Seit Ende der 1990er Jahre ist in Deutschland eine zunehmende Diskussion um die Lehrerbildung zu verzeichnen. Deutlich zeigt sich, dass das bildungspolitische Interesse an Faktoren gestiegen ist, mit deren Hilfe Lehren und Lernen optimiert werden können. Als bedeutsame Faktoren werden die Qualifikationen und Kompetenzen von Lehrerinnen und Lehrern im Lehr–Lernprozess angesehen.
Angeregt durch die Veröffentlichungen von Oser, Oelkers (2001) Terhart (2000) und Terhart (2002), werden Standards und Kompetenzen als übergreifende Qualitätskriterien wissenschaftlich diskutiert. Im Kern geht es darum, Standards zu entwickeln anhand derer die drei Phasen der Lehrerbildung mit ihren verschiedenen Institutionen auf ihre Wirksamkeit hin erfasst und evaluiert werden können.
Der Stellenwert, der diesem Thema beigemessen wird, spiegelt sich auch darin wider, dass die Kultusministerkonferenz (KMK) im Dezember 2004 Standards für die Bildungswissenschaften der Lehrerbildung verabschiedet hat. Die für die erste und zweite Phase formulierten Standards beziehen sich auf einen Katalog von Kompetenzen, über die eine Lehrerin/ ein Lehrer zur Bewältigung der beruflichen Anforderungen verfügen sollte. Weitere Standards für die Fachdidaktiken und die Fachwissenschaft sind in Aussicht gestellt.
Dieser kontrovers geführten Diskussion um Standards und Kompetenzen hat sich auch eine Arbeitsgruppe der Deutschen Gesellschaft für Ökonomische Bildung (DeGÖB) angenommen. Ausgangspunkt für die inhaltliche Auseinandersetzung dieser Arbeitsgruppe war der Workshop "Lehrer(aus)bildung und ökonomische Bildung im BA und MA", der am 18.06.05 an der Universität Lüneburg stattfand. Damit die Diskussion weiter fortgesetzt werden kann, soll sie für ein breiteres Publikum geöffnet werden. Hierfür wurde der vorliegende Reader zusammengestellt.
Die Beiträge des sowi–onlinereader gliedern sich in zwei Teile:
Im ersten Teil sind unter Struktur und Perspektiven der Lehrer(aus)bildung grundlegende Aufsätze dokumentiert, die bereits an einem anderen Ort veröffentlicht wurden. Diese Aufsätze wurden uns freundlicher Weise von den Autoren und den Verlagen zum "Nachdruck" zur Verfügung gestellt.
Im zweiten Teil sind unter Wirtschaftsdidaktische Beiträge zur Lehrer(aus)bildung die Beiträge des Lüneburger Workshops dokumentiert.
Zur weiteren Orientierung innerhalb der Diskussion um die Lehrerbildung sind eine Link–Liste und weitere Literaturhinweise aufgeführt.
sowi–onlinereader möchte mit dieser Dokumentation einen grundlegenden Einblick in die Diskussion um Standards und Kompetenzen für die ökonomische Lehrerbildung bieten und gleichzeitig den Zugang zu weiteren Informationen erleichtern.
Der vorliegende Reader richtet sich besonders an die fachdidaktischen Seminare der Universitäten, an die fachdidaktische Ausbildung im Referendariat sowie an alle interessierten Lehrerinnen und Lehrer.
Hinweis: Viele aktuelle Informationen zur Debatte um ökonomische Bildung und Lehrerausbildung findet man auf den Seiten der iböb - Initiative für eine bessere ökonomische Bildung [1].
Oser, F; Oelkers, J. (Hrsg.) (2001): Die Wirksamkeit der Lehrerbildungssysteme. Von der Allrounderbildung zur Ausbildung professioneller Standards. Zürich.
Terhart, E. (2000): Perspektiven der Lehrerbildung in Deutschland. Abschlussbericht der von der Kultusministerkonferenz eingesetzten Kommission, Weinheim, Basel.
Terhart, E. (2001): Standards für die Lehrerbildung. Eine Expertise für die Kultusministerkonferenz. ZKL–Texte Nr.24. Münster.
In sämtlichen neueren Dokumenten und Stellungnahmen zur Situation und zur Reform der Lehrerbildung wird darauf hingewiesen, dass in Deutschland bislang keine wirkliche empirisch gestützte Evaluation von Teilen der Lehrerbildung oder gar der Lehrerbildung insgesamt durchgeführt worden ist. Die von der KMK eingesetzte Gemischte Kommission Lehrerbildung hat in ihrem Abschlussbericht vom Oktober 1999 eindringlich auf dieses Defizit aufmerksam gemacht und eine solche Evaluation der Lehrerbildung empfohlen; der Wissenschaftsrat hat – in diesem Punkt – in seiner Empfehlung vom November 2001 ähnlich argumentiert. Insofern ist es zu begrüßen, dass die KMK diese Empfehlungen aufgegriffen und erste Schritte zur Initiierung einer breit angelegten Evaluation der Lehrerbildung unternommen hat.
Die folgende Expertise ist – auftragsgemäß – darauf gerichtet, vor dem Hintergrund der internationalen und nationalen Fachdiskussion Vorschläge zu entwickeln, "wie und auf welchem Wege eine Evaluation der ersten und zweiten Phase der Lehrerbildung durchgeführt werden könnte".(1) Lassen sich übergreifende Ausbildungsstandards entwickeln und benennen, die als Grundlage für eine Evaluation der ersten und zweiten Phase herangezogen werden können? Es geht also noch nicht um die konkreten Modalitäten eines Evaluationsverfahrens, sondern dem vorausliegend um die Frage der Standards, an denen sich eine solche Evaluation zu orientieren hätte. Im Mittelpunkt der Expertise steht die Frage: Was sind die Qualitätskriterien für ‚gute' Lehrerbildung? Die Erörterung und Beantwortung dieser Leitfrage bildet den Schwerpunkt der vorliegenden Expertise. Daraus ergibt sich eine erste Anschlussfrage: Wie überprüft man die Einhaltung dieser Qualitätskriterien? Auch hierzu werden in der Expertise Aussagen getroffen. Die ‚nach PISA' vielfach erhobene Forderung nach einer Formulierung von Standards für Bildungswege und Bildungsabschlüsse betrifft insofern nicht nur den Bildungsweg der Schüler, sondern auch den Ausbildungsprozess sowie die weitere Berufsbiographie von Lehrern.
Weitere und letztlich entscheidende Anschlussfragen sollen an dieser Stelle zumindest formuliert werden: Welche Konsequenzen erwachsen gegebenenfalls aus der Evaluation? Was ist zu tun, wenn Qualitätsstandards verfehlt werden? Wie ist eine an Standards orientierte Evaluation der Lehrerbildung in deren kontinuierlichen Verbesserungsprozess einzubringen? Hierzu nimmt die Expertise nicht mehr Stellung: Die Beantwortung der Frage nach den operativen Konsequenzen einer zukünftigen Evaluation geht über [/S. 3:] den definierten Auftrag hinaus. Alle Verantwortlichen sollten diese Frage, oder besser noch: mögliche Antworten auf diese Frage allerdings schon jetzt bedenken. Denn Evaluationen werden nicht um ihrer selbst willen durchgeführt.
Der Rahmen und die Zielrichtung einer solchen Expertise lassen es nicht zu, dass der fachwissenschaftliche Hintergrund sowie die aktuellen Forschungsdiskussion in ihren verschiedenen Facetten vollständig dokumentiert und erörtert werden. Die Frage nach den Möglichkeiten und Grenzen von Standards für die Lehrerbildung sowie einer daran orientierten Evaluation eröffnet ein sehr breites Spektrum von Forschungsfragen. Dieses Spektrum kann nur punktuell und in Fußnoten angedeutet werden. Im gegebenen Kontext geht es jedoch auch nicht um die vollständige Ausleuchtung dieses Hintergrundes. Es geht vielmehr darum, bei aller Komplexität Unzulänglichkeit der Forschungssituation und unter Berücksichtigung von (allerdings nie schematisch übertragbaren) Erfahrungen im In- und Ausland Ideen und Vorschläge zu entwickeln, die zu einer verantwortlichen Form des Umgangs mit Standards und Evaluationen in der Lehrerbildung führen können. Münster, im August 2002 Ewald Terhart
[/S. 4:]
In allen aktuellen Situationsanalysen und Reformvorschlägen zur Lehrerbildung ist kritisch darauf hingewiesen worden, dass die Lehrerbildung in ihren verschiedenen Phasen und Institutionen bislang noch nicht einer ernsthaften empirischen Evaluation und Wirkungsanalyse unterzogen worden ist. Eine solche Evaluation sollte jedoch nicht nur den gegenwärtigen Stand dokumentieren und positive oder negative Abweichungen vom angetroffenen Durchschnitt kenntlich machen. Vielmehr sollte die Wirklichkeit und Wirksamkeit von Lehrerbildung anhand vorab definierten Kriterien oder Standards erfasst und evaluiert werden. Die Formulierung von Standards für die Lehrerbildung und eine darauf bezogene Evaluation ist der Sache nach nicht wirklich neu. Durch die Formulierung von Standards für die Lehrerbildung wird allerdings expliziert und empirisch kontrollierbar gemacht, was schon immer Bestandteil der Lehrerbildungsdiskussion war: Vorstellungen über den gut ausgebildeten Lehrer, Vorstellungen über geeignete Ausbildungsorganisationen und –inhalte, Vorstellungen über geeignete Prüfungsverfahren etc. Die vorliegende Expertise basiert auf zwei eingrenzenden Entscheidungen: (a) Es werden (auftragsgemäß) Standards für die erste, universitäre Phase der Lehrerbildung sowie für die zweite Phase im Studienseminar (Referendariat) formuliert. Die Evaluation der Lehrerfort- und –weiterbildung wird entsprechend dem Auftrag nicht erörtert. (b) Die Wirkung von Lehrerbildung wird bis zur Ebene der berufsbezogenen Kompetenz der Absolventen nach Abschluss der ersten bzw. zweiten Phase verfolgt. Eine darüber hinaus gehende Erfassung der Auswirkungen von qua Ausbildung erworbener Lehrerkompetenz auf das Lernen und die Erfahrung der Schüler (als Qualitätsindikator für Lehrerbildung) wird aufgrund grundsätzlicher und methodischer Probleme gegenwärtig nicht angestrebt. Die Expertise plädiert für eine breite, mehrere Ebenen einbeziehende Evaluation: Sie begrenzt das Spektrum der zu evaluierenden Einheiten nicht auf die erste Ebene der Absolventen von Lehrerbildung (Personenevaluation), sondern entwickelt auf einer zweiten Ebene zusätzlich zu den Personenstandards auch Standards für die Ausbildungsinstitutionen (Institutionenevaluation) und deren Programme (wobei dies die Modalitäten Prüfung und Einstellung von neuen Lehrern mit umfasst), sowie auf einer dritten Ebene schließlich Standards für diejenige politisch-administrative Einheit, die als Steuerungs– und Monitoring–Instanz für das Gesamtsystem Lehrerbildung zu fungieren hat. [/S. 5:] Es werden für die Personenevaluation jeweils zehn Standards für die fachwissenschaftlichen, die fachdidaktischen und die erziehungswissenschaftlichen Studien sowie fünf Standards für die schulpraktischen Studienelemente formuliert und durch gezielte, konkretisierende Fragen verdeutlicht – dies getrennt für die Absolventen der ersten und der zweiten Phase. Ebenso werden zehn Standards sowie konkretisierende Fragen für eine Evaluation der Institutionen der Lehrerbildung formuliert – wiederum getrennt für die erste und zweite Phase. Bei den Überlegungen zur Evaluation anhand von Standards wird nicht primär auf die Einschätzungen und Selbstauskünfte von Absolventen und Institutionen gesetzt, sondern – bei der Personenevaluation – auf eine Erfassung und Beurteilung des erworbenen Wissens bzw. der erworbenen Kompetenzen und – bei der Institutionenevaluation – auf eine unmittelbare Erfassung der tatsächlichen Abläufe. Auch sollten bei der Evaluation Zusammenhänge zwischen institutionellen Bedingungen der Ausbildung und den daraus erwachsenden Kompetenzen hergestellt werden. Die Expertise entwickelt schließlich Überlegungen zum weiteren strategischen Vorgehen bei der Vorbereitung und Durchführung der Evaluation: Es wird empfohlen, auf der Basis der vorliegenden Expertise von der KMK zunächst eine Expertengruppe zur weiteren Konkretisierung einzusetzen und danach eine Ausschreibung für eine an Standards orientierte Evaluation der Lehrerbildung durchzuführen. In dieser Ausschreibung wird u.a. näher spezifiziert, welches Ziel und welchen Umfang diese Evaluation haben soll. Es sollte sich um eine breit angelegte Evaluation der ersten und zweiten Phase der Lehrerbildung quer über die Bundesländer hinweg handeln, die möglichst alle Lehrämter mit umfasst. Aufgrund der eingehenden Bewerbungen um diesen Auftrag wird nach einem Begutachtungsverfahren der Auftrag vergeben. [/S. 6:]
Der allgemeine Kontext der Rede von Standards im Bildungs– und Schulbereich braucht an dieser Stelle nur kurz angedeutet zu werden: Es gehört zu den so genannten Neuen Steuerungsmodellen im Privaten wie Öffentlichen Sektor, dass zwar einerseits Entscheidungskompetenzen und Verantwortlichkeiten ‚nach unten‘ verlagert werden, dass aber gleichwohl andererseits die Standards für zu leistende Arbeit, für zu erzielende Wirkungen und z.T. auch für Aufwand/Ertrags–Relationen ‚von oben‘ (sei es durch Konzernzentralen, sei es durch staatliche Vorgaben) gesetzt sind (vgl. Schedler, Proeller 2000). Im öffentlichen Sektor und speziell im Bildungsbereich auf staatliche Vorgaben und Rahmensetzungen verzichten zu wollen, wäre verfassungsrechtlich unzulässig und würde letztlich bedeuten, das öffentliche Bildungswesen an systeminterne und –externe Interessengruppen auszuhändigen.
Die Definition von Standards ist insofern ein zentraler Schritt im gesamten Qualitätsmanagement, wobei zwischen Minimalstandards, Maximalstandards und schließlich differenzierten Modellen mit unterschiedlich anspruchsvollen Ebenen oder Stufen der Erreichung von Standards zu unterscheiden ist. Zugleich sollte immer schon im Auge behalten werden, dass das Definieren von Standards zwar ein wichtiger und notwendiger Schritt zur Vorbereitung von Evaluationen ist, dass aber zugleich folgende Doppel–Aufgabe entsteht: Erstens müssen Standards konkretisiert und handhabbar gemacht werden, damit überhaupt evaluiert werden kann, und zweitens muss gleich von Beginn an erwogen werden, was man mit den Resultaten von Evaluationen zu tun gedenkt bzw. welche Konsequenzen man zu ziehen bereit ist. Standards haben also sowohl für die ‚Diagnose' des Zustandes eines Systems wie auch für die Weiterentwicklung dieses Systems eine wichtige Funktion; beides zusammen ist Teil von Qualitätsentwicklung.
Entscheidend und in gewisser Weise tatsächlich revolutionär für den Schulbereich ist es, sich bei der Steuerung (bis hin zur Ressourcenvergabe) nicht länger nur am Prinzip einer immer detaillierteren Vorgabe von Inputs (Gesetze, Lehrpläne, Erlasse, Stundentafeln, Ordnungen etc.), sondern verstärkt an der Erfassung der Outputs bzw. Outcomes, also an tatsächlich erreichten Effekten und Wirkungen zu orientieren. Diese sind mit den gesetzten Standards zu vergleichen, wobei darauf zu achten ist, dass angesichts unterschiedlicher Ausgangs– und Umfeldbedingungen ein fairer Vergleich der Effektivität und Effizienz der einzelnen Einheiten durchgeführt wird: Entscheidend ist, was angesichts jeweils unterschiedlicher Ausgangsbedingungen mit den gegebenen Mitteln erreicht wird. [/S. 7:]
Die Orientierung an tatsächlich eintretenden Wirkungen hat selbst Wirkungen: Der Hinweis darauf, daß vermehrte Investitionen hier und dort dann auch schon automatisch hier und dort gesteigerte Effekte nach sich ziehen werden, ist nicht mehr ausreichend – es geht um tatsächlich zustande kommende Wirkungen, und das heißt im Schulsystem: um Wirkungen auf der Seite der Schüler, denn die Schule ist letztendlich für die Schüler da (vgl. Lange 1999; Terhart 2000). Programm, Struktur und Prozeß des Schulwesens werden zwar gesellschaftlich definiert – dies geschieht jedoch mit Blick auf die bei den Schülern bzw. bei Schülergenerationen zu erreichenden Wirkungen.
Die Karriere von (international und/oder intranational) vergleichenden Schulleistungsstudien macht deutlich, dass ein verstärktes Wirkungsbewusstsein um sich greift, wie beschränkt zurzeit die diagnostischen und evaluativen Techniken – gemessen an den großen Worten der Pädagogik – auch immer sein mögen. Man wird auch in Zukunft kontinuierlich mit empirischen Leistungsvergleichsstudien zu allen möglichen Aspekten und Ebenen und Wirkungen des Bildungssystems rechnen müssen (Baumert 2001; Terhart 2002). Durch solche großräumigen Vergleiche werden de facto Standards gebildet – sowohl dadurch, dass man vorab wichtige Kompetenzbereiche und – niveaus bestimmt als auch allein schon dadurch, dass man sich nach Erhalt der Daten bei der Reihung von Teilnehmerländern an Durchschnittswerten orientiert. Die Frage ist, ob man sich dieser mehr oder weniger schleichenden Standard-‚Bildung' (im doppelten Wortsinne) anschließen will – oder ob es nicht sinnvoller ist, stattdessen eigenständig Standards offensiv zu formulieren, und daran dann die Bildungsrealitäten bemisst. Bedingt durch Globalisierungsprozesse ist diese Frage aber vermutlich langfristig schon entschieden: ein bislang nur in Grundzügen vorhandenes Weltcurriculum (zunächst der hoch-industrialisierten Welt) wird vermutlich irgendwann Realität sein.(2) [/S. 8:]
Die Formulierung von Standards und das Operieren mit Standards ist im Blick auf unterschiedliche Ebenen, Teilbereiche und Personengruppen des Bildungssystems möglich. Bislang wurde von solchen Standards primär im Zusammenhang mit Leistungsanforderungen für Schüler auf den unterschiedlichen Jahrgangsstufen, Fächern und Schulformen/–stufen gesprochen. Die Schulsysteme der verschiedenen Länder haben unterschiedliche Formen der Vorgabe solcher Leistungsstandards gefunden, ebenso unterschiedliche Formen der Überprüfung des Erreichens dieser Standards; in den Lehrplänen, Lehrbüchern, didaktisch–methodischen Materialien und Handreichungen für Lehrer finden sich ebenfalls sehr unterschiedliche Formen des Einbringens und Überprüfens von Standards auf der Ebene der einzelnen Schulklasse.
Im Folgenden geht es jedoch nicht um Standards für Schüler, sondern um Standards, an denen sich die Lehrerbildung zu orientieren hat. [/S. 9:]
Die Lehrerbildung ist bislang in Deutschland noch nicht mit im Blick auf ihre kurz- und langfristigen Wirkungen ernsthaft evaluiert worden.(3) Die Wirkungskette Lehrerbildung – Lehrerhandeln – Schülerlernen ist zwar intuitiv, auf der Basis von Konvention und gesundem Menschenverstand, in den Köpfen der Diskutanten und Akteure fest geknüpft; einer empirischen Prüfung ist man bislang eher ausgewichen. Was Lehramtsstudierende tatsächlich beim ersten bzw. beim zweiten Staatsexamen wissen und können, wie sie dieses Wissen und Können in den ersten Berufsjahren auf die Berufswirklichkeit beziehen, wie sich Professionalität entwickelt und bis zu welchem Niveau der Kompetenz, welche Folgen dies für das Lernen der Schüler hat bzw. haben kann – diese Fragen umreißen einen recht großen weißen Fleck auf der Ergebnis–Landkarte der empirischen Bildungswissenschaften in Deutschland.(4)
Standards für Lehrerbildung zu definieren und ihre Einhaltung zu kontrollieren ist in diesem Kontext gleichwohl ein sinnvoller Schritt. Er macht das explizit, was implizit in allen Lehrerbildungsdiskussionen schon immer enthalten ist: Aus Vorstellungen über den guten Lehrer (Lehrerleitbild) werden diejenigen Kompetenzen abgeleitet, die dieser ‚gute' Lehrer haben soll (Lehrerkompetenzen). Und von diesen Kompetenzen ausgehend werden Konzepte für eine Ausbildung entwickelt, in deren Verlauf eben diese Kompetenzen erworben werden sollen (Lehrerbildung). Vom gut ausgebildeten, kompetenten Lehrer wiederum nimmt man an, dass er – weil er aufgrund von guter Ausbildung kompetent ist – höhere Lerngewinne bei seinen Schülern erzeugt als der Kollege nebenan, der weniger kompetent ist, weil er eine schlechtere Lehrerbildung genossen hat. [/S. 10:]
Dies alles sind mittlerweile schon routinisierte Denklehrerbildung und Argumentationsketten, die als solche kaum noch hinterfragt werden. Dies sollte jedoch geschehen. Aus diesem Grunde sei hier noch einmal an folgenden Sachverhalt erinnert:
Die Erörterung von Standards in der Lehrerbildung wird – wie schon angedeutet – berücksichtigen müssen, dass eine möglichst hohe Qualität der Lehrerbildung nicht um ihrer selbst willen angestrebt wird, sondern darauf abgestellt ist, solche Kompetenzen und schließlich ein solches Lehrerhandeln anzubahnen, zu befördern und möglichst weitgehend sicherzustellen, welches dann auf Seiten der Schüler zu den allgemein gewünschten Wirkungen in kognitiver, sozial–moralischer und ästhetisch–expressiver Hinsicht führt. Insofern ist – systematisch gesehen – bei der Evaluation von Lehrerbildung von einer ebenso komplexen wie zeitlich langgestreckten Wirkungskette auszugehen (Lehrerbildung, Lehrerhandeln, Lernerfahrungen der Schüler, Wirkungen bei den Schülern; vgl. Galluzzo, Craig 1990, S. 603).
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In der US–amerikanischen Debatte wird dieser Kontext anhand der "outcomes question in teacher education" (Cochran–Smith 2001) erörtert (Does teacher education matter?), und zwar mit wachsendem Aufwand und steigender Erbitterung.(5) Dies ist in gewisser Hinsicht verständlich, denn in der Tat wird damit die alles entscheidende Frage formuliert: Wie und wie stark wirkt Lehrerbildung?(6) Nach Cochran–Smith, Fries (2002) stehen [/S. 11:]sich hier der Ansatz der Professionalisierung und derjenige der Deregulierung gegenüber: Der erstgenannte Ansatz beharrt auf der Doppel-These, derzufolge eine anspruchvolle, wissenschaftsbasierte, Erfahrungselemente aufnehmende Lehrerbildung zu gut qualifizierten Lehrern führe, und dass deren berufliches Handeln wiederum positive Effekte für das Lernen der Schüler nach sich ziehe. Derart qualifizierte Lehrer seien erfolgreicher als nicht in dieser Weise ausgebildete – Erfolg bemessen am Lernprozeß und den Lernleistungen ihrer Schüler. Die Anhänger des Professionalisierungs-Ansatzes führen eindrucksvolle empirische Resultate ins Feld, um ihre These zu stützen. Der Deregulierungs–Ansatz (der eine gewisse Nähe zum Polyvalenz–Ansatz der deutschen Diskussion hat) versucht demgegenüber, Argumente und Evidenzen zu finden, die die behauptete Wirkungskette möglichst entkräften (vgl. zur Kontroverse Cochran–Smith 2001; Darling–Hammond 2000a, b). Dies geht so weit, dass von den Deregulierern dem Staat bzw. seinen Behörden empfohlen wird, sich aus der (inhaltlichen und finanziellen) Verantwortung für Lehrerbildung zurückzuziehen: Es wird bezweifelt, ob es angesichts der unterstellten diffusen Wirkungsverhältnisse zwischen Lehrerbildung, Lehrerhandeln und Schülerlernen nicht sinnvoller wäre, staatlicherseits überhaupt keine Ausbildungsprogramme mehr zu definieren und zu finanzieren, sondern nur noch Zulassungstandards zu benennen und Lehrerstellen auszuschreiben. Bewerber wären dann an den Zulassungsstandards zu bemessen und zunächst auf Probe einzustellen. Qualitätsausweis der Eingestellten wären hauptsächlich (nicht ausschließlich) die vom Lehrer ‚erzeugten' Schülerleistungen. Evaluation of teacher education wird zu teacher evaluation; die Frage der Beurteilung der Lehrerbildung wird zur Frage nach der Beurteilung von Lehrerhandeln (vgl. dazu Terhart 1997; Kunz–Heim 2002). Wer es kann, wird schrittweise übernommen, wer nicht – nicht. Dabei ist es unerheblich, wie und warum einzelne Lehrer höhere Schülerleistungen erzeugen und andere nicht. Entscheidend ist allein, dass dies nachweislich geschieht. Wie und wo sie die Voraussetzungen erwerben, um die Zulassungsstandards zu erfüllen, sei nicht Sache der Schulbehörde, sondern Jedermanns eigene Sache.
