen auch einen Ausbau der Methoden- und Sozialkompetenzen beinhaltet.

Generell lässt sich feststellen, dass Berufsschulklassen, deren Schüler aus dem industriellen Bereich stammen, ein höheres Interesse für fachliche und allgemeine Unterrichtsinhalte an den Tag legen als dies im handwerklichen Bereich der Fall ist.

Gerade Betriebe der Größenordnung Opel legen [/S. 67:] zunehmend Wert auf Selbständigkeit und Problemlösefähigkeit ihrer Mitarbeiter - auch im Bereich neue Medien.

Auch diesen Bedürfnissen des dualen Partners in der Berufsausbildung wollten wir mit unserem Projekt "Internet-Führerschein" Rechnung tragen.

3. Projektskizze

Die unter Punkt 2, Analyse der Schülervoraussetzungen, beschriebene Grundstruktur der Klasse, sowie die didaktisch-pädagogischen Überlegungen bildeten die Richtlinien für die praktische Gestaltung des Internet-Führerscheins.

Da nur ca. 50% der Klasse Internet-Erfahrung mit in den Unterricht einbringen konnten, schien es angebracht, im Zuge der Schaffung einer gemeinsamen Basis, wichtige Strukturen des Internet im Vorfeld zu klären. Dies geschieht am sinnvollsten über die Einarbeitung in eine Browser-Software. Zum einen erlernen die Schüler den Umgang mit der für den Internetzugang nötigen Software, zum anderen können nur über den Browser Grundstrukturen des Internet, speziell des Dienstes World Wide Web, veranschaulicht werden.

Diese Grundstrukturen wurden in Form einer eigens zu diesem Zweck erstellten HTML-Seite ("Mit dem Browser durchs Internet brausen ...") zunächst offline über einen Laptop mit angeschlossenem Overhead-LCD vom Lehrer im Klassensaal demonstriert.

Folgende Fragestellungen standen bei dieser einführenden Unterrichtseinheit im Vordergrund:

  • Was ist ein Browser?
  • Welche Dienste bietet das Internet?
  • Welche Arten von Links zwischen Internetseiten gibt es?
  • Wo kann ein Link auf einer Internetseite hinführen?
  • Wie orientiere ich mich beim Surfen im Internet?
  • Wie gelange ich auf eine Internetseite, von der ich die Adresse kenne?

Um die in der Offline-Phase vermittelten Kenntnisse in Bezug auf einen Browser praktisch zu vertiefen, wurde eine zweite HTML-Seite ("Teil 1 - Was ist das Internet?") erstellt und auf dem Internet-Server der Universität Kaiserslautern abgelegt. Zur Arbeit mit dieser Seite wurde den Schülern die Adresse in Form der URL angegeben und das Unterrichtsgeschehen in den Rechnerraum der Schule verlegt.

Die Seite war in Form einer 'Surfplattform' mit vier themenspezifischen Links, welche im Vorfeld aus einer Fülle von relevanten Seiten herausgefiltert wurden, angelegt. Diese Art der Seitengestaltung sollte es den Schülern zum einen ermöglichen sich die Grundlagen des Internet selbständig zu erschließen, zum anderen sollte ein planloses, unstrukturiertes Surfen verhindert werden.

Die Hauptaufgabe dieser ersten Online-Unterrichtseinheit bestand für die Schüler darin, das Internet als Informationsquelle über das Internet selbst zu nutzen und quasi nebenbei das Handwerkszeug für die Arbeit im Internet zu erlernen - den Umgang mit dem Browser und internetspezifischen Strukturen, wie z.B. Links, E-Mail-Formularen, etc..

Als Orientierungshilfe für die Schüler und zur späteren Kontrolle der Ergebnisse befand sich im unteren Teil dieser HTML-Seite ein Mail-to-Formular in Form eines Fragebogens zum Thema Internet. Der Fragebogen war so gestaltet, dass zu seiner vollständigen Bearbeitung alle angegebenen Links besucht und sorgfältig bearbeitet werden mussten. Am Ende der Unterrichtseinheit waren die Schüler aufgefordert ihre Ergebnisse, also den Fragebogen, als E-Mail abzuschicken.

