Projektwerkstatt

Klaus I. Rogge

Inhalt

1. Kurzbeschreibung
2. Portrait der Projektwerkstatt
2.1 Zielsetzungen
2.2 Struktur und personelle Zusammensetzung
2.3 Arbeitsweise
2.4 Aufgaben der Projektgruppen
2.5 Aufgaben der Projektberatung
2.6 Aufgaben der Projektjury
2.7 Arbeitsphasen: Von der Teambildung bis zum Projektantrag
3. Literatur

 

1. Kurzbeschreibung

Eine Projektwerkstatt ist der Lernort, an dem Politische BildnerInnen, WeiterbildnerInnen und KulturarbeiterInnen in einem möglichst herrschaftsfreien Raum sich um Innovationen (hier: Projekte) in ihrem jeweiligen Arbeitsfeld bemühen. Die Werkstatt zeichnet sich dadurch aus, dass in ihr das Produkt Projekt in möglichst wirklichkeitsnaher Form simuliert wird. Dies erfolgt durch die Betonung des Aspektes eines freien, kreativen Lernens und Übens in und mit einer Gruppe von Menschen, die gewillt sind, sich auf den festen Rahmen einer Projektwerkstatt auf Zeit einzulassen. Die Projektwerkstatt wird von einer Fortbildungsinstitution bzw. einem entsprechend qualifizierten Fortbildungsteam verantwortet und umgesetzt. Diese kann in offener (als "reines" Fortbildungsangebot) oder in gebundener Form (gemäß einem Auftrag) angeboten und konzipiert werden. Bei ersterem steht dann der methodisch-didaktische, beim zweiten der thematisch-inhaltliche Aspekt im Vordergrund.

2. Portrait der Projektwerkstatt

2.1 Zielsetzungen

Pädagogen und Pädagoginnen sind - wie andere Berufssparten auch - davon bedroht "auszubrennen". Befördert wird dies u.a. dadurch, dass es auf Grund verringerter Einstellungsmöglichkeiten im pädagogischen Sektor zu überalterten Kollegien kommt. Darüber hinaus wird seitens der öffentlichen Hand zunehmend die Regelförderung zurückgenommen und stattdessen auf Projektförderung gesetzt. Mit der Arbeitsform "Projektwerkstatt" verbinden sich dem gemäß die folgenden Zielsetzungen:

  1. Im Rahmen der Werkstatt werden Grundlagen in Bezug auf Projektmanagement, Projektförderung und -finanzierung vermittelt;
  2. für das jeweilige Berufsfeld werden exemplarisch innovative Projektideen unter Einsatz kreativer Methoden entwickelt
  3. diese Projektideen werden im Rahmen der Werkstattarbeit in miteinander konkurrierenden Projektgruppen kreativ ausgefaltet und zu Projektkonzeptionen verdichtet;
  4. die Konzeptionen werden gemäß den Vorgaben der Förderinstanzen sowie deren Förderrichtlinien in den Gruppen zu Projektdesigns verarbeitet, die entsprechende Finanzierungspläne beinhalten;
  5. die Projektdesigns werden vorgestellt und einer Fachjury zur Begutachtung vorgelegt.
In der aktiven Werkstattzeit können die Projektgruppen in einem festgelegten Rahmen sich fachlichen Rat einholen.

2.2 Struktur und personelle Zusammensetzung

Die Werkstatt setzt sich aus folgenden Personengruppen zusammen:

  • Werkstattleitung: Diese zeichnet für den Gesamtablauf der Werkstatt zuständig und fungiert somit als Steuerungsgruppe.
  • Beraterteam: Über Beraterverträge kann von den einzelnen Projektgruppen phasenweise und auf Zeit Expertenwissen eingeworben werden
  • Projektgruppen: Auf Grundlage der zur Wahl gestellten Themenfelder werden von den Teilnehmern und Teilnehmerinnen der Werkstatt die Projektgruppen gebildet
  • Projektjury: Experten beraten über die Projektanträge und begutachten diese;
  • Beobachter: In ihrer beratungsfreien Zeit gehen die Berater in einzelne Projektgruppen und übernehmen dort Beobachtungsaufgaben.
Um den personellen Aufwand der Werkstatt zu minimieren, sollte darauf geachtet werden, dass die Aufgaben der Werkstattleitung, der Beratung, der Beobachtung wie auch der Projektjury möglichst vom gleichen Personenkreis wahrgenommen werden kann.