Die Argumentation von Professionalisierern und Deregulierern sei anhand von repräsentativen Zitaten gegenübergestellt:(7) [/S. 12:]
Professionalisierer | Deregulierer |
"Die Ergebnisse quantitativer und qualitativer Analysen legen es nahe, dass Investitionen in die Qualität von Lehrern vermutlich mit der Steigerung von Schülerleistung zusammenhängt. Quantitative Analysen zeigen, dass Maßzahlen für die Qualität der Lehrerausbildung und der Lehramtsprüfung bei weitem die stärksten Korrelationen mit Schülerleistungen in Lesen und Mathematik aufweisen… Diese Analyse legt nahe, dass solche Strategien, die in Lehrerbildung, –lizensierung und Lehrerfortbildung investieren, einen wichtigen Beitrag zur Qualifikation und Kompetenz der Lehrerarbeit erbringen" (Darling–Hammond 2000a, S. 1)."Unterstützt durch die Carnegie Foundation und die Ford–Foundation, konstruieren NCTAF, NBPTS und NCATE das Problem der Lehrerbildung als eine Frage der demokratischen Werte und beginnen und enden mit der Forderung, nach einer durch Standards geleiteten Verbesserung der Lehrerbildung und der berufsbiographischen Entwicklung von Lehrern (teacher development). Zielsetzung ist es, für alle Kinder möglichst gut qualifizierte Lehrer bereitzustellen" (Cochran–Smith 2001, S. 533). | "Die Fähigkeit von Lehrern scheint eher eine Funktion angeborener Talente als eine Funktion der Lehrerbildung zu sein. Lehrer selbst sagen, dass dies so ist. Wir kommen zu ähnlichen Schlussfolgerungen, wenn wir die die Bedingungen für die Resultate von Lehrerprüfungen analysieren. Darüber hinaus scheinen, Lehrer, die auf alternativem Weg zum Lehrerberuf kommen, ähnlich effektiv zu sein wie solche, die eine vollständige Ausbildung durchlaufen haben. Die legt es nahe, dass – verglichen mit anderen Faktoren - die Ausbildung nicht sehr viel zur Leistung von Lehrern beiträgt" (Ballou, Podgorsky 1999, S. 57)."Die Fordham–Foundation und andere konservative Organisationen und Politiker konstruieren das Problem der Lehrerbildung mit Hilfe des Markt-Modells der Bildungsorganisation. Sie kritisieren die Haltung, der zufolge Lehrerqualität ein Problem der Ausbildung sei. Sie versuchen, den Einfluss der Lehrerprofession auf Fragen der Ausbildung und Prüfung zu reduzieren und setzten demgegenüber auf die Öffnung des Marktes. Deregulationisten in den USA und anderswo plädieren für eine sehr starke Standardisierung der Bildung(sin–stitutionen) anstelle der Entwicklung von von Standards der Profession. Insofern beginnen und enden sie mit der Forderung nach der Zulassung alternativer Wege zum Lehrerberuf…" (Cochran–Smith 2001, S. 533) |
Die Wirkungskette zwischen Lehrerbildung, Lehrerhandeln und Schülerlernen in empirisch kontrollierter Weise nachzeichnen zu wollen, wirft große theoretische und methodische Probleme auf (vgl. Millman 1997; Denner u.a. 2002) und würde einen extremen sachlichen und zeitlichen Aufwand erfordern. Allzu viele Faktoren spielen in diesen Zusammenhang hinein; aufgrund seiner großen zeitlichen Erstreckung sind die Folgen dieser oder jener Ausbildungserfahrung im Lehrerhandeln und dann vor allem im Schülerlernen nicht auszumachen. Eine Konzentration auf ‚beweisbare' Zusammenhänge wiederum würde als eine Art Rückschlag–Effekt die Lehrerbildung auf solche Elemente, Inhalte und Formen reduzieren, deren Wirkung nachgewiesen werden kann. Dies wiederum könnte dazu führen, dass wichtige, aber nicht unbedingt messbare Effekte von [/S. 13:] Schule nicht nur in der Schule, sondern bereits in der Lehrerbildung vernachlässigt werden.
Aus diesem Grunde wird im Folgenden nicht die Strategie verfolgt, den Erfolg von Lehrerbildung am Ausmaß des Lernens bzw. an der Art der Schulerfahrung der Schüler bemessen zu wollen. Es geht statt dessen darum, für die Lehrerbildung Standards zu erarbeiten, an denen dann die ausgebildeten Personen, die Ausbildungsinstitutionen und deren Programme sowie schließlich das für die Lehrerbildung insgesamt verantwortliche Steuerungssystem bemessen werden können. Insofern wird empfohlen, (zunächst) nur den ersten Schritt zu tun und Zusammenhänge zwischen Lehrerausbildung (1. und 2. Phase) und der daraus erwachsenden Kompetenz der Absolventen zu ermitteln,(8) nicht aber bereits jetzt schon den – systematisch – zweiten Schritt in Richtung auf eine Analyse bzw. Mitberücksichtigung des Zusammenhangs von Lehrerhandeln/Lehrerkompetenzen und Schülerlernen zu vollziehen.
Sicherlich ist mit der Formulierung von Standards sowie mit einer daran orientierten Evaluation eine gewisse Form der Normierung verbunden. Man kann dies kritisieren bzw. als undurchführbar beurteilen.(9) Andererseits ist nicht von der Hand zu weisen, [/S. 14:] dass in der Vergangenheit wie auch heute die aktuelle Lehrerbildungsdebatte mehr oder weniger implizit immer schon von Zielvorstellungen, Qualitätsannahmen, Wirkungshypothesen und – häufiger noch – von Wirkungshoffnungen durchzogen war bzw. ist. Eine offensive Erörterung und Erprobung von Standards macht diese ‚implizite Standardisierung' transparent, diskutierbar, überprüfbar.
Darüber hinaus ermöglicht es die vorab erfolgende offensive Definition von Standards bei einer vergleichenden Evaluation von einzelnen Einrichtungen der Lehrerbildung, nicht einfach nur den empirisch erhaltenen Durchschnitt zu identifizieren und die einzelnen Institutionen daran zu bemessen (Wer ist relativ besser/schlechter?). Vielmehr wird es möglich, alle Institutionen insgesamt sowie jede einzelne an vorab definierten Standards zu bemessen (Wer erfüllt am ehesten den eigentlichen Auftrag?). Es sollte bei einer Evaluation der Lehrerbildung (Personen, Institutionen, Steuerungssystem) ja nicht um das Aufstellen von Ranking–Listen bzw. um naming & blaming gehen, sondern um die Frage, wie weit und aufgrund welcher Bedingungen Lehrerbildung insgesamt Standards erfüllt oder eben nur bedingt erfüllt.
In der Tradition der Lehrerbildung waren es auf der Seite der Theoriediskussion in der Pädagogik bzw. Erziehungswissenschaft bis in die 60er–Jahre des vergangenen Jahrhunderts hinein hauptsächlich normativ geprägte, idealistische Lehrerleitbilder, die gewissermaßen als ‚Standards' galten. Ebenfalls durch Traditionen bedingt herrschte z.B. eine klare Trennung zwischen den Idealen für die Volksschullehrerschaft und für die Gymnasiallehrerschaft; hinsichtlich des formalen Kennzeichens der Idealität waren sich die Leitbilder dagegen wiederum ähnlich. – Unterhalb der Ebene pädagogischer und verbandspolitischer Semantik und ihrer idealen bzw. idealistischen Lehrerleitbilder wurden durch die staatlichen Lehramtsprüfungsordnungen sowie durch die Arbeit der staatlichen Prüfungsämter wiederum de facto (formale) Standards gesetzt, die konkreter handhabbar waren und eine selektive Funktion hatten, also auch folgenreich waren (Einstellungsentscheidungen).
Mit dem Wandel der Pädagogik zur Erziehungswissenschaft und der damit auch einhergehenden Umstellung des auf der Ebene der Wissenschaft umrissenen Lehrerleitbildes vom ‚ganzheitlich-erzieherisch' motivierten Volks-Erzieher (Volksschullehrerschaft) bzw. des gelehrten Schul– und (später) Fachmannes (Gymnasiallehrer) zum wissenschaftlich ausgebildeten Experten für Lehren und Lernen wurden neue Standards formuliert, die sich sowohl auf die Erweiterung und Umstellung des in der Ausbildung zu erwerbenden Wissens als auch auf die als notwendig erachteten Kompetenzen und Ü– [/S. 15:] berzeugungen auswirkten: Unterrichten und Erziehen wurden nicht länger als ganzheitlich–praktische, an personale Voraussetzungen gebundene berufliche Kunst, sondern als eine auf wissenschaftlicher Forschung basierende, von prinzipiell jedermann erlernbare Berufstechnik verstanden. Die Verwissenschaftlichung der Volksschul– bzw. Grund– und Hauptschullehrerbildung einerseits und die parallel stattfindende Pädagogisierung der Gymnasiallehrerbildung andererseits führten konsequent zur Integration der Pädagogischen Hochschulen in die Universitäten. Dadurch kam es in den erziehungswissenschaftlichen Studien wie auch z.T. in den Fachstudien zu einer immer engeren Zusammenführung der Ausbildungsinhalte und –formen der früher weit voneinander getrennten ‚höheren' und ‚niederen' Lehrämter.(10)
Inhaltlich bzw. systematisch gesehen bestehen Lehramtsstudiengänge – national wie international – aus den folgenden vier Elementen:
Diese vier Grundelemente können – national wie international – hinsichtlich ihres Gesamtumfangs, ihres jeweiligen Anteils, ihrer zeitlichen Anordnung, ihrer internen Struktur und ihrer Verknüpfung untereinander in unterschiedlicher Weise gestaltet sein. Generell lässt sich sagen, daß die pädagogischen und die praktischen Elemente in den Lehramtsstudiengängen für Schulen der unteren Jahrgangsstufen (jüngere Schüler) am höchsten sind, in den Lehramtsstudiengängen für die obersten Jahrgangstufen (ältere Schüler) am niedrigsten. Ein umgekehrtes Bild ergibt sich, wenn man auf die Anteile der Fach– bzw. Fächerstudien schaut. Hinzu kommen schulart– und schulstufenspezifische Besonderheiten für Sonderschullehrer, Berufschullehrer und (z.T.) Lehrer an Grundschulen. Hinzugefügt werden muss, dass in Deutschland der internationale Sonderfall einer zweiphasigen Lehramtsausbildung existiert, der ‚theoretische‘ und der ‚praktische‘ Ausbildungsabschnitt mitthin in ein zeitliches Nacheinander gebracht sind. Eine tatsächliche arbeitsteilig–koordinierte Abstimmung etwa der Inhalte und Ansprüche dieser beiden Phasen ist jedoch eher die Ausnahme.(12)
Derzeit bemühen sich die Fachdidaktiken intensiv um ihre Umgestaltung von fachbezogenen praktischen Unterrichtslehren zu forschenden Disziplinen; die erziehungswissenschaftlichen Elemente haben ihre frühere philosophisch-pädagogische Grundierung stärker auf die modernen Bildungswissenschaften umgestellt. Dies gilt mehr oder weniger stark für alle Lehrämter. In den standard–setzenden Prüfungsordnungen spiegelt sich dies insofern wider, als – bis auf die definierte Regelstudienzeit – keine grundsätzlichen, [/S. 17:] tiefgreifenden Unterschiede mehr zwischen der Lehrerbildung für (z.B.) Grund- und Hauptschullehrer und (z.B.) Gymnasiallehrern mehr ausgewiesen werden, sondern allenfalls graduelle Abstufungen und anders gewichtete Verteilungen zu erkennen sind.
Eine bestimmte Art von Steuerung und Standardisierung erfolgt im wesentlichen über die Inhaltskataloge, die in den staatlichen Lehramtsprüfungsordnungen (1. Phase) ausgewiesen werden. Diese Prüfungsordnungen in Verbindung mit Stundenverteilungsvorschriften und der Regelung von Zahl und Art der Leistungsnachweise setzen de facto formale ‚Standards'. Zumindest orientieren sie das Studierverhalten der Lernenden; sie definieren auch die curricularen Pflichten (d.h. das Lehrangebot) der Fachbereiche – oder sollten dies doch zumindest tun.
Prüfungsordnungen werden zur Vorlage für Studienordnungen; Studienordnungen werden ergänzt durch Studienpläne. Am Ende des Studiums stehen Prüfungen, und Prüfungen erzeugen Noten. Für die Vergabe von Noten existieren Standards, die aber wiederum sehr formal sind und sich an einer Kombination aus Real– und Idealnorm orientieren: befriedigend ist eine Leistung zu nennen, "die den Anforderungen in durchschnittlichem Maße entspricht" (Hinweis auf einem Formular für das Prüfungsprotokoll). Aber was bedeutet das? De facto wird die Standard–Frage durch standort– und fachspezifische Konventionen, durch mehr oder weniger behutsames Einsozialisieren von Neu-Mitgliedern des Prüfungsamtes sowie durch mehr oder weniger intensive Re–Sozialisationsbemühungen in Richtung auf ‚abweichende' Alt–Mitglieder des Prüfungsamtes beantwortet.
Für die Institutionen der 2. Phase existieren ebenfalls Ausbildungs– und Prüfungsordnungen, die die Inhalte, Anforderungen, die Abfolge und die Modalitäten des 2. Staatsexamens festlegen. Die Ausbildungs– und Prüfungsordnungen der 2. Phase weisen aus, welche Themen in den Haupt– und Fachseminaren behandelt werden, wie die Arbeit im Studienseminar und in der Ausbildungsschule koordiniert wird bzw. werden soll, wer wann welche Gutachten über die Unterrichtsversuche eines Referendars zu schreiben hat, welche Kriterien (Standards) hierfür gelten, wie die Zwischengutachten in die abschließende Note des 2. Staatsexamens einfließen etc. Die Rolle der Schule, des betreuenden Lehrers (Mentors), des Ausbildungskoordinators (in NRW) und des Schulleiters sind in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich gewichtet. Auch hier haben Studienseminare standortspezifische Standards und Beurteilungskulturen sowie praktisch ‚gelebte' Notenbildungsmodalitäten entwickelt. Im Zuge einer Politik der Profilbildung auch der Studienseminare werden seminarspezifische Beurteilungsmodalitäten sogar noch gefördert. (Zur Evaluation der 2. Phase vgl. das Themenheft 2/2001 der Zeitschrift SEMINAR, als Beispiel für interne und externe Evaluierungen von Studienseminaren vgl. Freisel, Sjuts 2000; Arnsberg 2001; zur Situation der 2. Phase vgl. [/S. 18:] Frech, Reichwein 1977; Winter 1981; Gecks 1990; Hoppenworth 1993; Lenhard (o.J.; 1993?); Daschner, Drews 2002).
Die Staatlichen Prüfungsämter, in deren Regie die 1. und 2. Staatsprüfung absolviert wird, verfügen über Erkenntnisse hinsichtlich der Entwicklung des Prüfungswesens, hinsichtlich der Verschiebung von gewählten Prüfungsthemen und dem Prüfungs– und Benotungsverhalten der Prüfer, ebenso über standortspezifische Besonderheiten in der 1. und 2. Phase. Teilweise werden diese Erkenntnisse systematisch gebildet und dokumentiert, vielfach basieren sie jedoch eher auf individuellen Erfahrungen, auf Gesprächen, Anekdoten und – hier und da – manchen hartnäckigen Wandersagen über Institutionen und einzelne Personen. So sind etwa bislang noch keine Untersuchungen über den tatsächlichen prognostischen Wert der Noten aus 1. und 2. Staatsexamen für die Qualität der späteren Berufarbeit der Absolventen durchgeführt werden; Datenschutzgründe sollten keine unüberwindlichen Hindernisse sein. Generell ist anzumerken, dass das in den staatlichen Prüfungsämtern vorhandene systematische Wissen bislang vergleichsweise wenig in die Debatten um Zustand und Reform der Lehrerbildung eingeflossen ist (vgl. Pomplun u.a. 2000; zum Problem der Prüfungsgestaltung in Lehramtsprüfungen vgl. Winter 2001). Allerdings ist diese Form der Steuerung und Standardisierung noch dem traditionellen Steuerungsmodell zuzurechnen, das auf der detaillierten Vorgabe von Inputs und Normierungen basiert; Prüfungsämter sind von ihrer Tradition und Struktur her bislang wohl nicht darauf vorbereitet, Qualitätssicherung in Richtung auf die universitäre Lehrerbildung durchzuführen.
In der US–amerikanischen Fachliteratur zu Fragen der Lehrerbildung, ihrer Struktur, ihren Inhalten und ihren angestrebten Wirkungen ist in den letzten Jahrzehnten ein Übergang von einer an Kompetenzen und Leistungen orientierten Lehrerbildung (competency– oder performance based teacher education) zu einer an Leistungsstandards orientierten Lehrerbildung festzustellen (performance standards based teacher education) (vgl. zusammenfassend z.B. Valli, Rennert-Ariev 2002). Kritiker des kompetenzbasierten Ansatzes haben immer wieder auf das mechanistische Bild von Lehrerarbeit hingewiesen, haben die Aufsplitterung des komplexen Aufgabenfeldes des Lehrers in einzelne skills moniert sowie die Ausblendung organisatorischer und gesellschaftlicher Rahmungen von Lehrerarbeit kritisiert. Das an Leistungsstandards orientierte Paradigma der Lehrerbildung ist demgegenüber an unterschiedlichen Lehrplantheorien, an kognitiven und konstruktivistischen Lerntheorien und neuen Formen der Lernprozessbegleitung und der Beurteilung von auszubildenden bzw. ausgebildeten Lehrern orientiert. Bemerkenswert ist, dass also neben den Standards der Ausbildung auch die Art des Prüfens dazugehört. Dies weist noch einmal darauf hin, dass gerade für die Frage der an Standards orientierten Lehrerbildung neben vielen anderen Dingen eben auch die Modalitäten des Prüfens, der Akkreditierung (Zulassung) sowie schließlich des Einführens in die [/S. 19:] Berufswirklichkeit (Berufseingangsphase, teacher induction) eine wichtige Rolle spielen. Solche standard–basierten Programme streben eine wissens–, erfahrungs– und reflexionsbasierte, situations– und kontextsensible Form des Lehrerhandelns an, das selbst wiederum an der Idee verständnisbezogenen und nachhaltigen Lernens auf Seiten der Schüler orientiert ist.
Folgende Gegenüberstellung von competency based teacher education und performance standards based teacher education stellt die beiden Konzepte idealtypisch gegenüber.
Abb.1: Vergleich kompetenzbasierter und standardbasierter Lehrerbildung
(nach Valli, Rennert–Ariev 2002, S. 205)
an Kompetenzen orientiert | an Standards orientiert | |
Bild des Lehrers |
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Wissensbasis für Unterrichten |
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Unterrichtsverständnis |
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Beurteilung von Lehrern |
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Vergleich man diese Gegenüberstellung mit den verschiedenen im pädagogischen Raum erörterten Lehrerleitbildern in Deutschland, so fällt auf, dass die aktuellste Variante der US-Diskussion – sieht man von der Begrifflichkeit ab – am ehesten einer Mischung aus Elementen des traditionalen, personal-idealistischen Lehrerbildes einerseits und Elementen eines an wissensbasierter, reflexiver Professionalität orientierten Lehrerbildes andererseits entspricht.(13) [/S. 20:]
Als Ergebnis ihrer empirischen Studie zu den Prozessen der Umstellung von kompetenzorientierter auf standardbasierten Lehrerbildungsprogrammen formulieren Valli, Rennert-Ariev (ebd., S. 220 f.) die folgenden drei Empfehlungen:
Im Kontext der Lehrerbildung ist – im deutschsprachigen Raum – das Konzept der Standards zum ersten Mal von Fritz Oser (Universität Fribourg) und Jürgen Oelkers (Universität Zürich) sowie ihren Mitarbeitern angewandt bzw. entwickelt und überprüft worden, und zwar als Basis für ein sechsjähriges (1994 – 2000) Projekt zur Wirksamkeit der Lehrerbildung bzw. der verschiedenen Lehrerbildungssysteme in der deutschsprachigen Schweiz. Die gesamten Projektergebnisse werden in Oser, Oelkers (2001) dargestellt; im Folgenden wird eine Konzentration auf diejenigen Projektteile vollzogen, die sich mit Standards in der Lehrerbildung beschäftigen (vgl. dazu speziell Oser 1997; 1999; 2001); das gesamte Projekt umfasste auch darüber hinaus gehende Fragestellungen.
In der Studie werden dem Begriff "Standard" zwei Komponenten zugewiesen: Er steht sowohl für professionelle Kompetenz als auch für deren optimale Erreichung. Oder anders: Mit der Beschreibung von Standards "meint man eine besondere Qualität; und man akzeptiert gleichzeitig, dass sie mehr oder weniger gut bzw. optimal erreichbar sind" (Oser 2001, S. 216). Es handelt sich also gewissermaßen um ein Ideal–Maß, von dem man aber weiß, dass es nicht von allem Lehrern vollständig, sondern in unterschiedlicher Annäherung erreicht wird. Es handelt sich also weder um Minimalstandards noch um einzelne, eng umrissene Verhaltenslehrerbildung (skills). "Ein professioneller Lehrerstandard ist eine komplexe, (…) dauernd unter verschiedenen Kontexten und bezüglich verschiedener Inhalte adaptiv zu wiederholende Verhaltensweise, die sich aus verschiedenen Theorien speist, die auf der Folie verschiedener Forschungsergebnisse erhellt werden kann, die besser oder schlechter ausgeführt werden kann (Qualität), und die letztlich in der Tat kontextuell in verschiedensten Varianten erfolgreich ausgeführt wird" (Oser 2001, S. 225 f.; Hervorhebung im Orig.) Unter Hinzuziehung weiterer Erläuterungen wird deutlich, dass Standards durch Theorie informiert sind, dass sie auf [/S. 22:] Forschung basieren, dass sie ein Qualitätsmaß darstellen, und dass sie kontextgebunden im praktisch–reflexiven Handeln realisiert werden.(14)
Auf der Basis von Expertendiskussionen wurden von der Forschungsgruppe zunächst, d.h. vor der Durchführung der Erhebung, insgesamt 88 Standards definiert, die frisch ausgebildeten Lehrern nach Abschluss ihrer Ausbildung sowie ein Jahr nach ihrer Ausbildung vorgelegt wurden. (Im Abschlussbericht wird faktisch nur über die Befragung der frisch Ausgebildeten berichtet; die zweite Befragung wird nur sehr punktuell erwähnt.) Diese 88 Einzelstandards wurden zu zwölf thematischen Gruppen zusammengefasst:
Diese Standards benennen, was ein gut ausgebildeter, auf der Höhe der Kompetenz stehender, gewissermaßen ‚vollständiger‘ Lehrer wissen und v.a.: pädagogisch–didaktisch können muss. Es ist auffällig, dass in diesen Standards von Wissen und Kompetenz im Fach bzw. in den Fächern nicht die Rede ist – ein Sachverhalt, der den Wert der Studie als Vorlage für eine die gesamte Lehrerbildung bzw. die gesamte Lehrerkompetenz umfassende Definition und Überprüfung von Standards stark einschränkt. Die Begründung für den Ausschluss der Fächer– bzw. fachbezogenen Kompetenz (vgl. Oser 2001, S. 243) ist sehr knapp: "Das Fachwissen, wenn es noch so gut ist, (…) kann an sich nicht professioneller Standard sein". Verfügen über Wissen allein ist kein Standard. Das ist im Rahmen des gewählten Ansatzes konsequent. Gleichwohl ist das Verfügen über ein gutes fachbezogenes Wissen doch sicherlich eine notwendige und sehr wichtige (allerdings noch nicht hinreichende!) Voraussetzung für kompetenten Unterricht in diesem Fach.
Um es noch einmal deutlich zu machen: Die ausgebildeten Lehrer wurden nicht beobachtet und von außen eingeschätzt, ob und wie weit sie diesen Standards genügen. Vielmehr sollten sie selbst Auskunft darüber geben, ob und wie weit sie aus ihrer subjektiven Sicht heraus diese Standards als Ergebnis von Ausbildung erfüllen. "Wichtig ist die subjektive Ausschöpfung der Verarbeitungstiefe eines Standards. Die Überzeugung, dass eine Lehrerstudentin oder ein Lehrerstudent am Ende der Ausbildung glaubt, einen Standard mehr oder weniger tief behandelt zu haben und damit auch die implizite Annahme dessen Beherrschens, gibt den Ausschlag. Denn obwohl die Verantwortlichen der Lehrerbildung oft glauben, sie hätten etwas behandelt, kennen es die Studierenden nicht, sie wissen nichts davon, sie haben es subjektiv nicht internalisiert… Daher ist nur die Überzeugung der Studierenden wichtig, weil sie uns darüber Auskunft gibt, wie der Standard eben von denen, die nun gerade die Lehrerbildung zum Abschluss bringen, als professionelles soziales Kapital interpretiert wird" (Oser 2001, S. 228). [/S. 24:]
Hinsichtlich der subjektiven Einschätzung der Standards wurde in drei Richtungen gefragt:
Auf diese Weise war es möglich, zu erfassen, dass die Einschätzung seitens der Befragten auf den drei Dimensionen sehr unterschiedlich war. Beispiele:
Die 88 Standards, die jeweils auf drei Dimensionen (Verarbeitungstiefe, Bedeutung, Beachtung) einzuschätzen waren, wurden an Absolventen ausgegeben, wobei eine Rücklaufquote von 76 % eine Zahl von 1.286 auswertbaren Fragebögen ergab. Die Ergebnisse wurden differenziert ausgewertet im Blick auf die unterschiedlichen Lehrerbildungssysteme in der deutschsprachigen Schweiz sowie auch hinsichtlich der verschiedenen – nach bundesdeutscher Sprachregelung – Lehrämter (Vorschule, Primarstufe, Primarstufe und Sekundarstufe I, Sekundarstufe I, Sekundarstufe II).
Die Ergebnisse der Studie waren ernüchternd: "Die Verarbeitungstiefe der meisten Standards ist gering, viele werden überhaupt nie oder nur ‚theoretisch' angesprochen; die Bedeutung wird in vielen Fällen als hoch und die Anwendungswahrscheinlichkeit (angestrebte Beachtung – ET), wenn man die Standards erreichen würde, positiv eingeschätzt. Dies zeigt, dass sich die Studierenden sehr wohl bewusst sind, dass die Erreichung gewisser Standards von hoher beruflicher Relevanz für ihr berufliches Überleben wäre. Interessant ist, dass die schulbezogenen Standards im Vergleich zu sozialen und didaktischen Standards am schlechtesten abschneiden. Schulentwicklung scheint bis jetzt kein Thema der Ausbildung im Lehrerberuf zu sein. (…) Das Nichterreichen professioneller Standards im konkreten und nicht auf die Linearität des Lernens ausgerichteten Klassenraum wird somit zum Kernproblem dieser Analyse. Wie soll man diesen [/S. 25:] Lehrerberuf zu einer anerkannten Profession emporheben, wenn Standards nicht erreicht und kaum je zu intersubjektiv abgesicherten Kompetenzen geformt werden?" (Oser, Oelkers 2001, S. 27; Einleitung der Hrsg.).
