Ein wesentliches Kennzeichen der Arbeitslehre in der Bundesrepublik besteht darin, daß neben die einzelnen, relativ autonomen Teilbereiche Technik, Wirtschaft und Hauswirtschaft ein fächerübergreifender Bereich tritt. Dieser fächerübergreifende Bereich stellt eine Schnittmenge verschiedener Inhalte dar, ist in der Schule schwierig umzusetzen und wissenschaftlich nach wie vor höchst diskussionsbedürftig. Unter fächerübergreifendem Unterricht (Lehren und Lernen) wird ein Vorgehen verstanden, bei dem ein fachlich gegliederter Stundenplan (zeitweise) suspendiert wird, um ein Thema über einen längeren Zeitraum mehrperspektivisch zu behandeln; denkbar ist auch, fachbezogene Querverbindungen bei der Behandlung von Themen didaktisch-methodisch zu vernetzen, wobei die Fächerung des Unterrichts beibehalten wird (z.B. Mensch und Umwelt in historischer, geographischer, religiöser, ethischer Sicht). Möglich ist auch die Bildung von Lernbereichen, die fächerübergreifenden thematischen und/oder methodischen Konstitutionsprinzipien folgen (z.B. Sachunterricht der Grundschule).
Jenseits dieser drei Varianten entzündet sich die wissenschaftliche Diskussion an Fragen wie den folgenden: Ist fächerübergreifender Unterricht mehr als der gewagte Versuch, 'innerlich' verschiedenartige Stoffe so unter einen Hut zu bringen, daß wenigstens äußerlich der Eindruck einer geschlossenen Bildungseinheit entsteht? Verkommt ein sorgfältig geordnetes Bildungsgut durch fächerübergreifende Aufsplitterung nicht zu mehr oder weniger zufällig komponierten Arrangements provinzieller oder genialer Bastler? Darf man die Disziplin der Fächer ungestraft verlassen, um Schüler und Lehrer undurchsichtigen Komplexionen heterogener Inhaltssegmente auszuliefern? Verkommt eine Schule ohne Fächer nicht gar zu einem Supermarkt der Kultur?
Diesen kritischen Fragen kann als kurze Entgegnung zur Rechtfertigung fächerübergreifenden Unterrichts gegenübergestellt werden: (1) Schulpädagogisch gesehen stellt der fächerübergreifende Unterricht eine pragmatisch begründete Notlösung dar, da Fachunterricht zeitgemäße Bildung allein nicht mehr vermitteln kann. (2) Viele Schulfächer haben als Entwicklungsmedien für die Schülerpersönlichkeit beträchtliche pädagogische Legitimation verloren. Als Reflex hierauf versucht deshalb (3) fächerübergreifender Unterricht didaktische Sinnstrukturen (neu) zu entwickeln oder zurückzugewinnen.
Diese didaktischen Gesichtspunkte werden in der neueren erziehungswissenschaftlichen Diskussion im Zusammenhang mit Fragen der Schulqualität und Schuleffektivität, also der Suche nach Kennzeichen einer 'guten Schule', außer Acht gelassen. Dort geht es neben Aspekten wie Schulleben, Weltbild der Erziehenden, Einstellung zu Schülern, Interesse und Motivation, Identifikation und Zufriedenheit mit Schule und Beruf, Unterrichtsqualität, Zusammenarbeit mit Eltern auch um die Kooperation im Kollegium einer Schule, die - auf unsere Überlegungen gewendet - für einen gelingenden fächerübergreifenden Unterricht von großer Bedeutung ist.