[/S. 68:] Ein zentrales Lernziel dieser Unterrichtseinheit stellte das strukturierte und durchdachte Surfen im Internet dar. Aus diesem Grund wurden die Schüler neben der Arbeit mit dem Fragebogen aufgefordert, die Gesamtstruktur ihrer Recherche als Grafik, auf einem am Ende der Unterrichtseinheit abzugebendem Blatt, festzuhalten. So sollte auch im Nachhinein der Weg der Informationssuche nachvollzogen und bewertet werden können.

Die Struktur der Seite beinhaltete zusammenfassend folgende Lerninhalte:

  • Kurze Einführung zum Thema Browser und Links
  • Übersicht des Seiteninhalts
  • Links zum Thema Internet
  • Fragebogen zum Thema Internet
  • Orientierungsrahmen am linken Rand der Seite

Die dritte Unterrichtseinheit entließ die Schüler in die 'Online-Freiheit', insofern keine festen Links für die Informationssuche mehr vorgegeben waren. Lediglich das Thema, zu dem die Schüler nun eigenständig Information suchen sollten, und eine Auswahl von Suchmaschinen stellten den äußeren Rahmen dar. Um einen abschließenden Vergleich der Arbeitsergebnisse und der eingesetzten Suchmaschinen zu gewährleisten, fand eine Beschränkung auf sechs bekanntere, deutschsprachige Suchmaschinen statt.

Auch in diesem dritten Teil starteten die Schüler wieder von einer speziell für diesen Zweck erstellten HTML-Seite ("Teil 2 - Auf der Suche nach Information..."), die von ihrem Erscheinungsbild an die Seiten aus den vorherigen Unterrichtseinheiten angelehnt war.

Eine Strukturierung unseres zentralen Themas Kosovo-Konflikt in Teilaspekten fand vorab im Klassensaal statt. Die Schüler suchten sich in ihren Gruppen selbständig für sie interessante Teilbereiche und Fragen zum Thema Kosovo heraus, die in den nachfolgenden Stunden mit Hilfe der angegebenen Suchmaschinen zu bearbeiten waren. Zentraler Gedanke dieser Vorarbeit im Klassensaal war die Ausarbeitung möglichst eindeutiger und griffiger Suchbegriffe zum jeweiligen Themenbereich, die erfolgversprechende Ergebnisse der Suchmaschinen liefern sollten. Die Schüler waren somit bereits im Vorfeld aufgefordert, sich mit möglichen Ergebnissen und Erfolgen bzw. Misserfolgen ihrer späteren Online-Suche zu beschäftigen, wodurch das überwiegend anzutreffende planlose Surfen verhindert werden sollte. Weiterhin waren die Schüler aufgefordert, aus der sich ihnen darbietenden Informationsfülle eine Internet-Seite herauszusuchen, welche ihrer Meinung nach den von ihnen gewählten Teilbereich des Themas am besten aufbereitet hatte. Selbstverständlich mussten die Schüler ihre Auswahl begründen. Ebenso sollten sie bewerten, mit welcher Suchmaschine sie die besten Ergebnisse gefunden hatten. Den Abschluss bildete eine Zusammenfassung der aufgetretenen Probleme, die den einzelnen Arbeitsgruppen im Verlauf ihrer Recherche im Internet widerfahren waren. Die Arbeitsergebnisse der Gruppen wurden am Ende dieser Online-Unterrichtseinheit wieder mit einem entsprechenden Fragebogen festgehalten und per E-Mail verschickt.

Zentrale Lerninhalte dieser Unterrichtseinheit waren:

  • Auswahl eines interessanten Teilbereichs des Hauptthemas
  • Vorüberlegungen zur Informationssuche (Suchbegriffe, erwartete Ergebnisse, etc.)
  • Auswahl einer Informationsquelle aus der Fülle der möglichen Quellen
  • Begründung der Auswahl
  • Bewertung der Suchmaschinen
  • Bewertung von Problemen bei der Internet-Recherche
    [/S. 69:]
Dokumentation des Zeitplans für den INTERNET-FÜHRERSCHEIN der Klasse Ele98a an der BBS I - Technik - Kaiserslautern in der Woche vom 14.06.99 - 18.06.99
Montag 14.06. THEMA: Einführung ins Internet
8.00h-9.30h Klassensaal
  - Vorstellung des Projekts
  - Einführung in den Umgang mit einem Browser
  - Klärung von zentralen Begriffen und Arbeitsvorgängen
  - Aufteilung der Gruppen für die praktische Arbeit am Computer
9.45h-11.15h Computerraum
  - Einweisung an den Computerarbeitsplätzen
  - Bekanntgabe der URL des 1. Teils
  - Erarbeitung des 1. Teils im Internet
  - Abschicken des ausgefüllten Fragebogens
 
