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Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland: Auszug aus Veröffentlichungen der Kultusministerkonferenz: Dokumentation zur Berufsorientierung an allgemeinbildenden Schulen (Sekundarbereich I und II).

 

1. Länderübergreifende Gesamtdarstellung zur Berufsorientierung an Schulen des Sekundarbereichs I (außer Gymnasien)

 

1.1 Erlasse Verwaltungsvorschriften u. ä. im Hinblick auf Berufsorientierung

Die Zahl der Verwaltungsvorschriften, Bekanntmachungen u. ä. zur Berufsorientierung, die die "Rahmenvereinbarung über die Zusammenarbeit zwischen Schule und Berufsberatung" bzw. die daraus hervorgegangenen Übereinkommen der Länder mit Landesarbeitsämtern ergänzen, sind von Land zu Land sehr unterschiedlich. Manchen Ländern erscheint ihre länderspezifische Vereinbarung zur Zusammenarbeit zwischen Schule und Berufsberatung als ausreichend, andere regeln Teilbereiche wie die Durchführung von Betriebserkundungen, Betriebspraktika usw.

Dabei ist zu beachten, dass die Abgrenzung der Inhalte von "Berufsorientierung" unterschiedlich erfolgt. Manche Länder grenzen Berufsorientierung in den Lehrplänen stärker ab, vermitteln aber innerhalb der Berufsorientierung z. B. auch Kenntnisse über das Jugendarbeitsschutzgesetz und die Sozialversicherungen. Andere betonen, dass jeder Unterricht in Fächern wie "Arbeitslehre" oder "Arbeit-Wirtschaft-Technik" Beiträge zur Berufsorientierung leistet; diese Länder geben dann auch etwa Rahmenpläne für Arbeitslehre als Rechtsgrundlage im Hinblick auf Berufsorientierung an (Beispiel: Hessen).

 

1.2 Berufsorientierung in den Fächern und Lernbereichen der Stundentafeln

Berufsorientierung ist für die hier anzusprechenden Schulformen - also alle Schulformen, die Klassenstufen 5 bis 10 umfassen (ohne das Gymnasium) - zum festen Bestandteil von Unterricht geworden, in der Hauptschule in höherem Maße als in der Realschule. Der Schwerpunkt liegt meistens in den beiden letzten Klassenstufen der jeweiligen Schulform. Angebahnt wird die Berufsorientierung aber vielfach schon in früheren Klassenstufen bzw. in der Grundschule.
In einem Teil der Länder bzw. der Schularten ist die Berufsorientierung in bestimmten Fächern und Lernbereichen (Arbeitslehre, Arbeit-Wirtschaft-Technik, Politische Bildung, Sozialkunde, Gesellschaftslehre, Gemeinschaftskunde u. ä.) durch bestimmte Einheiten und Inhalte im Hinblick auf Dauer und ungefähren Zeitpunkt genauer festgelegt; in einem anderen Teil ist er verbindlich, der zeitliche Umfang und die zeitliche Festlegung aber bleibt der Konzeption der einzelnen Schule für die Berufswahlvorbereitung überlassen. Im Hinblick auf die lehrplanmäßigen Konzeptionen ist kein Unterschied zwischen den alten und den neuen Bundesländern erkennbar.

In mehreren Ländern und Schulformen verteilt sich der Kernbereich der Berufsorientierung auf den Pflichtunterricht und den Wahlpflichtunterricht. Oft wird er ergänzt durch sporadische Beiträge anderer Fächer und Lernbereiche (Religionslehre, Deutsch, naturwissenschaftliche Fächer, Bildende Kunst u. ä.), durch Möglichkeiten im Wahlbereich der Schülerinnen und Schüler (AG-Bereich, Projekttage usw.) sowie durch außerunterrichtliche Veranstaltungen.

Nur in Einzelfällen wird Berufsorientierung auch noch als Unterrichtsgrundsatz, also als ein für alle Fächer verbindlicher, fächerübergreifender Themenschwerpunkt, genannt.

 

1.3 Übergeordnete Zielsetzungen und wesentliche Inhalte des Unterrichts

Als globales Ziel der Berufsorientierung werden Berufswahlkompetenz, Berufswahlfähigkeit und Berufswahlreife der Jugendlichen genannt. Mit diesem Ziel werden Schlüsselqualifikationen, also grundlegende Einsichten, Einstellungen, Fähigkeiten und Fertigkeiten vermittelt, die den Jugendlichen die Gestaltung ihres individuellen Lebens und die Teilnahme am politischen Handeln der Gesellschaft besser ermöglicht.

Im Übrigen können übergeordnete Zielsetzungen und wesentliche Inhalte des Unterrichts nicht betrachtet werden, ohne dass sie im Zusammenhang mit der Aufgabe der Schule im Gesamtprozess der Berufswahlvorbereitung gesehen werden. Diese leitet sich aus dem verfassungsgemäßen Erziehungsauftrag der Schule her und wird näher bestimmt durch die Rahmenvereinbarung der Ständigen Konferenz der Kultusminister (KMK) vom 5.02.1971 und dem darauf aufbauenden Übereinkommen zwischen der Bundesanstalt für Arbeit [1] und der KMK [2] über die Zusammenarbeit von Schule und Berufsberatung. Danach soll die Schule grundlegende Kenntnisse über die Wirtschafts- und Arbeitswelt vermitteln, während die Berufsberatung "auf die individuellen Erwägungen zur Berufswahl und auf die Berufsentscheidung" vorbereitet und insbesondere über den Arbeitsmarkt, über Anforderungen und Aufstiegsmöglichkeiten Orientierung vermittelt.

In Modellschulen und bei Schulversuchen sollten aber auch "neue Formen der Zusammenarbeit von Schule und Berufsberatung erprobt werden". Solche Erprobungen und die Weiterentwicklung der Schulfächer, in denen Kenntnisse über die Wirtschafts- und Arbeitswelt vermittelt werden, haben in der Zwischenzeit dazu geführt, dass durch länderspezifische Regelungen und Absprachen genauere inhaltliche und organisatorische Abstimmungen zwischen Schule und Berufsberatung erfolgten. Diese Absprachen schaffen auch Gestaltungsräume für die einzelne Schule und eröffnen Möglichkeiten, eigene Schulprofile (weiter) zu entwickeln.

Inhaltliche Abstimmungen erfolgten so, dass die Zielstellungen der Länder und Schularten in etwa den Anforderungen des Gegenstandsbereichs Beruf im "Material zum Lernfeld Arbeitslehre im Sekundarbereich I" entsprechen, das 1987 von den Kultusministern den Ländern zur Verfügung gestellt wurde. Nach diesen Anforderungen sollen die Jugendlichen mit Hilfe der schulischen Berufsorientierung

  • Überblick gewinnen über schulische Bildungsgänge und berufliche Ausbildungsmöglichkeiten in der Region;
  • Einflüsse von Familie, Umwelt und Schule auf die Berufswahl von Mädchen und Jungen erkennen und für die eigene Entscheidung nutzen;
  • individuelle Fähigkeiten und berufliche Erwartungen einschätzen lernen und mit Anforderungen beruflicher Tätigkeiten vergleichen;
  • eine Berufswegplanung entwerfen und dabei sowohl individuelle Voraussetzungen als auch Arbeitsmarktverhältnisse berücksichtigen und die Dienste der Berufsberatung nutzen;
  • Chancen und Gefahren beruflicher Flexibilität und räumlicher Mobilität erkennen;
  • Beschäftigungschancen und -probleme im Hinblick auf soziale, technische und ökonomische Bedingungen erkennen und sich mit ihren individuellen und gesellschaftlichen Auswirkungen auseinander setzen;
  • wichtige Bestimmungen aus dem Jugendarbeitsschutz und einige weitere Bestimmungen aus dem Arbeitsrecht kennen.