Zwei Drittel der ausgebildeten Lehrkräfte hatten von den Standards entweder nur theoretisch gehört oder sie waren praktisch behandelt worden. Interessant war noch: Je höher die primäre Motivation für den Lehrerberuf war (in solchen Fällen also, in denen Jemand bewusst und direkt ein Lehramtsstudium aufgenommen hatte), desto stärker war die Verarbeitungstiefe der Standards ausgeprägt. Und noch ein spezielles Detail: Oser und Oelkers fanden heraus, dass die Standards bei Absolventen aus sehr praxisnahen, wissenschaftsfernen Ausbildungsinstitutionen (Kindergarten und Primarlehrerausbildung) durchweg stärker ausgeprägt waren als bei Absolventen aus denjenigen Institutionen, die eine eher akademisch orientierte Lehrerbildung betrieben hatten (Oser 2001, S. 304). Die Verarbeitungstiefe von Standards, die sich auf die Gestaltung und Entwicklung von Schule insgesamt beziehen, waren deutlich geringer ausgeprägt als solche, die sich auf das unmittelbare Unterrichten beziehen. Die folgende Tabelle vermittelt eine Übersicht über die Unterschiede hinsichtlich der Verarbeitungstiefe zwischen den 12 Standardgruppen:
Abb. X : Rangfolge der Standards
Skala von 1("nichts gehört") bis 5 (Theorie & Übung & Praxis)
Standardgruppe | N |
arithm. Mittel |
Gestaltung von Unterricht | 1185 |
2.74 |
Lehrer–Schüler–Beziehung | 1188 |
2.56 |
Medien des Unterrichts | 1171 |
2.51 |
Fachdidaktik (Deutsch) | 355 |
2.49 |
Leistungsmessung | 1175 |
2.40 |
Förderung von Sozialverhalten | 1163 |
2.31 |
Lernstrategien vermitteln | 1054 |
2.26 |
Beobachtung und Diagnose | 583 |
2.25 |
Bewältigung von Problemen | 1168 |
2.23 |
Kooperation in der Schule | 590 |
2.01 |
Schule und Öffentlichkeit | 591 |
1.87 |
Selbstorganisationskompetenz | 1173 |
1.67 |
Nun muss man sehen: In der Schweizer Studie werden letztendlich keine Standards für Lehrerbildung, sondern Standards für erfolgreiches Lehrerhandeln, für den kompeten– [/S. 26:] ten, erfolgreichen Lehrer also, definiert. Zugleich ist aber auch klar, dass sich eine erfolgreiche und wirksame Lehrerbildung in ihren Inhalten und Prozessen eben daran zu orientieren hat, m.a.W.: Voraussetzungen für erfolgreiches Lehrerhandeln im Sinne der Standards zu ermöglichen. So wird denn auch darauf hingewiesen, dass erst nach der Berufseingangsphase und während des kontinuierlichen Weiterlernens im Beruf sich diese Standards immer stärker ausprägen bzw. auch immer deutlicher ausprägen sollten. Die Lehrerausbildung in erster und zweiter Phase ist dafür nur die Ausgangsbasis: ihr Ziel kann und sollte nicht der kompetente Lehrer, sondern der kompetente Berufsanfänger sein! So interpretiert fügt sich dieses Konzept von Standards im Lehrerberuf in die "Perspektiven der Lehrerbildung" ein, die die KMK–Kommission zur zukünftigen Gestaltung der Lehrerbildung in Deutschland entwickelt hat (Terhart 2000): Lehrerbildung ist eine kontinuierliche Aufgabe innerhalb der gesamten Berufsbiographie von Lehrkräften.
Die folgenden Überlegungen und Entscheidungen sind von dem Schweizer Projekt zwar inspiriert, weichen aber – angesichts der Aufgabenstellung und unter Berücksichtigung der bundesdeutschen Verhältnisse – von dieser Vorlage ab:
Im Folgenden wird nach Standards für ausgebildete Personen, Standards für Institutionen der Ausbildung sowie drittens Standards für dasjenige Steuerungssystem differenziert, das für Lehrerbildung zuständig ist. Für jede dieser drei Ebenen sind spezifische Standards zu formulieren; ebenso sind unterschiedliche Evaluationsinstrumente anzusetzen.
In der ersten, universitären Phase der Lehrerbildung sollten bei den Studierenden bzw. Absolventen folgende Ziele erreicht werden:
Diese vier hier nur formal abgegrenzten Kompetenzen werden als aufeinander aufbauend betrachtet (Stufen–Modell).
Die zweite Phase im Studienseminar (Referendariat) baut hierauf auf und schließt sich an. Hinsichtlich der hierauf bezogenen Personenstandards lässt sich folgende Aufgabe formulieren:
Entwicklung und Erprobung der eigenen beruflichen Handlungs– und Reflexionsfähigkeit
Für die 1. Phase sind (mit Blick auf Personenstandards) folgende vier Bereiche von Bedeutung:
(1) Ein solides systematisch, methodisch und wissenschaftsgeschichtlich gestütztes Wissen in den und über die Unterrichtsfächer(n) ist eine conditio sine qua non. Dies gilt für alle Lehrämter und alle Fächer – die Grundschullehrerbildung steht somit keineswegs zurück, da sie ebenfalls eine spezifische wissenschaftsbasierte Fachlichkeit aufweist. Dabei ist das Disziplinen– bzw. Fächerwissen, das die Universität an Lehramtsstudierende vermittelt, deutlicher als bisher auf die Horizonte der schulischen Lehrpläne zu beziehen. Zugleich sollte nicht nur ein solides Fachwissen innerhalb des jeweiligen Faches, sondern auch der Blick von außen auf die Disziplin und das Fach vollzogen werden (Geschichte und Entwicklung, grundlegende Erkenntnis- und Methodenprobleme, Verknüpfung mit anderen Disziplinen, gesellschaftliche Bedeutung und Vermittlung des Faches etc.); diese letztgenannten Punkte sind übrigens nicht nur für die Lehramtsstudierenden dieses Faches von Bedeutung, sondern für alle Studierende dieser Disziplin. Die Disziplinen bzw. Fächer selbst sollten sich viel stärker als bisher in die Diskussion um die Lehrerbildung und deren Inhalte und Standards einmischen. Dabei wäre es ein falscher Weg, wenn die Disziplinen/Fächer die Angebote für die zukünftigen Lehrer gänzlich aus dem Angebot für ihre Hauptfachstudierenden (Diplom, Magister etc.) ausgliedern, also gewissermaßen bereits in der Universität eine vereinfachte Variante bieten: Die lehramtsbezogenen Veranstaltungen sollen – auf der Basis einer Verständigung über das für den (jeweiligen) Fachunterricht Notwendige und Sinnvolle – in großen Teilen, insbesondere bei den Grundlagen, mit den Hauptfachstudiengängen verknüpft sein.
Es ist eines der schon traditionellen und ganz großen Defizite der Diskussion um die Lehrerbildung, dass die wissenschaftlichen Disziplinen bzw. die Schulfächer – beides ist natürlich nicht identisch – sich in dieser Debatte so stark zurückhalten. Sie sollten sich allerdings allmählich selbst fragen, wie lange sie sich dieses Schweigen noch leisten wollen und können. Dabei ist nicht nur an die Tatsache zu erinnern, dass in sehr vielen Universitätsdisziplinen bzw. Fachbereichen große Teile der Personalkapazität nur deshalb vorhanden sind, weil es Verpflichtungen in der Lehrerbildung gibt. Es ist auch darauf hinzuweisen, dass die Disziplinen selbst – ganz unabhängig von der Lehrerbildung – sich dem Problem der Vermittlung ihrer Erkenntnisse, Probleme und Chancen in die Öffentlichkeit hinein mehr Aufmerksamkeit widmen sollten. Auch im Rahmen der Erprobung konsekutiver Lehrerbildung (Bachelor/Master–Strukturen) dürfen die Fächer nicht aus der Verantwortung für diese Aufgaben entlassen werden; sowohl in der Bachelor–Stufe sind deshalb Bereiche vorzusehen, die einen reflexiven Rückbezug auf [/S. 31:] Fächer und ihre Grenzen, auf fächerverbindende und fächerunabhängige Kompetenzen, auf Argumentations– und Vermittlungskompetenz etc. abzielen.
(2) Im Bereich des erziehungswissenschaftlichen und schulpädagogisch-didaktischen Wissens ist die tatsächlich erreichbare Wirkung immer vergleichsweise bescheiden anzusetzen; das erziehungswissenschaftliche Studium nimmt je nach Bundesland schließlich nur zwischen 5 % und ca. 20 % des Gesamtvolumens eines Lehramtsstudiengangs ein. Wenn es gelingt, als Ergebnis dieser teilweise nur 8 SWS, z.T. aber auch 32 und mehr SWS Absolventen zu bekommen, die etwas über Theorie und Geschichte der Schule wissen, die aktuelle bildungspolitische Kontroversen einzuordnen vermögen, die Lern–, Entwicklungs– und Sozialisationstheorien kennen, denen die Lern– und Entwicklungsprobleme von Kindern und Jugendlichen nicht fremd sind, die sich in den Didaktiken auskennen, um die Problematik der Leistungsbeurteilung wissen und mit Ergebnissen der empirischen Unterrichtsforschung etwas anfangen können – wenn alles dies regelmäßig tatsächlich erreicht werden könnte, wäre verglichen mit dem jetzigen Stand schon viel erreicht. Keineswegs jedoch kann man erwarten, dass das erziehungswissenschaftliche Studium innerhalb der universitären Lehrerbildung (1. Phase) den Absolventen gewissermaßen berufsfertig entlässt.
(3) Ein ganz wichtiger Standard universitärer Lehrerbildung lautet: Ein Absolvent muss fachdidaktisch analysieren und argumentieren können. Er muss dazu in der Lage sein, sein Fach bzw. seine Fächer unter dem Gesichtspunkt der Lehrbarkeit und Lernbarkeit – auch unter dem Gesichtspunkt von Lernschwierigkeiten bei Schülern sowie unter dem Gesichtspunkt der Fächergrenzen und deren Überwindung – zu erörtern. Während das fachbezogene Wissen sich lediglich auf zu vermittelnde Inhalte und deren Hintergründe bezieht, und das in die Lehrerbildung eingebaute erziehungswissenschaftliche Wissen ‚inhaltsneutral' und eher allgemein auf Probleme und Prozesse des Schulsystems, des Unterrichts und des Lehrerberufs abhebt, bietet das Feld der Fachdidaktik die Möglichkeit einer Verschränkung von inhalts– und prozessbezogener Perspektive. Genau dies ist ein zentrales Element innerhalb der Lehrerkompetenz.
Um dies in der 1. Phase anbahnen und erreichen zu können, muss die Fachdidaktik einen angemessenen Platz innerhalb des Lehrerbildungscurriculums erhalten (s.u.). Dies kann am Ende der ersten Phase noch nicht vollständig unterrichtspraktisch durchdekliniert sein; gleichwohl wird jede zukünftige Lehrerbildung diesen fachdidaktischen Standard ernster nehmen müssen als bislang. Auch dies gilt unabhängig von der Frage: konsekutiv oder grundständig!
(4) Schließlich: Ein Absolvent der 1.Phase sollte dazu in der Lage sein, seine Berufswahl auch vor dem Hintergrund von praktischen Erfahrungen während schulpraktischer Studien zu reflektieren und zu vertreten. Die Erfahrung der eigenen Person in der Schu– [/S. 32:]le, mit Kindern und Heranwachsenden, mit Eltern und Kollegen ist ein wichtiges Element innerhalb der studentischen Sozialisation. Schulpraktische Studienelemente sind dabei nicht schon ‚an sich' positiv – etwa in dem Sinne, dass diejenige Lehrerbildung die beste ist, die die meisten Praktika enthält: Es kommt nicht darauf an, schon im Studium das Einsozialisieren in bestehende Berufsroutinen und –kulturen anzubahnen oder zu ‚üben', sondern es muss darum gehen, neben der Erprobung der eigenen Person den kritisch–reflektierenden Blick sowohl auf die bislang im Studium vermittelten Inhalte wie auch auf die in der Praxis angetroffene Realität zu entwickeln. Zielperspektive kann das ‚forschende Lernen' sein. Inwieweit es tatsächlich dazu kommt, und inwieweit die Lehrenden in den Fachdidaktiken wie in den am erziehungswissenschaftlichen Studium beteiligten Disziplinen dies anzuleiten bereit und in der Lage sind – auch dies wird eine interessante Frage für die Evaluation sein.
Standards für die ausgebildeten Lehrer (Absolventenstandards):Die Standards für die ausgebildeten Lehrer werden getrennt für die 1. und 2. Phase ausgewiesen. Sie orientieren sich einerseits an bestimmten inhaltlichen Bereichen (senkrechte Achse) und andererseits an unterschiedlichen Ebenen (Stufen) der Kompetenz (waagerechte Achse):
1. Phase:
Bereiche | Wissen | Reflexion | Kommunikation | Urteil |
Unterrichtsfächer | XXX | XX | XXX | XX |
Fachdidaktiken | XXX | XXX | XXX | XX |
Erziehungswissenschaften | XXX | XXX | xxx | xx |
Schulpraktische Studien | xx | xxx | xxx | xx |
Für diese vier Bereiche (Unterrichtsfächer, Fachdidaktiken, Erziehungswissenschaften, Schulpraktische Studien) werden jeweils Standards formuliert: [/S. 33:]
10 Standards für die Unterrichtsfächer(17)
10 Standards für die Fachdidaktiken
10 Standards für das erziehungswissenschaftliche Studium
Bereiche | Wisen | Reflexion | Urteil | Können |
Kompetenz in den Unterrichtsfächern | X | XX | XXX | XXX |
Kompetenz in fachdidaktischer Hinsicht | X | XX | XXX | XXX |
Kompetenzen in pädagogischer Hinsicht | X | XX | XXX | XXX |
Kompetenzen in Schul–/Unterrichtsentwicklung | X | XX | XXX | XXX |
10 Standards für die Absolventen der 2. Phase:
Damit sind personenbezogene Standards benannt, die am Ende der ersten und zweiten Phase erfüllt sein sollten. Entscheidend ist, ob man Modalitäten des Evaluierens/Prüfens findet, die es erlauben, das Vorliegen bzw. auch den relativen Grad des Vorliegens dieser Standards zu ermitteln.
Hinsichtlich einer Erfassung der Ergebnisse der 1.Phase im Bereich der erziehungswissenschaftlichen Studien liegen einige wenige punktuelle Forschungen vor.(18) Eine (nicht repräsentative) Studie über die u.a. auf das erziehungswissenschaftliche Begleitstudium bezogenen Lesegewohnheiten von Wigger (2000; Keiner 2000) bringt eher deprimierende Ergebnisse. Befragungen von Absolventen zur Einschätzung der Qualität und des Wertes ihrer Ausbildung sind nicht unwichtig, unterliegen jedoch starken Verzerrungen. Evaluation von Ausbildung muss mehr sein als eine nachgängige Befragung von Absolventen zu Erfahrungen und Wert der Ausbildung: Die tatsächlich erworbenen Kompetenzen müssen – an Standards orientiert – erfasst werden.
Der aktuellste und am weitesten ausgearbeitete Versuch einer solchen Evaluation der erziehungswissenschaftlichen Studienanteile wird derzeit von A. Nolle an der Universität Dortmund (Institut für Schulentwicklungsforschung) durchgeführt (Dissertation): Erfasst werden Lehramtsstudierende der Universitäten Bremen (n=26), Dortmund (287), Leipzig (309) und Erlangen–Nürnberg und Bamberg (n=264). Somit lagen insgesamt 886 auswertbare Fragebögen vor. Einschränkend muss angemerkt werden, dass es [/S. 36:] sich um eine Befragung von Studierenden handelt; 508 der Befragten befanden sich noch im Grundstudium! Insofern kann man nicht von einer Analyse der Wirkungen des erziehungswissenschaftlichen Studiums sprechen; es handelt sich vielmehr um eine Befragung der Teilnehmer während des Prozesses der Lehrerbildung zum erziehungswissenschaftlichen Ausschnitt des Lehramtsstudiums. Darüber hinaus erfolgt diese Evaluation nicht mit Blick auf vorab definierte Standards (also gewissermaßen ‚lernzielorientiert'), sie erfolgt vielmehr als eine Erfassung des Zustandes, die erhaltene Verteilungen (Durchschnitte, Abweichungen etc.) zeigt (also gleichsam ‚durchschnittsorientiert').
Hinsichtlich der Vorgehensweisen bei der Überprüfung des Grades der Erreichung von Standards sind – bei der Personenevaluation – verschiedene Formen praktikabel und praktiziert worden:
Vier Stufen einer an Standards orientierten EvaluationDiese vier Formen einer an Standards orientierten Evaluation (auf der Personenebene) sind auf einer Skala von einfach/wenig aussagekräftig bis anspruchsvoll/sehr aussagekräftig anzuordnen; sie stellen Stufen dar. Die Selbsteinschätzung, die bislang dominierte, auch noch in der Schweizer Studie, sollte in dem angestrebten Evaluationen keines– [/S. 37:] wegs die alleinige Basis sein – sie sollte sogar weitgehend minimiert werden. Die zweite Stufe – testdiagnostische Verfahren (Papier und Bleistift) sollte dominieren, da mit ihr aussagekräftigere Informationen gewonnen werden können. Sie sollte aber – zumindest punktuell – durch Beobachtungs–/Beurteilungsverfahren mit Blick auf das berufliche Handeln ergänzt werden; dies in einem quantitativ begrenzten Rahmen. Die vierte Stufe – Erfassung der Wirkungen bei Schülern – halte ich, wie oben bereits dargelegt, angesichts der immensen theoretischen und methodischen Probleme, des sehr hohen Aufwandes und der am Ende nicht präzise zu ermittelnden Zusammenhänge zum gegenwärtigen Zeitpunkt für nicht opportun: Der ungewöhnlich hohe Aufwand stünde in keinem Verhältnis zum unsicheren Ertrag.
Insofern besteht die Aufgabe bei der Personenevaluation darin, die Standards weiter zu konkretisieren und auf dieser Basis dann sowohl geeignete diagnostische Instrumente zu entwickeln wie auch entsprechende ergänzende Beobachtungsverfahren. Wenn sich dann etwa zeigen ließe, dass – richtig konstruiert und durchgeführt – diagnostische Verfahren zuverlässig zu ähnlichen Ergebnissen kommen wie Beobachtungsverfahren, so könnte man auf letztere – da aufwendig – verzichten. Genau dies aber muss vorher erprobt werden.
Standards betreffen nicht nur auszubildende Personen, sondern auch diejenigen Institutionen, die deren Ausbildung zu organisieren haben. Ich differenziere dabei nach
Eine Universität, in der Lehrerbildung stattfindet, sollte folgende Standards erfüllen (vgl. dazu bereits die "Perspektiven der Lehrerbildung in Deutschland"; Terhart 2000):
Solche Qualitätsmerkmale für Lehrerbildungsinstitutionen (hier: 1. Phase) werden aber vermutlich nur entwickelt werden und lassen sich hinsichtlich ihrer Erfüllung nur evaluieren, wenn auch die leitende Instanz für das Gesamtsystem Lehrerbildung spezifische Standards erfüllt. Das bedeutet schlicht: Auch Bildungsministerien bzw. hier: die in ihnen für Lehrerbildung verantwortlichen Abteilungen und Gruppen müssen selbst Standards erfüllen (s.u.)!
Fragen an die Institutionen der 1. Phase:
Die Institutionen und Programme der zweiten Phase unterliegen einer ähnlich starken Kritik wie diejenigen der ersten Phase; jedenfalls wäre es inadäquat, bei der Evaluation von Lehrerbildung immer nur die Universitäten im Blick zu nehmen. Aufgrund der Unterschiedlichkeit der Aufgaben müssen die Anforderungen an Institutionen der zweiten [/S. 41:] Phase anders geartet sein als diejenigen für die erste Phase. Wendet man die Kritik an der zweiten Phase konstruktiv, so lassen sich folgende Anforderungen benennen (vgl. dazu auch die "Perspektiven der Lehrerbildung in Deutschland"; Terhart 2000):
Fragen an die Institutionen der 2. Phase:
Prüfungen: Die Praxis der Lehramtsprüfungen ist bislang vollkommen unerforscht. Ebenso sind die Einstellungsmodalitäten noch keiner genaueren Analyse unterzogen worden. Dies mag einerseits erstaunlich vorkommen – andererseits werden diese Bereiche/Stationen innerhalb der Berufsbiographie von Lehrern als administrative Schaltstellen betrachtet, denen man eine rechtliche Form und einen Verwaltungsablauf zuordnen muss. Das ‚Wissen' über diese Prozeduren, ihre alltäglichen Abläufe, ihre Konflikte und Kuriositäten steht gewissermaßen in den Wissenschaftlichen Landesprüfungsämtern für die Lehrämter (wohl eher implizit) zur Verfügung. Am Ende der 1. Phase prüfen Universitätsangehörige (im Beisein von Vertretern der Schuladministration) in ihrer Rolle als ernannte Mitglieder des Prüfungsamtes. Am Ende der 2.Phase prüfen Fachleiter, Seminarleiter, Ausbildungslehrer und (z.T.) Schulleiter. Art, Zahl, Umfang, Reihenfolge und Gewichtung der verschiedenen Prüfungselemente bei den beiden Staatsexamina variieren in den Bundesländern. Die Note(n) aus beiden Staatsexamina sowie z.T. weitere personenbezogene Faktoren gehen in die Berechnung von Punktzahlen (o.ä.) ein, die dann wiederum (ausschließlich oder in Kombination mit anderen Elementen) die Voraussetzung für die Einstellung sind. Ihr prognostischer Wert für den späteren Berufserfolg bzw. –misserfolg ist bislang noch nicht empirisch überprüft worden. Die in dieser Expertise empfohlene Evaluation anhand von Standards kann auch dazu dienen, die Examensnoten der evaluierten Personen an einem Außenkriterium (den Standards) zu validieren.
Fragen an das Prüfungsverfahren:
Einstellungen: Die Zuweisung von Bewerbern zu Regionen, Schulformen/–stufen und schließlich: zu Schulen erfolgt in einem sehr komplexen, mehrstufigen Verfahren, das in den Bundesländern unterschiedlich gehandhabt wird. Details brauchen hier nicht dargelegt zu werden – entscheidend ist, dass die Einstellung selbst zu arbeitsrechtlich unterschiedlichen Positionierungen führen kann (Angestellte oder Beamte mit ganzer oder reduzierter Stelle/Stundenzahl). Formal gibt es Probezeiten – die jedoch de facto kaum jemals unmittelbar negativ enden. Lebenszeitverbeamtung kann ggf. nach einer formalen Revision drei Jahre später ausgesprochen werden. Die Praxis der Einstellungsprozedur ist sehr stark vom Schwanken der Relation zwischen Bewerberangebot und der Art und Zahl der zu besetzenden Stellen bestimmt. Historisch wie auch aktuell werden Zulassungswege gekürzt und Zulassungsbarrieren gesenkt, wenn die Bewerberzahl geringer wird oder zu gering ist – und umgekehrt.
Eine systematische Untersuchung der Auswirkungen einer (bei Bewerberüberhang) sehr rigiden An– und Einstellungspolitik bzw. einer bei Bewerbermangel notwendigen, übli– [/S. 44:] che Standards unterschreitenden Einstellungspolitik(19) sind bislang nie unternommen worden.
Fragen an den Einstellungsprozess:
Das Gesamtsystem Lehrerbildung wird m.E. derzeit nicht wirklich an einer Stelle zentral und aus einem Gedanken heraus organisiert und kontrolliert; es fehlt so etwas wie "governance" für Lehrerbildung als Gesamtaufgabe (vgl. Clark, McNergney 1990). Die Kompetenzen auf Bundesebene (KMK–Vereinbarungen etc.) sind begrenzt; in den Bundesländern erfolgt eine Organisation und Kontrolle durch die zuständigen Landesministerien. Auf Bundes– wie auf Landesebene ist die Verantwortung sehr verteilt, ja beinahe zersplittert, sodass sich auch am Ende niemand wirklich verantwortlich fühlt noch verantwortlich gemacht werden kann. Hinzu kommen unterschiedliche Sichtweisen und Interessen der beteiligten Instanzen: Erwähnt sei nur die sehr differente Sicht der Lehrerbildung durch die Wissenschaftsseite einerseits und die Kultus– und Schulseite andererseits; dies gilt bundesweit auf der allgemeinen Ebene der Diskussion wie auch dort, wo in einem Bundesland in einem Ministerium Wissenschafts– und Schulabteilung für Lehrerbildung zuständig sind. Erwähnt seien in diesem Zusammenhang auch die beiden Phasen der Lehrerbildung, die ja immer noch weithin getrennte Welten sind.
Man kann sich auch des Eindrucks nicht erwehren, dass in den Ministerien und auch in den unterschiedlichen Experten– und Evaluationskommissionen häufig nur sehr punktuelle, an persönliche Eindrücke gebundene und z.T. auch veraltete Informationen über den tatsächlichen Zustand der Lehrerbildung an den einzelnen Standorten und dort in den einzelnen Fächern vorliegen. Dies ist umso misslicher, weil auch weiterhin eine gewisse klassische Systemsteuerung durch Lehrerausbildungsgesetz, durch Lehramtsprüfungsordnung, durch Hinweise für Studienordnungen, durch die staatlichen Prüfungsämter ebenso unvermeidlich wie notwendig sein wird. Und auf dieser Lenkungs– [/S. 46:] ebene sollten möglichst ausführliche, präzise und aktuelle Informationen über die Realität der Lehrerbildung an den verschiedenen Hochschulen vorliegen. Es ist also für die Ebene der Systemsteuerung der Lehrerbildung von entscheidender Bedeutung, sich selbst Klarheit darüber zu verschaffen, wie viel man eigentlich wirklich über denjenigen Bereich weiß, den man zu organisieren hat – und woher man dies weiß.
Über die klassischen Steuerungsinstrumente wie Lehrerbildungsgesetze, Lehramtsprüfungsordnungen, dem Recht der Genehmigung von Studienordnungen, der Aufsicht über staatliche Prüfungsämter etc. hinaus (klassisches bürokratische Steuerung) sollte als ein neues Instrument die Erarbeitung eines Rahmens (!) für Kerncurricula in der Lehrerbildung oder zumindest eines Verfahrens zur Erarbeitung dieser Curricula in Angriff genommen werden.(21) Die bisherigen Themenkataloge in den Fächern und in Erziehungswissenschaft können dafür einen Ausgangspunkt bilden, sie sollten jedoch aktualisiert, stärker lehrplanbezogen formuliert und v.a. unter Einbezug von Kompetenzen reformuliert werden. International spricht man in diesem Zusammenhang von einem Trend weg von contents zu competencies. Mit Blick auf das deutsche, zweiphasige System der Lehrerbildung wird man das Verhältnis von content und competencies natürlich phasenspezifisch ausgestalten müssen, d.h. die 1. Phase wird noch stärker wissensorientiert sein bzw. auf den Umgang mit Wissen ausgerichtete Kompetenzen aufzubauen haben, wohingegen die 2. Phase auf dieser Basis stärker in Richtung auf den Aufbau von zwar wissensbasierten, aber dann doch praktisch–beruflichen Kompetenzen zu arbeiten hat.
Der entscheidende Punkt aber ist: Ein Lehrerbildungssystem hat als einen wichtigen Standard einen solchen inhaltlichen oder doch zumindest verfahrensbezogenen Rahmen für Kerncurricula in der Lehrerbildung auszuweisen.