Mittwoch 16.06. THEMA: Informationen im Internet suchen und bewerten
8.00h-9.30h Klassenraum
  - Kurze Einweisung in den Tagesablauf und in den politischen Schwerpunkt
  - Strukturierung des Themas; Definition von Suchbegriffen (Gruppenarbeit)
9.30h-13.00h Computerraum
  - Bekanntgabe der URL des 2. Teils
  - Aufsuchen von Information mit Hilfe der in der Vorphase erarbeiteten Kategorien / Suchbegriffe / Suchalgorithmen
  - Reflexion der gewählten Online-Information
  - Abschicken des ausgefüllten Fragebogens
 
Freitag 18.06. THEMA: Präsentation der Ergebnisse / Auswertung
8.00h-11.15h Klassenraum
  - Aufarbeitung der gefundenen Information und Vorbereitung eines Kurzvortrags vor der Klasse in Arbeitsgruppen
  - Präsentation der Ergebnisse der Arbeitsgruppen
  - Vorschläge für eine Präsentation der Ergebnisse in Form einer Internetseite
  - Abschlussbesprechung / Bewertung des Projekts und Ausgabe der 'Internet-Führerscheine'

4. Erfahrungsbericht und Empfehlungen

Dieser Erfahrungsbericht kann als 'Soll-Ist-Vergleich' des Gesamtprojekts angesehen werden, mit dessen Hilfe der Verlauf unseres Projekts kritisch hinterfragt, konkrete Hilfestellungen zur Durchführung ähnlicher Projekte gegeben und weiterführende Empfehlungen für den Einsatz des Internet im Sozialkundeunterricht angeboten werden.
Die Nutzung unseres Projekts für andere schulische bzw. außerschulische Lehr-/Lernprozesse liegt in unserem Interesse, wobei die Übertragung von Konzept und Idee ohne viel Aufwand möglich ist.

Wir werden uns zunächst den Zielen des Projekts, dann den didaktisch-methodischen Settings und schließlich den Rahmenbedingungen zuwenden: [/S. 70:]

4.1 Ziele des Projekts

  1. Schaffung einer gemeinsamen Basis in Bezug auf die Nutzung des Internet als Informationsquelle (Einführung und 1. Online-Übung).

    Dieses Ziel wurde bereits im Verlauf des ersten Tages von allen Schülern erreicht, bedarf aber im Sinne einer Festigung der ständigen Übung. Sowohl in didaktischer (kleinschrittiges Vorgehen) als auch in methodischer Hinsicht (Beschränkung auf die frontale Präsentation im Klassenraum) stellt dieses Ziel die Grundlage jeder weiteren Beschäftigung mit dem Medium Internet für den Großteil der Schüler dar. Denn entgegen der Angaben der Schüler in Bezug auf ihre Interneterfahrungen stellten wir fest, dass ein systematischer Umgang mit dem Medium Internet nicht erkennbar war. Aus diesem Grund erachten wir die Unterrichtseinheit "Mit dem Browser durchs Internet brausen" als notwendig!

    Sinnvoll erscheint es uns auch, Schüler mit (nachweislichen) Vorkenntnissen in dieser Phase des Unterrichts mit einzubinden. Denkbar wäre z.B. eine arbeitsteilige Präsentation der Internet-Grundkenntnisse durch den Lehrer und erfahrene Schüler.

    Unsere grafische Gestaltung und Struktur der Seiten wurde von den Schülern durchweg positiv bewertet - ein Indiz dafür, dass in einer multimedialen Gesellschaft die Präsentation auch eine nicht zu unterschätzende Rolle im Sinne der Lernmotivation spielt.

  2. Praktische Umsetzung des im ersten Teil erarbeiteten Wissens und Erarbeitung themenspezifischer Kenntnisse anhand ausgewählter Texte (1. Online-Übung).