Was sich an diesen Zielstellungen schon erkennen lässt, spiegelt sich auch in den einzelnen Länderberichten wider: Es wird jeweils ein pragmatischer Ansatz praktiziert, der die wesentlichen theoretischen Ansätze zur Berufswahl zu verbinden versucht: den entscheidungs-, den entwicklungs-, den allokations- und den interaktionstheoretischen Ansatz. Dazu gehört auch

  • die Behandlung berufsbezogener Themen in den einzelnen Fächern,
  • die Verstärkung fächerübergreifenden Unterrichts über die Zusammenhänge in der Arbeitswelt,
  • der Erwerb von Schlüsselqualifikationen im Hinblick auf die Anforderungen der Berufswelt,
  • die Vernetzung des Lernens in der Schule mit Lernorten in Handwerk, Handel, Industrie und Dienstleistung sowie
  • die Vorbereitung, Durchführung, Betreuung und Auswertung von Berufs- und Betriebspraktika.

Deutlich wird auch, dass in dem für die Berufsorientierung typischen Spannungsverhältnis zwischen einer engen Ankopplung an das Beschäftigungssystem und einer völligen Abkopplung vom Beschäftigungssystem das Interesse der Jugendlichen in angemessener Weise wahrgenommen wird.

In einzelnen übergreifenden Zielstellungen wird schon auf diesem Abstraktionsniveau deutlich, dass insbesondere in neueren Lehrplänen immer mehr in Erscheinung tretende Probleme der Berufsorientierung gebührend Berücksichtigung finden:

  • die strukturellen Veränderungen der Arbeitswelt,
  • der Wandel im Verhältnis von Erwerbstätigkeit, Haus- und Familienarbeit und Freizeit,
  • die besonderen Berufswahlprobleme von Mädchen und Frauen auf dem Arbeitsmarkt,
  • die Schwierigkeiten für einen Teil der Jugendlichen, einen Ausbildungs- bzw. Arbeitsplatz zu bekommen und die in Verbindung damit drohende Identitätskrise und
  • die speziellen Probleme von ausländischen Jugendlichen und Aussiedlern.

In den Zielstellungen werden zum Teil auch schon methodische Elemente sichtbar, die für die Berufsorientierung in dem betreffenden Land bzw. in der betreffenden Schulart für besonders wichtig gehalten werden. Dabei werden immer wieder die handlungsorientierte Methode und das Prinzip des Exemplarischen betont.

 

1.4 Praxis der Einbeziehung der Berufsberatung

Die Praxis der Einbeziehung der Berufsberatung zeigt im Wesentlichen ein überraschend einheitliches Bild für die verschiedenen Länder und die verschiedenen Schulformen.

1.4.1 Formen der Einbeziehung bzw. Zusammenarbeit

In allen Ländern und in allen Schulformen ist der Berufsberater mit zwei Schulbesprechungen in der vorletzten Klasse der betreffenden Schulform beteiligt. Dabei wird auch über die Einzelberatungen sowie über die anderen möglichen Hilfeleistungen der Berufsberatung bei der Berufswahlvorbereitung informiert (psychologische Eignungsuntersuchungen, finanzielle Fördermöglichkeiten usw.). In Verbindung mit den Schulbesprechungen, aber auch unabhängig davon, findet eine Einführung der Schülerinnen und Schüler in die Nutzung des Berufsinformationszentrums [3]bzw. des mobilen Berufsinformationszentrums (BIZ-mobil) [4] statt.

Wo die Verhältnisse dies nahe legen, sind auch z. B. Sprechstunden an Schulen von Berufsberaterinnen und Berufsberatern, berufskundliche Vortragsreihen, Ausstellungen und Filmvorführungen, Seminare der Berufsberatung, Gruppengespräche für Jugendliche mit ähnlichen Interessen und Fragen, Veranstaltungen für die Erziehungsberechtigten, Vermittlung individueller Betriebskontakte u. ä. vorgesehen.

1.4.2 Ziele und Inhalte von Schulbesprechungen der Berufsberatung

Für die wesentlichen Ziele und Inhalte der Schulbesprechungen hat sich bundesweit ein Konsens herausgebildet. Zum Kern der Inhalte gehören

  • das regionale betriebliche und schulische Ausbildungsangebot,
  • alternative Berufswegplanung,
  • Hilfen und Helfer bei der Berufswahl sowie
  • wichtige Termine und Ereignisse der Berufswahl.

Tendenziell werden in den neuen Ländern noch eher darüber hinausgehende Themen vom Berufsberater übernommen.

1.4.3 Verwendung von Medien der Berufsberatung in den Lehrplänen bzw. Unterrichtseinheiten

Die Medien, die über die BIZ [3] und BIZ-mobil [4] hinaus von der Bundesanstalt für Arbeit [1] für die Berufsorientierung zur Verfügung gestellt werden, werden bundesweit in einem hohen Maße genutzt. Bei den Printmedien gilt dies insbesondere für "Beruf aktuell" und für die Regionalschriften der Landesarbeitsämter, aber auch für das neue Mehrmedienpaket "Mach's richtig" [5] (mit interaktiver CD-ROM) und die Informationszeitung "Was werden" [6].

Von der Möglichkeit, über die in "Beruf aktuell" enthaltenen Bestellkarten gezielt "Blätter zur Berufskunde" zu bestellen, wird offenbar in angemessener Weise Gebrauch gemacht. Darüber hinaus werden in einigen Bundesländern berufskundliche Kurzfilme nicht nur beim BIZ-Besuch, sondern auch unmittelbar in den Berufswahlunterricht in der Schule einbezogen.

In einigen Ländern weisen neuere Lehrpläne ausdrücklich auf Medien der Bundesanstalt für Arbeit bzw. des Landesarbeitsamtes hin.

1.4.4 Einbeziehung der Berufsinformationszentren (BIZ)

Die Berufsinformationszentren (BIZ) [3] und die mobilen Berufsinformationszentren (BIZ-mobil) [4] leisten offensichtlich für die Information der Jugendlichen über Berufe einen ganz wesentlichen Beitrag. Sie werden in allen Bundesländern und für Schülerinnen und Schüler aller Schulformen in Anspruch genommen. Im Rahmen der Berufsorientierung werden die Schüler zumindest in die Nutzung des BIZ bzw. BIZ-mobil eingeführt. In mehreren Ländern finden die Schulbesprechungen vorwiegend im BIZ statt. Fast überall werden im BIZ darüber hinaus Gruppenbesprechungen und Seminare für interessierte Schülerinnen und Schüler angeboten. Die Berufsinformationszentren sind so zur wichtigen Möglichkeit geworden, sich individuell während des Prozesses der Erstberufswahl zu informieren.

 

1.5 Betriebserkundungen und Betriebspraktika

Betriebserkundungen und Betriebspraktika sind mehr oder weniger in allen Ländern Bestandteil der Berufsorientierung.

Für Betriebserkundungen, die kürzer und leichter zu organisieren sind, bestehen naturgemäß in geringerem Umfang Festlegungen. Durchgesetzt hat sich offensichtlich das Konzept der Aspekterkundungen, die endgültig die "Betriebsbesichtigungen" abgelöst haben. Allerdings ist in vielen Ländern der berufsorientierende Aspekt nur einer unter mehreren möglichen. In einer Reihe von Ländern sind Betriebs- bzw. Arbeitsplatzerkundungen unter berufskundlichem Aspekt in klarer Konzeption als Vorphasen des Betriebspraktikums festgelegt.