Damit aber ist es natürlich nicht getan: Denn nun muss – siehe oben den Hinweis auf die Notwendigkeit zuverlässiger Informationsbeschaffung – geprüft werden, inwieweit die Lehrerbildungsinstitutionen diese ihnen übertragenen Aufgaben sowie den Rahmen der Kerncurricula auch tatsächlich erfüllen. Es ist ja in der Tat erstaunlich: als Ergebnis der Lehrerbildung liegen zahllose Noten vor – bis auf zwei Stellen hinter dem Komma scharf, individualbiographisch von höchster Relevanz, und bundesweit zunehmend besser werdend! Was aber die ausgebildeten Lehrerinnen und Lehrer wirklich wissen und [/S. 47:] können, wissen wir nicht. Ein immerhin positiver Nebeneffekt der Modellversuche zur gestuften Lehrerbildung wird sein, dass man vergleichend diese Modelle evaluiert, und zwar intern wie extern. Wenn dies wirklich ernst gemeint ist, wird man die Wirkung von Modellversuchen bzw. von herkömmlicher Lehrerbildung unter Bezugnahme auf die Fähigkeiten der Ausgebildeten empirisch vergleichen müssen – eine wirklich interessante forschungsmethodische Aufgabe. Auf das Ergebnis darf man gespannt sein.(22)
Fragen an das Steuerungssystem:
Solche ‚kleineren' Lösungen würden jedoch den eigentlichen Zweck einer Evaluation der Lehrerbildung im Grunde verfehlen bzw. die Bearbeitung dieser dringende Aufgabe zeitlich verzögern. Deshalb wird dringend die zunächst erwähnte ‚größere' Lösung empfohlen.
(1) Schreiben des Generalsekretärs der KMK, Herrn Prof. Dr. Thies, vom 04.03.2002.
(2) Globalisierung bzw. die Idee des Weltcurriculums ist natürlich in gewisser Hinsicht nicht neu: Schon immer haben mächtige Reiche ‚globalen' Anspruch erhoben und durchzusetzen versucht. Die politischen Strukturen im engeren Sinne sind zerfallen – gleichwohl waren einige dieser ‚Globalisierungsprojekte' kulturell äußerst folgenreich und zählebig. Die europäisch geprägten Zivilisationen kennen für die höhere, gelehrte Bildung das aus der Antike stammende Konzept der enkyklios paideia bzw. der septem artes liberales, an deren Grundstruktur sich der "Lehrplan des Abendlandes" (J. Dolch) für die höhere Bildung gut zwei Jahrtausende orientiert hat und in weiten Teilen weiter orientiert. In den bisherigen internationalen Leistungsvergleichsstudien dominieren bis vor kurzem aus verschiedenen Gründen die mathematisch–naturwissenschaftlichen Wissens- und Fähigkeitsbereiche; allmählich gehen large scale assessments zunehmend darüber hinaus (literacy, civic education, cross–curricular competencies). Kann man damit sagen, dass der Lehrplan des Abendlandes sich im Zeitalter von Naturwissenschaft und Großer Industrie und schließlich: von allgemeiner Globalisierung und Informatisierung zum Lehrplan der ganzen Welt verabsolutiert hat?
(3) Dies war und ist insbesondere in den USA anders. Eine sehr gute Übersicht über die Evaluation der Lehrerbildung in den USA, ihre Hintergründe, Unzulänglichkeiten und – wie der Autor diagnostiziert: ihr Scheitern – vermittelt der Beitrag von v.Prondczynsky (2001). Zugleich warnt er die Protagonisten einer Evaluation der Lehrerbildung in Deutschland vor der Wiederholung der dort gemachten Fehler.
(4) Als Übersichten über deutschsprachige empirische Forschung zur Lehrerbildung vgl. Schlee (1990); Fried (1997) und Schaefers (2002) sowie das Themenheft "Grundlagenforschung in der LehrerInnenbildung" der Zeitschrift für Pädagogik 2002, Heft 1. Zum Thema Evaluation der Lehrerbildung vgl. LSW 2000, das Themenheft "Evaluation in der Lehrerausbildung" der Zeitschrift "seminar" 2/2001 sowie die weiter unten angegebene Literatur. Zu Forschungsbefunden und Reformdebatten zum Lehrerberuf und zur Lehrerbildung generell vgl. Terhart (2001); zum aktuellen Stand des Reformprozesses in den Bundesländern vgl. Bellenberg, Thierack (2001); zu PISA und den Konsequenzen für die Lehrerbildung vgl. Gräsel, (2002).
(5) Cochran–Smith liefert eine überzeugende Periodisierung der Leitfragen in der US-amerikanischen Lehrerforschung: In den 50er und 60er Jahren habe die Frage nach den Eigenschaften des guten Lehrers im Mittelpunkt gestanden (attribute question). Seit den späten 60er bis zur Mitte der 80er gehe es um die erfolgreichen Strategien von effektiven Lehrern sowie um die Frage, wie man diese qua Lehrerbildung effektiv vermitteln könne (effectiveness question). Seit Mitte der 80er Jahre sei die Frage nach dem professionellen Wissen zum Mantra der Lehrerforschung geworden (knowledge question). Mit Beginn des 21. Jahrhunderts schließlich stehe die Frage nach den Wirkungen im Mittelpunkt (outcomes question). Diese Abfolge findet sich in gewisser Weise und mit den üblichen Verzögerungen auch in der deutschsprachigen empirischen Lehrerforschung wieder, allerdings – auch mangels Masse – nicht in dieser klaren Sequenzierung und Profilierung.
(6) Vgl. dazu exemplarisch einerseits die Arbeit von Darling–Hammond (2000b; How Teacher Education matters), die sich (zusammen mit A. Wise und in Verbindung mit dem NCTAF) in zahlreichen Arbeiten und Aktivitäten für eine Verbesserung der Lehrerbildung ausgesprochen und zahlreiche Forschungsevidenzen zusammengetragen hat, die belegen, dass gute Lehrerbildung sowohl bessere Lehrer wie auch höhere Lernleistungen bei Schülern erzeugt. Dagegen steht exemplarisch die Arbeit von Ballou, Podgursky (2000), die eine sehr gute Kritik des Umgangs des NCTAF mit solchen (vermeintlich) stützenden empirischen Forschungsdaten liefern.
(7) Alle Übersetzungen aus dem Amerikanischen von E. Terhart.
(8) Vgl. hierzu als ein Beispiel aus den Niederlanden Brouwer, ten Brinke (1995). Sie untersuchen den Zusammenhang zwischen der Art der Einbindung von Schulpraktika in das Lehramtsstudium und der Art der Kompetenzentwicklung in den ersten Berufsjahren. Ein Lehramtsstudium mit gut integrierten Praktika scheint vor einem heftigen Praxisschock zu schützen und zugleich zu verhindern, dass Berufsanfänger nach dem Schockerlebnis von der je gegebenen Schulpraxis absorbiert werden. Gut integrierte Schulpraktika befähigen dann auch zur adäquateren Umsetzung von neuen Unterrichtsformen.
(9) Für die englischsprachige Debatte vgl. z.B. King (1994), Piper, Robinsohn (1997) und Apple (2001), für die deutschsprachige Debatte vgl. die Skepsis bei v.Prondczynsky (2001) der aufgrund einer Analyse der US-amerikanischen Entwicklung zu dem Schluss kommt, dass die Evaluationswelle generell wie insbesondere in der Lehrerbildung ein vornehmlich rhetorisches Unternehmen ist, welches keineswegs bewiesen habe, dass es zu einer folgenreichen Veränderung in der Praxis der Lehrerbildung führe (Diagnose 1: wirkungslos). Zugleich werden jedoch starke Warnungen vor einer solchen Strategie ausgesprochen und mit der drohenden technizistisch–utilitaristischen Verengung der Lehrerbildung (unter Ausschluss der Erziehungswissenschaft) begründet (Diagnose 2). Fasst man beide Diagnosen zusammen, so wird befürchtet, dass die Lehrerbildung als Ergebnis von Evaluationen de facto genauso schlecht bleibt wie bisher – nur ohne Erziehungswissenschaft. – Eine grundsätzliche Ablehnung formuliert Sander (2002, S. 94): "Wer sich einredet, akademische Lehrerbildung sei in der Lage, zukünftigen Lehrern berufliche Kompetenzen der konkreten Organisation von Prozessen des Lehrens und Lernens zu vermitteln, wer sich darüber hinwegtäuscht, dass diese Kompetenzen schon immer in arbeitsplatzbezogenen Lernprozessen während der Berufsausübung erworben worden sind (und nirgendwo anders), lebt in einer Welt der Illusion und Träume. Indem die neuere Debatte gerade diese Kompetenzen in das Zentrum der Evaluationsprozeduren stellt, konstruiert sich Evaluation der Lehrerbildung realitätsfremde, fiktive, utopische Aufgabenkataloge und Leistungsbereichsbeschreibungen, denen Einrichtungen der Lehrerbildung niemals gerecht werden können – was immer sie auch tun mögen".
(10) Die in den späten 60–er und frühen 70–er Jahren des 20. Jahrhunderts erfolgende Umstellung vom geisteswissenschaftlich geprägten idealistischen Lehrerleitbild zum szientifisch geprägten, realistischen Lehrerleitbild ließ allerdings bestimmte Themen und Probleme des Lehrerberufs sowie auch manche Erwartungen an den Lehrerberuf außer Acht, die aber weiterhin auf Bearbeitung drängten. So entwickelte sich in den 80–er Jahren ein verstärktes Interesse an Fragen der Lehrerpersönlichkeit, an Fragen des Berufsethos in der Lehrerschaft sowie ein Interesse an der Definition von formalisierten berufsethischen Standards (vgl. dazu Terhart 1987; 1998). Als ein Beispiel für eine Neuauflage des idealistischen Erzieher–/Lehrerleitbildes kann von Hentigs "Sokratischer Eid" verstanden werden (von Hentig 1993, S. 246 f., s. Anlage 7.1).
(11) Die vorliegende Expertise formuliert Standards für die Lehrerbildung unabhängig von der organisatorischen Alternative zwischen grundständiger und konsekutiver Lehrerbildung.
(12) Zu Defizitanalysen und Reformdiskussionen in der Lehrerbildung vgl. Terhart 2000; 2001; 2002; Rotermund 2001; Wissenschaftsrat 2001; Bayer u.a. 2000; Zeitschrift für Pädagogik H.4/2001; für die europäische Debatte Campos 2000; Buchberger u.a. 2000; EURIDICE & EUROSTAT 2000; OECD 2001a, b; UNESCO/CEPES 2002). Eine umfassende Übersicht über den Wandel des Lehrerberufs und der Lehrerbildung in Europa vermittelt Vonk (1997).
(13) Demgegenüber formuliert v.Prondczynsky (2001) die These, dass hinter der neuen standard–basierten Lehrerbildung im Grunde die alte technokratisch–mechanische competency based teacher education steht.
(14) Oser schließt sich explizit folgender Charakterisierung von Standards
aus der US–amerikanischen Diskussion um Leistungsstandards (für Schüler
!) an:
– "Standards must reflect high expectations, not expectations of
minimal competency.
– Standards must provide focus and direction, not become a national curriculum.
– Standards must be national, not federal.
– Standards must be voluntary, not mandated by the federal government.
Standards must be dynamic, not static" (Oser 2001, S. 226).
(15) Die Überprüfung der Wirkung von Weiterbildungsmaßnahmen wird womöglich ein noch schwierigeres Unternehmen als die Evaluation der Erstausbildung. Im Übrigen würde sich eine Evaluation in der 3. Phase (Lernen im Beruf) erst dann wirklich lohnen, wenn es ein ausgebautes Weiterbildungssystem gäbe sowie Personalentwicklungsmaßnahmen breit etabliert wären. Zum Problem der Evaluation von Lehrerfort– und –weiterbildung vgl. Knab (1981); Eraut (1989); Graudenz u.a. (1995); Peter (1996) Wolf u.a. (1997); Landert (1998) und Rüegg (2000).
(16) Mit dieser an unterschiedlichen Ebenen orientierten Aufgliederung von Steuerungs- und Evaluationsaufgaben in der Lehrerbildung wird ein Gedanke aufgenommen, der in der Empfehlung einer Expertenkommission zur Neuordnung des erziehungswissenschaftlichen Studiums in der Lehrerbildung in NRW bereits formuliert worden ist (Baumgart u.a. 1997; vgl. auch California Commission on Teacher Credentialing 1997). In der internationalen Fachliteratur sind Fragen der Standards in der Lehrerbildung wie auch Fragen der Steuerung des Gesamtsystems Lehrerbildung vielfach erörtert worden (vgl. Clark, Nergney 1990 und Roth, Pipho 1990 sowie die einschlägigen Beiträge in Sikula et al. 1997; Yinger 1999; Wise 1999; Wise, Leibrand 2001). Zu diesem Thema vgl. auch das neueste Heft des Journals für LehrerInnenbildung: "Standards in der Lehrerinnen– und Lehrerbildung" 2002, Heft 1.
(17) Die Standards für Kompetenzen in den Unterrichtsfächern können zunächst nur fächerunabhängig benannt werden. Zu einem späteren Zeitpunkt müssen dann fachspezifische Standards gebildet werden.
(18) Die empirische Erfassung von thematischen Verschiebungen der Lehrangebote in diesem Bereich zähle ich nicht dazu, da es im gegebenen Kontext um die Standards und Evaluationen von auszubildenden Personen geht. Für eine Formulierung von Institutionen– bzw. Programmstandards sind solche Analysen natürlich wichtig (s.u) (Hauenschild u.a. 1990; Plöger, Anhalt 1999; Wigger 2000b).
(19) Im Administrationsjargon werden die so Eingestellten derzeit "Nichterfüller" genannt. Früher gab es andere Bezeichnungen; im Englischen heißt es politisch korrekt: alternative ways to teaching oder nicht ganz so korrekt, aber angemessener: emergency certification.
(20) Zu dieser Frage führe ich derzeit eine empirische Untersuchung durch, die sich auf alle im Frühjahr 2002 in NRW ausgeschriebenen Stellen sowie deren Besetzung bezieht. Befragt werden Schulleiter, ein Mitglied der Auswahlkommission aus dem Kollegium sowie die ausgewählte und eingestellte Person. Im Jahr 2003 erfolgt an diesen Schulen eine zweite Befragung.
(21) Vgl. dazu die Beiträge und Materialien zu einem Workshop in Hamburg "Auf dem Weg zu Kerncurricula in der Lehrerbildung", Mai 2002 sowie den Abschlußbericht der Arbeitsgruppe Lehrerbildung der Wissenschaftlichen Kommission Niedersachsen: Empfehlungen zur Weiterentwicklung der Lehrerbildung in Niedersachsen. Hannover, März 2002 (Auszug zum Kerncurriculum Erziehungswissenschaften und Fachdidaktik im Anhang 7.2).
(22) Wie immer bei solchen Studien ist man vor Überraschungen nicht sicher. So könnte sich zeigen, dass kaum Unterschiede festzustellen sind. Es könnte allerdings ein ähnliches Ergebnis eintreten wie bei den Studien zu den Effekten des dreigliedrigen und des integrierten Schulsystems: Am Ende sind die Differenzen zwischen Standorten größer als zwischen Systemen. Möglicherweise verschwinden kurzfristig feststellbare Effekte im Verlaufe der ersten Berufsjahre, und am Ende verlieren sich eventuelle positive Wirkungen von Modellversuchen, wenn man sie zur Regel macht. Und das Grundproblem wird durch die folgende Vermutung umrissen: möglicherweise wirken sich Qualitätsunterschiede in der Lehrerbildung nur sehr vermittelt auf Lehrerkompetenz und Lehrerhandeln aus – und Letzteres wiederum nur sehr schwach oder gar nicht auf das Lernen und Erfahrungsbildung der Schüler!
(23) Aus: Empfehlungen zur Weiterentwicklung der Lehrerbildung in Niedersachsen. Abschlußbericht der Arbeitsgruppe Lehrerbildung der Wissenschaftlichen Kommission Niedersachsen. Hannover 2002, S. 44-47. In dem Abschlussbericht sind zusätzlich ausführliche Beispiele für Lehrveranstaltungen und Module zu finden.
(24) Orig: Abschlusskapitel aus L. Darling–Hammond: Standard setting in teaching: Changes in licensing, certification, and assessment. In: V. Richardson (Ed.): Handbook of Reseach on Teaching. Fourth Edition. Washington: Am. Educ. Res. Ass. 2001, S. 751-776; Auszug, S. 770-773. Linda Darling–Hammond ist Charles E. Ducommun Professor of Education an der Universität Stanford und Executive Director der National Commission on Teaching and America's Future (NCTAF). Sie war Mitglied des National Board for Professional Teaching Standards (NBPTS) und war Vorsitzende des Interstate New Teacher Assessment and Support Consortium (INTASC). Arbeitsübersetzung: E.Terhart.
(25) INTASC steht für Interstate New Teacher Assessment and Support Consortim, mit "National Board" ist das National Board for Professional Teaching Standards gemeint.
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Wise, A.E.; Leibbrand, J.A. (2001): Standards in the New Millenium: Where we are, where we're headed. In: Journal of Teacher Education 52(2001), 3, S. 244-255.
Wolf, W.; Göbel–Lehnert, P., Chroust, P. (1997): Lehrerfortbildung in Hessen. Eine empirische Bestandsaufnahme aus Lehrersicht. Marburg.
Yinger, R. (1999): The role of standards in teaching and teacher education. In: Griffin, G. (Ed.): The education of teachers. 98th Yearbook of the NSSE. Chicago, S. 85-113.
OECD 1994: Teacher Quality
Cullingford (1995)
Integrität: | Eine Eigenschaft, die besagt, dass jemand sein Bestes gibt, und zwar in bescheidener und unbefangener Manier. Kein Lehrer ist immer perfekt, aber jeder Lehrer kann versuchen, besser zu werden. Häufig sind wir besser als wir meinen. |
Lernen: | Eine Eigenschaft, die besagt, dass man sich am Lernen und am Sinn für Neugierde erfreut. Der Prozess des Lernens ähnelt sich auf allen Stufen, und der Lehrer ist in das Lernen eingebunden: Er unterrichtet, um Wissen und Einsicht zu vermitteln. |
Organisation: | Eine Eigenschaft, die besagt, dass man dazu in der Lage ist, den Klassenunterricht zu organisieren, mit guter Vorbereitung, klaren Regeln und Erwartungen, Aufmerksamkeit für Details, dem sinnvollen Gebrauch von didaktischem Material. Dies umfasst auch die Fähigkeit zur inneren Differenzierung. |
Kommunikation: | Die Eigenschaft, sich für andere Menschen zu interessieren, seien es Schüler oder Kollegen, und die Fähigkeit, dieses Interesse durch Ideen, Geschichten sowie auch durch geteilte Wertüberzeugungen zu demonstrieren. |
Humor: | Man braucht Humor, um zu überleben und um mögliche Überlastungen zu vermeiden. |
Scriven 1994:
Das Berufsleitbild des Schweizer Lehrerverbandes (LCH 1993)
Der sokratische Eid (v.Hentig 1985)
Als Lehrer und Erzieher verpflichte ich mich,
Damit verpflichte ich mich auch,
Die Standesregeln des Schweizer Lehrerverbandes (1998)
National Board for Professional Teaching Standards (NBPTS):
National Council for the Accreditation of Teacher Education (NCATE)
I. Standards für Auszubildende
Standard 1: Wissen, Fähigkeiten und Dispositionen der Auszubildenden. Auszubildende(1), die sich auf eine Tätigkeit in der Schule als Lehrer oder in anderen Funktion vorbereiten, kennen die Inhalte ihres Feldes; demonstrieren professionelles und pädagogisches Wissen, Fähigkeiten und Haltungen. Sie wenden diese so an, dass alle Schüler lernen. Leistungsvergleichsstudien prüfen, inwieweit Auszubildende professionelle, staatliche und institutionelle(2) Standards treffen.
Standard 2: Programm und Institutionenevaluation. Die Einrichtung hat eine eigenes System der Qualitätskontrolle, dass die Qualifikationen von Bewerbern sowie die Leistung von Auszubildenden und Absolventen prüft; diese Leistungsdaten und andere Informationen werden zur Evaluation und Verbesserung des Programms verwendet. [/S. 61:]
II. Leistungen der Einrichtung
Standard 3: Praxiserfahrungen. Die Lehrerbildungseinrichtung und ihre Partnerschulen planen, implementieren und evaluieren Felderfahrungen und klinische Praxis, so dass die Kandidaten Wissen, Fähigkeiten und Haltungen entwickeln und demonstrieren, die darauf gerichtet sind, allen Schülern beim Lernen zu helfen.
Standard 4: Heterogenität Die Institution plant, implementiert und evaluiert das Curriculum und die Lernerfahrungen für Auszubildende so, dass sie Wissen, Fähigkeiten und Haltungen erwerben, die notwendig sind, damit sie allen Schülern beim Lernen helfen können. Diese Erfahrungen beinhalten auch Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Hochschuleinrichtungen, unterschiedlichen Kollegen, und unterschiedlichen und besonderen (exceptional) Schülern.
Standard 5: Leistung und Leistungsentwicklung des Personals in der Lehrerbildung. Das Personal stellt ein Vorbild für gute professionelle Praxis in Wissenschaftlichkeit, Dienstleistung und Lehre dar; dies schließt Selbst–Beurteilung der Effektivität und der Auswirkung auf die Leistung der Kandidaten ein. Das Lehrerbildungspersonal kooperiert mit den Kollegen in den Fächern/Disziplinen und den Schulen. Die Lehrerbildungseinrichtung evaluiert ihr eigenes Personal und fördert die berufliche Entwicklung.
Standard 6: Organisation und Finanzierung der Lehrerbildungseinrichtung. Die Einrichtung hat genau die Führung, die Autorität, die Finanzierung, das Personel, die Ressourcen – inklusive moderner Informationstechnologien – die sie braucht, um Auszubildende so vorzubereiten, dass sie professionelle, staatliche und institutionelle Standards erfüllen.
Interstate New Teacher Support and Assessment Consortium (INTASC 1992)
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Obwohl derzeit die Unterstützung für die neuen Standards für Lehrerarbeit aus dem poeischen wie aus dem professionellen Raum groß ist, gibt es doch eine Reihe von vertrackten Problemen, die im Rahmen der Arbeit an diesen neuen Systemen gelöst werden müssen. Diese Probleme und Streitfragen reichen von eher technischen Messproblemen und praktischen Fragen der Implementation zu sozialen und politischen Fragen bezüglich der Machtbalance zwischen Staat und Profession. Einige dringende Probleme sollen im folgenden erörtert werden; zugleich soll deutlich gemacht werden, welche Forschungsfragen jeweils hieran geknüpft sind.
1. Standards und Beurteilungsverfahren richtig aufbauen
Eine erste Gruppe von Problemen ergibt sich aus der Frage, wie man die Technologien und Instrumente der neuen Standards und Beurteilungen (assessments) weiterentwickeln und verfeinern will: wie werden Validität und Reliabilität gegeneinander abgewogen, wie entwickelt und evaluiert man Beurteilungsstrategien, die sensibel sind für gutes Unterrichten in sehr unterschiedlichen Kontexten; und wie entwickelt man Beurteilungs– und Bewertungsverfahren, die weder Individuen noch Pädagogiken benachteiligen oder bevorzugen.
Eine Schlüsselfrage für den Einsatz von Standards und Evaluationen als Hebel der Reform liegt darin, ob die Standards und Beurteilungen "richtig" aufgebaut sind, also berücksichtigen, dass es viele mögliche Definitionen von Qualität gibt, dass diese von ihren jeweiligen Kontexten bestimmt sind, und dass es immer noch verbessert werden können. Trotz des großen Enthusiasmus gibt es noch zu wenig Forschung zu der Frage, ob durch Assessment–Verfahren (etwa des INTASC oder des National Board(25)) die tatsächlich bei ihren Schülern erfolgreichen Lehrer identifiziert werden, ob die Handlungsweisen von Lehrern, die in unterschiedlichen Kontexten erfolgreich sind, sich doch soweit ähneln, dass sie von den Standards und Beurteilungen abgedeckt (i.S.v. erfasst) werden, und ob die auf der Basis von Standards und Beurteilungen zustande kommenden Entscheidungen tatsächlich fair und ausgewogen (unbiased) sind und keine [/S. 69:] negativen Auswirkungen auf die Vielfalt der Lehrkräfte haben, indem etwa ein Punktesystem aufgebaut wird, das in keiner Relation zur Effektivität der Lehrer steht. Übliche Tests wie PRAXIS sind noch nicht daraufhin untersucht worden, in welchem Ausmaß sie denjenigen didaktischen Vorstellungen entsprechen, auf die die neuen Unterrichtskonzeptionen und Lehrerstandards gerichtet sind. Das heißt: In allen diesen Fällen vollziehen die Staaten (der USA) Entscheidungen auf der Basis von Beurteilungen, über die ein forschungsbasiertes Wissen hinsichtlich Reliabilität und Validität noch nicht vorliegt. Hier ist noch viel Forschungsarbeit notwendig, um sicherzustellen, dass Standards und Beurteilungen in einem maximalen Sinne valide sind, und zwar über Absolventen, Inhaltsbereich und Kontexte hinweg.
Obwohl diese Fragen situativ immer schon beantwortet werden müssen, sollten sie gleichwohl ständig in die Debatte um guten Unterricht und um geeignete Evaluationsinstrumente integriert werden. Soll man z.B. das Lehrerwissen und –handeln an denjenigen Anforderungen orientieren, die gegenwärtigen in den Schulen vorherrschen, in Schulen also, in denen sich die Rolle und manchmal auch das Selbstverständnis der Lehrer noch dominant auf den ‚Stundenhalter' beschränkt ist? Oder soll man in der Lehrerbildung auf eine reformierte, veränderte Schule abzielen, in der den Lehrern eine breitere Rolle zukommt (Lehrplangestalter, kollegiale Weiterbildner, Schulentwickler).
Sollte man sich bei den Standards für "guten Unterricht" an traditionellen, weitverbreiteten Unterrichtsformen orientieren, die aber nicht den Stand der didaktischen Forschung widerspiegeln? Will man neuen pädagogischen Ansätzen Glauben schenken – oder sollte man Mischungen favorisieren? Sind Standards und Evaluationen für "guten Unterricht" in "weißen" Gegenden auch tauglich für "multikulturelle" Kontexte?
Sykes (1990, S. 19) hat das Problem in seiner Erörterung der Legitimation von didaktischen Präferenzen folgendermaßen formuliert: "Es gibt keine einfache und vollständig faire Antwort auf diese Frage ‚Warum sollte ein Lehrer gerade dies wissen?' Hier müssen mutige Entscheidungen gefällt werden, die dann aber von umfangreichen Beratungen und vorsichtigen Implementationen gefolgt sein müssen".
