Rollenspiel "Industrieansiedlung in Schöndorf?"

Christa Schmieg, Thomas Barnert, Andreas Hamberger, Christof Hölzl, Dieter Nietmann

Inhalt

  1. Informationen für den Lehrer/Spielleiter
    1. Methodische und inhaltliche Zielsetzung des Rollenspiels
    2. Einsatzmöglichkeiten
    3. Legitimation des Modell-Falls
    4. Methodische Hinweise
  2. Anlagen (zu den Spielleiter-Informationen)
    1. Anlage 1
      1. Konfliktsituation
      2. Vertiefende inhaltliche Argumente
    2. Anlage 2
    3. Anlage 3
  3. Informationen für alle Teilnehmer
    1. Beschreibung der Gemeinde:
    2. Geographische Lage der Gemeinde/des Gewerbegebietes:
    3. Finanzielle Situation der Gemeinde:
    4. Infrastruktur/Situation der Bevölkerung:
    5. Aktuelle Konfliktsituation:
    6. Arbeitsanweisung an alle Gruppen

Abbildung 1: Methodische Hinweise
Abbildung 2: Allgemeine Hinweise zur Methode des Rollenspiels
Abbildung 3: Ablaufschema zum vorliegenden Rollenspiel
Abbildung 4: Lageplan der Gemeinde Schöndorf und Umgebung
Rollenkarten

1. Informationen für den Lehrer/Spielleiter

1.1 Methodische und inhaltliche Zielsetzung des Rollenspiels

Der Erziehungs- und Bildungsauftrag der beruflichen Schulen stellt den Lehrern vielfältige Aufgaben. Diese haben insbesondere die Vermittlung der für die berufliche Bewährung erforderlichen Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse zu bewältigen. Welche fachlichen Inhalte den Schülern zu vermitteln sind, schreibt der jeweilige Lehrplan den Lehrern vor. Freiheit hat jeder Lehrer de jure allerdings hinsichtlich der von ihm zu wählenden Unterrichtsmethode.

Aus dieser Wahlfreiheit kann jedoch nicht eine Beliebigkeit der Unterrichtsmethode gefolgert werden. Der Erziehungs- und Bildungsauftrag schreibt den Lehrern an beruflichen Schulen ferner vor, die Schüler durch zielbewusste Führung und partnerschaftliches Unterstützen zur Selbstständigkeit und zum eigenverantwortlichen Handeln zu erziehen. Damit das Ziel der Selbstständigkeit und des eigenverantwortlichen Handelns in der Schule erreicht werden kann, bedarf es unterrichtlicher Lernarrangements, die eben diese Ziele einlösen können. Das hier aufgezeigte Rollenspiel stellt einen Versuch zu einer derartigen Unterrichtsgestaltung dar.

Der Fall soll exemplarisch einen der vielen denkbaren Zielkonflikte im Rahmen des magischen Sechsecks der Wirtschaftspolitik des Staates (hier der Gemeinde) aufzeigen. Durch das Rollenspiel kann den Schülern verdeutlicht werden, dass z.B. Wirtschaftswachstum nicht eine ferne, abstrakte Größe ist, sondern dass wir alle von den Vor- und Nachteilen der Erarbeitung des Bruttoinlandsproduktes betroffen sind.

1.2 Einsatzmöglichkeiten

Das Rollenspiel wurde für Schüler des WG, des BK II und der KBS (z.B. Bank, Industrie und Großhandel) konzipiert. Vor dem Einsatz des Rollenspiels in anderen Schularten (z.B. BFW - Wirtschaftsschule) sind evtl. die vorliegenden Materialien zu überarbeiten:

Zeitbedarf: 2 - 3 Unterrichtsstunden

Lehrplanbezug: VWL-AWL-Lehrplan (Ziele der Wirtschaftspolitik, Zielbeziehungen, Probleme des Wirtschaftswachstums u. a.)