Auch Betriebspraktika werden nicht überall nur, aber überall auch unter dem berufsorientierenden Aspekt durchgeführt. Schon der juristischen und versicherungsrechtlichen Grundlagen wegen bestehen in vielen Ländern zum Betriebspraktikum ausführliche Richtlinien.

In manchen Ländern sind Betriebspraktika für bestimmte Schularten, meistens für die Hauptschule bzw. Gesamtschule, verbindlich. In vielen Ländern werden sie sehr empfohlen, sind aber der unterschiedlichen örtlichen wirtschaftlichen Gegebenheiten wegen nicht verpflichtend. Meist wird die Möglichkeit zu einem Betriebspraktikum in der vorletzten Klassenstufe gegeben, oft wird auch die Möglichkeit zu einem weiteren Praktikum in der Abschlussklasse eingeräumt.

Die mehr oder weniger verbindlich festgelegte Dauer eines Betriebspraktikums, bei dem meist auch kommunale Einrichtungen und Verwaltungen einbezogen sind, schwankt zwischen einer Woche und drei Wochen. Zum Teil ist die maximale Gesamtzahl der Arbeitstage festgelegt, wobei die zeitliche Verteilung auf zwei Praktika den Schulen überlassen bleibt.

Das Problembewusstsein im Hinblick auf eine sinnvolle Durchführung von Schülerbetriebspraktika scheint unterschiedlich ausgeprägt zu sein. In einer ganzen Reihe von Ländern bestehen aber für die Schülerbetriebspraktika besondere Handreichungen oder sind gerade in Erarbeitung.

In den neuen Ländern beeinträchtigt offensichtlich die Wirtschaftslage die Durchführung von Schülerbetriebspraktika erheblich. Aber auch in einem alten Bundesland (Bremen) wird festgestellt, dass die Bereitschaft der Betriebe zur Durchführung von Schülerbetriebspraktika abnimmt.

In einem Bundesland (Hessen) wurden mit Schülerinnen und Schülern aus Schulen mit bilingualem Zug und aus Europaschulen Pilotprojekte für Betriebspraktika im Ausland durchgeführt.

 

1.6 Besondere Maßnahmen, Modellversuche, außerunterrichtliche Aktivitäten; Einbeziehung der Informationstechnischen Grundbildung, Europaorientierung

Besondere Maßnahmen, Modellversuche, außerunterrichtliche Aktivitäten:

In den verschiedenen Ländern gibt es viele unterschiedliche besondere Ansätze zur Unterstützung und Weiterentwicklung der Berufsorientierung. Hierzu gehören z. B. besondere Formen der Zusammenarbeit zwischen allgemein bildenden Schulen und beruflichen Schulen, Werkstattunterricht in Werkstätten Dritter, Partnerschaften Schulen/ Unternehmen (z. B. durch Vermittlung der Studienkreise bzw. Landesarbeitsgemeinschaften Schule/ Wirtschaft), "Markt der Berufe" bzw. "Lehrstellenbörsen" in Zusammenarbeit mit Kammern, Verbänden und Betrieben, Tage der offenen Tür an beruflichen Schulen, Betrieben und überbetrieblichen Einrichtungen. Viele Veranstaltungen, Projekte und Modellversuche befassen sich mit den geschlechtsspezifischen Berufswahlproblemen. Dabei werden etwa "frauenuntypische" (gewerblich-technische) Berufe bzw. "andere Berufe für Mädchen" in besonderer Weise präsentiert. Bestimmte Projekte nehmen sich in breiterer Form der beruflichen Orientierung und Eingliederung von Mädchen an, z. B. auch das 1995 in Schleswig-Holstein begonnene BLK-Modellvorhaben "Aufbau eines regionalen Netzwerks von Schulen und außerschulischen Bildungs- und Berufseinrichtungen zur Förderung der Motivation und des Interesses von Mädchen für die Naturwissenschaft, Technik und Berufsorientierung".

Dieser Problematik widmen sich insbesondere auch neue Bundesländer. In Brandenburg geht es um den BLK-Modellversuch mit dem Titel "Berufsorientierung für Mädchen und Jungen - ein Modellversuch zur Erprobung, Weiterentwicklung und Umsetzung einer arbeitsorientierten und geschlechterbewussten Bildung", aus dem Unterrichtsmaterialien für den Berufswahlunterricht in der Sekundarstufe I gewonnen werden sollen.

Thüringen führte von 1993 bis 1996 einen BLK-Modellversuch "Förderung naturwissenschaftlich-technischer Bildung für Mädchen in der Regelschule und die Auswirkungen auf die Entscheidung für technische Berufe in Thüringen" durch. In Sachsen werden im Rahmen eines BLK-Modellversuches "Berufsorientierender Unterricht an Mittelschulen unter Einschluss von Betriebspraktika unter Berücksichtigung der Förderung von Berufstätigkeiten für Mädchen" seit September 1993 an sechs ausgewählten Mittelschulen Konzepte für Berufswahlunterricht gesucht, die den verschiedenen Profilbereichen der Mittelschule entsprechen.

Informationstechnische Grundbildung

In allen Ländern wird der Informationstechnischen Grundbildung (ITG) große Aufmerksamkeit geschenkt; sie ist überall zum festen Bestandteil von Unterricht geworden. Offensichtlich bestehen noch gewisse Unterschiede zwischen Ländern bzw. Schularten im Hinblick auf die Ausstattung mit Hardware und Software. In ihren Zielstellungen greift die Informationstechnische Grundbildung weit über Berufsorientierung hinaus, bietet aber auch für diese wichtige Orientierungshilfen.

Europaorientierung

Aussagen zur allgemeinen Europaorientierung lassen vermuten, dass in Einheiten zur Berufsorientierung auch Informationen über Möglichkeiten beruflicher Ausbildung und Erwerbstätigkeiten in anderen Ländern Europas, insbesondere in der EU vorgesehen sind.

In einer Reihe von Ländern bestehen spezielle Möglichkeiten zur Durchführung von Schülerbetriebspraktika im meist grenznahen Ausland, zum Teil in Kooperation mit ausländischen Schulen im Tandem-Modell (z. B. in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg). Es bestehen zur Durchführung von Betriebspraktika im Ausland auch bereits spezielle Handreichungen (Hamburg).

In Baden-Württemberg bestehen Vereinbarungen über die Zusammenarbeit der Berufsberatungsdienste in Deutschland und Frankreich über den Austausch berufskundlicher Schriften (Vereinbarung vom 4.07.1991) und die Durchführung gegenseitiger Sprechtage der Berufsberatungsdienste im jeweiligen Nachbarland (Vereinbarung vom 19.05.1993). Weitere Kooperationen gibt es im Rahmen der Programme der EU und mit der Schweiz.

 

1.7 Lehreraus- und -fortbildung

Lehrerausbildung:

In der ersten und in der zweiten Phase der Lehrerausbildung sind Inhalte der Berufsorientierung fester Bestandteil des Studiums jener Fächer, die nach den Lehrplänen der einzelnen Länder bzw. der einzelnen Schularten berufsorientierende Elemente enthalten. Für Studierende dieser Fächer ist in der Regel auch ein Betriebspraktikum vorgesehen. Häufig ist auch die Zusammenarbeit zwischen Schule und Berufsberatung ausdrücklich thematisiert.

Die Lehrerausbildung in den neuen Bundesländern ist noch in der Entwicklung. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Berufsorientierung der Schüler als wichtiger Inhalt in der Ausbildung der Lehrer gesehen wird.