2. Lehrer darauf vorbereiten, die Standards zu erfüllen
Ebenso treten gravierende Probleme auf, wenn man daran denkt, wie die Lehrer auf diese anspruchsvollen Standards vorbereitet werden sollen. Gegenwärtig liegt noch wenig Wissen darüber vor, welche Lernumgebungen in der Erstausbildung, während der Berufseingangsphase, während der Berufsbiographie und im Kontext von Schulentwicklungsprozessen den deutlichsten Erfolg bewirkt im Hinblick auf die Erfüllung der Standards. Wilson, Ball (1996, S. 122) schreiben:
"Die neuen Verfahren der Beurteilung von Lehrern sind für Lehrer das, was die neuen Formen der Schülerbeurteilung für die Schüler sind. An diesen Standards muss sich die Lehrerbildung orientieren. Reformer hoffen darauf, dass ein Wechsel des Prüfungs- und Zulassungsverfahrens sich auf die Art der Lehrerbildung (als Vorbereitung auf diese Prüfung) auswirkt. Weniger deutlich sind jedoch bildslang die Herausforderungen, die dies für die Lehrerbildner (d.h. das Personal in der Lehrerbildung) darstellt, die neue Wege der Qualifizierung von angehenden Lehrern finden müssen, damit die ausgebildeten Lehrkräfte die leistungsbasierenden Evaluationen erfolgreich bestehen". [/S. 70:]
Diese Herausforderung wird noch größer durch die Tatsache, dass Schul- und Unterrichtsreformen die Kluft "zwischen dem Ausgangspunkt der angehenden Lehrer und dem angestrebten Qualifikationsziel noch vergrößern" (ibid., S. 122). D.h. mehr denn je ist das aus der Schule mitgebrachte pädagogisch–didaktische Alltagswissen von Lehramtsstudierenden inadäquat mit Blick auf die angestrebten Reformen, mehr denn je müssen angehende Lehrer umlernen und dazulernen. Insbesondere ein an kritischem Denken und verstehendem Lernen orientiertes Unterrichten ist sehr schwer zu entwickeln, da es sehr flexibles Handeln erfordert und nicht anhand einfacher Anweisungen umgesetzt werden kann. Wenn man Schüler zum selbstständigen Denken bringen will und auch tatsächlich bringt, so lassen sich die weiteren Abläufe eben nicht präzise voraussagen.
Das Wissen über effektive Unterrichtsstrategien der Vorbereitung von Lehrer auf diese anspruchsvolle, am Sachverstehen orientierte Qualität von Unterricht entsteht erst allmählich. Wir müssen noch sehr viel über die Effizienz und Wirkung der verschiedenen Strategien zum Aufbau anspruchsvoller, multidimensionaler Praxisformen lernen. Wilson, Ball (1996) meinen, dass solche Strategien die Erfindung neuer Unterrichtskonzepte durch schulinterne Entwicklungsarbeit von reformorientierten Lehrern mit umfasst, durch Curriculum-Materialien wie Fallstudien, Video-Dokumenten, Datenbanken mit Mustern für Unterricht, die auch weitere Forschungen ermöglichen sowie durch eine Realisierung der in den Lehrerstandards ausgedrückten Pädagogik in der Praxis der Lehrerbildung selbst. (…)
Wenngleich es Indizien dafür gibt, dass solche Instrumente wirksam sind, wissen wir nicht, welche Kombinationen von Maßnahmen zur Steigerung der Lehrerkompetenz unter welchen Schulbedingungen am ehesten zu einher Steigerung der Qualität von Unterricht im Sinne der neuen Lehrerstandards und insofern dann auch zu erhöhten Lernerfolgen der Schüler beitragen. Ebenso wissen wir nichts über das Verhältnis von Aufwand und Ertrag solcher Maßnahmen, ob sie in verschiedenen Kontexten unterschiedlich wirken, ob man dabei nicht auch die berufliche Entwicklungsphase der Lehrer berücksichtigen muss usw. Diese Fragen müssen im Zusammenhang mit Reformmodellen zur Lehrererstausbildung sowie zur Lehrerfort– und –weiterbildung untersucht werden. Und schließlich: Obwohl vieles dafür spricht, dass Lehrer allein schon durch die Teilnahme an berufsbezogenen Evaluationen berufsbezogen lernen, wissen wir nicht genau, welche Art von Lernen dabei stattfindet, wie wechselnde Bedingungen sich auf das berufsbezogenen Lernen auswirken, und wie weit dieses Lernen für organisiere Lehrerfortbildung nutzbar gemacht werden kann.
Ebenso wichtig wird es sein, die Effektivität der neuen Standards zu prüfen, d.h. zu fragen, wie weit sie die erwünschten Ziele erreichen. Also tatsächlich zu einer veränderten Unterrichtswirklichkeit und zu einem erweiterten professionellen Wissen führen. Wenngleich Enthusiasmus und augenscheinliche breite Zustimmung in der Schul- und Lehrerszene einerseits vielversprechend sind, ist doch über die konkreten Maßnahmen in Lehrerbildungsinstitutionen, Schulverwaltungen, Schulen, Ministerialbürokratien wenig systematisch bekannt. Um die Wirksamkeit verschiedener Maßnahmen bemessen zu können, sollte dieser Wandlungsprozess kontinuierlich beobachtet werden.
Während die Lehrerbildungsszene an einer Verbesserung der Programme arbeitet, darf sie jedoch bestimmte widerständige Rahmenfaktoren nicht außer Acht lassen. [/S. 71:]
3. Dauerprobleme: Lehrerzyklen, Standards und Ungleichheit
Im Vollzug der Reformen wird die Lehrerbildung von ‚ewigen' Problemen eingeholt: Besoldungsunterschiede und differierende Arbeitsbedingungen haben zu einem Lehrermangel in den Innenstadtzonen und in ärmeren ländlichen Gebieten geführt. Und aus unterschiedlichen Gründen gehen Landes– und Kommunalbehörden dazu über, die Standards für den Eintritt in den Lehrerberuf abzusenken anstatt umgekehrt Anreize zu schaffen, die eine hinreichende Lehrerversorgung sicherstellen könnten. Dies hat zur Konsequenz, dass sich gegenwärtig eine scharfe Trennungslinie im Gesamt–Lehrkörper der Nation aufbaut, die schärfer nie war: Während einige Kinder und Jugendliche von Lehrern unterrichtet werden, deren Qualität sehr viel besser ist als in der Vergangenheit, wird eine wachsende Zahl von Kindern aus armen Bevölkerungskreisen und aus Minderheiten von Lehrern unterrichtet, die für ihre Aufgabe eigentlich nicht vorbereitet sind. Diese Unterqualifizierung so vieler neu eingestellter Lehrer bringt das Risiko der Zunahme von Ungleichheit der Bildungschancen und Bildungsergebnissen mit sich – mit all den sozialen und gesellschaftlichen Folgeproblemen, die damit verbunden sind. Und das in einer Zeit, in der man von der heraufziehenden Wissensgesellschaft spricht.
Es ist sicher legitim zu fragen, ob nicht die Erhöhung der Standards für den Eintritt in den Lehrerberuf zu einem nachlassenden Interesse von potentiellen Interessenten und schließlich zu Lehrermangel führt. Ebenso kann man fragen, ob mit höheren Standards nicht auch der Zugang von Lehrern aus Minoritätengruppen reduziert wird (wie dies historisch bei der Professionalisierung des Medizinerberufs zu beobachten war). Seltsamerweise ist – historisch gesehen – beim Lehrerberuf jedoch das Umgekehrte der Fall. Sedlak, Schloßman (1986, S. 39) schreiben:
"Es war möglich, auch in Perioden des Lehrermangels die Standards zu erhöhen. Nicht nur hat die Erhöhung von Standards den Lehrermangel nicht vergrößert. Sie hat vielleicht sogar zur Verringerung des Lehrermangels beigetragen – v.a. wenn sie mit Gehaltsanhebungen verbunden war–, und zugleich das öffentliche Ansehen des Lehrerberufs gesteigert".
In den Phasen der Erhöhung der Standards und der Gehälter blieb der Frauen– und Minoritätenanteil in der Lehrerschaft konstant oder wuchs gar. Der Anteil von Berufsanfängern aus Minoritäten ging in den 1970er und 1980er Jahren zurück, und zwar deshalb, weil andere Berufe, die bisher für Minoritäten verschlossen waren, sich öffneten, die Lehrergehälter sanken und schließlich: weil sehr leistungsfähige Studenten sich aus den Lehramtsstudiengängen zurückzogen. (Darling–Hammond, Pittmann, Ottinger 1988). Unterschiedlich hohe Durchfallquoten bei Lehramtsprüfungen (teacher licensing tests) zuungunsten von Minoritätsangehörigen waren teilweise eine Folge der Tatsache, dass sich die fähigeren Studierenden aus Minoritätengruppen besser bezahlten Berufsfelder zuwandten. Als in den späten 1980 und den 1990er Jahren die Lehrergehälter wieder anzogen, ist auch die Zahl der Berufsanfänger aus Minoritäten wieder gestiegen, wenngleich nicht bis zu dem Anteil, den farbige Schüler in unseren Schulen ausmachen (Darling–Hammond 1997).
Derzeit gibt es zwar keinen generellen Lehrermangel, aber doch einen Lehrermangel in spezifischen Bereichen und Feldern. Faktisch werden in den USA Jahr für Jahr insgesamt viel mehr Lehrer ausgebildet als tatsächlich dann auch in den Beruf eintreten. Bereichsspezifischer, punktueller Lehrermangel (spot shortages) entsteht aufgrund von [/S. 72:] Gehaltsunterschieden und Unterschieden in den Arbeitsbedingungen: fehlende Planung, unzureichende nationale, landesbezogene und regionalspezifische Informationen über ausscheidende Lehrer, unabgestimmte Zulassungsbedingungen in den einzelnen Bundesstaaten, inadäquate Anreize für Lehrer in denjenigen Bereichen und Feldern, in denen sie gebraucht werden (NCTAF 1996). Hinzu kommt, dass beinahe 30 % der neu eingestellten Lehrer den Beruf innerhalb der ersten fünf Jahre wieder verlassen (insbesondere in den sozialen Brennpunkten). Die führt dazu, dass ständig nach neuen Lehrkräften gesucht werden muss. Bundesstaaten und Kommunen, die diesen Trend umgekehrt haben, haben dies erreicht, indem sie Gehälter und Arbeitsplatzbedingungen angeglichen, eine vorausschauende Einstellungspolitik und entsprechend ausgerichtete Berufseingangsphasen (induction programs) betrieben und sich insbesondere um die Lehrerversorgung in sozialen Brennpunkten gekümmert haben. Die Schlüsselfrage lautet, ob auch andere Bundesstaaten und Kommunen bereit sind, in solche Strategien zu investieren – oder ob sie statt dessen schlicht und einfach die Standards der Lehrer für die gefährdetsten Kinder aus den machtlosesten Bevölkerungsteilen absenken.
Das vielleicht wichtigste Anliegen der neuen Standards für die Lehrer und die Lehrerbildung liegt darin, dass sich sowohl Lehrerstudenten wie auch Lehrerbildungseinrichtungen an ihnen orientieren können. Der Sinn von Standards liegt ja nicht darin, die Durchfallquote zu erhöhen, sondern die Qualität der Ausbildungs- und Vorbereitungsprogramms zu steigern. Einer der wichtigsten Aspekte der neuen Standards liegt darin, dass sie die Ansprüche an Lehrerkompetenzen klar benennen, indem sie sich auf zentrale Unterrichtsaufgaben konzentrieren. Es geht also nicht länger um die Zusammenstellung von Themenlisten, Inhaltskatalogen und Kursprogrammen, die man absolviert haben muss, und auch nicht um die Überprüfung von abgehobenem Wissen jenseits seines Verwendungskontexts. Die Tatsache, dass Lehramtsstudierende nach eigenen Aussagen von den neuen Standards lernen und dass die Beurteilungen ihnen dabei helfen, ihre beruflichen Handlungsformen (skills) zu entwickeln und zu verfeinern, kann zu einer Steigerung der Qualität von Lehrerarbeit auf breiter Front beitragen.
4. Politik, Verwaltung und Steuerung
Eine zusätzliches Hindernis für einen flächendeckenden Gebrauch von Standards und einer Lösung der Probleme am Lehrerarbeitsmarkt ist die dezentrale, flickendeckenartige (crazy–quilt) Struktur der Bildungssystems und der Bildungsverwaltung in den USA. Die gesamte Struktur, alle beteiligten Institutionen und Gruppen, die das System der Lehrerbildung und der Lehrerversorgung überwachen und managen sowie einen Konsens über der Standards für die Akkreditierung, Lizensierung und der weitergehenden beruflichen Qualifizierung bilden müssten, sind balkanisiert. Verschiedene Regierungsorganisationen (sowohl legislative wie exekutive) auf unterschiedlichen Ebenen (Bund, Staat, Kommune) sind an der Etablierung von Standards sowie an der Entscheidung über Ausbildung und Einstellung beteiligt. Hinzu kommen Berufsverbände (Lehrerverbände, Fachgruppen) und nicht–organisierte Berufsinhaber. Alles, was in einem Bereich des Systems getan wird, kann in einem anderen Bereich sehr leicht wieder aufgehoben werden. Diese Situation erschwert jeden Prozess der Konsensbildung.
Wirksame Standards können unbequem sein, denn sie rücken Unzulänglichkeiten der gegebenen Praxis ins Licht; solche Standards zu erfüllen setzt Veränderungen voraus. Dies führt dazu, dass als Folge einer Erhöhung der Standards Schlupflöcher konstruiert [/S. 73:] werden. In einer Reihe von Staaten (der USA), in denen die Standards für die Zulassung/Lizensierung von Lehrern erhöht worden sind, ist dies eingetreten: Die strengeren Standards gingen zeitgleich einher mit dem Aufkommen temporärer oder alternativer Zugangswege, die es vielen Kandidaten ermöglichte, sich eben nicht an den neuen Standards messen zu lassen. In praktisch jedem Fall werden dann die am schlechtesten vorbereiteten Lehrkräfte für die Arbeit mit den am stärksten benachteiligten Kindern eingesetzt – wodurch eben diesen die Vorteile der Reform und Qualitätssteigerung vorenthalten werden. Umgekehrt haben einige Staaten (der USA) Anreize und Entwicklungsmöglichgkeiten geboten und gleichzeitig Standards erhöht. Auf diese Weise wurde sowohl die Qualität des Unterrichts wie auch die Chancengleichheit erhöht (NCTAF 1996).
Ähnlich unterschiedliche Reaktionen auf die Anstrengungen und Unbequemlichkeiten einer Reform waren im Kontext der Einführung höherer Standards für Lehrerbildungsprogramme zu beobachten: Sobald die NCATE die Standards höher gelegt hatte, wurden alternative Zugangswege installiert, die es dann ermöglichten, dass Schulen ihre bisherige Praxis fortsetzen konnten, ohne sich einer externen Kontrolle anhand professionelle Standards zu unterziehen. Einige Lehrerbildungsinstitutionen haben gemeint, sie könnten ihre je eigenen Standards definieren – und zwar in terms ihrer gegenwärtigen Praxis. Anderer dagegen haben ihre Studiengänge, ihr Personal sowie ihre Lehre aufgewertet und anspruchsvoller gestaltet, um bundesweit gültige Standards zu erfüllen. Letzteres geschah immer dort, wo die jeweiligen Staaten (der USA) darauf insistierten, dass genau dies geschehen müsse.
Eine Umstrukturierung von Rollemustern sowie eine Umverteilung von Ressourcen kann ebenfalls zu Widerständen gegenüber an Standards orientierten Modelle der Lehrerweiterbildung führen, denn "der Versuch, Lehrerweiterbildung an professionellen Standards zu orientieren wurde einen grundsätzlichen Wandel der Balance der Autorität und Kontrolle über die Arbeit von Lehrern und deren Evaluation bedeuten. Es würde auch die traditionellen Methoden der Verteilung von Mitteln für die berufliche Weiterentwicklung verändern" (Ingvarson 1997, S. 6).
Ingvarson nimmt an, dass Arbeitgeber und Universitäten, die traditionell die Mittel und die Entscheidungsgewalt über "professional development" kontrollierten, zunächst sehr zögerlich sein würden bei der Übergabe dieser Mitteln und Entscheidungskompetenz an die Profession selbst. Auch staatliche Stellen würden einer solchen Verlagerung von Entscheidungskompetenz an die Profession selbst kritisch gegenüber stehen. So hat etwa das Council of Chief State School Officers (etwa: Kommission der Obersten Schulbeamten der Bundesstaaten ? –ET) allen Versuchen einzelstaatlicher Institutionen die Unterstützung verweigert, die darauf hinauslaufen, der Profession selbst zur Formulierung von Standards für sich selbst zu autorisieren.
Gleichwohl gibt es Indizien dafür, dass genau dies beginnt. Parallel zu intensiven Bemühungen der Einzelstaaten (der USA) um Standards für die Lehrerbildung zeigen Studien, dass auch das Engagement der Lehrer in Sachen ‚Standards für die eigene Arbeit' zugenommen hat (Darling–Hammond 1997). Bemerkenswerterweise ist das Interesse von Lehrern an Universitätsseminaren zwischen 1994 und 1996 deutlich zurückgegangen, wohingegen die Teilnahme an Lehrerfortbildungen, die auf eine erweiterte Zertifizierung zielten, deutlich gestiegen ist (NEA 1997). Gleichzeitig wurden neuen Formen der Lehrerweiterbildung bzw. der berufsbezogenen Kompetenzsteigerung zwischen Universitäten Schulbezirken und Lehrerverbänden ausgearbeitet, die vielleicht die An– [/S. 74:] zeichen für eine produktivere, synergetische Zukunft des beruflichen Lernens von Lehrern sind.
Eine letzte Barriere sind schließlich die politischen und programmatischen Realitäten, die die gegenwärtigen Praxis stabilisieren. Zu diese Realitäten gehört auch eine geradezu geologische Aufschichtung von Traditionen, die den Lehrplan und das Unterrichten ebenso bestimmen wie auch die Normalitätserwartungen an Unterrichtsprogramme, Absolventen von Lehrerbildung und erfahrene Lehrer. Wenn neue Konzepte und Programme auftauchen, werden nur in den seltensten Fällen alte offiziell und wirklich beendet. Diese widerstrebenden und widerständigen Kräfte müssen zunächst identifiziert werden, bevor man sie angehen kann; nur durch die Zusammenarbeit aller Beteiligten ist die festgefahrene Struktur zu ändern.
5. Zusammenfassung
Neuere Standards für das Unterrichten versprechen die Aussicht auf eine Reform der Laufbahn von Lehrern und können dazu beitragen, das Lernen im Beruf neu zu ordnen. Der Wert professioneller Standards liegt zum einen in ihrer Authentizität – d.h. in ihrer Fähigkeit, der Komplexität der Interaktionsgeschehens zwischen Lehrern und Schülern, zwischen Inhalten und Kontexten gerecht zu werden. Zum anderen befördert die partizipatorische Struktur der dazugehörigen Beurteilungssysteme eine breitere Wissensentwicklung innerhalb der Profession. Generell wird dadurch die Etablierung von allgemein geteilten Normen gefördert, weil Unterrichten damit öffentlich und kollegial wird (anstatt wie bisher geheim/abgeschottet und individualisiert/vereinzelt durchgeführt zu werden). Standards für das Unterrichten in Verbindung mit Standards für die Lehrerbildung könnten schließlich eine gewisse Struktur und Kohärenz in das fragmentierte, chaotische System des gegenwärtige wohl eher zufälligen beruflichen Lernens von Lehrern bringen.
Standards für den Lehrerberuf sind kein Wundermittel. Sie können nicht die Probleme dysfunktionaler Schulorganisation, überalterter Lehrpläne, ungleichgewichtiger Ressourcenallokation oder fehlender sozialer Unterstützung von Kindern und Jugendlichen lösen. Wie alle Reformen, so bergen darüber hinaus auch Standards bestimmte Gefahren. Die Definition von Standards in allen Professionen muss der Gefahr begegnen, dass die berufliche Praxis durch die Kodifizierung von Wissen eingeschränkt wird und dadurch legitime Diversität im Feld sowie auch neue Erkenntnisse unterdrückt werden, dass die Zugänge zum Beruf über Gebühr durch Faktoren erschwert werden, die mit der beruflichen Kompetenz selbst nichts zu tun haben, oder dass schließlich die Voraussetzungen und Chancen zur Erfüllung dieser Standards ungleich verteilt sind. Obwohl zahlreiche Dilemmata existieren und manche Barriere überwunden werden muss, geben die entsprechenden Anstrengungen von Pädagogik und Bildungsadministration Anlass zu der Hoffnung, dass die neuen Standards für das Unterrichten einen wichtigen Beitrag für die Erziehung der Erzieher leisten – für solche Erzieher, die auf die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts vorbereitet sind. [/S. 75:]
(1) Die Bezeichnung Auszubildende bezieht sich auf Personen,
die Lehrer werden wollen, auf Lehrer, die sich beruflich weiterentwickeln wollen,
und auf solche Personen, die sich auf neue Funktionen im Schulbereich vorbereiten,
wie Schulleiter, Schulpsychologen, Spezialisten für Medien in Schulen etc.
(2) Institutionenstandards werden im Programm der Einrichtung
dargelegt und begründet und schliessen die Ergebnisse/Leistungen von Auszubildenden
ein.
Darling-Hammond, L. (1997): Doing what matters most: Investing in Quality Teaching. New York: National Commission on Teaching and America's Future.
Darling-Hammond, L./Pittmann, K.J./Ottinger, C. (1988): Carreer Choices for Minorities: Who will teach? Paper prepeared for the National Education Association/Chief State School Officers Task force on Minorities in Teaching.
Ingvarson, L.(1997): Teaching Standards: Foundations for Professional Development Reform. Clayton, Victoria, Australia: Monash University.
NCTAF = National Commission on Teaching and America's Future (1996): What matters most: Teaching for America's Future. New York: Teachers College, Columbia University.
NEA = National Educational Association (1997): Status of the American Public School teacher, 1995-96. Washington, D.C.
Sedlak, M./Schlossman, S. (1986, Nov.): Who will teach? Historical perspectives on the changing Appeal of Teaching as a Profession (R-3472). Santa Monica, CA: The RAND Corporation.
Sykes, G. (1990): Sources of Justification for Knowledge Claims in Teaching. In: The Assessment of Teaching: Selected Topics. Amherst, MA: National Evaluation Systems, S. 11-29.
Wilson, S.M/Ball, D.L. (1996): Helping Teachers meet the Standards: New Challenges for Teacher Education. In: The Elementary School Journal 97(1996), S. 121-138.
Die Verbesserung der Lehrerbildung liegt jedem Verantwortlichen für Schule und Wissenschaft am Herzen. Viele glauben, man könne bessere PISA–Befunde nur über den Weg der Verbesserung der Lehrerbildung erreichen, was dazu führt, dass man die Konsequenzen einer jetzigen Entscheidung erst fünf bis zehn Jahre später zu Gesicht bekommen wird. Dies wiederum führt dazu, dass wir nicht unmittelbar abschätzen können, was wirklich effizient ist; wir brauchen ein Zeitmaß, das längsschnittlich und Schritt für Schritt den Fortschritt diagnostiziert und stets neu überprüft. Aber genau dieser Spannungsbogen hat noch kein Gesicht gefunden. Es gibt viele Annahmen, die kaum jemals überprüft werden, so etwa dass wir sicher wüssten, was überhaupt gute Lehrerbildung sei und was in diesem Feld schlechthin zum Fortschritt führe. 2001 haben Oser und Oelkers das Konzept der Standards für die Profession der Lehrer neu definiert und eine entsprechende Wirkungsstudie zur Lehrerbildung durchgeführt. Eines der dramatischen Resultate dieser groß angelegten Studie (N=1286 am Ende der Ausbildung, 42 Ausbildungsinstitutionen) war, dass einerseits ein gutes Sozialklima und eine reiche Ausbildungskultur vorhanden sind, dass aber zweitens kaum jemand bei dieser Ausbildung wirklich je gefordert und schon gar nicht überfordert worden ist, schließlich aber dass Standards fast gar nicht erlernt werden. Die Referenz für Standards sind dabei Kompetenzprofile, die in leichten und schwierigen Situationen von Experten erfolgreich handlungsmäßig umgesetzt werden. "Von Experten" bedeutet, dass es ein Unterschied ist, ob diese Kompetenzprofile qualitativ gut oder qualitativ mangelhaft zur Ausführung kommen. Wir sprechen nur dann von Standards, wenn beides gegeben ist, das Profil selber und dessen positive Qualität. Man kann es nochmals anders formulieren: wenn Lehrpersonen in komplexen Situationen des Unterrichts ein abgrenzbares, zieladäquates, effektives und ethisch gerechtfertigtes Einflusshandeln, das das Lernen von Schülern und Schülerinnen differenziell fördert, zeigen, sprechen wir von professionellen Standards des Lehrerberufs. Wenn sie eine Kette solcher Handlungen bewusst oder spontan initiieren und reflexiv auch in schwierigen Situationen umsetzen können, so sind sie Berufsleute mit professionellem Können. [/S. 71:] Standards sind mehr als Wissen, und es sind auch keine automatisierten Skills. Um Standards festlegen zu können, sind je entsprechende Theorien, empirische Befunde, Qualitätsmasse und eine Handlungstradition erforderlich. Man kann Standards unterschiedlich gruppieren; wir haben sie eingeteilt (2001, S. 230) in Standards zur Lehrer-Schülerbeziehung, zum schülerunterstützenden Handeln, zu Disziplinproblemen und Schülerrisiken, zum Aufbau von sozialem Verhalten, zur Lernprozessbegleitung und zu Lernstrategien, zu den Methoden und zur Gestaltung des Unterrichts, zur Evaluation und Leistungsmessung, zum Medieneinsatz, zur Teamarbeit in der Lehrerschaft, zur Öffentlichkeitsarbeit, zum Kräftehaushalt der Lehrperson und zur Fachdidaktik. Jeder Standard wird auf mittlerer Ebene formuliert, so z.B. soll die Lehrperson mit emotionalen Gefühlen von Kindern wie Scham oder Scheue richtig umgehen können. Es wurden über Quasi–Delphie–Studien 88 verschiedene Standards entwickelt. Wir möchten an dieser Stelle drei Fragen diskutieren, nämlich erstens wie kommt man zu Standards, zweitens welches ist die Rolle des Transfers darin, und drittens welches ist die Sicherheit, mit der der Erwerb der Standards die Ausübung in kritischen Situationen garantiert.
Wie kann man also – so die erste Frage – Standards des Lehrerhandelns
auffinden? Welches sind die Möglichkeiten, sie sichtbar und aneignungsbar
bzw. ausbildbar zu machen? Verschiedene Strategien sind möglich; die meisten
aber sind nicht brauchbar.
Eine erste Möglichkeit ist, dass "erfahrene" Lehrpersonen
aufzählen, was sie an Handlungskompetenzen täglich einsetzen. Hier
hätten wir zwar viele Ergebnisse, aber sie wären unter dem Gesichtspunkt
der Verallgemeinerbarkeit relativ wenig fruchtbar; episodisches Vorgehen reicht
nicht aus, um zu beschreiben, was in schwierigen Unterrichtssituationen gebraucht
wird. Zudem besteht das Problem, dass unterschiedliche Bereiche vorerst gar
nicht mit ins Blickfeld geraten. Ebenfalls laufen wir auf diese Weise Gefahr,
Wissensbestände, Skills, spontanes Handeln und Handlungsnotwendigkeiten
dauernd miteinander zu vermischen. Für dieses Verfahren hingegen spricht,
dass das Zusammentragen von Handlungsmöglichkeiten den Reichtum und die
Verwobenheit der Handlungskapazitäten im unterrichtlichen oder schulischen
Raum andeuten oder gar aufschlüsseln kann.