1.3 Legitimation des Modell-Falls

Die Autorengruppe entschied sich bei der vorliegenden Unterrichtsvorlage bewusst gegen die Aufarbeitung eines konkreten Falles aus der Realität. Folgende Aspekte waren hierfür entscheidend:

  1. Der Modell-Fall ist "zeitlos". Sowohl das Problem selbst wie auch die vorliegenden Materialien bleiben wohl über einige Zeit aktuell.
  2. Der Modell-Fall ist nicht an eine bestimmte Region gebunden. Die Spiel-Gemeinde kann in die Region jeder Schule verlegt werden.
  3. Der Modell-Fall ist inhaltlich flexibel. Durch Veränderungen einzelner Bedingungsgrößen kann das Rollenspiel variiert werden. [/S. 35:]

1.4 Methodische Hinweise

Abbildung 1:

Phase Hinweise 
Konfrontation/
Planung
  • Einführung in die Konfliktsituation der Gemeinde Schöndorf durch den Lehrer
  • (ggf.) Vorstellung der Methode des Rollenspiels und Erläuterung des Ablaufs zum vorliegenden Rollenspiel
  • Einteilung der Klasse in 7 Gruppen; Arbeitsanweisungen für die Gruppenarbeit
Anlage 1 (2.1.1)
+ Lageplan
Anlage 2
Anlage 3
Rollenkarten; Info für alle Teilnehmer
Durchführung Vertiefende inhaltliche Argumente Anlage 1 (2.1.2)
Alternative Gruppeneinteilungen:
  • Die Rolle des Bürgermeisters (Diskussionsleitung kann/muss evtl. vom Lehrer übernommen werden.
  • Es kann auch nur eine Gruppe der ortsansässigen Gewerbetreibenden gebildet werden.
  • Es ist möglich, eine zusätzliche Pressegruppe zu bilden. Die Pressevertreter (evtl. je ein Vertreter von politisch verschieden motivierten Blättern) sollen dann einen Kurzbericht über die Bürgerversammlung für die Zeitung schreiben. Die Diskussion über diese "tendenziösen" Zeitungsberichte kann zur inhaltlich-kritischen Reflexion beitragen.
Reflexion
  • Inhaltlich (ggf. Zusammenfassung der Pro-und-Contra-Argumente auf Grund der Diskussion und der Protokollblätter, evtl. zur Ergebnissicherung)
  • methodisch und organisatorisch (Zeit, Material, evtl. Modellkritik u.a.)
  • die Gruppendynamik betreffend (Arbeitsteilung innerhalb der Gruppe, Identifikation u.a.)
  • die Interaktion betreffend (Art der Argumentation, Einhaltung der Gesprächsregeln u.a.)
Inhaltliche
Weiterführung
  • Einarbeitung des Konflikts in das "mag. Sechseck der Wirtschaftspolitik". Generalisierung der im Rollenspiel angesprochenen Zielbeziehungen, z.B. Zielharmonie (Vollbeschäftigung und Wirtschaftswachstum), Zielkonflikt (Wirtschaftswachstum und lebenswerte Umwelt). Verdeutlichung, dass hier nur einer von vielen denkbaren Konfliktfällen aufgezeigt wurde.
  • Die Dilemmasituation der Gemeinde kann auch unter wirtschaftsethischer Zielsetzung weiter bearbeitet werden.
  • Werteanalyse: Welche Werte/Einstellungen liegen den jeweiligen Pro-und-Contra-Argumenten zu Grunde?
  • Entscheidung: Jeder Schüler trifft seine eigene begründete Entscheidung zum Konfliktfall (als fiktiver Gemeinderat). Diskussion über die Entscheidungsmotive.

2. Anlagen

2.1 Anlage 1(zu den Spielleiter-Informationen):

2.1.1 Konfliktsituation

Der Bürgermeister von Schöndorf erhielt einen Brief von der Chemie AG. Diese Unternehmung will weiter expandieren und sucht einen geeigneten Standort (für eine Produktions- und Forschungsabteilung). Die Chemie AG bittet um die Ausweisung entsprechender gewerblicher Flächen. Es wird in Aussicht gestellt, dass bis zu 400 neue Arbeitsplätze in dieser Niederlassung geschaffen werden.