Lehrerfortbildung:

Berufsorientierung ist in allen Ländern für Lehrerinnen und Lehrer an den Schulen der Sekundarstufe I (ausgenommen Gymnasien) inhaltlicher Bestandteil der zentralen, regionalen und schulinternen Lehrerfortbildung. Dabei ist in vielen Fällen die Berufsberatung als Kooperationspartner einbezogen. Veranstaltungen zum Thema "Berufsorientierung" finden der Praxisbezogenheit wegen häufig auch in Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern statt: Verbänden der Wirtschaft, Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern, Gewerkschaften, Wirtschaftsverbänden und Unternehmen. Die Bildungswerke der Wirtschaft und die Arbeitskreise Schule/ Wirtschaft treten - in organisatorischer und inhaltlicher Abstimmung mit der Schulverwaltung - häufig auch als freie Träger entsprechender Lehrerfortbildungsveranstaltungen auf. Für die aktuellen Informationen und die Kontakte mit Betrieben sind teilweise an entsprechenden Instituten auch Beratungsstellen eingerichtet.

Im Zusammenhang mit der Berufsorientierung wird in der Lehrerfortbildung eine ausgeprägte Praxisbezogenheit angestrebt. Darum werden in den meisten Bundesländern neben Betriebserkundungen auch Betriebspraktika für Lehrerinnen und Lehrer angeboten.

In den neuen Bundesländern verlangt die in den Lehrplänen vorgesehene Berufsorientierung von den Lehrerinnen und Lehrern Fähigkeiten, die auch bei ehemaligen Lehrkräften mit dem DDR-Abschluss für Polytechnik nicht gegeben sind. Auch deshalb werden Veranstaltungen zur Berufsorientierung als eine besondere Aufgabe der Lehrerfortbildung gesehen. In fast allen neuen Bundesländern wurden auch Handreichungen zur Berufsorientierung erarbeitet, die die Lehrerfortbildung unterstützen.

 

1.8 Hinweise zur weiteren Entwicklung

Bei den Tendenzen zur weiteren Entwicklung der Berufsorientierung besteht naturgemäß ein wesentlicher Unterschied zwischen den alten und den neuen Ländern.

Die Ministerien in den alten Ländern weisen auf unterschiedliche Entwicklungstendenzen hin, die meist mit verschiedenen übergreifenden Schwerpunkten in der jeweiligen Bildungspolitik zusammenhängen. So wird auf die Weiterentwicklung der Berufsorientierung im Rahmen neuer Bildungs- bzw. Rahmenpläne hingewiesen (Baden-Württemberg, Berlin, Bremen). In manchen Ländern soll die begonnene Zusammenarbeit zwischen berufsbildenden und allgemein bildenden Schulen intensiviert werden, damit auch die Fachkompetenz der Fachpraxis-Lehrkräfte und die Möglichkeiten der Fachpraxisräume für die Berufsorientierung nutzbar gemacht werden (Niedersachsen, Schleswig-Holstein).

Andere Länder wollen innerhalb der vorhandenen Konzeptionen bestimmten Entwicklungen in Wirtschaft und Gesellschaft noch stärker gerecht werden: durch bewusste Hinführung zu Schlüsselqualifikationen und zu vernetztem Denken (Schleswig-Holstein), durch verstärkte Aufmerksamkeit für die Berufsorientierung der Mädchen (Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen), der ausländischen Jugendlichen und der Jugendlichen, die aufgrund ihrer persönlichen und sozialen Situation die Schule mit Defiziten verlassen (Nordrhein-Westfalen).

Manche Länder streben an, ihr Konzept für die Berufsorientierung durch gezielte Maßnahmen abzurunden: durch eine stärkere Betonung des Gegenstandsbereichs Berufsorientierung/ Wirtschaft in der Lehrerausbildung sowie in der Lehrerfortbildung (Hamburg), durch gezielte Hilfen für einzelne Schulen mit noch unterentwickeltem Handlungsrahmen für die Berufsorientierung (Nordrhein-Westfalen), durch das noch zu entwickelnde eigenständige Konzept für Gesamtschulen (Rheinland-Pfalz), durch einen gemeinsamen Erlass über Schülerbetriebspraktika für alle Schularten (Saarland, Baden-Württemberg), durch institutionalisierte Evaluation von Arbeitslehrelehrplan und -praxis in der Hauptschule (Bremen).

In den neuen Ländern wird eine noch stärkere Abstimmung zwischen Schule und Berufsberatung angestrebt in Verbindung mit der Absicht, neue Strukturen und Mechanismen des Ausbildungs- und Arbeitsmarkts noch stärker zum Bewusstsein zu bringen (Sachsen). Die unterrichtsorganisatorischen Bedingungen für Berufsorientierung in den entsprechenden Fächern sollen verbessert und projektorientiertes Arbeiten gefördert werden (Sachsen-Anhalt). In die Berufsorientierung sollen noch stärker außerunterrichtliche Veranstaltungen - z. B. mit Eltern, mit Vertretern der Wirtschaft - einbezogen werden (Sachsen-Anhalt). Durch Musterprogramme für Fachräume und deren Ausstattung in den entsprechenden Fächern, etwa Arbeitslehre, sollen auch für die Berufsorientierung verbesserte Bedingungen geschaffen werden (Brandenburg). Die Fortbildungsangebote gerade für den Bereich Berufsorientierung sollen weiter ausgebaut werden (z. B. Brandenburg).

 

1.9 Zusammenfassung

In allen Ländern wird innerhalb der Bildungs- und Erziehungsaufgaben an Hauptschulen, Realschulen und Gesamtschulen der Berufsorientierung ein hoher Stellenwert zuerkannt. Sie wird überall als eine wichtige gemeinsame Aufgabe von Schule und Berufsberatung gesehen; Formen der Zusammenarbeit haben sich - unter Einbeziehung der Berufsinformationszentren (BIZ [3] und BIZ-mobil [4]) - eingespielt. Wegen der angestrebten Praxisorientierung werden im großen Umfang Betriebspraktika und Betriebserkundungen unter berufsorientierendem Aspekt einbezogen. Berufsorientierung im Unterricht der Lehrer und Schulbesprechungen der Berufsberater werden häufig ergänzt durch Veranstaltungen, die mit außerschulischen Verbänden und Einrichtungen durchgeführt werden: mit Kammern, Verbänden, Gewerkschaften, Partnerschaftsbetrieben u. ä. Unterschiedlich stark werden Impulse für die Berufsorientierung durch die Zusammenarbeit von allgemein bildenden und berufsbildenden Schulen abgegeben.

Im Hinblick auf den Entwicklungsstand der Berufsorientierung besteht naturgemäß ein Unterschied zwischen den alten und den neuen Ländern. Für die Lehrerinnen und Lehrer in den neuen Ländern haben sich die Bedingungen der Berufswahl innerhalb kurzer Zeit grundlegend geändert. Berufsorientierung wird dort insbesondere auch als ganz wichtiger Schwerpunkt in der Lehrerfortbildung gesehen. Die Zusammenarbeit mit außerschulischen Verbänden, Einrichtungen und Betrieben kann sich wegen der wirtschaftlichen Verhältnisse nur schrittweise einspielen. Die von der Berufsberatung durch die Berufsinformationszentren (BIZ und BIZ-mobil) zur Verfügung gestellten Informationsmöglichkeiten werden dort als besonders hilfreich empfunden und haben die Entwicklung gezielt vorangetrieben.

In allen Ländern ist aufmerksam zur Kenntnis genommen worden, dass die Bedingungen der Berufswahl sich in den letzten Jahren wesentlich verändert haben. Offensichtlich erschweren die Entwicklungen im Bereich der betrieblichen Ausbildung, der beruflichen Schulen sowie des Arbeitsmarktes überhaupt den einzelnen Jugendlichen und seinen Eltern, Bildungs- und Berufswahlentscheidungen ohne intensive Information und Hilfestellung verantwortungsvoll zu treffen. Deshalb sind in einigen Ländern zur Hilfestellung für besondere Problemgruppen Weiterentwicklungen im Gange.