Ein anderes Verfahren besteht darin, Wissensarten zu sammeln, um über
diese das ihnen zugrunde liegende Handeln erst ableiten zu können. Zu den
lehrprofessionellen Wissensarten gehören nach Shulman
(1987) pädagogisches Wissen, entwicklungspsychologisches Wissen, fachdidaktisches
Wissen, lernpsychologisches Wissen, soziologisches Wissen, Fachwissen etc. In
der Tat kann man jungen Lehrpersonen jenes Wissen vermitteln, dass mit großer
Wahrscheinlichkeit mit dem Feld ihrer Arbeit etwas zu tun hat. Es [/S. 72:]
ist einerseits dringend nötig, über solche Wissenskataloge die Dynamik
des Kanons einer solchen Ausbildung je neu zu schaffen und zu überdenken.
Vermutlich kann andererseits aber zu keiner beruflichen Ausbildung in anderen
Bereichen (z.B. Ingenieurswesen) so viel unbrauchbares und unkoordiniertes Wissen
gefunden werden wie im Lehrberuf. Dieser Kanon zu professionellem Wissen nimmt
den Schwung der Probleme gleich dreifach mit: a) Es gibt keinen Zusammenhang
mit dem Handeln im Feld. b) Es entsteht kein solches Handeln aus diesem Wissen,
und c) auch die Wissensteile werden in keiner Weise untereinander vernetzt oder
mindestens verbunden (es gibt keinen Transfer).
Ein drittes Verfahren besteht darin, aus den Grundlagenerkenntnissen der Lernpsychologie
Handlungsformen herauszupicken, die für das Feld adäquat sein könnten.
Die operante Konditionierung, der Umgang mit gelernter Hilflosigkeit, die attributionstheoretische
Motivation, das Kennen der Funktion des Arbeitsspeichers beim Memorisieren,
Kommunikationstechniken zum Problemlösen etc. sind solche Beispiele, die
dann je auf Unterricht und Schule angewandt werden "sollen". Die
so erzeugte Wichtigkeit der psychologischen Grundlagenforschung einerseits und
das damit einhergehende ewig bedauerte Nichtgenugpraktischsein des universitären
Betriebs andererseits erzeugen ein Spannungsfeld, aus dem heraus die Ausbildung
als nicht genug adäquat und wenig transferal wirksam empfunden wird. Es
ist die vielleicht verhängnisvollste Art, mit viel wissenschaftsbetonter
Gestik an den wirklichen Ausbildungsnotwendigkeiten vorbeizusegeln und diese
Ausbildung gleichzeitig von etwas abhängig zu machen, das niemand will.
Deshalb haben wir an anderer Stelle ein Vorgehen vorgeschlagen, das viertens
direkt zu den notwendigen Kompetenzprofilen der Lehrprofession führt und
diese ins Zentrum von Aus- und Weiterbildung rückt. In diesem Fall werden
Situationen des Unterrichtens oder des Schullebens direkt über Beobachtung
oder narrative Vignetten sorgfältig unter der Frage aufgegriffen, was jemand
können muss, um sie zu bewältigen. Sie werden also verlaufsorientiert
beschrieben und geordnet. Dieser Prozess wird begleitet durch eine Verankerung
der gefundenen Situationen in der wissenschaftlichen Literatur und der empirischen
Forschung. Ebenso wird bei jedem dieser Handlungsprofile die Frage der Qualität
mitgeliefert: man will wissen, wie Experten die Situation bewältigen und
welche Unterschiede zu den Novizen oder den wenig erfolgreichen Lehrpersonen
in der Situation bestehen. Ein solches Handlungsprofil nennen wir, wie oben
angedeutet, eben Standard. Standards sind Beschleuniger des Zusammenführens
einer ganzen Reihe von geistigen Eigenschaften, die zum Handeln in kritischen
Situationen notwendig sind. Normalerweise versteht man unter Standards "what
graduates are expected to know and be able to do as a condition of earning a
diploma … second standards certify students`capacity just as standards
of weights and measures provide accurate information about size" (Doyle
and Pimentel 1999, S. 19). Und obwohl für die Lehrerbildung immer wieder
[/S. 73:] unterschieden wird zwischen Standards als notwendige Wissenskomponente
und Standards als performance based mastery, unterscheiden doch die meisten
Ausbildungsinstitutionen und –konzeptionen zwischen Wissen, Skills und
Dispositionen. Sie gehören nach Darling–Hammond u.a. zur "License
to Teach" Standards, die folgendes beinhalten:
Hier wird mit aller Schärfe deutlich, dass nicht genau nachgedacht wird,
was wirklich ein Standard ist. Die dreiteilige Trennung macht das Wissen wirkungslos,
die Skills blind und die Haltung gegenüber sich selbst oder dem Lernenden
oder der Institution Schule zufällig. Man kann dies am besten am Arztberuf
erläutern, wenn ein Notfall eintritt: Mit dem Handeln in dieser Situation
geht das Wissen einher, und die Disposition gegenüber dem Lernenden,
sich selbst und der Institution Spital ist selber schon ein Teil dieser kompetenten
Handlung. Wenn Standards einfach als gültige Normen für das Erreichen
einer Leistung bezeichnet werden, so wird das, was das Eigentliche einer Profession
ausmacht, ausgeklammert. Standards sind nicht hohe Wissensleistungen, die man
etwa bei Examen fordert; ebenfalls ist damit nicht gemeint, dass eine besondere
Moral an den Tag gelegt werden müsste, schließlich bedeuten Standards
auch nicht die Art und Weise, wie Lehrpersonen vorbereitet sind. Man muss Standards
anders definieren, ihre Kraft liegt in der Verbindung dessen, was gebraucht
wird, um richtig zu handeln und der Handlung selbst. Richtiges Handeln impliziert
ein spezielles Wissen in der Handlung, die ihre Richtigkeit, ihre Wirkung und
ihre professionelle Sorgfalt generiert.
Ein einfacher, leicht verständlicher, aber schwer zu lernender Standard ist "entwickelnder Unterricht" (manchmal mit skeptischem Unterton als Frageunterricht benannt). Kein anderer Beruf verwendet dieses Kompetenzprofil; aber jede Lehrperson in allen Ländern der Welt verwendet mit mehr oder weniger Geschick, mit mehr oder weniger Wissen und mehr oder weniger erfolgreich diesen Standard. Mit keinem anderen Standard aber kann so viel dramatisches Unheil angerichtet werden, etwa durch Zynismus der Lehrperson oder der anderen Lernenden, etwa durch negative Beurteilung von Aussagen, etwa des Umwandelns von Lernprozessen in Prüfungspro– [/S. 74:] zesse, etwa durch Lächerlichmachen immer derselben Kinder und Jugendlichen etc. Umgekehrt gibt es, um diesen Standard zu bestimmen, viele pädagogisch–psychologische Forschung und auch eine sehr erfolgreiche praktische Tradition. Es gibt Untersuchungen zur Expertenqualität des mäeutischen Unterrichts u.a. (Was es allerdings kaum gibt, sind Lern–Laboratorien, wo angehende Lehrpersonen, dieses Kompetenzprofil eben zu einem Standard werden lassen können).
Es gehören also die verschiedensten Dimensionen eines Standards in einer so komplexen Situation, wie "entwickelnder Unterricht" sie darstellt, zusammen. Es muss 1. theoretische Elemente geben, die aus einer Kette von Hypothesen bestehen. Man nimmt z.B. an, dass Zusammenhänge zwischen der Eindringlichkeit, mit der Fragen gestellt werden, und der Reaktionshäufigkeit der Schüler bestehen. Negative Zusammenhänge gibt es zwischen der "Kürze" der Wartezeit und der Antwortsicherheit bei Schülern. Wiederum andere Zusammenhänge sind vermutet, wenn das Fragen geschlossen auftritt und die Schüler die Empfindung haben, dass hier geprüft, aber nicht offen gefragt werde. Als weiteres 2. Element sind empirische Befunde gefragt. Sie beziehen sich teilweise auf Theorien, die sie überprüfen; sie haben manchmal aber auch deskriptiven Charakter. Man weiß dann einfach z.B. wie häufig bei einer Lehrperson fragender oder entwickelnder Unterricht vorkommt und welche Wirkung er bei den Schülern und Schülerinnen hat. Man weiß dann aber auch, dass der Zusammenhang zwischen direct teaching (Frontalunterricht) und Frageunterricht hoch positiv korrelieren u.a. – Ein 3. Element bezieht sich auf die Qualität des Handlungsprofils einer Lehrperson, in der korrekten Situation. Es ist die Frage, warum unterschiedliche Maßstäbe genau diese Qualität je anders zur Geltung bringen. Während die einen für straffes Fragen votieren, monieren die anderen für eingestreute offene Formen dieses Arbeitstyps im Unterricht. Die einzige Möglichkeit von Qualität zu sprechen und einigermaßen Einigkeit über unterschiedliche Ausprägungen zu erhalten, ist die Expertenforschung. Hier werden situativ die klimatische Stimmung, die Klarheit der Begrifflichkeit, die Seriosität des Lernvorgangs, der nachhaltige Wissenserfolg, die positive Beeinflussung der Motivation u.a. mit Anfängern oder Nichtexperten verglichen, und man stellt fest, dass Experten in all diesen Dimensionen wirkungsvoller, schneller und unmittelbarer sind. Das Suchen und Wissen um die Expertenkompetenzen ist ein relativ junger, aber erfolgreicher Forschungszweig. Man kann damit zeigen, wie Kompetenzbündel in besserer oder vollendeterer Weise in die Praxis umgesetzt werden. – Schließlich 4. gehört zu jeder einzelnen Lehrerkompetenz, zu jedem Standard, eine Verdrahtung in der Praxis. Man muss "hands on" zeigen können, dass die Situation gemeistert werden kann eben durch dieses Handlungslehrerbildung, das schon so oft unter ähnlichen Bedingungen erfolgreich war. Es geht also darum, die Qualität des Handlungsrepertoires von Lehrpersonen relativ valide festzustellen und [/S. 75:] auf dessen Basis zusammen mit den Betroffenen eine jeweils notwendige Weiterbildung zu planen. Weiterbildung (oder im spezifischen Falle Ausbildung) bezieht sich dann auf diese Standards und nicht auf zusätzliche abkoppelbare Sozialtechnologien, deren Konvenienz meistens mit Therapie, aber nicht mit der Quelle des Unterrichts einhergeht.
Diese vier Kriterien bestimmen jedes Kompetenzprofil, jeden Standard des Lehrerberufs. Ihre Aktualisierung unterliegt keinem Zufall, fällt keiner blinden Praxis anheim, untersteht aber auch nicht bloß einem, wie auch immer geartetem Wissen; vielmehr bestimmen diese vier Kriterien, die zugleich entscheidend dafür sind, ob von einem Standard gesprochen werden kann, was die Professionalität bestimmt. Ein Standard wie "positive Erwartungen oder Zu-Mutungen praktizieren" ist im Lehrberuf so zentral, weil Theorie (Pygmalion–Effekte), Empirie (Untersuchungen zum positiven und negativen Mathäuseffekt), Expertise (gerade bei "schwachen, dummen und faulen" Schülern und Schülerinnen ist es schwierig positive Erwartungen zu praktizieren) und Praxis (Lehrpersonen machen immer Erwartungen sichtbar, wenn sie unterrichten) stets zusammenfallen und es relativ leicht ist, diese Erwartungsverhalten über Unterrichtsbeobachtung zu lokalisieren.
Nun aber ist das Lernen solcher Kompetenzen abhängig von der Ernstsituation im Unterricht, und hier zeigt es sich, dass das Lernen praktisch nie linear verläuft. Deshalb ist die Veränderung der Ausbildung zu diesem Beruf von der Relativierung der Verführungskraft der Praxis als verklärtes Feld der von aller Theorie abgetrennten Wirklichkeit abhängig. Indem man nämlich die Praxis verstärkt, erreicht man nicht eine bessere Ausbildung, denn genau dies entspricht wiederum der Zufälligkeit der Ausbildung, die zu nichts als eben zu episodischer Anhäufung von Teilkompetenzen führt. Die Praxis, aus der die Standards stammen, von der sie also abgeleitet worden sind (siehe weiter unten), muss sich im Ausbildungsfall den folgenden zwei Bedingungen unterstellen: 1. muss sie sich auf die zu erlernenden Standards beziehen (wer z.B. wirkungsvoll Anforderungen im Unterricht und ihre Koppelung mit Erwartungen vornehmen soll, muss Gelegenheit erhalten, in vielen Situationen solche Aufforderungen vorzunehmen). In diesem Falle ist nur jene Praxis notwendig, die die Einbettung des Standards bewusst gefährden. Wie das Falsifizierungsprinzip in der Wissenschaft muss der junge Unterrichtende den gleichen Standard unter immer schwereren Bedingungen ausführen. Schließlich muss der Standard unter emergency room Bedingungen realisiert werden. Das heißt, es müssen am Ende die härtesten Situationen mit Disziplin– und Motivations– und Ordnungs– und Sozialproblemen ausgesucht werden, damit gelernt wird, unter diesen Bedingungen Erfolg zu haben bzw. den Standard zur Geltung zu bringen.
[/S. 76:] Genau das Gegenteil geschieht. Standards werden oft unter idealen, superordentlichen, einfachen und empfindsamen Schulsituationen gelernt, wo Scheitern gar nicht möglich ist und man gar nicht erfahren kann, wo die Schwierigkeiten liegen, wo man nicht erfährt, unter welchen Bedingungen kontrafaktisch oder paradox gehandelt werden muss, vor allem aber nicht aus Fehlern lernen kann. Hier berühren wir das Thema des pädagogischen Kitsches; die Facetten des Glaubens an intrinsische Motivation, des Gebens von Ich–Botschaften, des Spaßhabens am Lernen, des reibungslosen Lehrerhandelns, des Lebens ohne Widerstreit, der immer liebevollen Atmosphäre führen zu diesem Kitsch, der dann auch im Jammern über die Schwere der Situation endet. Wer den Standard nicht unter schwierigen Bedingungen zeigen kann und lieben gelernt hat, kann ihn gar nicht beherrschen. Wer nicht erlebt hat, dass er nicht funktioniert, kann gar nicht verstehen, unter welchen Situationen er wirklich funktioniert. Deshalb fordert Terhart in seiner Expertise für die Kultusministerkonferenz (2002, S. 49), dass die entwickelten Standards auf eine Evaluation gerichtet sein sollen, "die sich nicht mit Dokumentenanalyse und Selbstauskünften zufrieden gibt. Zwar kann dies eine gewisse Basis sein, aber der eigentliche Akt der Evaluation besteht darin, das Steuerungssysteme, Ausbildungsinstitutionen bzw. –programme und schließlich Absolventen vor Ort einer empirisch basierten Evaluation unterzogen werden." Was Bransford und Schwartz (1999) in Bezug auf den Transfer zeigen, gilt auch hier: Man kann am besten über kontrastierende Fälle, wenn sie in neue Informationen eingebettet werden, zeigen, dass Standards in der Tat situationsübergreifend sind. Es kommt also im Bereich der Standards etwas hinzu, zum "knowing that" und zum "knowing how" gesellt sich, was Professionalität konstituiert, nämlich das "knowing with". Als Teil einer professionellen Kommunität muss ein Wissen aufgebaut werden, das sich nicht bloß auf individuelle Kompetenzprofile bezieht, sondern auch allgemein anerkannte solche Profile umfasst, die gewerkschaftlich geteilt werden müssen, damit eine Profession diesen ihren Namen verdient.
Wenn davon gesprochen wird, wie Standards erworben werden, wenn man also Konzepte und Pläne für ihre Aneignung hat, muss auf einen Aspekt hingewiesen werden, der stets vernachlässigt wird, nämlich der Umgang mit Unsicherheit. Wir wissen oft nicht unmittelbar, welche Handlungsweise die adäquateste ist und müssen Hypothesen darüber bilden und testen. Dieser Unsicherheitsfaktor ist ein Teil der Standardisierung der Lehrerkompetenzen selbst. Es gibt mindestens vier Formen der Unsicherheitsbewältigung.
Die erste hat zu tun mit der Einschätzung der Situation, verbunden mit der Frage, ob Prototypen vorliegen, die auf ein bestimmtes Handlungsprofil passen. Ausbildung in Bezug auf Standards bezieht sich stets auf solche [/S. 77:] prototypische Situationen, die exemplarisch sind und generalisiert werden können. Solche prototypische Situationen vermögen aber nicht alles, was im Unterricht geschieht, abdecken. Es gibt Situationen, die zwei, oft gegensätzliche, Handlungsweisen zugleich erfordern. Und es gibt Situationen, die eine derartig neue Konstellation darstellen, dass der Unterrichtende kein Handlungsmodell in seinem Repertoire zur Verfügung hat. Hier ist die Leidenschaft am Hypothetisieren, Herausfinden, selber begründen unmittelbar gefordert. Die Freude an dieser Art von Unsicherheit muss erst gelernt werden.
Eine zweite Form von Unsicherheit bezieht sich auf das Interventions-Wirkungsverhältnis. Alle Handlungseinflüsse in konkreten Situationen unterliegen Wahrscheinlichkeitsannahmen. Es gehört zur Professionalität des Lehrerseins, dass dieser Aspekt der möglichen Nichtwirkung berücksichtigt wird und alle Gesetzmäßigkeiten des sozialen Einflusses auch gegenteilige Effekte haben können. Lehrpersonen, die mit Absolutheit an eine Handlungswirkung glauben, können bei Nichteintreten des erwarteten unmittelbaren Effektes enttäuscht sein. Wenn sie aber zum Vornherein von der Zerbrechlichkeit solcher Zusammenhänge Bescheid wissen, sind sie mindestens gegen Enttäuschungen gefeit.
Eine dritte Form von Unsicherheit besteht darin, dass man für eine Situation gar keinen Standard zur Verfügung hat. In diesem Falle muss eine neue Handlungsart erst entdeckt oder geschaffen werden; diese kann meistens nur über Fehleinschätzungen oder Fehlleistungen zu einem Standard werden. Dieser ganze Prozess ist äußerst schmerzhaft und belastend. Man weiß nicht, welches nachhaltig positive Handlungsweisen sind und man argumentiert so, dass dieser Beruf eben viel Ungemach und viel Schwierigkeiten mit sich bringe; die Chance aber des Neuen und Vorwärtsbringenden wird verpasst, die Bereitschaft, eine wirklich neue Handlungsform zu generieren, verspielt. Man weiß gar nicht, wie das zu geschehen hätte, probiert irgendetwas aus und findet keinen Halt in einer natürlich erst noch zu schaffenden Systematik.
Die letzte Form der Unsicherheit ist gegeben, wenn die Realisierung einer Handlungskompetenz zu einem "falschen" Ergebnis führt. Man wendet eine falsche Strategie an, und die Resultate sind dann auch katastrophal, oder noch schlimmer, sie verstärken die Problemsituation. In diesem Falle gibt es keine professionelle Kontrolle, die Sicherheit über Fähigkeiten entgleitet uns. Menschen sind hier weniger fähig, einen Standard aufzubauen, als dies bei der oben dargestellten dritten Form von Unsicherheit stattfindet. Hier fühlt man sich in seiner Unfähigkeit ertappt.
Dies alles zeigt, dass die Ausbildung nicht nur nicht klar ist in den Köpfen derer, die ausbilden, sondern auch derer, die eine Kontrolle über ihre Weiterbildung haben müssten. Sie müssten wissen, wo sie in ihrer Ausbildung stehen, welches die noch nicht erfüllten Teile darstellen, wie man eigene Weiterbildung plant und wie man im Falle dieser Unsicherheiten [/S. 78:] Standards aufbaut. Abb.1 zeigt, dass sie kaum gelernt haben, ein neues Problem professionell anzugehen, aber auch nicht Kompetenzverteilungen vorzunehmen (Abb. 2), und in Abb. 3 auch nicht sich mit anderen auf neue notwendige Standards zu einigen. Schließlich zeigt Abb. 4, dass sie nie oder kaum gelernt haben, ihre eigene Weiterbildung zu planen (vgl. auch Oser 2001, S. 289). In all diesen Abbildungen bedeutet "nichts gehört", dass sie subjektiv das Gefühl haben, sie hätten in der Ausbildung diesen Aspekt nie und in keiner Weise gelernt. "Nur Theorie" bedeutet, es sei da mal etwas in einer Vorlesung oder anderswie in abstracto vorgekommen. "Nur Übung oder nur Praxis" meint, dass hier in Praktika im Feld oder bei Übungslektionen das Thema zur Sprache gekommen sei. "Theorie und Übung" oder "Theorie und Übung und Praxis" sind intensivere, Portfolio orientierte Formen des Umgangs. Nur diese letzteren deuten darauf hin, dass in diesem Feld ein Standard entwickelt worden ist.
[/S. 79:]
Die Befunde sind auch hier schockierend. Nicht einmal der Umgang mit dem eigenen Beruf und dem, was er erfordert, wird in unseren Ausbildungsstätten gelernt.
Bevor wir aber im Namen einer Institution oder einer gesellschaftlichen Notwendigkeit der Verbesserung des gegebenen Zustandes oder aus Rücksicht auf die Kraft der in diesem Zustand lehrenden Personen für die Verbesserung der Lehrerbildung votieren, müssen diese Grundlagen der Ausbildung, nämlich das eigene Wissen um notwendige Standards, verständlich [/S. 80:] gemacht werden. Eine positive Veränderung der Resultate dieser Ausbildung kann nur dann erwartet werden, wenn Grundlagen verändert werden. Man muss zurückgehen zu dem, was minimal für eine Profession einforderbar ist, und es muss dann versucht werden, es als vollständig selektionsträchtig zu etablieren. Diejenigen, die an Universitäten und Pädagogischen Hochschulen Lehrerbildung machen, sind in die Pflicht zu nehmen; diejenigen aber die in Verwaltungsstuben im Trockenen sitzen, haben darüber nachzudenken, wie die Arbeit von Lehrpersonen, wenn sie wirklich standardorientiert und damit gut ist, differenziert belohnt werden kann. Sicherheiten im wohltuenden Leben hinter den Kulissen des Alltags werden in Unsicherheiten, die der Kern allen Erwachsenenlernens sind, überführt. Was aber heißt das?
Im Bereich der Lehrerbildung gibt es eine Reihe von Errungenschaften, die es ermöglichen würden, eine vollständig andere Ausbildung auf die Beine zu stellen. Die meisten dieser Errungenschaften stehen aber auf dem Spiel, weil diejenigen, die die Verantwortung für deren Umsetzung haben, nicht die Tragweite ihrer guten oder schlechten Resultate erkennen. Ein Beispiel dafür ist die vollständige Tertiarisierung der Lehrerbildung und ihre Integration in die Universität (oder in die Fachhochschule). Das wird heute als selbstverständlich entgegengenommen, wobei Dekane der unterschiedlichsten Fakultäten und Rektoren nicht verstehen, dass alles, was im Vermittlungsbereich geschieht, jedes kleinste Verhältnis zwischen Lehren und Lernen, jede Haltung im Umgang mit Kindern, jeder systematische Wechsel u.a. unbedingt und intensiv der Forschung zugänglich gemacht werden muss. Schulen sind heute die bedeutungsvollsten Felder für humanwissenschaftliche Forschung. Weil Universitäten dieser Tatsache aus dem Weg gehen, könnten die Geldgeber und die Verantwortlichen für Forschungspolitik ihre Geldverteilungspolitik in diese Richtung gestalten. (Dass es zum Beispiel heute noch kein Max Planck Institut für Lehrerbildungsforschung in Deutschland und kein Scherer– oder Carnegie– Institut für Instruction and Learning in der Schweiz gibt, ist ein politischer Skandal, der diesen Nationen den Weg zur Zukunft einer Bildungsgesellschaft abschneidet). Die großen Linien für die Schwerpunktbereiche solcher Forschung sind: 1. Das Verhältnis von Ökonomie und Bildungsertrag in diesem Bereich, 2. e–Learning und Lehrerbildung, 3. Lehr–Lernforschung, 4. Qualität des Unterrichts und der Lehrerbildung, 5. Systeme, Übergänge und Leistung, 6. Kanon der Inhalte und Ausbildung, und 7. Berufsidentität und Berufsmoral mit den entsprechenden Standards. All das aber bedeutet, dass der Praxis ein neuer und anderer Weg zugesprochen wird. Junge Lehrpersonen in die Praxis zu schicken, ohne systematischen und standardorientierten Aufbau der Ausbildungsschritte bezüglich zu erwerbender Standards ist unverantwortlich. Deshalb moniert Faust–Siehl (2002, S. 489), dass "Erwerbs– und Anwendungssituationen nicht zu trennen" seien. "Dies" so sagt die Autorin, "ist nur möglich, wenn der Erwerb der wissenschaftlichen Grundlagen der [/S. 81:] Lehrertätigkeit und das praktische Handeln im professionellen Kontext gleichzeitig betrieben werden. Auf berufliche Kompetenzen bezogenes Studieren in Verbindung mit praktischem Handeln hat in der deutschen Lehrerausbildung bislang keine Chance und wird an vielen Universitäten als unwissenschaftlich und praktizistisch eingeschätzt". Damit ist gesagt, dass diejenigen, die Standards ausbilden, zur jeweiligen Praxis unmittelbar die Theorie und die Empirie, aber auch Befunde zur Expertenforschung in diesem Bereich, der gerade geübt wird, mitliefern sollen.
Ein großes Problem der neuen Lehrerbildung ist also die Praxis– oder Ausbildungsverschwendung, wenn, was wir hier vorschlagen, nicht in minimaler Weise umgesetzt wird. (1)
(1) In der Schweiz werden zurzeit neue Pädagogische Hochschulen geschaffen. Die Ermöglichung der Ausbildung von Standards ist durch diese Neuheit geradezu optimal.
Bransford, J.D.; Schwartz, D.L. (1999): Rethinking Transfer: A Simple Proposal With Multiple Implications. In: Review of research in Education 24. Washington D.C.: American Educational Research Association, S. 61-100.
Doyle, D.P., Pimentel, S. (1999): Raising the Standards. An eight–step action guide for schools and communities, Second Edition. Thousand Oaks, California.
Faust–Siehl, G. (2002): Wissenschafts– und berufsbezogene Lehrerbildung. In: Die Deutsche Schule, 94, 4, S. 487-499.
Oser, F.; Oelkers, J. (2001): Die Wirksamkeit der Lehrerbildungssysteme. Von der Allrounderbildung zur Ausbildung professioneller Standards. Zürich, Chur.
Shulman, L.S. (1987): Knowledge and Teaching: Foundations of the New Reform. Harvard Educational Review 57 (1), S. 1-22.
Terhart, E. (2002): Standards in der Lehrerbildung. Eine Expertise für die Kultusministerkonferenz. ZKL–Texte 24. Münster.