Auch die Nachbargemeinde (3 km entfernt) erhielt diese Anfrage der Chemie AG und ist sehr bemüht, die Unternehmung an ihren Ort zu binden. Zwei weitere Gemeinden in anderen Regionen wurden wegen einer Standort-Anfrage von der Chemie AG angeschrieben.

In der Gemeinde wird heftig diskutiert über die Vor- und Nachteile durch eine Ansiedlung der Chemie AG. Presse, Bürgerinitiativen, Vereine, die ganze Bevölkerung ist in Aufruhr. Der Ge[/S. 36:]meinderat beschließt deshalb, eine Bürgerversammlung mit Podiumsdiskussion zu diesem Problem zu veranstalten.

2.1.2 Vertiefende inhaltliche Argumente

Damit der Spielleiter bei Schülerfragen weiterführende Impulse geben kann, sollen die folgenden inhaltlichen Aspekte angeführt sein.

  • Es gibt nicht nur ökologische, sondern auch ökonomische Gesichtspunkte, die gegen diese Industrieansiedlung sprechen, z.B. Abhängigkeit der Gemeinde von diesem Großbetrieb/dieser Branche, heimische Betriebe können evtl. nicht mehr wachsen, Arbeitskräfte werden abgeworben (durch hohe Entlohnung, die nur ein Großbetrieb zahlen kann).
  • Es soll ein Zweigwerk der Chemie AG gebaut werden (nicht das Hauptwerk). Bei Zweigwerken besteht eher die Gefahr, dass sie wieder aufgelöst werden.
  • Die Gemeinde steht an einem Scheideweg: entweder ein erhofftes (!) umweltverträgliches, langsames Wachstum im Laufe der nächsten Jahre und Jahrzehnte (Fremdenverkehr) oder schnelle Steigerung des Lebensstandards durch die Gewerbeansiedlung.
  • Zu beachten ist die Gefahr, dass die Industrieansiedlung im Nachbarort Durna realisiert werden könnte. Hier zeigt sich das echte Dilemma für unsere Gemeinde: Wenn sie selbst die Gewerbeansiedlung nicht forciert betreibt, hat sie evtl. durch die Nachbargemeinde die Probleme der Umweltemissionen, aber ohne Gewerbesteuereinnahmen. Zudem verliert die Landschaft auch für unsere Gemeinde den Reiz, sodass die Alternative des Fremdenverkehrausbaus in Gefahr wäre.
  • Die Sozialstruktur der Gemeinde wird sich durch die Gewerbeansiedlung stark verändern (Pendler fahren in die Gemeinde; qualifizierte Arbeitskräfte werden "importiert"; Neubaugebiete müssen ausgewiesen werden; hohe Nachfrage in der Gemeinde kann zu Preissteigerungen führen usw.).

2.2 Anlage 2 (zu den Spielleiter-Informationen):

Abbildung 2: Allgemeine Hinweise zur Methode des Rollenspiels



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2.3 Anlage 3 (zu den Spielleiter-Informationen):

Abbildung 3: Ablaufschema zum vorliegenden Rollenspiel



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Abbildung 4: Lageplan der Gemeinde Schöndorf und Umgebung



3. Informationen für alle Teilnehmer

3.1 Beschreibung der Gemeinde:

  • Name der Gemeinde: Schöndorf
  • Größe: 4 000 Einwohner
  • Bürgermeister/in. Herr/Frau ...... ist parteilos. Bei der nächsten Bürgermeisterwahl in einem Jahr will er/sie nochmals kandidieren.
  • Im Gemeinderat sind Anhänger der verschiedenen politischen Richtungen vertreten ("Öko-Partei" und "Wirtschafts-Partei").