 

2. Länderübergreifende Gesamtdarstellung zur Berufsorientierung an Gymnasien und gymnasialen Oberstufen

 

2.1 Erlasse, Verwaltungsvorschriften im Hinblick auf Berufsorientierung

Die Zahl der Erlasse, Verwaltungsvorschriften u. ä. zur Berufsorientierung, die die "Rahmenvereinbarung über die Zusammenarbeit zwischen Schule und Berufsberatung" bzw. die daraus hervorgegangenen Übereinkommen der Länder mit den Landesarbeitsämtern (2) ergänzen, ist von Land zu Land sehr unterschiedlich. Einem Land erscheint seine länderspezifische Vereinbarung zur Zusammenarbeit zwischen Schule und Berufsberatung als ausreichend, andere Länder haben Ergänzungen und Konkretisierungen angebracht. Diese beziehen sich z. B. auf die Umsetzungsmöglichkeiten eines fächerübergreifenden Ansatzes zur Berufsorientierung, auf Handreichungen zum Lehrplan mit teilweise erheblichem Umfang oder auf die Durchführung von Betriebserkundungen und Betriebspraktika.

 

2.2 Berufsorientierung in den Fächern und Lernbereichen der Stundentafeln

Berufsorientierung ist zwischenzeitlich zum festen Bestandteil in den Lehrplänen geworden. Dabei ist zu beachten, dass der Begriff "Berufsorientierung" keineswegs einheitlich besetzt ist. Ein eigenständiges Fach "Berufsorientierung" ist in keinem Land vorhanden. In einigen Ländern gibt es kein Fach mit einem deutlichen Schwerpunkt Berufsorientierung (z. B. Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern), einige Länder ordnen Inhalte zur Berufsorientierung nur einem oder wenigen Fächern zu (z. B. Berlin, Bremen, Rheinland-Pfalz, Sachsen), andere Länder realisieren ein fächerübergreifendes Konzept unter Einbeziehung möglichst vieler Fächer (z. B. Bayern, Baden-Württemberg).

Leitfächer bei der Vermittlung von Berufsorientierung sind vorwiegend Fächer aus dem gesellschaftspolitischen Bereich wie

  • Gemeinschaftskunde (z. B. Baden-Württemberg, Hamburg, Hessen, Niedersachsen),
  • Wirtschafts- und Rechtslehre (Bayern),
  • Wirtschaft und Recht (Thüringen),
  • Wirtschaft (z. B. Berlin),
  • Wirtschaftslehre (z. B. Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein),
  • Sozialkunde (z. B. Berlin, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt),
  • Arbeitslehre (z. B. Brandenburg, Hessen),
  • Politische Bildung (z. B. Brandenburg),
  • Politik,
  • Gemeinschaftskunde/ Rechtserziehung/ Wirtschaft (Sachsen),
  • Wirtschaft-Technik (z. B. Sachsen-Anhalt) und
  • Wirtschaft/ Politik (Schleswig-Holstein).

Außer den gesellschaftswissenschaftlichen Fächern vermitteln in verschiedenen Ländern auch Fächer wie Deutsch, Religionslehre/ Ethik, Fremdsprachen oder Naturwissenschaften Berufsorientierung.

Neben einer Verankerung berufsorientierender Inhalte in den Lehrplänen bestimmter Fächer gibt es auch Sonderformen wie "Arbeitsgemeinschaft Berufsorientierung" (z. B. Baden-Württemberg) oder Wahlunterricht sowie außerunterrichtliche Veranstaltungen.

Der zeitliche Schwerpunkt liegt meist in den Jahrgangsstufen 9 und 10 sowie in der Oberstufe. Erste Ansätze einer Berufsorientierung gibt es jedoch auch in niedrigeren Jahrgangsstufen.

 

2.3 Übergeordnete Zielsetzungen und wesentliche Inhalte des Unterrichts

Die übergeordneten Zielsetzungen und die wesentlichen Inhalte des Unterrichts müssen im Zusammenhang mit der Aufgabe der Schule im Gesamtprozess der Berufswahlvorbereitung gesehen werden. Diese sind vor allem durch die Rahmenvereinbarung der Ständigen Konferenz der Kultusminister (KMK) vom 5.02.1971 und den darauf aufbauenden Übereinkommen zwischen der Bundesanstalt für Arbeit und der KMK über die Zusammenarbeit von Schule und Berufsberatung geprägt. Von Bedeutung sind außerdem die länderspezifischen Vereinbarungen. Die Konkretisierungen sind in der Regel im Bildungs- und Erziehungsauftrag der jeweiligen Lehrpläne enthalten. Folgende übergeordnete Zielsetzungen gibt es in vielen Ländern am Gymnasium:

  • Die Schule hat die Aufgabe, auf Arbeitswelt und Beruf vorzubereiten. Dazu sind vielfältige Informationen notwendig.
  • Die Schülerinnen und Schüler sollten sich möglichst selbstständig und aktiv mit dem Problem der Berufs- und Studienwahl auseinander setzen, damit sie eine begründete Entscheidung für ihre Berufswahl treffen können.
  • Die Schülerinnen und Schüler sollen ihre eigenen Fähigkeiten, Vorstellungen und Wünsche erkennen und richtig einschätzen lernen.
  • Der Prozesscharakter der Berufsorientierung wird in allen Ländern betont, d. h., es wird altersstufengerecht und aufbauend vorgegangen.
  • Auch die Bedeutung von Arbeitstugenden, Arbeitshaltungen und Werthaltungen sollen den Schülerinnen und Schülern vor Augen geführt werden.

Folgende wesentlichen Inhalte sind in den meisten Ländern von Bedeutung:

  • Bedeutung von Beruf und Arbeit,
  • schulische und berufliche Bildungsgänge im Überblick,
  • Beratungsangebote,
  • Möglichkeiten der Berufswegplanung,
  • Ablauf des Bewerbungs- und Einstellungsverfahrens,
  • gesamtwirtschaftlicher, regionaler und sektoraler Arbeitsmarkt,
  • gesamtwirtschaftliche Zusammenhänge wichtige Rechtsgrundlagen (Ausbildungsvertrag, Jugendarbeitsschutzgesetz u. a.),
  • Funktionsgefüge eines Unternehmens,
  • Interessen und Konflikte in der Arbeitswelt,
  • politische, wirtschaftliche, gesellschaftliche und rechtliche Zusammenhänge,
  • Strukturmerkmale der industriellen Gesellschaft,
  • System der sozialen Sicherung und
  • strukturelle Veränderungen in der modernen Arbeitswelt.
 

2.4 Praxis der Einbeziehung der Berufsberatung

Die Praxis der Einbeziehung der Berufsberatung ist in den verschiedenen Ländern inhaltlich weitgehend einheitlich, zeitlich jedoch teilweise unterschiedlich geregelt. Die Berufsberatung ist schwerpunktmäßig in folgenden Jahrgangsstufen tätig:

  • Jahrgangsstufen 9 und/ oder 10 (z. B. Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, Thüringen),
  • Jahrgangsstufe 11 (z. B. Baden-Württemberg, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Saarland),
  • Jahrgangsstufen 11 und 12 (z. B. Sachsen, Thüringen) sowie
  • Jahrgangsstufen 12 und 13 (z. B. Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Hamburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland).