2.3 Arbeitsweise

Damit die Werkstatt arbeitsfähig bleibt, bedarf es weiterer Abmachungen zwischen den Projektgruppen und der Werkstattleitung:

  • Die einzelnen Projektgruppen bestimmen je eine Person, die für die jeweiligen Außenkontakte zuständig zeichnet;
  • die Projektteams klären ihre Leitungsstruktur und ihre Rollen- und Aufgabenverteilung
  • die Kontaktperson verhandelt im Auftrag der Projektgruppenleitung mit dem Beratungsteam über die Vereinbarung von Beraterverträgen (Beratungsgegenstand und -zeit
  • den einzelnen Projektteams stehen jeweils vier Beraterverträge zu zwanzig Minuten Beratungszeit zur Verfügung. Über deren Einsatz müssen sie sich gemäß Angebot und Nachfrage mit dem Beratungsteam verständigen
  • die im Werkstattprogramm ausgedruckten Zeitangaben verstehen sich als Arbeitszeiten, die strikt einzuhalten sind
  • die Beobachter stehen während der Arbeitszeit der Teams nicht für Nachfragen zur Verfügung. Die Klärung offener Fragen hat über die Werkstattleitung zu erfolgen
  • in etwaigen Konfliktfällen kann die Werkstattleitung als letzte Instanz angerufen werden.

2.4 Aufgaben der Projektgruppen

Die Aufgabe des jeweiligen Projektteams ist es,

  • Projektideen zum jeweiligen Themenschwerpunkt sammeln und zu sichten;
  • aus einer oder mehreren Ideen eine für die Gesamtgruppe zur Weiterarbeit geeignete Projektidee herauszufiltern
  • diese Projektidee dann im Team kreativ anzureichern, auszufeilen und in eine Projektkonzeption einmünden zu lassen
  • über die Projektkonzeption hinaus dann ein Projektdesign einschließlich des zu stellenden Förderungsantrags erarbeiten.

2.5 Aufgaben der Projektberatung

Während der gesamten Teamarbeitszeit können die Projektteams über die Kontaktpersonen mit dem Beratungsteam gemäß ihrem Bedarf einen Beratungsvertrag abschließen. Die Projektberatung bietet i.d.R. die folgenden Beratungsleistungen an:

  • Finanzberatung: Kostenplanung, Förderrichtlinien, Trägerverantwortlichkeiten
  • Organisationsberatung und Controlling: Zielfindung, Projektorganisation, Stellen- und Personalplanung, Zeit- und Arbeitsplanun
  • Projektförderung: Fachliche Aufgaben, Vertragsabschlüsse, Sponsoring, Marketing
  • Kollegiale Praxisberatung: Bundes-, Landespolitik, Konzeptentwicklung, Kreativmethode

2.6 Aufgaben der Projektjury

Die Projektjury sichtet die abgegebenen Projektanträge, unterzieht sie zusammen mit der Präsentation im Plenum einer Bewertung und begründet gegenüber den Teams ihre Entscheidung. Die Anträge werden seitens der Jury nach folgenden Kriterien gewichtet und bewertet:

  • bildungspolitische Relevanz
  • formal-inhaltliche Aspekt
  • Art und Weise der Präsentation
  • Selbsteinschätzung des Team
Die Jury teilt den Teams ihre Entscheidung in Bezug auf eine im "Ernstfall" tatsächlich zu gewährende Zuwendung und deren Höhe im Plenum mit.

