Das Schulsystem in Frankreich umfaßt die dreijährige (freiwillige) vorschulische Erziehung (école maternelle), die fünfjährige Grundschule (école élémentaire), die vierjährige Mittelstufe (collège) und die dreijährige Oberstufe (lycée). Alle Schulen sind als Ganztagsschulen organisiert. Die Grundschule und die Mittelstufe werden als Gesamtschulen geführt. In den zwei oberen [/S. 84:] Klassen der Mittelstufe (collège) findet eine starke äußere Differenzierung statt. Das allgemeine Abitur (baccalauréat d'enseignement général) kann in unterschiedlichen Profilbildungen nach dem Besuch der Oberstufe (lycée) erworben werden. Daneben existieren in der Oberstufe technologische und berufliche Schulen (lycée technologique und lycée professionnel), in denen das technologische bzw. berufliche Abitur erworben werden kann. Neben der schulischen Berufsausbildung in der Mittel- und Oberstufe gibt es erste Ansätze einer dualen Berufsausbildung nach deutschem Vorbild. Das französische Bildungswesen wird zentralistisch von Paris aus verwaltet. Unterrichtspläne (programmes) gelten einheitlich in ganz Frankreich. Hervorzuheben sind das laizistische Prinzip und das der Methodenfreiheit:
- Das laizistische Prinzip, das 1880 unter dem Erziehungsminister Jules Ferry eingeführt wurde, verpflichtet die staatliche Schule zu weltanschaulicher Neutralität. Nur im Rahmen des nationalen und gesellschaftlichen Konsenses kann in der Schule zu Werten erzogen werden. Dieses Prinzip ist fest im Denken der Lehrer und Bildungspolitiker verankert. Erst in neuerer Zeit beginnt eine Diskussion, die die politische und wissenschaftstheoretische Fragwürdigkeit eines solch neutralen und scheinbar objektiven Anspruchs problematisiert (La Formation 1990, S. 283).
- Die Unterrichtsmethoden können von den Lehrern frei gewählt werden, soweit es ihnen die äußeren Umstände, wie z.B. hohe Klassenfrequenzen, ermöglichen. Vorherrschend sind lehrerzentrierte und stofforientierte Methoden. Reformpädagogische Ansätze (z.B. Freinet) werden trotz einer gewissen staatlichen Unterstützung seit der Haby-Reform im Jahr 1975 nur selten im Unterricht umgesetzt, in der Grundschule mehr als in anderen Schulstufen.