2.4.1 Formen der Einbeziehung bzw. der Zusammenarbeit

In allen Ländern ist der Berufsberater mit Schulbesprechungen beteiligt, in der Regel in der vorletzten Jahrgangsstufe vor dem mittleren Schulabschluss bzw. vor dem Abitur. Neben den allgemeinen Schulbesprechungen werden Einzelberatungen durchgeführt, außerdem werden spezielle Serviceleistungen angeboten (z. B. Eignungsuntersuchungen). Einen wichtigen Stellenwert nimmt die Einführung der Schülerinnen und Schüler in die Nutzung des Berufsinformationszentrums (BIZ) [3] bzw. des mobilen Berufsinformationszentrums (BIZ-mobil) [4] ein.

Bei entsprechenden Möglichkeiten gibt es beispielsweise noch folgende Ansatzpunkte:

  • Sprechstunden der Berufsberater,
  • berufskundliche Vortragsreihen,
  • Ausstellungen und Filmvorführungen,
  • Seminare der Berufsberatung, z. B. Bewerberseminare,
  • Teilnahme an Berufsinformationsveranstaltungen,
  • Elternveranstaltungen,
  • Hilfestellung bei Betriebserkundungen sowie Betriebspraktika, Durchführung und/ oder Beteiligung an Studientagen, Berufsinformationswochen u. ä.,
  • Hochschulinformationstage,
  • Teilnahme an Fachkonferenzen sowie
  • spezielle Veranstaltungen für Mädchen.

2.4.2 Ziele und Inhalte von Schulbesprechungen der Berufsberatung

Für die wesentlichen Ziele und Inhalte der Schulbesprechungen scheint bundesweit ein Konsens zu bestehen. Schwerpunkte bei den Inhalten sind beispielsweise:

  • aktuelle Arbeitsmarktdaten,
  • das regionale betriebliche und schulische Ausbildungsangebot,
  • Bewerbungsverfahren (Termine, Ablauf u. a.),
  • Beratungsmöglichkeiten sowie
  • Ausbildungs-, Studien- und Berufsmöglichkeiten nach dem Abitur.

2.4.3 Verwendung von Medien der Berufsberatung in den Lehrplänen bzw. Unterrichtseinheiten

Die Medien, die von der Bundesanstalt für Arbeit [1] den Schulen für die Vermittlung von Berufsorientierung zur Verfügung gestellt werden, werden bundesweit in einem hohen Maß genutzt. Bei den Print-Medien gilt dies insbesondere für die Broschüren "Mach's richtig" [7], "Beruf aktuell", "Studien- und Berufswahl" [8] sowie für das "abi Berufswahl-Magazin" [9].

In den Ländern werden zusätzlich noch Regionalschriften wie z. B. "Kursbuch - Studium, Ausbildung, Beruf" (Baden-Württemberg), "Berufsinformation" (Brandenburg), "Info zur Berufswahl Ausbildung und Studium für Hessen" (Hessen), "Wo?" und "AbiturientenInfo" (Rheinland-Pfalz) von der Berufsberatung entwickelt. Weitere Materialien werden von den Berufsberatern auf örtlicher oder regionaler Basis konzipiert und eingesetzt.

Darüber hinaus werden in den Ländern auch berufskundliche Filme, Videos sowie Computerprogramme verwendet. Das gesamte Medienangebot von BIZ und BIZ-mobil steht allen Schulen zur Verfügung. Dieses wird auch immer stärker genutzt.

In einigen Ländern weisen neuere Lehrpläne ausdrücklich auf Medien der Bundesanstalt für Arbeit bzw. des Landesarbeitsamtes hin.

2.4.4 Einbeziehung der Berufsinformationszentren (BIZ) bzw. Mobilen Berufsinformationszentren (BIZ-mobil)

Das BIZ [3] und BIZ-mobil [4] leisten einen sehr wichtigen Beitrag zur Berufsorientierung. Sie werden in allen Ländern in Anspruch genommen. Viele Schülerinnen und Schüler werden über die Möglichkeiten von BIZ und BIZ-mobil informiert. Teilweise finden auch die Schulbesprechungen im BIZ statt. Die Berufsinformationszentren ermöglichen nach der allgemeinen schulischen Vorstellung individuelle Informationsmöglichkeiten.

 

2.5 Betriebserkundungen und Betriebspraktika

Betriebserkundungen gehören in allen Ländern zum festen Bestandteil der Berufsorientierung. Durchgesetzt hat sich offensichtlich das Konzept der aspektorientierten Betriebserkundung, die offensichtlich die früher weit verbreitete Betriebsbesichtigung abgelöst hat. In einer Reihe von Ländern sind Betriebs- bzw. Arbeitsplatzerkundungen unter berufskundlichem Aspekt in der Vorphase des Betriebspraktikums vorgeschrieben.

Die Durchführung von Betriebserkundungen hängt natürlich vom lokalen bzw. regionalen Angebot ab. Die Unternehmensseite scheint zunehmend zu erkennen, wie wichtig Kontakte zwischen Schule und Wirtschaft für die Vermittlung einer anschaulichen und praxisorientierten Ausbildung sind. Aus diesem Grund gibt es insbesondere in Verdichtungsräumen zunehmend auch Partnerschaften zwischen Gymnasien und Unternehmen.

Betriebserkundungen werden schwerpunktmäßig in den Leitfächern der Berufsorientierung, aber auch verstärkt in anderen Fächern wie Chemie, Physik, Deutsch oder Erdkunde eingeplant.

In Einzelfällen können Betriebspraktika auch im europäischen Ausland durchgeführt werden (z. B. Hamburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Schleswig-Holstein). Sie haben vor allem zum Ziel, Schülerinnen und Schüler mit der Praxis von Berufsausbildung und Berufstätigkeit in Ländern der Europäischen Union vertraut zu machen. Eine Sonderform stellt auch das mit Schulen aus Großbritannien mögliche "work-experience" im Rahmen eines internationalen Schüleraustausches dar.

Betriebspraktika werden in fast allen Ländern angeboten. In diesen gibt es aus juristischen und versicherungsrechtlichen Gründen in der Regel ausführliche Richtlinien. Sie enthalten meist auch Hinweise zur organisatorischen und unterrichtlichen Vorbereitung.

Betriebspraktika dauern in Abhängigkeit von den länderspezifischen Bestimmungen in der Regel zwischen einer Woche und drei Wochen (z. B. Hamburg). Meist sind auch Zeitbereiche angegeben, z. B. "mindestens fünf, höchstens zehn Arbeitstage" (z. B. Mecklenburg-Vorpommern).

Eine verbindliche Einführung ist in verschiedenen Ländern nicht vorgesehen, da einerseits auf lokale Gegebenheiten, andererseits auch auf andere Schularten Rücksicht genommen werden muss. Insbesondere in den neuen Ländern beeinträchtigt offensichtlich die Wirtschaftsstruktur die Möglichkeit einer Durchführung. In verschiedenen Ländern sind auch ausführliche Handreichungen zum Betriebspraktikum veröffentlicht (z. B. Niedersachsen) bzw. in Vorbereitung.

 

2.6 Besondere Maßnahmen, Modellversuche, außerunterrichtliche Aktivitäten, Einbeziehung der Informationstechnischen Grundbildung, Europaorientierung

In den Ländern gibt es verschiedenartige besondere Ansätze zur Unterstützung und Weiterentwicklung der Berufsorientierung. Hierzu gehören z. B.