[/S.82:]
Die Pädagogische Hochschule Zentralschweiz (PHZ) vereint die Bildung von Lehrkräften für die Volksschule der zentralschweizer Kantone. Die PHZ hat ihren Betrieb erst im letzten Jahr aufgenommen. Die zehn Professionsstandards werden als – "phasenübergreifende" – Grundlage für die Grundausbildung, die Berufseinführung und die Weiterbildung verstanden (PHZ 2004). Sie sind eine Adaption der weiter unten beschriebenen amerikanischen INTASC–Standards.
Die Lehrperson …
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Abb.1: Standards in der Bildung von Lehrkräften
Diesen zehn Standards werden "Teilkompetenzen" zugeordnet. "Diese Differenzierung dient der Präzisierung der Kompetenzen, die innerhalb eines bestimmten Standards angestrebt werden" (PHZ 2004, S. 1). Dem Standard "moderiert und leitet an" wird beispielsweise Teilkompetenz "nützt Lernzeit" zugeordnet. Außerdem werden jeder Teilkompetenz "Niveaus" von "0" bis "3" zugeordnet, die den Erwerb dieser Kompetenzen abbilden sollen. Das Niveau "0" zu "nützt Lernzeit" wird beispielsweise beschrieben als "verliert häufig den Zusammenhang zwischen Lernziel und Lernzeit". Das Niveau "3" wird demgegenüber beschrieben als "setzt Zeit und Material klar, lernzielgerecht in hohem Mass individualisierend ein und nutzt Lernzeit angemessen für Lernbegleitung".
"Die professionellen Fähigkeiten werden allmählich von der Novizenstufe bis zur Stufe der Berufsreife aufgebaut. … Der Aufbau dieser Kompetenzen ist in Form von Leistungsniveaus differenziert abgebildet. … Im Rahmen der Grundausbildung kann das Niveau 3 nur teilweise angestrebt und erreicht werden, das Niveau 0 bezeichnet nicht erfüllte Leistungen. Die Erweiterung der Kompetenzen auf Niveau 3 wird vornehmlich im Rahmen der Berufseinführung und der Weiterbildung angesiedelt" (PHZ 2004, S. 1). Den einzelnen Niveaus werden noch Beobachtungskriterien zugeordnet, die insbesondere bei Unterrichtsbeobachtungen zur Anwendung kommen. Diese sind Teil eines Portfolios. Damit wird versucht, eine Brücke zwischen den normativen Vorgaben, den Situationen des Handelns von Lehrkräften und dem Assessment zu schlagen. [/S. 2:]
Die Diskussion um Standards in der Bildung von Lehrkräften wird von einem Nährboden gespeist, der insgesamt amorph und dessen Elemente unzureichend untereinander verknüpft erscheinen. Vereinfachend lassen sich vier Diskussionsstränge verdichten: a) Der Bologna–Prozess, b) die Unzufriedenheit mit der Arbeit und der Bildung von Lehrkräften, c) neue Steuerungsmodelle für die Bildung von Lehrkräften sowie d) die Diskussion um Standards in den USA.
Ad a: Der Bologna–Prozess wurde durch die Erklärung von Bologna angestoßen. Diese erwähnt weder Module noch Standards. Nach den ländergemeinsamen Strukturvorgaben für die obligatorische Akkreditierung von Bachelor– und Masterstudiengängen (KMK 2003) ist in Deutschland jedoch bei der Akkreditierung nachzuweisen, dass der Studiengang modularisiert und mit einem Leistungspunktsystem (ECTS) ausgestattet ist. Die Rahmenvorgaben für die Einführung von Leistungspunktsystemen und die Modularisierung von Studiengängen (KMK 2001) machen detaillierte Angaben zur Beschreibung der einzelnen Module. Demnach soll die Beschreibung eines Moduls unter anderem die Inhalte und Qualifikationsziele enthalten. Dazu gehören: "Welche fachlichen, methodischen, fachpraktischen und fächerübergreifenden Inhalte sollen vermittelt werden, welche Lernziele sollen erreicht werden? Welche Kompetenzen (fachbezogene, methodische, fachübergreifende Kompetenzen, Schlüsselqualifikationen) sollen erworben werden? Die Lern– und Qualifikationsziele sind an einer zu definierenden Gesamtqualifikation (angestrebter Abschluss) auszurichten". Einige Standards, wie beispielsweise die Standards der Arbeitsgruppe Curriculare Standards Bildungswissenschaften in Rheinland-Pfalz (AG CSB 2004), nehmen diese Anforderungen bei der Beschreibung der Module auf.
Ad b: Die Diskussion um Standards für die Bildung von Lehrkräften wird getragen von einer aktuellen(1) Unzufriedenheit mit der Arbeit, aber auch mit der Bildung von Lehrkräften. Argumentativ werden dabei, meist implizit, in einer Kette verschiedene Konzepte miteinander verknüpft.
Die argumentative Kette unterstellt (ähnlich von Terhart 2002, S. 10 ff.): Die Standards normieren die Bildung von Lehrkräften. Diese Normierung führt zu einer (veränderten) Bildung von Lehrkräften. Die (veränderte) Bildung von Lehrkräften setzt sich um in ein (verändertes) Lehren in Schulen. Dieses Lehren ‚begünstigt' bzw. ‚bewirkt' ein verändertes Lernen in Schulen. Dieses (veränderte) Lernen führt zu (anderen) Lernergebnissen.
Die Argumentation entlang dieser Kette erfolgt dabei in zwei Richtungen. Zum einen – von oben nach unten – wird behauptet, dass eine bessere Bildung von Lehrkräften zu besseren Lernergebnissen führe. So stellt auch die Teacher Education Study (TEDS) der IEA (International Association for the Evaluation of Educational Achievement) einen direkten Konnex von der Lehrerausbildung zu den Lernleistungen der Schülerinnen und Schüler her (vgl. Blömeke 2004). Zum anderen – von unten nach oben – wird behauptet, dass für (bessere) Lerner– [/S. 3:] gebnisse in der Schule eine (bessere) Bildung von Lehrkräften bzw. eine bessere Normierung selbiger notwendig sei. So enden Berichte über die Ergebnisse zu Large–Scale–Assessments häufig mit einem Blick auf die Aus– und Weiterbildung von Lehrkräften.
Jedes der Konzepte der so beanspruchten Kette ist nicht trivial zu operationalisieren und jede der genannten Relationen bei näherer Betrachtung problematisch. Der argumentative Weg von der Normierung der Bildung von Lehrkräften bzw. von der Bildung von Lehrkräften zu den veränderten Lernergebnissen der Schülerinnen und Schüler – dem ultimativen Evaluationskriterium für die Bildung von Lehrkräften – ist weit. Der Weg ist gespickt mit konzeptionellen und methodischen Hürden (Terhart 2002, S. 13 ff.). Außerdem liegt für den deutschsprachigen Raum, so auch Terhart (2002, S. 10 ff.), kaum empirisches Wissen vor. Überhaupt ist die Bildung von Lehrkräften in Deutschland kaum erforscht (Terhart 2000). Obwohl die Bildung von Lehrkräften für berufsbildende Schulen eigentlich expliziter Gegenstand der Berufsbildungsforschung wäre (Dubs 2003; Kell 2003), gilt dies auch für diese. Etwas anders sieht es im angelsächsischen Raum aus.(2)
Ad c: Die Diskussion um Standards in der Bildung von Lehrkräften steht, so auch Oelkers (2004), vor dem Hintergrund neuer Steuerungsmodelle. Hochschulen sollen nach der Vorstellung des New Public Managements eine höhere Autonomie haben und strategisch durch Zielvorgaben, Globalbudget und Qualitätsmanagement geführt werden. Zur Orientierung am Outcome sind beispielsweise Kriterien notwendig, die – so die Vorstellung – für die Bildung von Lehrkräften die Standards sein könnten. Aus Sicht eines Gesamtmodells der Steuerung einer Schule (Dubs 2001) fällt jedoch auf, dass Kriterien allein viel zu kurz greifen und auch die Schrittfolge der Einführung eines neuen Steuerungssystems nicht schlüssig ist.
Ad d: Die Diskussion um Standards in der Bildung von Lehrkräften nimmt häufig Bezug auf die Standards in den USA. In den USA sind seit der Kritik am Bildungssystem in der Veröffentlichung "A Nation at Risk" der National Commission on Excellence in Education (NCEE 1983) Standards, nicht nur für die Bildung von Lehrkräften, ein Dauerbrenner in der bildungspolitischen Diskussion (Keller 2002). Schon 1996 spricht Roth, mit Bezug auf die Bildung von Lehrkräften, von einer "Ära der Standards".
Häufig findet jedoch nur ein Verweis auf die USA und keine ernsthafte Auseinandersetzung mit der dortigen Entwicklung statt. Die empirischen Erkenntnisse zu den Standards in der Lehrerbildung in den USA sowie deren Strittigkeit werden nur unzureichend aufgenommen. Darling–Hammond (2001) spricht beispielsweise davon, dass es ein Widerspruch wäre, "the highly fragmented U.S. teacher education enterprise" (S. 754) überhaupt als "System" zu bezeichnen. Sie spricht gar von einem "Morass of Teaching Standards" (S. 754). Die Standards für Anfänger im Lehrberuf seien in den Staaten extrem unterschiedlich und würden auch höchst unterschiedlich durchgesetzt. Sie würden regelmäßig durch Notprogramme unterlaufen. Die Standards würden mit höchst unterschiedlichen, nicht von Mitgliedern der Profession entwickelten Tests überprüft. Auch die Standards für Programme wiesen eine hohe Variation zwischen den Staaten auf. Alternative Routen in den Lehrberuf hätten diese Divergenz der Standards noch verstärkt. Die Curricula und die Personen, die in der Aus- und Weiterbildung von Lehrkräften tätig seien, variierten in qualitativer Hinsicht stark.
Einzelne Punkte sind Gegenstand ausgesprochen leidenschaftlicher Kontroversen. Ein Beispiel ist die hitzige Diskussion zwischen Walsh und Darling–Hammond, inwieweit ein Zusammenhang besteht zwischen der Zertifizierung bzw. Lizenzierung von Lehrkräften und den Lernleistungen von Schülerinnen und Schülern.(3) [/S. 4:]
Der Begriff der Standards wird unterschiedlich verwendet. Oft wird er überhaupt nicht erläutert. Standards für die Bildung von Lehrkräften werden hier definiert als ein dokumentiertes System von Aussagen, das primär als Norm für die Bildung von Lehrkräften dient und gleichzeitig Voraussetzungen für ein abgrenzbares, zieladäquates, effektives und ethisch gerechtfertigtes Einflusshandeln der differenziellen Förderung von Lernern beschreibt, das durch Vorgaben für Programme bzw. Studiengänge und Institutionen ergänzt wird.
Standards sind, ähnlich wie Qualifikationen in der Curriculumtheorie von Robinsohn(4), gleichzeitig Normen und Voraussetzungen für das Handeln der Lehrkraft. Für Standards gilt der Primat des Situationsprinzips bzw. die strikte Geltung des Situationsprinzips.(5) Demgemäß sollen die zukünftigen und gegenwärtigen Situationen der Lehrkraft zum Ausgangspunkt der curricularen Entwicklungsarbeiten gemacht werden. Auf der Folie eines Leitbildes werden Situationen abgegrenzt, für deren erfolgreiche Bewältigung Kompetenzen bestimmt werden.
obige Definition nimmt ein zentrales Merkmal bei Oser (2002) auf: "Wenn Lehrpersonen in komplexen Situationen des Unterrichts ein abgrenzbares, zieladäquates, effektives und ethisch gerechtfertigtes Einflusshandeln zeigen, das Lernen von Schülern und Schülerinnen differenziell fördert, sprechen wir von professionellen Standards des Lehrberufs." Kompetenzen werden als Alternative zu Listen von Lehrstoffen verstanden.(6) Sie sind nicht gleichbedeutend mit Skills.(7)
Standards liegen mehrdimensionale Kompetenzmodelle zugrunde (vgl. Klieme u.a. 2003, S. 21f.). In einer Dimension werden verschiedene ‚Teilkompetenzen' bzw. Domänen unterschieden. Diese werden zum Teil mehrstufig ausdifferenziert. In einer dazu orthogonalen Dimension werden Niveaus unterschieden. Diese Niveaus bieten eine Vorstellung, zu welchem Grade die entsprechende Kompetenz gegeben ist. Die verschiedenen Niveaus sollen entsprechend des Expertenparadigmas auch die Entwicklung der Professionalität der Lehrkraft abbilden.
Standards für Lehrkräfte (Kompetenzen) werden ergänzt durch Standards für Programme bzw. Studiengänge(8) und Standards für Institutionen.(9) Alle drei Standards fußen in dieser Vorstellung auf einem Leitbild und sollen in einer abgestimmten Weise die Bildung von Lehrkräften normieren. Dies zielt – schlussendlich – primär auf verbesserte Lernergebnisse der Schülerinnen und Schüler, so dass die bereits erwähnte Kette erneut virulent wird. [/S. 5:]
Standards haben mehrere Funktionen. Primär dienen sie der Normierung der Bildung von Lehrkräften. Ähnlich wie Kerncurricula können Standards zweitens die Professionsentwicklung unterstützen. Sie transportieren beispielsweise eine Vorstellung der Tätigkeitsfelder von Lehrkräften und fördern die sprachliche Entwicklung der Profession.
Standards können drittens die Kooperation zwischen Institutionen bzw. die Verzahnung verschiedener Phasen unterstützen. Ebner (2003) zeigt, dass die Kooperation in der Bildung von Lehrkräften, trotz ständiger Appelle, defizitär ist. Er macht dafür mehrere Gründe aus. Vor allem die Geschäftsgrundlage der Kooperation bleibe unklar. "Als Kernproblem bezeichne ich den Umstand, dass es bislang keine hinreichend präzise und begründete Festlegung dessen gibt, welches Können von einer qualifizierten Lehrperson erwartet wird und welches Wissen dafür die Voraussetzung darstellt" (Ebner 2003, S. 123). Phasen– bzw. institutionsübergreifende Standards könnten eine solche Geschäftsgrundlage darstellen. Dies ist beispielsweise erklärtes Ziel der Standards der Pädagogischen Hochschule Zentralschweiz. Die Standards werden für die Phasen "Grundausbildung", "Berufseinführung" und "Weiterbildung" vorgegeben. Zu den zehn Standards werden "Teilkompetenzen" sowie "Niveaus" ausdifferenziert. Das höchste Niveau werde dabei in der Grundausbildung kaum erreicht, sondern verbleibe als Aufgabe der Berufseinführung bzw. der Weiterbildung der Lehrkräfte (vgl. PHZ 2004).
Standards können viertens als Instrument des Personalmanagements in Schulen dienen. Personalmanagement umfasst die folgenden Funktionen: Personalplanung, –controlling, –marketing sowie Organisation des Personalmanagements und strategisches Personalmanagement (Thom, Ritz 2000). Standards könnten Beliebigkeiten in der Beurteilung von Personal in Schulen relativieren und fragwürdige Beurteilungskriterien überwinden, wie z.B. das Anciennitätsprinzip. Standards weisen beispielsweise eine hohe Ähnlichkeit auf zu den Kriterien, die bei der Beurteilung von Lehrkräften für Volksschulen im Kanton Zürich eingesetzt werden. Diese Beurteilungen finden vierjährlich statt. Das Verfahren ist lohnwirksam, vergleichsweise komplex und gut evaluiert.(10)
Standards sind fünftens Kriterien zur Beurteilung der Leistungen in der Aus–, Fort–und Weiterbildung von Lehrkräften (Terhart 2002). Dabei ist allerdings zu vermerken, dass die Formulierung solcher Qualitätsstandards nur ein Ausschnitt eines umfassenden Qualitätsmanagements für (Hoch–) Schulen (Dubs 2003a) ist. Schließlich, sechstens, können Standards die (fach-) didaktische Forschung orientieren (Oser 1997), indem sie beispielsweise auf empirisch wenig erforschte Bereiche aufmerksam machen.
Standards werden mit unterschiedlicher Intensität dokumentiert. Für
die Rezeption ist es hinderlich, dass Standards oft nicht mehr sind als karg
erläuterte Listen. Eine umfassende Dokumentation hätte demgegenüber
eine Reihe von Fragen zu beantworten.(11) [/S.
6:]
Erweitere Dokumentation für Standards
Zielsetzung/Funktionen der Standards:
Entwicklung von Standards: (Vorgehensmodell)
Wie werden die Standards überprüft bzw. bewertet?
|
Tab.: Hintergrundinformationen zu Standards [/S. 7:]
Nach diesen begrifflichen Arbeiten sollen Beispiele für Standards skizziert werden. Für die USA lassen sich als prominente Beispiele vier Standards und für den deutschsprachigen Raum fünf Standards anführen. In den USA sind die Standards für Lehrkräfte, für Programme/Studiengänge und für Institutionen klar getrennt.
Standards für … | ||
Lehrkräfte | Programme / Studiengänge | Institutionen |
NBPTS (National Board for Professional Teaching Standards, 1987 ff.)
INTASC (Interstate New Teacher Assessment and Support Consortium, 1987 ff.) |
TEAC (Teacher Education Accreditation Council, 1997 ff.) |
NCATE (National Council for Accreditation of Teacher Education, 1954 ff.) |
Tab.: US-Standards für die Bildung von Lehrkräften
Das National Board for Professional Teaching Standards (NBPTS) wurde 1987 gegründet. Bei den NBPTS–Standards werden für Profis im Lehrberuf fünf "Core Propositions" unterschieden und dann ausdifferenziert.
1 | Teachers are committed to students and their learning. |
2 | Teachers know the subjects they teach and how to teach those subjects to students. |
3 | Teachers are responsible for managing and monitoring student learning. |
4 | Teachers think systematically about their practice and learn from experience. |
5 | Teachers are members of learning communities. |
Tab.: Die fünf "Core Propositions" der NBPTS-Standards
Das Interstate New Teacher Assessment and Support Consortium (INTASC) wurde 1987 von den Bildungsministerien einiger US–Bundesstaaten gegründet. Das INTASC hat Kernstandards (core standards) für Berufseinsteigende erstellt, die auf mehrere Disziplinen, wie z.B. Mathematik oder Sprachen, ‚übersetzt' werden.
Die TEAC- und die NCATE–Standards dienen der Akkreditierung von Programmen und Institutionen. Sowohl der National Council for Accreditation of Teacher Education (NCATE) als auch der Teacher Education Accreditation Council (TEAC) sind vom U. S. Department of Education und vom Council for Higher Education Accreditation als Akkreditierungsagenturen für Institutionen der Bildung von Lehrkräften anerkannt. Der NCATE wurde bereits 1954 gegründet und ist breit durch Verbände abgestützt. Etwa die Hälfte der rund 1300 Institutionen, die in den USA Lehrkräfte bilden, sind nach NCATE akkreditiert. Zu den nicht–akkreditierten Institutionen gehören auch hoch angesehene Institutionen (Bullough, Clark, Patterson 2003). Der TEAC ist 1997 gegründet worden und hat weniger als zehn Akkreditierungen durchgeführt. NCATE und TEAC haben einen unterschiedlichen Akkreditierungsprozess, der von der AACTE (2003) gegenübergestellt wird. Die NCATE akkreditiert "Units", dies sind schools, colleges, departements und so weiter. Der TEAC akkrediert demgegenüber Programme. Ein Programm ist gemäss Webseite: "A planned sequence of academic courses and experiences leading to a degree, and/or a state license (or a certificate), or some other credential, that entitles the holder to perform professional education services in schools." [/S. 8:]
Für die deutschsprachige Diskussion soll auf fünf Standards hingewiesen werden.
Standards für … | |||
Autor | Lehrkräfte | Programme / Studiengänge | Institutionen |
Oser (1997); Eigenprojekt | Standards in der Lehrerbildung (88 Standards in 12 Gruppen) | ||
Oelkers & Oser (2001); SNF-Projekt | Standards in der Lehrerbildung (88 Standards in 12 Gruppen) | ||
Terhart (2002), KMK–Expertise | Standards für die ausgebildeten Lehrer: Absolventenstandards (35 Standards in 4 Gruppen für erste Phase) | • Standards für Ausbildungsinstitutionen • Standards für das Steuerungssystem der Lehrerbildung |
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AG, Vorsitz Oelkers (2004), Auftrag MWWFK | Curriculare Standards Bildungswissenschaften | Standards für die Systementwicklung | |
Projekt "Professionals Minds", KTI-Projekt | Handlungssituationen für die Berufsausbildenden (Z.Zt. 45 Standards, ungruppiert) |
Tab.: Prominente deutschsprachige Standards für die Bildung von Lehrkräften
Oser (1997) hat bereits früh und lange Zeit kaum wahrgenommen, 88 Standards in 12 Gruppen vorgelegt. Er verbindet dies mit einer klaren Analyse des Begriffes und der Leistungsfähigkeit von Standards. Seine Standards werden fast unverändert von Oelkers und Oser (2001) für die Evaluation der Lehrerbildung im Projekt "Die Wirksamkeit der Lehrerbildungssysteme in der Schweiz" (NFP33; No. 38704) des Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (SNF) übernommen. Terhart (2002) erweitert in seiner Expertise für die Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (KMK) die Sichtweise auf das gesamte System der Bildung von Lehrkräfte erheblich. Er schlägt ausdifferenzierte Standards für Lehrkräfte in den verschiedenen Phasen der Bildung von Lehrkräften vor und ergänzt Standards für Ausbildungsinstitutionen sowie für das Steuerungssystem der Lehrerbildung.
Die Arbeitsgruppe "Curriculare Standards Bildungswissenschaften" beim Ministerium für Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur Rheinland–Pfalz (MWWFK), bei der Oelkers Vorsitz führte, legt auf der Grundlage eines Leitbildes neben den curricularen Standards auch Standards für die Systementwicklung vor (AG CSB 2004). Das Charakteristische an diesem Ansatz ist die Ausdifferenzierung der Standards für Bachelor und Master.
Im Projekt "Professional Minds: Handlungssituationen und Standards für die Berufsausbildenden" werden zur Zeit berufsbildungsspezifische Standards erarbeitet. Das Projekt ist angesiedelt im Leading House "Qualität der beruflichen Bildung" der Universität Freiburg (Schweiz), das von Fritz Oser geleitet wird. In diesem Projekt findet eine enge Zusammenarbeit mit dem Schweizerischen Institut für Berufspädagogik (SIBP) statt. "Über eine Professionalisierung des Handelns von Berufsausbildenden möchten wir einen Beitrag zur Weiterentwicklung des Berufsschulunterrichts und der Ausbildung in den Betrieben leisten" (Infobrief an die Schulen). Das Projekt sieht vier Phasen vor: Erarbeitung der Standards, Verfilmung der Standards, Entwicklung eines Diagnose-Instruments, "Verbesserung einzelner Standards ‚im Feld'". Zur Zeit wird die Befragung von Experten der Berufsbildungstheorie und –praxis ausgewertet. [/S. 9:]
Standards für die Bildung von Lehrkräften werden fundamental kritisiert. Offene Fragen betreffen weiterhin a) die Ziele der Standards, b) das Vorgehen bei der Entwicklung, c) das Setzen von Relevanz(kriterien), d) das Assessment der Standards, e) ein Empiriedefizit, f) die Implementation, g) professionsübergreifende Kompetenzen, h) den Spannungsboden zwischen Professionalität und Polyvalenz sowie i) das Verhältnis der Standards zu den Kerncurricula.
a) Fundamentale Kritik: Herzog (2004, S. 26 f.) kritisiert eine "zugespitzte Normierung" (S. 26). Die akademische Freiheit gilt als bedroht. Standards wenden sich allerdings in den Augen der Befürworter gegen eine Beliebigkeit in der Bildung von Lehrkräften. Oelkers (2004, S. 2) begründet die Notwendigkeit von Standards mit einem Blick auf vorliegende Evaluationen der Bildung von Lehrkräften: "Sie haben in einem zentralen Punkt fast vollständige Übereinstimmung, die Ausbildung ist bei hoher formaler Reglementierung inhaltlich beliebig" (S. 2). "Unter dem Mantel der ‚Freiheit von Forschung und Lehre' kann alles angeboten werden, was den Dozenten in der Lehrerbildung, aus welchen Gründen auch immer, teuer ist" (Oelkers 2004, S. 4). Terhart (2002, S. 14 f.) weist darauf hin, dass auch jetzt eine Standardisierung stattfinde, und zwar eine implizite. "Eine offensive Erörterung und Erprobung von Standards mache diese ‚implizite Standardisierung' transparent, diskutierbar, überprüfbar" (Terhart 2002, S. 15).
Kritiker wenden sich gegen Bestrebungen, in denen Standards hilfreich wären. Die Standardisierung sei, so Herzog (2004, S. 26), die "Kehrseite der Liberalisierung im Bildungswesen" (S. 26), das "Komplement zur Umstellung von der Systemkontrolle von Input– und Outputsteuerung" (S. 26). Insofern werden der zugrunde liegende Nährboden (siehe erster Abschnitt) bzw. die Funktionen von Standards (siehe zweiter Abschnitt) kritisiert. In gleicher Weise könnte, besonders mit Blick auf die Standards im Projekt "Curriculare Standards Bildungswissenschaften", ein kritisches Auge auf den Bologna–Prozess geworfen werden.
b) Zielfrage: Nicht immer finden sich explizite Angaben zu den Zielen, die mit der Vorlage von Standards verfolgt werden. Insbesondere auch Aussagen zu den sekundären Zielen fehlen. Außerdem erscheinen die Ziele nicht widerspruchsfrei, die Zielfrage insgesamt nicht gelöst.
c) Vorgehen bei der Entwicklung: Oelkers (2004, S. 9) verdichtet seine Erfahrungen mit zwei Vorgehensweisen bei der Entwicklung von Standards, nämlich Aushandlungen und Vorgaben. Oser (2002) führt folgende Verfahren an: Expertenbefragung/Delphi, Forschung/Einzelstudien, Metaanalysen. Insgesamt liegt bisher noch kaum empirisches Wissen zur Entwicklung von Standards vor.
d) Setzen von Relevanz(kriterien): Die Setzung von Standards erfolgt auf der Basis von Relevanzkriterien. Über diese gibt es bisher keinen Konsens. Unklar ist auch, inwieweit Standards gewichtet werden können bzw. sollten und welcher Grad an Vollständigkeit (im Gegenzug zu Exemplarizität) gewährleistet sein sollte (Oser 1997).
e) Assessment der Standards: Oser (1997) weist darauf hin, dass "ein objektives Feststellen des Ausmaßes des Beherrschens der Standards erheblichen Aufwand in sich birgt. Für eine einzige junge aus der Lehrerbildungsinstitution austretende Lehrperson müssten viele Situationen filmisch festgehalten und dieses Material einzeln ausgewertet werden" (1997, S. 211). Terhart (2002, S. 37) ordnet die Möglichkeiten einer an Standards orientierten Evaluation auf vier Stufen nach Anspruch und Aussagekraft an: Selbsteinschätzung, Testverfahren, Beobachtung und Beurteilung, Lernleistung/Erfahrung der Schüler. Er plädiert dafür: "Evaluation von Ausbildung muss mehr sein als eine nachgängige Befragung von Absolventen zu Erfahrungen und Wert der Ausbildung" (S. 36). Insgesamt liegen jedoch praktikable, auch in Massenuniversitäten einsetzbare Verfahren nicht vor, die auch testtheoretischen Ansprüchen genügen würden.
f) Doppeltes Empiriedefizit: Standards haben mit einem doppelten Empiriedefizit zu kämpfen. Die Herleitung von Standards kann – mangels empirischen Wissens – in Gänze nicht auf empirischer Basis erfolgen. Außerdem liegt zum Impact von Standards bisher kaum empirisches Wissen vor (vgl. Herzog 2004; Oser 2002).
g) Implementation von Standards: Kataloge mit Standards sagen in der Regel nichts aus über die Implementation dieser Standards. Hier sind jedoch eine Reihe von Fragen zu stellen, beispielsweise jene nach der Qualifizierung von Ausbildenden in Hochschulen ebenso wie Fragen der Sequenzierung des Studiums.
i) Professionsübergreifende Kompetenzen: Standards sind im Verständnis
von Oser (1997) professionsspezifisch, während
auch professionsübergreifende Kompetenzen relevant seien. "Standards
sind keine Schlüsselqualifikationen, und Wissen, das nicht in Handeln umgesetzt
wird, kann genauso wichtiges Wissen sein, wie jenes, das sich direkt auf Standards
bezieht. Es muss nur nach Relevanzkriterien für Wissenschaft und Beruf
ausgewählt [/S. 10:] und vorgestellt werden. Schlüsselqualifikationen
… beziehen sich auf verschiedene Professionen übergreifende Fähigkeiten,
wie Abstraktionsfähigkeit, Reflexionsfähigkeit, Kritikfähigkeit
u.ä." (Oser 1997, S. 36). Damit stellt sich
die Frage, in welcher Form derart professionsübergreifende Kompetenzen
in die Normierung der Bildung von Lehrkräften eingebracht werden.
j) Spannungsbogen von Professionalität und Polyvalenz: Bisherige Standards
sind auf die Situation von Lehrkräften in öffentlichen Schulen ausgerichtet.
