Joachim Bohn
Inhalt
1. Zum Unterrichtsverlauf
2. Vorarbeiten des Lehrers
3. Arbeitsphasen der Schüler
4. Vorteile für Lehrer und Schüler
5. Zum Autor
Abbildungen/Materialien
Abb. 1: Gruppenarbeit
Abb. 2: Plakat
Mat. 1: Lohnstreifen eines Auszubildenden für Januar 1990
Mat. 2: Arbeitsförderung auf einen Blick
Mat. 3: Einige der im Unterricht eingesetzten Schaubilder und
Karikaturen
Mat. 4: Rahmenfassung der zu erstellenden Zeitungsseite
Das Thema "Sozialversicherungen" ist für Lehrer wie Schüler
normalerweise eine recht trockene Angelegenheit - zumindest im berufsbildenden
Schulwesen. Die Kompliziertheit und Differenziertheit des Themas scheint eine
umfassende Stoffvermittlung durch den Lehrer nahe zu legen. Dass es indes auch
anders geht, zeigt die nachfolgende Unterrichtsskizze; die Schüler erschließen
sich die verschiedenen Bereiche der Sozialversicherung weitgehend selbstständig
und selbsttätig.
Abbildung 1: Gruppenarbeit
1. Zum Unterrichtsverlauf
Nach einer einführenden Stunde (s. unten) gestalten
die Schüler auf der Basis vorliegender Unterrichtsmaterialien in arbeitsteiliger
Gruppenarbeit je eine Zeitungsseite zu jeweils einer Sozialversicherungs-Art.
Dazu erhalten sie gängige (kostenlose) Broschüren und sonstige Materialien,
die sie in den Gruppen sichten, besprechen und auswerten müssen. Das heißt:
Sie müssen sich ins Thema einlesen und entscheiden, welche Informationen
sie auf ihre Themenseite bringen wollen. Zusätzlich muss jede Gruppe einen
Kommentar zu ihrem Teilthema erfassen. Auf diese Weise setzen sich die Schüler
kritisch mit den einzelnen Sparten der Sozialversicherung auseinander. Darüber
hinaus müssen Probleme der formalen Gestaltung der Zeitungsseiten gelöst
werden. Bei der abschließenden Präsentation der Gruppenergebnisse
werden die Zeitungsseiten von je einem Gruppensprecher vorgestellt und erläutert;
die Kommentare werden verlesen und in der Klasse diskutiert.
2. Vorarbeiten des Lehrers
Natürlich ist der Lehrer bei dieser schüleraktiven Unterrichtsgestaltung nicht ohne Arbeit! Seine Arbeit verlagert sich von der unterrichtlichen Lehre bzw. Belehrung auf die Unterrichtsvorbereitung zu Hause! Folgende Vorbereitungsarbeiten sind erforderlich:
(a) Materialbeschaffung
Die Träger der Sozialversicherungen - Landesversicherungsanstalten, Landesarbeitsämter, Geschäftsstellen der AOK und [/S. 46:] die Berufsgenossenschaften - unterhalten Referate für Öffentlichkeitsarbeit, bei denen eine Fülle von Material kostenlos erhältlich ist. Für meine unterrichtlichen Zwecke habe ich die folgenden drei Broschüren im Klassensatz bestellt und problemlos erhalten (vgl. M 1 und M 2):
- Berufsanfänger und die Sozialversicherung, Ausgabe 1990, zu beziehen bei der jeweils zuständigen Landesversicherungsanstalt; Inhalt: Stichwortartige Darstellung und der SV-Arten mit Beispielfällen, viele farbige Fotos und Schaubilder; Umfang 23 Seiten.
- Über die Sozialpolitik. Ein Heft für die Schule, Ausgabe 1989/90, zu beziehen beim Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung, Referat Presse und Information, Postfach, Bonn 1; Inhalt: Plakativer, schülergemäßer Überblick über die Sozialpolitik und die Sozialversicherungen, mehrfarbig mit Schaubildern; Umfang 23 Seiten.
- Unsere Sozialversicherung, hrsg. von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte und Landesversicherungsanstalten im Verband Deutscher Rentenversicherungsträger, 18. überarbeitete Auflage, Berlin 1990, zu beziehen bei der jeweils zuständigen Landesversicherungsanstalt; Inhalt: Übersichtliche Gesamtdarstellung aller SV-Arten mit historischem Überblick sowie Information zur Sozialgerichtsbarkeit, mehrfarbig, kartoniert, mit Stichwortverzeichnis; Umfang 122 Seiten.
Die beiden ersten Broschüren reichen normalerweise für den Unterricht
in der Sekundarstufe I. Zu beachten ist: Die Broschüren sollten frühzeitig
bestellt werden, da mit beträchtlichen Lieferzeiten zu rechnen ist (eventuell
telefonisch nachfassen).
Weitere Materialien zum Thema "Sozialversicherungen" finden sich in
den gängigen politischen Magazinen; ich sammle anschauliche aktuelle Artikel,
Tabellen und Karika turen ziemlich regelmäßig in themenbezogenen
Klarsichthüllen, um so bei Bedarf schnell auf sie zurückgreifen zu
können.
Äußerst hilfreich sind überdies die Schaubilder-Sammlungen der
Globus-Infografik, die aus der Tagespresse hinlänglich bekannt sind. Zu beziehen über
Globus-Infografik
(b) Materialbereitstellung
Jeder Schüler erhält zu Beginn der Unterrichtseinheit die drei genannten
Broschüren; außerdem bekommt jede Gruppe mehrere Seiten mit aktuellen
Schaubildern und Karikaturen, die vorab zusammenzustellen und als zusätzliches
Material-Set mehrfach zu kopieren sind (M 3). Zum zweiten
erhält jede Gruppe eine auf Din-A-3 kopierte "Rahmenfassung"
der zu erstellenden Zeitungsseite (vgl. M 4), die ebenfalls
vom Lehrer zusammenmontiert werden muss. Das erleichtert die zielstrebige Arbeit
der Schüler und ist in gewisser Weise auch anregend für die einzelnen
Gruppen.