  • eine Zusammenarbeit zwischen allgemein bildenden und beruflichen Schulen,
  • Partnerschaften zwischen Gymnasien und Unternehmen,
  • fächerübergreifender Unterricht, z. B. im Rahmen von Studientagen in Bayern,
  • Projektunterricht und Projekttage,
  • Werkstattunterricht,
  • Facharbeiten in der Oberstufe des Gymnasiums,
  • Veranstaltungen unter Einbeziehung der Hochschule, z. B. Studientage in Baden-Württemberg,
  • Berufsinformationsveranstaltungen für Schüler und/ oder Eltern,
  • besondere Veranstaltungen für Mädchen wie "Berufsorientierung für Mädchen" (z. B. Berlin), "Mädchen und Technik" (z. B. Bremen), "Mädchen in Männerberufen" und "Andere Berufe für Mädchen" in Schleswig-Holstein,
  • Wirtschaftswochen mit computerunterstützten Planspielen (z. B. "WIWAG-Management-Games" in Hessen, "Marketing-Information-Game" in Schleswig-Holstein, "play-the-market" in Bayern),
  • Projekt "Zeitung in der Schule" oder
  • Ausstellungen und Lehrstellenbörsen (z. B. Bremen).

Diese besonderen Maßnahmen werden teilweise in Zusammenarbeit mit Kammern, Verbänden, Unternehmen, beruflichen Schulen, Hochschulen und überbetrieblichen Einrichtungen realisiert. Deutliche Schwerpunkte scheinen derzeit bei den mädchenspezifischen Berufswahlproblemen sowie bei der facherübergreifenden Umsetzung der Berufsorientierung (z. B. Baden-Württemberg, Bayern) zu liegen. Für die Mädchen gibt es derzeit auch die meisten Modellversuche. Wertvolle Anregungen hierzu enthalten die "Handreichungen zur beruflichen Orientierung am Gymnasium" in Bayern. Eine umfangreiche Broschüre zur "Studien- und Berufswahlvorbereitung am Gymnasium" bietet auch Nordrhein-Westfalen an. Auch in Niedersachsen steht eine entsprechende Handreichung zur Verfügung.

Informationstechnische Grundbildung (ITG)

In allen Ländern wird der ITG große Aufmerksamkeit geschenkt. Ausgehend von einem einheitlichen Rahmenplan werden vor allem gesellschaftspolitische Lerninhalte wie moderne Arbeitswelt, Auswirkungen der neuen Techniken in den verschiedensten Fächern, meist in ausgewählten Leitfächern umgesetzt. Die ITG dient nicht unmittelbar der Berufsorientierung, enthält aber vielfältige Ansätze zur Information über die moderne Arbeits- und Berufswelt und gibt somit indirekte Orientierungshilfen.

Europaorientierung

Europaorientierung ist in vielen Fächern verankert. Ansatzpunkte zur Berufsorientierung gibt es in den modernen Fremdsprachen (landeskundliche Themen) sowie in Fächern wie Erdkunde, Wirtschafts- und Rechtslehre, Gemeinschaftskunde, Sozialkunde und Geschichte. Europaorientierung wird in neueren Lehrplänen meist fächerübergreifend (z. B. Bayern) vermittelt. Ziel ist die Verbesserung der gegenseitigen Verständigung und Zusammenarbeit in einem vereinten Europa.

Teilweise gibt es bereits Kooperationsprojekte mit Schulen des europäischen Auslandes (z. B. Hamburg). Im BLK-Modellversuch in Nordrhein-Westfalen "Lernen für Europa" werden Schülerbetriebspraktika in Kooperation mit ausländischen Schulen in einem "Tandem-Modell" erprobt. Ein Schüler aus einer deutschen Schule und ein Partner aus einer Schule im Ausland absolvieren gemeinsam ein Praktikum sowohl im Ausland als auch in Deutschland.

 

2.7 Voraussetzungen in der Lehreraus- und -fortbildung

Lehrerausbildung

In der ersten und zweiten Phase der Lehrerausbildung sind Inhalte der Berufsorientierung meist Bestandteil des Studiums und der Seminare des Referendariats jener Fächer, die nach den Lehrplänen der einzelnen Länder schwerpunktmäßig Berufsorientierung vermitteln. Für Studierende dieser Fächer ist ggf. auch ein Betriebspraktikum vorgesehen (z. B. ein halbjähriges Praktikum für Lehramtsstudenten des Faches Wirtschafts- und Rechtslehre am Gymnasium in Bayern).

In den Studienordnungen der neuen Länder wird derzeit ein Konzept für die Umsetzung von Berufsorientierung in der ersten Phase der Lehrerausbildung erarbeitet.

Lehrerfortbildung

Zur Beseitigung von Defiziten liegt der Schwerpunkt derzeit im Bereich der Lehrerfortbildung. Für Gymnasiallehrer, die mit Fragen der Berufsorientierung beschäftigt sind, werden häufig Fortbildungsveranstaltungen mit derartigen Inhalten im Rahmen der schulinternen, regionalen und zentralen Lehrerfortbildung angeboten. Dabei wird in vielen Fällen die Berufsberatung als Kooperationspartner einbezogen. Berufsorientierende Veranstaltungen werden vor allem unter Einbeziehung von Wirtschaftsverbänden, Kammern, Bildungswerken der Wirtschaft, Arbeits- und Studienkreisen Schule und Wirtschaft, Gewerkschaften sowie Unternehmen durchgeführt. Praxisorientierung spielt dabei eine wichtige Rolle. So werden z. B. für Lehrkräfte aspektorientierte Betriebserkundungen, wie zum Teil auch Betriebspraktika (z. B. Niedersachsen) angeboten. In einigen Ländern gibt es spezielle Zeitschriften mit Hinweisen auf neuere Entwicklungen und Angebote (z. B. der "Intern" in Baden-Württemberg).

Berufsorientierung ist auch eine besondere Aufgabe der Lehrerfortbildung in den neuen Ländern. Dazu werden teilweise umfangreiche Materialien zur Verfügung gestellt.

 

2.8 Hinweise zur weiteren Entwicklung

Bei den Tendenzen zur weiteren Entwicklung der Berufsorientierung muss zwischen den alten und neuen Ländern unterschieden werden.

In den alten Ländern sind folgende Entwicklungen feststellbar:

  • Die bisher erprobten und bewährten Konzepte, Maßnahmen und Inhalte werden fortgeführt und nach Bedarf modifiziert und erweitert.
  • Die Verankerung von Berufsorientierung in einem Leitfach oder in mehreren Leitfächern scheint weitgehend realisiert zu sein. In einigen Ländern sind darüber hinaus erfreulicherweise bereits abgestimmte fächerübergreifende Ansätze realisiert, die ihren deutlichen Niederschlag in Lehrplänen und Handreichungen gefunden haben. Schwerpunkte der Umsetzung liegen nach wie vor bei einzelnen Leitfächern, die jedoch immer mehr auch durch weitere Fächer bei der Vermittlung von Berufsorientierung unterstützt werden.
  • Am Gymnasium hat Berufsorientierung in den vergangenen Jahren vor allem in der Mittelstufe verstärkt Einzug gehalten. Sie scheint in Zukunft auch in der Oberstufe noch stärker verankert zu werden.
  • Für die geschlechtsspezifische Berufsorientierung von Mädchen dürfte noch ein stärkerer Handlungsspielraum bestehen.
  • Die Europäisierung der Berufsorientierung wird an Bedeutung gewinnen.
  • Die sog. Schlüsselqualifikationen, vernetztes Denken sowie teambezogene Arbeitsweisen werden auch bei der Berufsorientierung an Bedeutung gewinnen.
  • Projektorientiertes Arbeiten und handlungsorientierter Unterricht dürften bei der Vermittlung von Berufsorientierung einen hohen Stellenwert einnehmen.
  • An einzelnen Schulen werden schulinterne Beratungsverbunde unter Einbeziehung der Berufsberatung und der Praxis an Bedeutung gewinnen. Dabei sind Kooperationen mit Unternehmen, Verbänden u. a. wichtig. Außerunterrichtlichte Aktivitäten werden einen noch größeren Stellenwert als bisher einnehmen.
  • Die Berufsorientierung wird in der ersten und zweiten Phase der Lehrerausbildung immer mehr verankert. Die Lehrerfortbildung wird sich verstärkt der fächerübergreifenden Umsetzung widmen. Damit wird Berufsorientierung erfreulicherweise auf eine breitere Basis gestellt.
  • Betriebserkundungen und Betriebspraktika auch für Lehrkräfte scheinen an Bedeutung zu gewinnen.
  • Die Kooperationsbereitschaft zwischen allgemein bildenden und beruflichen Schulen scheint zuzunehmen, damit auch die Fachkompetenz und die Möglichkeiten der Fachpraxisräume stärker genutzt werden können.