    Auch dieser zweite Teil des Internet-Führerscheins erwies sich durch seine kleinschrittige Struktur im lernpsychologischen Sinne als hilfreich, da den Schülern in einer relativ kurzen Zeit Fachwissen und Erfolgserlebnisse vermittelt werden konnten. Ein Grossteil der Schüler konnte nach dieser Unterrichtseinheit Grundkenntnisse im Umgang mit dem Browser und der Informationssuche im Internet vorweisen. Die Fähigkeiten beschränkten sich jedoch auf die Benutzung einer speziellen Browser-Software, hier Netscape. Erstrebenswert wären auch Kenntnisse anderer Browser, z.B. Internet-Explorer und FTP-Programme.

    Ebenfalls hilfreich erscheint in dieser Phase die Führung eines Online-Protokolls. Die Schüler werden sich so der komplexen Struktur der Informationssuche im Internet eher bewusst und bekommen einen Einblick in ihre persönliche Vorgehensweise bei der Recherche. Die Aufgabe des Protokollierens wurde von den meisten Schülern ohne Probleme bewältigt. Es zeigte sich jedoch, dass im Umgang mit dem Internet geübtere Schüler dieser Aufgabe wesentlich nachlässiger nachkamen als Anfänger, die jede Adresse und Verbindung akribisch notierten.

    Es bleibt zu vermerken, dass erste Einblicke in die komplexe Struktur der Informationssuche im Internet nur durch ein übersichtliches Such-Protokoll ermöglicht werden können.

    Selbstverständlich können erfahrene Schüler, die die Bearbeitung der Aufgaben abgeschlossen haben, wieder sinnvoll als Multiplikatoren eingesetzt werden. Dabei darf allerdings die selbständige Erarbeitung der Mitschüler nicht gefährdet werden. Gerade im Bereich der neuen Medien wird ein Wissensvorsprung nicht selten als Machtmittel missbraucht.

    Die Form der Internet-Seite des ersten Teils erwies sich als gute Wahl. Schülerselbsttätigkeit war in umfangreichem Maße gewährleistet, obwohl eine klare Eingrenzung der Information stattfand. Selbst erfahrene Schüler, welche mit der Methodik der Informationssuche im [/S. 71:] Internet bereits vertraut waren, nahmen aus diesem Teil neues Wissen in Bezug auf das Internet und die Vorgehensweise beim Suchen im Internet mit.

    Das Zeitbudget ist mit 2 Unterrichtsstunden als ausreichend zu bezeichnen.

    Eine Phase der Meta-Kommunikation ohne Rechnereinwirkung scheint hier dringend geboten. Auf diese Weise können etwa erste Schwierigkeiten bei der Informationssuche ermittelt und besprochen werden.

    In der Besprechung zeigten sich überraschenderweise kaum Unterschiede zwischen vermeintlichen 'Internet-Profis' und Anfängern: Die Vorgehensweise bei der Suche (Protokoll der besuchten Seiten) fiel in beiden Fällen recht unstrukturiert aus, da die Schüler in der Regel gleich "drauf los surfen", ohne sich vorher über die Aufgabenstellung im Klaren zu sein. Nach dem Motto "Erst mal gucken, dann sehen wir weiter!" zeigte sich, dass auch bei "Profis" zumeist eine unreflektierte und ungerichtete Informationssuche im Internet stattfand.

  3. Suche, Auswahl und Bewertung von Information auf der Basis einer Online-Recherche zu einem ausgewählten Themenbereich (2. Online-Übung).

    Der gegebene Zeitrahmen von vier Unterrichtsstunden ist zwar für diese Unterrichtseinheit ausreichend, erlaubt jedoch nur einen relativ oberflächlichen Einblick. Eine Weiterführung i.S. einer Vertiefung und Einübung der Verfahren und Kenntnisse erscheint uns unerlässlich.

    Der dritte Teil des Internet-Führerscheins verlangte komplexere Fähigkeiten der Schüler (Auswählen, Bewerten), was sich in der Qualität der Ergebnisse widerspiegelte. Folgende Probleme traten auf:

    • Es wurde, trotz umfangreicher Informationsquellen zum Teilbereich, die 'erstbeste' Seite gewählt, teilweise mit der Begründung, die Informationsflut wäre zu groß.
    • Es wurden alle gefundenen Seiten angegeben mit der Begründung, alle wären wichtig und eine Auswahl somit nicht möglich.
    • Es wurde keine Seite gewählt, da angeblich zum gesuchten Teilbereich keine adäquaten Informationsquellen zu finden seien.