2.7 Arbeitsphasen: Von der Teambildung bis zum Projektantrag

Phase A: Teambildung - eine themenzentrierte Aktion

Die Werkstattleitung stellt die Schwerpunktthemen verbal und visualisiert auf Pinnwänden dar. Die Werkstatt-TeilnehmerInnen ordnen sich den Themen zu, räumlich entsprechend den Tafeln. Danach verbleibt ihnen noch eine viertel Stunde Zeit, um sich noch nach sachlichen oder auch persönlichen Gesichtspunkten umgruppieren zu können. Danach wechseln die "festen" Projektgruppen in ihre Gruppenräume. Damit beginnt ihre gruppenbezogene Arbeitszeit.

Phase B: Kennenlernen und erste Entscheidungen

Die Teammitglieder stellen sich und ihre vorläufigen Projektideen vor. Diese Ideen werden auf einer Pinnwand festgehalten. Danach klärt die Gruppe für sich ihre Struktur und Arbeitsweise (Leitung, Moderation, Kontaktperson ...) und informiert anschließend die Werkstattleitung über die getroffenen Entscheidungen.

Phase C: Exploration des Themenfeldes und Festlegung des Projekthorizontes

Zum jeweiligen Themenfeld assoziieren die Gruppenmitglieder frei. Das Ergebnis des Brainstormings wird auf Karten schriftlich festgehalten (Projekthorizont). Die vorläufigen Projektideen und die Assoziationsketten werden in der Gruppe erörtert, miteinander in Beziehung gesetzt und präzisiert. Danach einigt sich die Gruppe auf ihr weiter zu bearbeitendes enger gefasstes Projektthema (Arbeitstitel).

Phase D: Sammlung und Sichtung von Ideen zum Projektthema

Das Projektthema wird ausgefaltet, verzweigt und wieder zurückgeführt. Die Exkursionen in die Projektlandschaft werden beispielsweise in Form eines Mind-Mapping festhalten. Das vorläufige Ergebnis wird in der Gruppe erörtert, variiert, teils verworfen und neu entfaltet. Das Mind-Mapping wird auf den letzten Stand gebracht und dient dann als Vorlage für die Projektkonzeption.

Phase E: Von der Projektkonzeption zum Projektdesign

Das Konzept wird im Hinblick auf einen zu stellenden Projektantrag präzisiert und gemäß den Antragsformularen verschriftlicht. Das beinhaltet die Erarbeitung der Projektziele, der Planung und Klärung der Organisation des Projektes. Dazu gehören die Erstellung des Personaleinsatz-, Zeit- und Finanzierungsplans einschließlich des Marketingkonzepts und die Darlegung der Durchsetzungsstrategie. Alle Festlegungsschritte werden auf Wandzeitungen fixiert und bieten die Grundlage für die spätere Präsentation im Gesamtplenum der Werkstatt.

Phase F: Abschluss der Projektgruppenarbeit und Projektpräsentation

Nach Abgabe des Antrages an die Projektjury wird in der Gruppe die Präsentation vorbereitet: Inhalt, Visualisierungen, Rollenverteilung, Medien sowie Vortragsstrategie. Nach der Präsentation berichtet jede Gruppe über ihren Teamentwicklungsprozess sowie den Verlauf ihrer inhaltlichen Arbeit.

3. Literatur

Rogge, Klaus I. (1993) : KulturProjektManagement Fern Universität Hagen, Hagen

Habjanic, Rudi / Rogge, Klaus I. u.a. (1993) :Projektwerkstatt Von der Projektidee bis zum Projektdesign, Soest.

Rogge, Klaus I. (2000): Projektwerkstatt:, In: Hans-Werner Kuhn / Massing, Peter (Hg.): Methoden und Arbeitstechniken (Lexikon der politischen Bildung, Bd.3), Schwalbach/Ts., S. 143-145.

Rogge, Klaus I. (2000): Projektmanagement:, In: Hans-Werner Kuhn / Massing, Peter (Hg.): Methoden und Arbeitstechniken (Lexikon der politischen Bildung, Bd.3), Schwalbach/Ts., S. 139-140.

 

<p class="tnt"> sowi-online Originalbeitrag<br>
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&copy; 2002 sowi-online e. V., Bielefeld<br>
&copy; 2002 Klaus I. Rogge<br>
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