Die Bedingungen der Berufswahl und Berufsorientierungen haben sich in den neuen Ländern innerhalb kürzester Zeit grundlegend geändert. Dies erfordert besondere Anstrengungen. In den neuen Ländern zeichnen sich folgende Entwicklungen ab:

  • Die Notwendigkeit der Vermittlung von Berufsorientierung ist in allen Ländern erkannt und wird zunehmend auch konsequent umgesetzt.
  • Das Konzept der Berufsorientierung in der Lehrerausbildung wird derzeit entwickelt. Die Konzepte dürften bald erstellt sein.
  • Eine zentrale Rolle wird auch in Zukunft die Lehrerfortbildung spielen (z. B. Brandenburg). Die Inhalte der Rahmenpläne erfordern bei den Lehrkräften Kenntnisse und Fähigkeiten, auf die die Lehrkräfte meist noch nicht ausreichend vorbereitet sind. Auch die Qualifizierung der Beratungslehrer erfolgt stufenweise durch berufsbegleitende Fortbildungsmaßnahmen (z. B. Sachsen). Nach der Vorbereitung der Lehrer der Sekundarstufe I werden auch für Lehrer des Gymnasiums entsprechende Kurse eingerichtet werden (z. B. Sachsen-Anhalt).
  • Es werden zunehmend Handreichungen erarbeitet bzw. veröffentlicht (z. B. Brandenburg).
  • Die meist vorläufigen Lehrpläne werden in den nächsten Jahren revidiert und veröffentlicht sein (z. B. Thüringen 1998), so dass die bisherigen Erfahrungen mit Berufsorientierung in die Überlegungen mit eingehen können. Generelle Aussagen über mögliche Entwicklungen können derzeit noch nicht gemacht werden.
  • Eine Verankerung von Berufsorientierung in der Oberstufe des Gymnasiums ist z. T. bereits gegeben (z. B. Hessen, Niedersachsen) bzw. zeichnet sich ab (z. B. Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen).
  • Die Entwicklung von Kooperation mit Unternehmen, Kommunen, Verbänden, Studienkreisen, Berufsberatung u. a. wird weiter intensiviert (z. B. Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Thüringen).
  • Spezifische Probleme des Arbeitsmarktes in verschiedenen neuen Ländern werden ihren Niederschlag in der Konzeption Berufsorientierung finden (z. B. Sachsen).
  • Aufbauend auf Erfahrungen und Entwicklungen in den alten Ländern dürften auch die oben aufgezeigten Entwicklungen in den neuen Ländern zumindest teilweise Berücksichtigung finden.
 

2.9 Zusammenfassung

In allen Ländern nimmt Berufsorientierung zwischenzeitlich innerhalb des Bildungs- und Erziehungsauftrags einen hohen Stellenwert ein. Sie wird überall als eine wichtige gemeinsame Aufgabe von Schule und Berufsberatung gesehen. Im Vergleich zum Stand der letzten Teildokumentation Gymnasium (1985) sind deutliche Verbesserungen feststellbar. Diese beziehen sich vor allem auf folgende Entwicklungen:

  • Die Zusammenarbeit zwischen Schule und Berufsberatung wurde in vielen Ländern konkretisiert. Auch in den neuen Ländern nimmt sie einen hohen Stellenwert ein. Die Formen der Zusammenarbeit haben sich, unter Einbeziehung von BIZ und BIZ-mobil, eingespielt.
  • Bei der Vermittlung von Berufsorientierung engagieren sich verstärkt Verbände, Kammern, Arbeitskreise, Unternehmen, Gewerkschaften u. a., damit die außerunterrichtlichen Aktivitäten sinnvoll gefördert werden können.
  • Zur Verbesserung der Praxisorientierung sind Betriebserkundungen und -praktika zwischenzeitlich weitgehend fester Bestandteil in allen Ländern geworden.
  • Damit die Umsetzung des Ziels Berufsorientierung in der Schulpraxis funktioniert, werden immer mehr Handreichungen, Materialien u. a. für die Unterrichtspraxis erstellt.
  • Die Verankerung der Berufsorientierung in den Lehrplänen, zumindest im jeweiligen Leitfach bzw. in den jeweiligen Leitfächern, ist zwischenzeitlich weitgehend realisiert. Zunehmend wird Berufsorientierung als ein fächerübergreifendes Bildungs- und Erziehungsziel betrachtet. Teilweise gibt es bereits eine über alle Fächer abgestimmte Konzeption.
  • Es zeichnet sich im Rahmen eines internationalen Schüleraustausches ansatzweise eine Europäisierung der Berufsorientierung ab.
  • Handlungsorientierte Ansätze sowie Projektorientierung gewinnen bei der Berufsorientierung zwischenzeitlich an Bedeutung. Es soll dadurch u. a. erreicht werden, dass die Schülerinnen und Schüler selbstständig an dieses Thema herangehen.
  • Im Hinblick auf den Entwicklungsstand der Berufsorientierung besteht aus verständlichen Gründen ein Unterschied zwischen den alten und neuen Ländern. In den neuen Ländern haben sich die Bedingungen der Berufswahl in kurzer Zeit grundlegend geändert. Berufsorientierung an Gymnasien wird mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung realisiert, da zunächst bei anderen Schulformen Prioritäten gesetzt wurden. Eine Einbeziehung der Oberstufe des Gymnasiums wird in Zukunft jedoch bewusst angestrebt.
  • Die Zusammenarbeit mit Verbänden, Unternehmen u. a. kann sich wegen der schwierigeren wirtschaftlichen Verhältnisse nur schrittweise einspielen. Lehrerfortbildung hat in den neuen Ländern einen hohen Stellenwert. Die Unterstützung durch die Berufsberatung wird unter Einbeziehung der BIZ als sehr hilfreich empfunden. Dadurch dürfte die zukünftige Entwicklung entscheidend vorangetrieben werden.
  • In allen Ländern ist aufmerksam zur Kenntnis genommen worden, dass sich auch für Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums die Bedingungen der Berufs- und Studienwahl in den vergangenen Jahren verändert haben. Zu erwähnen ist hier beispielsweise die veränderte Situation auf dem Arbeitsmarkt. Eine intensive Information und Beratung ist aus diesen Gründen auch für das Gymnasium wichtig.
 

Anmerkungen

1) Vgl. Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder der Bundesrepublik Deutschland (Hrsg.): Dokumentation zur Berufsorientierung an allgemein bildenden Schulen (Sekundarbereich I und II). Band 1, Allgemeiner Teil, Bonn 1997, S. 5 - 119

2) Vgl. Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder der Bundesrepublik Deutschland (Hrsg.): Dokumentation zur Berufsorientierung an allgemein bildenden Schulen (Sekundarbereich I und II). Band 1, Allgemeiner Teil, Bonn 1997, S. 5 - 119

 

Liteartur

Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder der Bundesrepublik Deutschland (Hrsg.) (1997): Dokumentation zur Berufsorientierung an allgemein bildenden Schulen (Sekundarbereich I und II). Band 1, Allgemeiner Teil, Bonn, S. 5 - 119
 
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