    Hier zeigt sich eine relativ oberflächliche Informationssuche. Hinzu kommt eine geringe Wahrnehmung und Verarbeitung der aufgefundenen Informationen von seiten der Schüler. Es ließ sich geradezu ein motivationeller 'Bruch' zwischen Informationsrecherche und -verarbeitung feststellen.

    Bei der Themenwahl ist die Bedeutung der Schülerorientierung und der Aktualität hervorzuheben. Das Thema Kosovo erwies sich in diesem Zusammenhang im Nachhinein nicht als gut geeignet. Zwar konnte durch die Aufteilung des Themas in für die Schüler interessante Teilbereiche eine didaktisch sinnvolle Reduktion erreicht werden, eine durchgängige Motivation zum Thema Kosovo ließ sich jedoch in der dritten Phase des Projekts nicht hinreichend erzielen.

    Vielleicht ist es doch sinnvoller, die Themenfindung komplett den Schüler zu überlassen und erst bei der Themenstrukturierung im Plenum Hilfestellung zu leisten.

    Unsere Recherchen haben ergeben, dass sich zu aktuellen, kontroversen Themengebieten (z.B. Telearbeit, doppelte Staatsangehörigkeit, Ladenschlussgesetz etc.) eine Vielzahl von Informationen im Internet finden lassen, die sich hervorragend zur Weiterverarbeitung im Rahmen des Sozialkundeunterrichts unter Anwendung verschiedener Lernarrangements (Pro-Contra-Diskussion, Debatten etc.) eignen und umsetzen lassen, wobei jedoch der Bewältigung der Informationsflut zentrale Bedeutung zukommt. Trotz Hilfestellungen in [/S. 72] Form von thematischen Vorstrukturierungen und Suchpfaden waren die Schüler in unserem Projekt teilweise mit der Fülle der Informationen überfordert.

    "Suchmaschinen sind doof!"

    In dieser saloppen Schülerformulierung offenbart sich ein weiteres Kernproblem der bisherigen Struktur des Internet. Suchmaschinen durchforsten das Internet nach vorgegebenen Buchstabenfolgen, aber sie erschließen nicht Metaebenen im Sinne von Kategorien politischen Denkens (8). Die eigentliche Denkarbeit, die "Durchdringung der Thematik", die Auswahl und vor allem die Bewertung von Informationen wird nicht geleistet. So mussten wir leider feststellen, dass die Weiterverarbeitung der gefundenen Informationen auf einem relativ niedrigen Niveau stattfand.

    Folglich sollte ein besonderes Gewicht im Rahmen der 3. Unterrichtseinheit - "Auf der Suche nach Information" - auf der Vor-(Strukturierung) und Nachbereitung (Bewertung der Information) der Online-Phase liegen.

4.2 Didaktisch-methodische Settings

Die Schüler benötigen Lernsettings, in denen sie vor der Informationssuche im Internet ihre Ziele klar formulieren und daraus entsprechende Suchkriterien erarbeiten können. Je genauer diese gemeinsame Vorplanung stattfindet, desto eher sind brauchbare Suchergebnisse zu erwarten.

Für die Nachbesprechung sollte ein größerer Zeitrahmen eingeplant werden, der sich sowohl mit der themenbezogenen, als auch der methodenbezogenen Analyse (Suchen, Auswählen und Bewerten von Information im Internet) der Ergebnisse der Informationssuche auseinandersetzt.

Der Vergleich der Schülersuchergebnisse offenbarte, inwiefern das Internet als Informationsmedium für das jeweilige Thema geeignet scheint. Im vorliegenden Fall der Informationssuche zum Thema Kosovo zeigten sich höchst unterschiedliche Ergebnisse der Schülergruppen, teils abhängig vom gewählten Themenschwerpunkt, teils abhängig von der Sorgfalt, mit der die Suche, Auswahl und Bewertung der Information stattfand.