3.2 Geographische Lage der Gemeinde/des Gewerbegebietes:

  • Die Gemeinde liegt am Rande eines landschaftlich reizvollen Gebietes. Obwohl sich in Schöndorf keine touristische Attraktion befindet, wäre die Lage der Gemeinde dazu geeignet, den Fremdenverkehr erfolgreich zu fördern (z.B. Ausweisung eines Landschaftsschutzgebietes, Ausbau des Radwegenetzes usw.). Diese Chance wäre aller[/S. 39:]dings durch die Gewerbeansiedlung weitgehend vergeben.
  • Die Lage des Gewerbegebietes ist aus dem Lageplan ersichtlich.

3.3 Finanzielle Situation der Gemeinde:

  • Der Gemeindehaushalt ist relativ solide finanziert. Man hielt sich seither in dem finanziell engen Rahmen, der durch die mageren Einnahmen der Gemeinde vorgegeben war.
  • Neue Situation: Die Feuerwehrabgabe als eine der wenigen Gemeindeeinnahmequellen fällt wegen Verfassungswidrigkeit ab 1995 weg.
  • Es besteht ein Nachholbedarf an wichtigen Gemeindeinvestitionen.

3.4 Infrastruktur/Situation der Bevölkerung:

  • Die Verkehrsanbindung an die Ballungsräume ist schlecht.
  • Die Gemeinde selbst hat nur wenig Arbeitsplätze.
  • Der Großteil der berufstätigen Bevölkerung muss zu den Arbeitsplätzen in den Nachbarstädten pendeln.
  • Die Arbeitslosenquote der Gemeinde entspricht dem Landesdurchschnitt.
  • In der Gemeinde wird seit langem ein modernes Freibad vermisst (man nutzt seither das kleine Freibad des Nachbarortes mit); eine Gemeindehalle wäre notwendig; gefordert werden auch mehr öffentliche Mittel für die Belange der Jugendlichen und der Schulen.
  • Eine Verbesserung der Infrastruktur durch die Gewerbeansiedlung wird erhofft (bessere Verkehrsanbindung mit Landeszuschüssen; erhoffte zusätzliche Steuereinnahmen).

3.5 Aktuelle Konfliktsituation:

In der Gemeinde wird heftig diskutiert über die Vor- und Nachteile durch eine Ansiedlung der Chemie AG. Presse, Bürgerinitiative, Vereine, die ganze Bevölkerung ist in Aufruhr. Der Gemeinderat beschließt deshalb, eine Bürgerversammlung zu diesem Problem zu veranstalten.

Folgende Interessengruppen der Bevölkerung sind in der Bürgerversammlung auf dem Podium vertreten:

1 Bürgermeister
1 Vertreter der Gewerbetreibenden (Handel und Handwerk)
1 Vertreter der Gewerbetreibenden (ortsansässige Kleinindustrie)
1 Gemeinderatsmitglied - "Öko-Partei"
1 Gemeinderatsmitglied - "Wirtschafts-Partei"
1 Vertreter der neu gegründeten Bürgerinitiative "Pro"-Industrieansiedlung
1 Vertreter der neu gegründeten Bürgerinitiative "Contra"-Industrieansiedlung

3.6 Arbeitsanweisung an alle Gruppen

  • Sammeln Sie innerhalb Ihrer Gruppe Argumente, damit Sie in der Podiumsdiskussion Ihren Standpunkt vertreten können. Bereiten Sie sich auf evtl. Gegenargumente vor.
  • Formulieren Sie Ihre Argumente schriftlich auf einem Protokollblatt.
  • Wählen Sie einen Sprecher, der Ihre Gruppe bei der Diskussion vertritt.

Rollenkarte: "Öko-Partei"

Sie sind Mitglied der "Öko-Partei" und vertreten die Interessen Ihrer Partei im Gemeinderat. Von Seiten Ihrer Wähler besteht ein besonders hoher Erwartungsdruck an Sie und Ihre Partei, da Ihre Partei vor drei Jahren zum ersten Mal in den Gemeinderat gewählt wurde.

Auf Grund von Wähleranalysen wissen Sie, dass ein hoher Prozentsatz Ihrer Wähler noch relativ jung ist. Junge Mütter sind dabei eine besonders bedeutsame Wählergruppe. Der Unmut Ihrer Wähler über das geplante Gewerbegebiet kommt in einer Vielzahl von Briefen an Ihre Partei zum Ausdruck.

