Verbraucherschutz - eine Aufgabe der Schule?
„Der beste [Verbraucher]Schutz sind mündige Verbraucher, die in der Lage sind, sich zu informieren. Verbraucherschutz fängt daher nicht in der Bankfiliale an und nicht auf der Verpackung eines Produkts. Wer Verbraucher ehrlich schützen will, muss damit im Schulunterricht beginnen.“ Dieses Zitat aus der Süddeutschen Zeitung vom 18.08.14 reiht sich in eine zunehmend intensiver werdende Debatte um die Rolle der Verbraucherbildung in der Bundesrepublik ein. Im Kern geht es um die Frage, welchen Beitrag Schule dazu leisten soll, den „mündigen Verbraucher“ zu erziehen. Die Diskussion hierüber wurde unter anderem angestoßen durch den im vergangenen Herbst veröffentlichten Beschluss der KMK, Verbraucherbildung in Schulen wesentlich zu stärken. SchülerInnen sollen in den Bereichen Finanzen, Marktgeschehen und Verbraucherrecht, Ernährung und Gesundheit, Medien und Information sowie nachhaltiger Konsum und Globalisierung Kompetenzen aufbauen, um letztlich mündig konsumieren zu können.
Diese Forderung, so schön und nachvollziehbar sie auch klingen mag, gerät angesichts den der Schule zur Verfügung stehenden Möglichkeiten aber in arge Bedrängnis. Im Blog-Beitrag von Eva-Maria Walker (Mai 2014) wurde bereits auf die strukturellen Ungleichgewichte verwiesen, die zwischen Anbietern und Kunden im Bereich der Finanzdienstleistungen herrschen – Ungleichgewichte, die auch durch eine finanzielle Allgemeinbildung nicht behoben werden können. Ähnliche Kritikpunkte lassen sich bezüglich der Thematik „Nachhaltiger Konsum“ anbringen. Die in vielen Unterrichtsmaterialien vorliegende Forderung, ökologisch, sozial und ethisch nachhaltig produzierte Güter zu konsumieren, ist meist einseitig normativ geprägt und widerspricht, so die These, den zentralen Forderungen des Beutelsbacher Konsenses. Insbesondere wird mit Hilfe solcher Forderungen eine typisch mittelschichtsbasierte Vorstellung „richtigen“ Konsumierens im Unterricht implementiert, die die Lebensrealität eines Großteils der Schüler systematisch missachtet. So entsteht die Gefahr einer Moralisierung des Konsums und eines „blaming the victim“: Konsumhandlungen werden in gut und schlecht unterteilt, wobei „schlechte Konsumenten“ zumindest eine Teilschuld an Klimakatastrophe, fragwürdigen Produktionsbedingungen in Textilfabriken und Co. tragen. Dass Politik aber nicht nur mit dem Einkaufswagen bzw. durch den Konsumenten betrieben werden kann, sondern vor allem durch Bürger und Staat, bleibt bei einer solchen Sichtweise unberücksichtigt. Keineswegs soll durch diese Kritik an den bisherigen Praktiken der Verbraucherbildung angeregt werden, das Thema des Konsums von der schulischen Agenda zu streichen. Vielmehr sollten Schüler die Möglichkeit bekommen zu erkennen, dass Konsum ein wesentlicher Bestandteil der modernen Gesellschaft ist, der eben diese Gesellschaft, aber auch das individuelle Leben prägt. Das Potenzial hierzu bietet eine sozialwissenschaftlich orientierte Konsumbildung, die sich nicht in der Vermittlung von Handlungsanweisungen erschöpft.
Literaturempfehlung: Häußler, Angela/ Küster, Christina (2013): Vorsicht Falle! Oder: Gibt es den ethisch korrekten Weg zur Vermittlung von Konsumkompetenz?, in: Haushalt in Bildung und Forschung 2 (2), S. 86-97.