Die Schüler sollten ihre Ergebnisse aufarbeiten, d.h. z.B. in Form eines Kurzreferats der Klasse vorstellen und bewerten. Anschließend sollte eine gemeinsame Diskussion in der Klasse stattfinden. Wir mussten leider feststellen, dass diese Diskussion in den meisten Fällen - insbesondere, wenn Probleme bei der Informationssuche vorlagen - nur die Methodik der Suche zum Thema hatte.

Unbedingt erforderlich ist eine Gesamtreflexion des Projekts mit der Klasse. Wir fertigten zu diesem Zweck einen Fragebogen an (vgl. Materialienteil), der uns einen Überblick über das Urteil der Schüler bezüglich Projektverlauf und Organisation lieferte und die Grundlage unserer Abschlussdiskussion bildete.

Die grundsätzliche didaktisch-methodische Planung des Projekts als 3-Phasen-Modell wurde von allen Schülern als sinnvoll empfunden. Auch die Grundidee eines Internet-Führerscheins wurde begeistert aufgenommen. Viele Kolleginnen und Kollegen zeigten großes Interesse an dem Vorhaben und es wurden Wünsche an uns heran getragen, das Projekt doch auch im Rahmen einer schulinternen Lehrerfortbildung anzubieten.

Wir als Lehrerteam erhoffen uns natürlich eine größere Außenwirkung (und damit verbunden auch finanzielle Unterstützung für die Weiterführung des Projekts), wenn die Auszubildenden ihre 'Führerscheine' in den Betrieben vorlegen und von den an der Schule gemachten Erfahrungen berichten. [/S. 73:]

4.3 Rahmenbedingungen

Die an der Schule gegebenen Rahmenbedingungen in Bezug auf Rechnerkapazität, Zugangsmöglichkeiten und Internet-Experten sind von grundlegender Bedeutung für die Durchführung eines solchen Projekts. Grundsätzlich sind zur Durchführung eines Internet-Projekts keine allzu anspruchsvollen Computersysteme notwendig. Bereits mit einem Pentium 133 - Rechner und einem 28.800er Modem laufen alle für die Arbeit mit dem Internet notwendigen Programme in einer durchaus erträglichen Geschwindigkeit. Für das Gelingen unseres Projekts standen folglich weniger technische als vielmehr organisatorische und didaktisch-methodische Aspekte im Vordergrund.

Es zeigte sich bereits im Vorlauf des Projekts, dass intensive Bemühungen um Räumlichkeiten und Verantwortlichkeiten für dessen Erfolg unerlässlich sind. Es waren Fragen zu klären, wie "Haben wir überhaupt Zugangsmöglichkeiten zum Internet?", "Wer kümmert sich um die Rechner bzw. wer wartet diese?", "Welche Zugangsvoraussetzungen sind notwendig (Login, Password)?", "Mit welchen Programmen kann gearbeitet werden?", "Wann kann ich mit der Klasse in den Rechnerraum?", "Wer ist über das Projekt zu informieren?", "Wer leistet Hilfestellung bzw. Zusatzbetreuung?" etc..

Zur Durchführung eines solchen Projekts ist folglich ein Team von Lehrkräften hilfreich.

Dabei spielt die Fachkenntnis zumindest eines Lehrer in Bezug auf das Internet eine entscheidende Rolle. Je mehr Vorarbeit von den betroffenen Lehrern übernommen werden kann, desto unabhängiger ist das Projekt von außenstehenden Fachkräften. Dies gilt sowohl in Bezug auf die Erstellung von Internet-Seiten, als auch in Bezug auf die Betreuung vor Ort im Rechnerraum. Kleine technische Pannen, wie sie an der Tagesordnung sind, sollten nicht zur Gefahr für das gesamte Projekt werden. Vielleicht bietet ein solches Projekt eine Basis für die fachübergreifende Zusammenarbeit verschiedener Lehrer. Hier liegt die Chance zur kreativen Zusammenarbeit und Weiterentwicklung der Schule.