Sie und Ihre Parteifreunde treffen sich heute in der Gaststätte "Zur blauen Ente" zur Vorbereitung auf die Bürgerversammlung, um dort mit schlagkräftigen Argumenten die Interessen Ihrer Wähler vertreten zu können. [/S. 40:]

Rollenkarte: "Wirtschafts-Partei"

Sie sind Mitglied der "Wirtschafts-Partei" und seit vielen Jahren im Gemeinderat.

Auf Grund von Gesprächen mit Parteifreunden und Bürgern Ihrer Stadt wissen Sie, dass der Großteil Ihrer Wähler für die Ausweisung des Gewerbegebietes ist. Eine Reihe namhafter Geschäftsleute der Stadt hat Sie nachdrücklich um eine Durchsetzung der Ausweisung des Gewerbegebietes gebeten. Allerdings wurden auch Einzelne kritische Stimmen von potenziellen Wählern Ihrer Partei bezüglich des Gewerbegebietes laut.

Sie und Ihre Parteifreunde treffen sich heute in der Gaststätte "Zum goldenen Hirschen" zur Vorbereitung auf die Bürgerversammlung, um dort mit schlagkräftigen Argumenten die Interessen Ihrer Wähler vertreten zu können.

Rollenkarte: Bürgerinitiative "Contra"

Sie sind Mitglied der neu gegründeten Bürgerinitiative "Contra"-Industrieansiedlung. Als entschiedener Gegner der Industrieansiedlung durch die Chemie AG und der Ausweisung entsprechend notwendiger Gewerbeflächen haben Sie sich mit gleich gesinnten Mitbürgerinnen und Mitbürgern der Gemeinde Schöndorf zusammengeschlossen. Ihrer Ansicht nach bestand hierzu dringender Handlungsbedarf, da Sie vielfältige Beeinträchtigungen durch das Gewerbeansiedlungsvorhaben befürchten, Ihre Interessen von den zuständigen Gemeinderepräsentanten diesbezüglich jedoch nur unzureichend gewahrt sehen.

Zu den Mitgliedern der BI "CONTRA" gehören neben zahlreichen besorgten Eltern insbesondere auch die Vereinsmitglieder des örtlichen Heimatvereins und des Schwäbischen Albvereins, Sektion Schöndorf, sowie Vertreter der Aktionsgruppe Landschaftsschutzgebiet Schöndorf.

Die Mitglieder der BI "CONTRA" treffen sich heute im Vereinslokal des Heimatvereines zur Vorbereitung der Bürgerversammlung. Es sollten stichhaltige Argumente gegen die Industrieansiedlung gesammelt werden.

Rollenkarte: Bürgerinitiative "Pro"

Sie sind Mitglied der neu gegründeten Bürgerinitiative "PRO"-Industrieansiedlung. Als Befürworter der Industrieansiedlung durch die Chemie AG und der Ausweisung entsprechend notwendiger Gewerbeflächen haben Sie sich mit gleich gesinnten Mitbürgerinnen und Mitbürgern der Gemeinde Schöndorf zusammengeschlossen. Ihrer Ansicht nach wird das dringend erforderliche Gewerbeansiedlungsvorhaben von den zuständigen Gemeinderepräsentanten nicht energisch genug vertreten. Eine Unterstützung von der "Basis" erscheint daher nötig, zumal ansonsten die Gefahr besteht, dass das Vorhaben durch mögliche Argumente der Industrieansiedlungs-Gegner vereitelt werden könnte.

Zu den Mitgliedern der BI "PRO" gehören neben engagierten Bürgern insbesondere auch Sprecher verschiedener örtlicher Sportvereine (Fußball-, Kegel- und Tennisverein).

Um stichhaltige Argumente für die bevorstehende Bürgerversammlung zu finden, treffen sich die Mitglieder der BI "PRO" heute im Fußballvereinslokal des "FC Schöndorf".