Zum dritten schließlich müssen für die Gruppen Arbeitsmittel
wie Plakatkartons, Scheren, dickere Filzstifte (zur Gestaltung der Schlagzeilen)
und Klebstoff beschafft werden, die zur Gestaltung der Zeitungsseiten erforderlich
sind.
3. Arbeitsphasen der Schüler
Die Unterrichtseinheit umfasst insgesamt 5 Schulstunden.
In der ersten Stunde erhalten die Schüler Gelegenheit, sich anhand des
Schulbuches einen Überblick über das Sozialversicherungswesen (Entstehung,
Arbeiten, Träger, Finanzierung, Leistungen etc.) zu verschaffen. Dieser
Überblick wird in den nachfolgenden Stunden vertieft. Als vorbereitende
Hausaufgabe haben die Schüler zur nächsten Stunde Scheren und Klebstoff
mitzubringen.
In der zweiten und dritten Stunde arbeiten die Schüler in arbeitsteiliger
Gruppenarbeit an der Erstellung themenzentrierter Zeitungsseiten zur Krankenversicherung
(Gruppe 1), zur Rentenversicherung (Gruppe 2), zur Arbeitslosenversicherung
(Gruppe 3) und zur Unfallversicherung (Gruppe 4).
Die Gruppenbildung erfolgt dabei so, dass der Lehrer 4 Schaubilder/Karikaturen
zu den genannten Sozialversicherungsarten [/S. 47: - /S. 48:] auf dünne
Pappe kopiert, die Kopien in so viele Teile zerschneidet, wie Schüler in
die jeweilige Gruppe sollen, und die Schüler anschließend je ein
Puzzle-Teil "losen". Diejenigen Schüler mit zusammengehörenden
Teilen bilden eine Gruppe. Das zusammengesetzte Puzzle gibt zugleich den zu
bearbeitenden Sozialversicherungszweig an.
(Vollbild) |
Zur Arbeit selbst: Die Schüler sichten die vorliegenden Broschüren, Schaubilder und Karikaturen, werten sie unter ihrer je spezifischen Aufgabenstellung aus und gestalten anschließend die vorgesehene Zeitungsseite - inklusive des zu erstellenden Kommentars.
Rahmenfassung der zu erstellenden Zeitungsseiten
Hinweis: Da sich die Schüler zum Teil scheuen, aus den vorliegenden Broschüren
etwas auszuschneiden, werden einige zusätzliche "Schnippel-Exemplare"
bereit- gestellt.
In der vierten Stunde wird zunächst noch die gestalterische Arbeit fortgesetzt.
Anschließend bereiten sich die vier Gruppen auf ihre Präsentationen
vor, die in der 5. Stunde durchgeführt werden. Dabei stellt jede Gruppe
ihr Plakat vor (vgl. Fotos); das macht ein gewählter
Sprecher; dieser verliest auch den erarbeiteten Kommentar.
Abbildung 2: Plakat
Eine Aussprache schließt sich jeweils an; bei dieser Gelegenheit kann
der Lehrer nötigenfalls ergänzende/korrigierende Anmerkungen machen.
Allerdings sollte er sich mit seiner (kritischen) Würdigung möglichst
zurückhalten.
4. Vorteile für Lehrer und Schüler
Die skizzierte Unterrichtseinheit hat einmal mehr bestätigt, dass die
meisten Schüler gerne praktisch/kreativ tätig sind. Da wird selbst
ein so trockener Lernstoff wie das Sozialversicherungswesen interessant und
motivierend. Hinzu kommt: Die gängige Dominanz des Lehrers wird gemindert;
die Schüler können sich stärker einbringen und sich im eigenständigen
Planen, Entscheiden, Organisieren, Gestalten und Kooperieren üben (s. "Schlüsselqualifikationen").
Das begünstigt nicht zuletzt den längerfristigen Lernerfolg, denn
das, was die Schüler eigenständig gemacht haben, bleibt erfahrungsgemäß
besser hängen, als das, was nur rezeptiv abgehandelt wird.
Vorteile ergeben sich allerdings auch für den Lehrer. Das beginnt bei der
Zeitersparnis durch arbeitsteiligen Gruppenunterricht und reicht über die
verbesserte Motivation und Lerneffizienz der Schüler bis hin zur verringerten
Belastung (weniger Stress, Schonung der Stimme etc.) und zum besseren Kennenlernen
der Schüler im Rahmen der relativ zeitintensiven Gruppenarbeit.
5. Zum Autor
Joachim Bohn, Lehrer für Sozial- und Wirtschaftskunde an der Berufsbildenden Schule Ludwigshafen, Kastanienstraße 3, 67459 Böhl-Iggelheim
Dieser Text ist ursprünglich unter gleichem Titel erschienen in: arbeiten+lernen/Wirtschaft, 2. Jg. (1992) Nr. 5, S. 45-48.
© 1992 Verlag Erhard Friedrich, Seelze; © 2001 Joachim Bohn, Böhl-Iggelheim
Um den Text zitierfähig zu machen, sind die Seitenwechsel des Originals in eckigen Klammern angegeben, z. B. [/S. 53:].
sowi-online dankt dem Verlag Erhard Friedrich, Seelze, und dem Verfasser für die freundliche Genehmigung zum "Nachdruck" dieses Textes im Internet.
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