Im Verlauf unserer ersten Online-Einheit stellte sich heraus, dass auf den Rechnern wider Erwarten kein E-Mail-Client eingerichtet war. Das Versenden der von den Schülern bearbeiteten Fragebögen war somit nicht möglich. Eine Rücksprache mit dem für den Rechnerraum verantwortlichen Lehrern ergab, dass das Versenden von E-Mails wegen Missbrauchs von der Schulleitung untersagt worden war. Den teils frustrierten Schülern blieb nichts anderes übrig, als ihre Ergebnisse vom Rechner abzuschreiben oder auszudrucken. Auch wir waren enttäuscht, denn das Versenden der Fragebögen per E-Mail stellte für uns ein wichtiges Motivationselement dar, sollte doch die gesamte Unterrichtseinheit online ablaufen. Eine Behebung dieses Missstands hätte vielleicht im Vorfeld in einem Gespräch mit der Schulleitung erfolgen können. Niemand hatte allerdings ernsthaft mit einer derartigen Einschränkung gerechnet.

Die Ausstattung des Rechnerraums an unserer Schule erlaubt die Arbeit in Zweiergruppen mit der gesamten Klasse. Dies erscheint uns bezüglich der Erarbeitung von einführenden Unterrichtseinheiten zum Thema Internet durchaus praktikabel.

Für die weitere, regelmäßige Nutzung des Internet im Unterricht erweist sich diese Lösung jedoch aus zwei Gründen als problematisch: Zum einen steht in Rechnerräumen häufig die Präsenz des Computers und nicht die eigentliche Aufgabenstellung im Mittelpunkt. Zum anderen ist die Gefahr des Ablenkens der Schüler durch die Aktivitäten am Nachbarrechner nicht von der Hand zu weisen.

Erstrebenswert wären sogenannte "Internet-Inseln" im Klassenraum - und somit im [/S. 74:] gewohnten Lernumfeld - mit einem Multimedia-PC und der Möglichkeit zur ständigen Online-Recherche. Die aufwendige Vorarbeit und Absprache mit unterschiedlichen Instanzen würde sich so erübrigen.

Wir schlagen darüber hinaus die eigenständige Online-Erarbeitung in Kleingruppen vor, während der Rest der Klasse sich anderen Aufgaben widmet kann, wodurch verschiedene Lernarrangements im Sinne einer Binnendifferenzierung im Unterricht, sowohl in didaktischer als auch in methodischer Beziehung, möglich werden.

5. Fazit

Zu Beginn des Projekts stand für uns die Frage im Vordergrund, ob neue Medien wie das Internet dazu beitragen können, Schülerinnen und Schüler stärker für politische Themen und die Teilnahme an politischen Prozessen zu interessieren.

"Wenn ein gewisses Grundinteresse für ein bestimmtes Thema da ist, kann man durch das Internet sein Wissen vertiefen und weitere Informationen erhalten. Da man aber zu Hause (wenn man einen Internetanschluss hat) fast nur auf den Seiten surft, die einen interessieren (Hobbies, Sport...), glaube ich nicht, dass durch das Internet das Interesse für Politik bei Jugendlichen geweckt wird. Wenn aber in der Schule mehr mit dem Internet gearbeitet würde (mit einer Themenvorgabe), wäre man auch bereit eine politische Seite durchzulesen." Dieses Schülerzitat kann stellvertretend für ähnliche Aussagen anderer Schüler stehen und gibt eine eher skeptische Einstellung der Schüler in Bezug auf das Medium Internet als Mittel der politischen Partizipation wieder. Die Schüler wurden sich nicht bewusst, dass die Art und Weise ihrer Auseinandersetzung mit dem neuen Medium als auch mit dem Thema sehr wohl einen 'gelebten' Prozess politischer Meinungsbildung repräsentierte. Für uns als politische Bildner und Pädagogen liegt hierin der Kern des Projektertrages. Es wurde nicht nur eine Reflexion der Chancen und Risiken des Mediums Internet, sondern auch der Beginn politischen Denkens i. S. der Hinterfragung und der kritischen Urteilsbildung zu einem ausgewählten Themenbereich deutlich. Dies geschah weitgehend in selbstorganisierten Lernprozessen. Komplexe Themen lassen sich arbeitsteilig erschließen und anschließend im Klassenverband gemeinsam bearbeiten. Sozial- und Methodenkompetenzen der Schüler werden in besonderem Maße gefördert und geschult.