Rollenkarte: Vertreter der Gewerbetreibenden (Handel und Handwerk)

Sie sind Mitglieder der Werbegemeinschaft der Gemeinde Schöndorf. In der Werbegemeinschaft sind die örtlichen Geschäftsinhaber von Handels- und Handwerksbetrieben vertreten. Alle Mitglieder dieser Werbegemeinschaft sind als Geschäftsleute sehr angesehene Bürger in Schöndorf. In dieser Interessengemeinschaft versuchen sie gemeinsame Aktivitäten zu koordinieren (z.B. den verkaufsoffenen Sonntag, gemeinsame Werbeveranstaltungen usw.). Außerdem hat man sich zum Ziel gesetzt, in allen die Werbegemeinschaft betreffenden Angelegenheiten gemeinsame Aufklärungsarbeit zu leisten. [/S. 41:]

Nun soll in der Gemeinde ein neues Gewerbegebiet ausgewiesen werden. Dieses Thema beschäftigt die Mitglieder der Werbegemeinschaft sehr. Sie treffen sich heute im Gasthaus "Mittelpunkt". Auf der Tagesordnung steht als einziger Tagesordnungspunkt "Vorbereitung auf die Bürgerversammlung".

Rollenkarte: Vertreter der Gewerbetreibenden (ortsansässige Kleinindustrie)

In der Gemeinde Schöndorf gibt es einen Küchenhersteller und einen Betrieb, der die industrielle Abfüllung von chemischen Produkten übernommen hat. Die Inhaber dieser Betriebe sind die größten Steuerzahler in der Gemeinde und somit sehr angesehene Bürger. Die Vertreter dieser Betriebe haben sich im Verein "Initiative Kleinindustrie" zusammengeschlossen, um gemeinsame Aktivitäten zu koordinieren und Informationsarbeit hinsichtlich aller die Kleinbetriebe betreffenden Angelegenheiten zu leisten.

Nun soll in der Gemeinde Schöndorf ein neues Gewerbegebiet ausgewiesen werden. Zur Vorbereitung auf die bevorstehende Bürgerversammlung treffen sich die Mitglieder der "Initiative Kleinindustrie" im Gasthof "Zum Bären" zur gemeinsamen Besprechung.

Rollenkarte: Bürgermeister

Sie sind Bürgermeister der Gemeinde Schöndorf.

Bezüglich der anstehenden Entscheidung, ob ein Gewerbegebiet für die Chemie AG ausgewiesen werden soll, sind Sie (im Moment) noch neutral. Dies eröffnet Ihnen die Möglichkeit, sich alle Pro-und-Contra-Argumente genau anzuhören, um letztlich zu einer sachlich fundierten Meinung zu kommen.

Ihre Hauptaufgabe bei der stattfindenden Bürgerversammlung ist jedoch die Diskussionsleitung, d.h., Sie müssen

  • die Bürgerversammlung mit einer kurzen, einführenden Rede eröffnen;
  • geeignete Diskussionsregeln aufstellen und diese dem Publikum entsprechend erläutern;
  • dafür sorgen, dass diese Regeln auch eingehalten werden;
  • die Versammlung nach Ablauf der zur Verfügung stehenden Zeit beenden.

Tipp: Wenn Sie es für sinnvoll erachten, können Sie einen Helfer bestimmen, der Sie bei den Vorbereitungsarbeiten (Namenschilder mit Funktionsbezeichnung, Bestuhlung usw.) und während der Diskussionsrunde unterstützt.

Hinweis: Sie und die Gemeinderäte haben folgende internen Informationen:

  • Die Entsorgung der anfallenden Schadstoffe erfolgt im technisch machbaren Rahmen durch die Chemie AG.
  • Die für das Gewerbegebiet in Frage kommenden Grundstücke gehören der Gemeinde.

Das Original ist unter dem gleichen Titel erschienen in: Winklers Flügelstift 1/1996, S. 34-41.
(c) 1996 Winklers Verlag, Darmstadt
Um den Text zitierfähig zu machen, sind die Seitenwechsel des Originals in eckigen Klammern angegeben, z. B. [/S. 53:].
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