Ein besonderes Qualifikationspotenzial, das bislang kaum ausgeschöpft wird und gleichzeitig eine Arbeitsmarktreserve darstellt, sind junge Erwachsene mit Migrationshintergrund im Alter von 20-30 Jahren.
Die geringeren Chancen von Jugendlichen mit ausländischem Pass auf eine qualifizierte Berufsausbildung spiegeln sich auch darin wider, dass sie wesentlich häufiger als die deutsche Vergleichsgruppe ohne anerkannten Berufsabschluss bleiben: Neueste Auswertungen des Statistischen Bundesamtes dokumentieren, dass 1998: 40 % der 20- bis unter 30-jährigen Jugendlichen ausländischer Nationalität ohne Berufsabschluss bleiben (m: 37 %, w: 43 %) und nur 12 % der deutschen Vergleichsgruppe (m: 10 %, w: 13 %) (dazu auch Troltsch 1999).
Auch dieses Qualifikationspotenzial - so ein weiterer Beschluss der Bündnispartner - gilt es zu nutzen und den jungen Erwachsenen im Wege der Nachqualifizierung das Nachholen eines anerkannten Berufsabschlusses zu ermöglichen. Die meisten der jungen Erwachsenen besitzen bereits berufliche Erfahrungen und haben Kompetenzen in der Arbeitswelt erworben, an denen geeignete Maßnahmen ansetzen können.
Wie Untersuchungen des BIBB zeigen, sind junge Erwachsene ausländischer Nationalität - Frauen wie Männer - stark an einer (qualifizierten) Erwerbsarbeit interessiert (Granato 2000b). Um ihnen eine tragfähige und dauerhafte berufliche Integration zu ermöglichen, benötigen sie den Abschluss einer anerkannten Berufsausbildung.
Hier gilt es die im Verlauf der Modellversuchsreihe "Nachqualifizierung" des Bundesinstituts für Berufsbildung entwickelten Konzepte (z. B. Davids (Hrsg.) 1998), für diese Zielgruppe zu erproben und - stärker als bisher - flächendeckend zu fördern (Bundesministerium für Bildung und Forschung u. a. (Hrsg.) 1999). In diesem Zusammenhang ist die Externenprüfung ein wichtiges Instrument (vgl. Hecker 1994).
Auch spät eingereiste Jugendliche und nachziehende junge Erwachsene verdienen ein besseres Angebot zur Nachqualifizierung in anerkannten Berufen.
Modellversuche haben gezeigt, dass junge Ausländer wie Aussiedler, die erst als Jugendliche oder junge Erwachsene einreisen, bei entsprechender Förderung, eine anerkannte berufliche Erstausbildung erfolgreich durchlaufen und abschließen.
Haben sie in ihrem Heimatland eine in sich geschlossene Schullaufbahn absolviert, so haben sie "systematisches Lernen" gelernt, besitzen eine hohe muttersprachliche Kompetenz, z. T. Erfahrungen im Erlernen einer Fremdsprache und sind oft stark bildungsmotiviert (Beer 1992). Auf der Grundlage ihrer guten muttersprachlichen Kenntnisse meistern sie, bei entsprechend kontinuierlicher sprachlicher und fachlicher Unterstützung oftmals in kurzer Zeit die sprachlichen und theoretischen Herausforderungen einer Berufsausbildung erfolgreich.
Eine Schwierigkeit besteht nach wie vor darin, dass Betriebe bisher zu selten bereit sind, Jugendliche dieser Zielgruppe auszubilden und die bestehenden Fördermöglichkeiten der Bundesanstalt für Arbeit wie ausbildungsbegleitende Hilfen zu wenig kennen (Granato 2000b; Alt/ Granato 2001).