Die Abschlussdiskussion ergab, dass die wenigsten unserer Schüler auf einen privaten Internetanschluss zurückzugreifen können, so dass also immer noch von einem elitären Medium die Rede sein muss. Für uns als Sozialkundelehrerteam ist dies um so mehr eine Herausforderung, auch unserer Schülerklientel mit Projekten wie dem Internet-Führerschein ein zeitgemäßes Bildungsangebot zu machen und neue Partizipationschancen aufzuzeigen. [/S. 75:]

Anmerkungen:

1) Jugendwerk der Deutschen Shell, Hg. 1999. Jugend ´97 - 12. Shell Jugendstudie. Opladen. Vgl. auch "Die Woche", Ausgabe vom 22.7.1999.

2) Vgl. auch "Die Internet-Fangemeinde wächst". In: Rheinpfalz vom 24.8.1999.

3) Ausführliche Beschreibungen der verschiedenen Dienste des Internet lassen sich beispielsweise mit MetaGer, der Suchmaschine über deutschsprachige Suchmaschinen unter der Internet-Adresse http://meta.rrzn.uni-hannover.de finden. Das Buch von Jens Hildebrand, Internet-Ratgeber für Lehrer, Köln 1999, 5.Auflage, bietet eine gute Übersicht mit vielen Tipps und Anregungen. Die Surfplattform des Fachbereichs Politikwissenschaft der Universität Kaiserslautern http://uni-kl.de/FB-SoWi/FGPolitikwissenschaft/surfpf bietet einen guten Überblick und einen schnellen Zugriff auf wichtige Adressen politischer Bildungsinstitutionen im Netz.

4) Wolfgang Sander nennt in diesem Zusammenhang u.a. Qualifikationen, wie das Denken in Zusammenhängen, sich mit anderen Arbeitsziele setzen und auch in komplexen, projektartigen Vorhaben realisieren können, sich Informationen über gesellschaftlich-politische Fragen und Probleme selbständig beschaffen sowie sie sinnvoll einordnen und beurteilen können. Vgl. Sander, Wolfgang. 1996. Beruf und Politik. Von der Nützlichkeit politischer Bildung. Schwalbach/Ts., 30 ff.

5) Eine umfangreiche Materialsammlung zur Thematik "Bildung in der Informationsgesellschaft" für den Sozialkundeunterricht hat Eike Henning zusammengestellt, in: Wochenschau Sek.II, Nr. 1/2, 1999, 76-82. Interessante Anregungen mit vielen Internet-Adressen finden sich auch in der "PZ" der Bundeszentrale für politische Bildung, Nr. 98, Juni 1999, oder unter der Internet-Adresse http://www.pz-net.de [Anm. d. Red.: Inzwischen ersetzt durch "Fluter", http://www.fluter.de].

6) Repräsentativ bezieht sich in diesem Zusammenhang auf eine größere Anzahl von Unterrichtsgesprächen in verschiedenen Berufsschulklassen zum Thema Internetnutzung.

7) Gemeint ist hier die Beachtung allgemeiner Unterrichtsprinzipien der politischen Bildung, wie z.B. Schülerorientierung, Aktualität und Betroffenheit.

8) Vgl. Ackermann, Paul, et al. 1994. Politikdidaktik kurzgefasst. Planungsfragen für den politischen Unterricht. Bonn.

Literatur

Ackermann, Paul, et al. (1994): Politikdidaktik kurzgefasst. Planungsfragen für den politischen Unterricht. Bonn.

"Die Internet-Fangemeinde wächst". (1999): In: Rheinpfalz vom 24.8.1999.

Henning, Eike (1999): Bildung in der Informationsgesellschaft. In: Wochenschau Sek. II. Nr. 1/2, 76-82.

Hildebrand, Jens (1999): Internet-Ratgeber für Lehrer. 5. Aufl. Köln.

Sander, Wolfgang (1996): Beruf und Politik. Von der Nützlichkeit politischer Bildung. Schwalbach/Ts.

Jugendwerk der Deutschen Shell, Hg. (1999): Jugend ´97 - 12. Shell Jugendstudie. Opladen

Anhang

Beispiel einer Gruppenarbeit zur dritten Unterrichtseinheit

Abschlussfragebogen Internet - Führerschein

Internet - Führerschein der BBS I - Technik - Kaiserslautern

Dies ist eine leicht bearbeitete Fassung des Textes, der unter gleichem Titel erschienen ist in: Politische Bildung 32 Jg. 1999 (H. 4), 64-85.

© 2004 Doris Bohn, Stefan Möhnen, Alfred Lui, © 2004 sowi-online e.V., Bielefeld

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