Dem eigenen Selbstverständnis nach bildet die Berufs– und Wirtschaftspädagogik
nicht ‚nur' Lehrkräfte aus, sondern bereitet auf eine Berufstätigkeit
in einer Reihe von Berufsfeldern vor (BWP 2003). Diese
Grundidee wurde auch für die Bildung von Lehrkräften für allgemein
bildende Schulen übernommen, z.B. bei der Terhart–Kommission
(2000). Tramm (2003) bringt zum Professionalisierungsprinzip das "komplementäre
– oder muss ich sagen konkurrierende – Prinzip der Polyvalenz"
(S. 47) ins Spiel. Er führt aus, dass es notwendig sei, einen "Kernbereich
berufs– und wirtschaftspädagogischen Handelns" (S. 48) zu umreißen,
"auf den die Profession aus durchaus unterschiedlicher Perspektive bezogen
wäre" (S. 48). Auf einzelne Handlungsfelder könnte dann "in
exemplarischer Weise" (S. 48) Bezug genommen werden. Insgesamt herrscht
auch hier jedoch noch kein Konsens.
k) Verhältnis von Standards zum Kerncurriculum: Unklar bleibt das Verhältnis von Kerncurricula und Standards. Dies führt zur Frage der weiteren Auseinandersetzung mit den Standards, die den Abschluss dieses Beitrages bildet.
2003 war ein Meilenstein für die Professionsentwicklung der Berufs– und Wirtschaftspädagogik. Die Sektion Berufs– und Wirtschaftspädagogik der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft verabschiedete unter Beteiligung der bedeutendsten Berufsverbände das Basiscurriculum für das universitäre Studienfach Berufs– und Wirtschaftspädagogik (BWP 2003). Auch das Institut für Berufs– und Wirtschaftspädagogik (IBW) der Universität Hamburg hat ein bemerkenswertes Kerncurriculum Berufs– und Wirtschaftspädagogik aufgebaut. Die Deutsche Gesellschaft für Erziehungswissenschaft (DGfE) hat Vorschläge für ein Kerncurriculum erarbeitet.
Unklar bleibt, wie erwähnt, das Verhältnis dieser Curricula zu den Standards. Im rheinlandpfälzischen Ansatz der Arbeitsgruppe "Curriculare Standards Bildungswissenschaften" scheinen die Standards Ausgangspunkt für die Entwicklung von Kerncurricula an den Hochschulen zu sein, was nicht so recht zur Vorstellung des Kerncurriculums der DGfE zu passen scheint. Sloane (2003) schlägt demgegenüber zwei Alternativen vor: "Eine Möglichkeit wäre eine kompetenzbasierte Reformulierung des Curriculums. Eine andere Möglichkeit … wäre es, das Kerncurriculum als fachwissenschaftliche Struktur der Berufs– und Wirtschaftspädagogik zu verstehen, um dann in … Matrixform eine systematische Verbindung zwischen diesen fachwissenschaftlichen Vorgaben (Wissenschaftsstandards des Faches) und den Kompetenzen (Standards der Lehrertätigkeit) herzustellen" (S. 491).
Man mag dazu geneigt sein, die weitere Entwicklung abzuwarten. Das Handeln nach dem Motto "Abwarten und Tee trinken" kann, nach den Erfahrungen des ostfriesischen Wunderdoktors Heinrich Ast, Wunder bewirken. Hier jedoch nicht. Erstens ist zu erwarten, dass diese Frage der Standards auf die Profession zukommt, ob sie will oder nicht, spätestens, wenn es bei der Akkreditierung notwendig wird, Kompetenzen zu Modulen auszuweisen. Zweitens besteht die Gefahr, dass im Zuge des Bologna–Prozesses die einzelnen Standorte das Basiscurriculum in unkoordinierter Weise ‚kleinarbeiten'. Damit würde eine ursprüngliche Zielsetzung des Basiscurriculums konterkariert. Drittens muss die Disziplin die Spezifika ihres Bereiches einbringen, will sie nicht Gefahr laufen, nachher sich am allzu Generellen orientieren zu müssen. Viertens wird der Diskurs um die Bildung von Lehrkräften zur Zeit im thematischen Medium der Standards organisiert.
Vor diesem Hintergrund ist aus meiner Sicht ein proaktives Vorgehen empfehlenswert: Im Sinne der Erstellung eines Basiscurriculums der zweiten Auflage sollte die Berufs– und Wirtschaftspädagogik einen Diskurs beginnen. Die Frage einer Integration der Standards (Kompetenzen) in das Basiscurriculum ist zu stellen. Dabei sollte auch überlegt werden, inwieweit eine erweiterte Dokumentation des Curriculums, wie oben beschrieben, vorgenommen werden sollte. Die Frage wäre zu stellen, ob die Disziplin auch methodische Standards setzen will. Zum Beispiel könnten Aussagen zur Sequenzierung des Studiums und zu den methodischen Großformen getroffen werden, z.B. zur Analyse videographierten Unterrichts oder Unterrichtsproben. Schon erste Blicke auf die vorliegenden Standards zeigen, dass diese nicht einfach für die Berufs– und Wirtschaftspädagogik übernommen werden können. Ebenso stehen die im letzten Abschnitt skizzierte Kritik und offene Fragen zur Bearbeitung an. [/S. 11:]
Gleichzeitig sollte der Bologna–Prozess – konkret beispielsweise Studiengangsmodelle oder Module – in einer zweiten Auflage berücksichtigt werden. Dabei sind die Entwicklungen in den Erziehungswissenschaften nicht aus den Augen zu verlieren. Für Wirtschaftspädagogik ist es dringend, zur Vermeidung der Fachwissenschaft für Lehrkräfte die curriculare Verbindung zu den Wirtschaftswissenschaften (wieder) herzustellen. Dazu wären die Studiengangmodelle der Wirtschaftswissenschaften zu berücksichtigen. Ähnlich wie in der letzten deutschen Rahmenordnung für die Diplomprüfung im Studiengang Wirtschaftspädagogik sind Überlappungen zu definieren. Außerdem wäre zu prüfen, inwieweit die Berufs– und Wirtschaftspädagogik, vor allem im Bereich der überfachlichen Kompetenzen, zuliefern kann. Dieser Bereich erhält im Zuge des Bologna-Prozesses eine stärkere curriculare Bedeutung.
Gegen meinen Vorschlag spricht vor allem der Aufwand. Gleichzeitig ist dies eine Chance, die Forschung zur Bildung von Lehrkräften für den berufsbildenden Bereich – und damit die Berufsbildungsforschung – zu stärken. [/S. 12:]
(1) In der historischen Darlegung der Bildung von Lehrkräften bei Oelkers (2001) wird klar, dass Klagen über die Arbeit von Lehrkräften, aber auch ihre Aus– und Weiterbildung nichts Neues sind, fast zyklisch wiederkehren und eng mit der Professionsentwicklung verknüpft sind.
(2) Wilson, Floden und Ferrini– Mundy legen ihrem Forschungsbericht "Teacher Preparation Research: Current Knowledge, Gaps, and Recommendations" (2001) für das U.S. Department of Education über 300 Studien zugrunde, von denen 57 Studien ausgewiesen inhaltlichen und forschungsmethodischen Kriterien genügen. Darling– Hammond (2000) schildert die Ergebnisse der empirischen Forschung zum Einfluss von "General Academic Ability and Intelligence", "Subject Matter Knowledge", "Knowledge of Teaching and Learning", "Teaching Experience", "Certification Status", "Teacher Behavior and Practices" auf die Lernleistungen von Schülerinnen und Schüler. Whitehurst (2003) liefert einen zusammenfassenden Bericht zu empirischem Wissen in diesem Bereich.
(3) Vgl. Whitehurst 2003; Walsh 2001; Walsh, Podgursky 2001; Darling–Hammond 2000; Darling–Hammond 2002; Darling-Hammond,Youngs 2002; Wilson, Floden, Ferrini– Mundy 2001, S. 12 ff.
(4) Reetz (1984, S. 13 f.) macht darauf aufmerksam, dass in der Robinsohn'schen Curriculumtheorie der Qualifikationsbegriff eine "doppelte Funktion" (S. 13) erfülle, und zwar als "normative Orientierungsgröße" (S. 13) für Lernprozesse bzw. als "Norm für Lernprozesse" (S. 14) einerseits und als "Voraussetzung für die Situationsbewältigung" (S. 14) andererseits. Auf eine doppelte Funktion von Standards weist explizit Oser (1997) hin.
(5) In der Curriculumtheorie von Reetz (1984) werden neben dem Situationsprinzip das Wissenschaftsprinzip und das Persönlichkeitsprinzip unterschieden.
(6) "Mit dem Begriff ‚Kompetenzen' ist ausgedrückt, dass die Bildungsstandards – anders als Lehrpläne und Rahmenrichtlinien – nicht auf Listen von Lehrstoffen und Lerninhalten zurückgreifen, um Bildungsziele zu konkretisieren" (Klieme u.a. 2003, S. 21).
(7) Vgl. dazu die Diskussion bei Oser (1997). Im Kern wird darauf abgehoben, dass professionelles Wissen sich nicht in Skills erschöpft. Vgl. auch Bromme (1997).
(8) "Studiengänge" meint hier die im deutschsprachigen Raum übliche Organisation von Studium. Ein oder mehrere Ordinarien verantworten die Ausgestaltung und Durchführung des Studiums in der Trägerschaft einer Institution. "Programme" meint hier ein davon abweichendes Modell, das häufig im MA/BA– Bereich zu finden ist. Die Programmverantwortung liegt bei einem Komitee, die Durchführung wird von einer administrativen Leitung organisiert, Dozierende werden für einzelne Module verpflichtet und die Trägerschaft liegt nicht selten bei mehreren Institutionen.
(9) Terhart (2002) entwickelt sowohl Standards für Personen und Institutionen als auch für die Bildung von Lehrkräften insgesamt. "Dieses Mehrebenenmodell der Entwicklung von Standards ist unter systematischen Gesichtspunkten notwendig, da eine Überprüfung von Standards lediglich an den ‚Endprodukten' zu kurz greift und zu spät kommt" (S. 28). Ähnlich argumentiert Roth (1996).
(10) Eine Übersicht über kantonale Vorgehensmodelle zur Beurteilung von Lehrpersonen an Schweizer Volksschulen liefert Legler (2004).
(11) Roth (1996) schlägt einen Rahmen, ein Template für die Beschreibung von Standards vor. Dies wird hier erweitert.
(1) In der historischen Darlegung der Bildung von Lehrkräften bei Oelkers (2001) wird klar, dass Klagen über die Arbeit von Lehrkräften, aber auch ihre Aus– und Weiterbildung nichts Neues sind, fast zyklisch wiederkehren und eng mit der Professionsentwicklung verknüpft sind.
(2) Wilson, Floden und Ferrini– Mundy legen ihrem Forschungsbericht "Teacher Preparation Research: Current Knowledge, Gaps, and Recommendations" (2001) für das U.S. Department of Education über 300 Studien zugrunde, von denen 57 Studien ausgewiesen inhaltlichen und forschungsmethodischen Kriterien genügen. Darling– Hammond (2000) schildert die Ergebnisse der empirischen Forschung zum Einfluss von "General Academic Ability and Intelligence", "Subject Matter Knowledge", "Knowledge of Teaching and Learning", "Teaching Experience", "Certification Status", "Teacher Behavior and Practices" auf die Lernleistungen von Schülerinnen und Schüler. Whitehurst (2003) liefert einen zusammenfassenden Bericht zu empirischem Wissen in diesem Bereich.
(3) Vgl. Whitehurst 2003; Walsh 2001; Walsh, Podgursky 2001; Darling–Hammond 2000; Darling–Hammond 2002; Darling-Hammond,Youngs 2002; Wilson, Floden, Ferrini– Mundy 2001, S. 12 ff.
(4) Reetz (1984, S. 13 f.) macht darauf aufmerksam, dass in der Robinsohn'schen Curriculumtheorie der Qualifikationsbegriff eine "doppelte Funktion" (S. 13) erfülle, und zwar als "normative Orientierungsgröße" (S. 13) für Lernprozesse bzw. als "Norm für Lernprozesse" (S. 14) einerseits und als "Voraussetzung für die Situationsbewältigung" (S. 14) andererseits. Auf eine doppelte Funktion von Standards weist explizit Oser (1997) hin.
(5) In der Curriculumtheorie von Reetz (1984) werden neben dem Situationsprinzip das Wissenschaftsprinzip und das Persönlichkeitsprinzip unterschieden.
(6) "Mit dem Begriff ‚Kompetenzen' ist ausgedrückt, dass die Bildungsstandards – anders als Lehrpläne und Rahmenrichtlinien – nicht auf Listen von Lehrstoffen und Lerninhalten zurückgreifen, um Bildungsziele zu konkretisieren" (Klieme u.a. 2003, S. 21).
(7) Vgl. dazu die Diskussion bei Oser (1997). Im Kern wird darauf abgehoben, dass professionelles Wissen sich nicht in Skills erschöpft. Vgl. auch Bromme (1997).
(8) "Studiengänge" meint hier die im deutschsprachigen Raum übliche Organisation von Studium. Ein oder mehrere Ordinarien verantworten die Ausgestaltung und Durchführung des Studiums in der Trägerschaft einer Institution. "Programme" meint hier ein davon abweichendes Modell, das häufig im MA/BA– Bereich zu finden ist. Die Programmverantwortung liegt bei einem Komitee, die Durchführung wird von einer administrativen Leitung organisiert, Dozierende werden für einzelne Module verpflichtet und die Trägerschaft liegt nicht selten bei mehreren Institutionen.
(9) Terhart (2002) entwickelt sowohl Standards für Personen und Institutionen als auch für die Bildung von Lehrkräften insgesamt. "Dieses Mehrebenenmodell der Entwicklung von Standards ist unter systematischen Gesichtspunkten notwendig, da eine Überprüfung von Standards lediglich an den ‚Endprodukten' zu kurz greift und zu spät kommt" (S. 28). Ähnlich argumentiert Roth (1996).
(10) Eine Übersicht über kantonale Vorgehensmodelle zur Beurteilung von Lehrpersonen an Schweizer Volksschulen liefert Legler (2004).
(11) Roth (1996) schlägt einen Rahmen, ein Template für die Beschreibung von Standards vor. Dies wird hier erweitert.
AACTE – American Association
of Colleges for Teacher Education (2003): Comparison of NCATE and TEAC Processes
for Accreditation of Teacher Education. Washington.
(Der a name-tag (das Sprungziel) darf keine Sonderzeichen, Leerzeichen und Umlaute
enthalten und nicht mit einer Ziffer beginnen!!!)
AG CSB - Arbeitsgruppe Curriculare Standards Bildungswissenschaften, Vorsitz Oelkers, J. (2004): Curriculare Standards des Faches Bildungswissenschaften und Standards der Systementwicklung. Abschlussbericht. Mainz (Ministerium für Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur Rheinland–Pfalz).
Blömeke, S. (2004): IEA Teacher Education Study (TEDS). Berlin (Unveröffentlichtes Papier, Humboldt Universität Berlin, Abteilung Systematische Didaktik und Unterrichtsforschung).
Bromme, R. (1997): Kompetenzen, Funktionen und unterrichtliches Handeln des Lehrers. In: Weinert, F.E. (Hrsg.): Psychologie des Unterrichts und der Schule. Göttingen u.a., S. 177-212.
Bullough, R.V.; Clark, C.D.; Patterson, R.S. (2003): Getting in Step: accountability, accreditation and the standardization of teacher education in the United States. In: Journal of Education for Teaching, 29. Jg., H. 1, S. 35-51.
BWP – Sektion Berufs– und Wirtschaftspädagogik der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft (2003): Basiscurriculum für das universitäre Studienfach Berufs– und Wirtschaftspädagogik. Jena.
Darling–Hammond, L. (2000): Teacher Quality and Student Achievement: A Review of State Policy Evidence. In: Education Policy Analysis Archives, 8. Jg., H. 1, ohne Seiten.
Darling–Hammond, L. (2001): Standard Setting in Teaching: Changes in Licensing, Certification, and Assessment. In: Richardson, V. (Hrsg.): Handbook on research on teaching. Washington, D.C., S. 751-776.
Darling–Hammond, L. (2002): Research and Rhetoric on Teacher Certification: A Response to "Teacher Certification Reconsidered". In: Education Policy Analysis Archives, 10. Jg., H. 6, ohne Seiten.
Darling–Hammond, L.; Youngs, P. (2002): Defining "Highly Qualified Teachers": What Does "Scientifically–Based Research" Actually Tell Us? In: Educational Researcher, 31. Jg., S. 13-25.
Dubs, R. (2001): New Public Management im Schulwesen. Eine kritische Erfahrungsanalyse. In: Thom, N.; Zaugg, R.J. (Hrsg.): Excellence durch Personal– und Organisationskompetenz. Bern, S. 419-440.
Dubs, R. (2003): Berufs– und wirtschaftspädagogische Position: Lehrerbildung für berufliche Schulen zwischen Theorie und Praxis. In: BLBS/VLW/BWP (Hrsg.): Lehrerbildung für berufliche Schulen zwischen Qualität und Quantität. Dokumentation Lehrerbildungskongress 2002. Wolfenbüttel S. 19-32.
Ebner, H.G. (2003): Kooperation in der Lehrerbildung. Stand, Ansätze, Desiderate und Herausforderungen im Hinblick auf das Zusammenwirken der drei Phasen der Lehrerbildung. In: Euler, D. (Hrsg.): Handbuch Lernortkooperation. Band 1: Theoretische Fundierung. Bielefeld, S. 119-132.
Herzog, W. (2004): Müssen wir Standards wollen? Einige Vorbehalte gegenüber Standards in der Lehrerinnen– und Lehrerbildung. Bern (Unveröffentlichtes Manuskript).
INTASC – Interstate New Teacher Assessment and Support Consortium (1992): Model Standards for Beginning Teacher Licensing, Assessment and Development: A Resource for State Dialogue. Developed by Interstate New Teacher Assessment and Support Consortium. Washington.
Kell, A. (2003): Berufsschullehrerbildung als Gestaltungsaufgabe der Berufsbildungspolitik. Aus: Bredow, A.; Dobischat, R.; Rottmann, J. (Hrsg.): Berufs– und Wirtschaftspädagogik von A–Z. Grundlagen, Kernfragen und Perspektiven. Baltmannsweiler, S. 315-333.
Keller, H.–J. (2002): Standards in der Lehrerbildung. Blick in die USA und Ausblick auf deutschsprachige Lehrpersonenausbildung. In: Journal für Lehrerinnen- und Lehrerbildung, 2. Jg., H. 1, S. 20-28.
Klieme, E. u.a. (2003): Zur Entwicklung nationaler Bildungsstandards. Expertise, Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Bonn.
KMK – Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (2001): Rahmenvorgaben für die Einführung von Leistungspunktsystemen und die Modularisierung von Studiengängen. Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 15.09.2000. Bonn.
KMK – Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (2003): Ländergemeinsame Strukturvorgaben gemäß § 9 Abs. 2 HRG für die Akkreditierung von Bachelor- und Masterstudiengängen. Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 10.10.2003. Bonn.
Legler, A. (2004): Kantonale Vorgehensmodelle zur Beurteilung von Lehrpersonen an Schweizer Volksschulen. In: Wehner, T.; Sigrist, M. (Hrsg.): Arbeitsplatz Schule. Zürich (im Druck).
NBPTS – National Board for Professional Teaching Standards (2002): What Teachers Should Know and Be Able to Do. Arlington.
NCATE – National Council for Accreditation of Teacher Education (2002): Professional Standards Accreditation of Schools, Colleges, and Departments of Education. Washington.
NCEE – The National Commission on Excellence in Education (1983): A Nation at Risk. Washington.
Oelkers, J. (2001): Die historische Konstruktion "Lehrerbildung". In: Oser, F.; Oelkers, J. (Hrsg.): Die Wirksamkeit der Lehrerbildungssysteme. Von der Allrounderausbildung zur Ausbildung professioneller Standards. Chur/Zürich, S. 37-65.
Oelkers, J. (2004): Anforderungen an eine zeitgemässe Lehrerbildung. Vortrag in der Pädagogischen Hochschule Heidelberg. Zürich (Unveröffentlichtes Manuskript).
Oser, F. (1997): Standards in der Lehrerbildung. Teil 1 und Teil 2. In: Beiträge zur Lehrerbildung, 15. Jg., H. 1, S. 26-37, 210-228.
Oser, F. (2001): Standards: Kompetenzen von Lehrpersonen. In: Oser, F.; Oelkers, J. (Hrsg.): Die Wirksamkeit der Lehrerbildungssysteme. Von der Allrounderausbildung zur Ausbildung professioneller Standards. Chur/Zürich, S. 215-342.
Oser, F. (2002): Standards in der Lehrerbildung. Entwurf einer Theorie kompetenzbezogener Professionalisierung. In: Journal für Lehrerinnen– und Lehrerbildung, 2. Jg., H. 1, S. 8-19.
Oser, F.; Oelkers, J. (Hrsg.) (2001): Die Wirksamkeit der Lehrerbildungssysteme. Von der Allrounderausbildung zur Ausbildung professioneller Standards. Chur/Zürich.
PHZ (Pädagogische Hochschule Zentralschweiz) Schwyz (2004): Professionsstandards und ihre Niveaudifferenzierung. Unveröffentlichtes Manuskirpt der Arbeitsgruppe Ueli Jurt et al. Rickenbach.
Reetz, L. (1984): Wirtschaftsdidaktik. Eine Einführung in Theorie und Praxis wirtschaftsberuflicher Curriculumentwicklung. Bad Heilbrunn/Obb..
Roth, R. A. (1996): Standards for Certification, Licensure, and Accreditation. Aus: Sikula, J.; Buttery, T.J.; Guyton, E. (Hrsg.): Handbook of research on teacher education. A project of the Association of Teacher Educators. New York, S. 242-278.
Sloane, P. F.E. (2003): Bakkalaureaten und Magister für die (berufsbildenden) Schulen. Quo vadis Berufs- und Wirtschaftspädagogik? In: Zeitschrift für Berufs- und Wirtschaftspädagogik, 99. Jg., H. 4, S. 481-493.
TEAC - Teacher Education Accreditation Council (2004): TEAC Accreditation Process. Ohne Ort (http://teac.org/accreditation/index.asp [2]).
Terhart, E. (Herausgeber im Auftrag der Kommission) (2000): Perspektiven der Lehrerbildung in Deutschland. Abschlussbericht der von der Kultusministerkonferenz eingesetzten Kommission. Weinheim, Basel.
Terhart, E. (2002): Standards für die Lehrerbildung. Eine Expertise für die Kultusministerkonferenz, ZKL–Texte 24. Münster.
Thom, N.; Ritz, A.; Steiner, R. (Hrsg.) (2002): Effektive Schulführung. Chancen und Risiken des Public Managements im Bildungswesen. Bern, Stuttgart, Wien.
Walsh, K. (2001): Teacher Certification Reconsidered: Stumbling for Quality. Baltimore.
Walsh, K.; Podgursky, M. (2001): Teacher Certification Reconsidered: Stumbling for Quality. A Rejoinder. Baltimore.
Whitehurt, G.J. (2003): Scientifically Based Research on Teacher Quality: Research on Teacher Preparation and Professional Development. In: U.S. Department of Education (Hrsg.): Meeting the Highly Qualified Teachers Challenge. The Secretary's Second Annual Report on Teacher Quality. Washington, S. 40-53.
Wilson, S.M.;Floden, R.E.; Ferrini–Mundy, J. (2001): Teacher Preparation Research: Current Knowledge, Gaps, and Recommendations. A Research Report prepared for the U.S. Department of Education by the Center for the Study of Teaching and Policy in collaboration with Michigan State University. Washington.
Im Anhang werden die im Text erwähnten Standards kurz beschrieben. Dabei kann jeweils nur die erste bzw. zwei Präzisierungsebene dargelegt werden. Es sei ausdrücklich erwähnt, dass einzelne Standards in den Quellen ausführlicher dargelegt werden.
Die Standards von Oelkers und Oser (2001) sind nahezu identisch mit den Standards von Oser (1997). Es werden nur die letztgenannten ausgeführt. Da sich die Standards des KTI-Leading House "Qualität beruflicher Bildung" noch mitten in der Entwicklung befinden, werden auch diese hier nicht wiedergegeben. [/S. 15:]
NBPTS-Standards (Fassung 2002)
1. Teachers are committed to students and their learning. |
|
2. Teachers know the subjects they teach and how to teach those subjects to students. |
|
3. Teachers are responsible for managing and monitoring student learning. |
|
4. Teachers think systematically about their practice and learn from experience. |
|
5. Teachers are members of learning communities. |
|
Tab.: NBPTS-Standards (Quelle: NBPTS 2002) [/S. 16:]
INTASC–Standards
1. Subject Matter Knowledge |
The teacher understands the central concepts, tools of inquiry, and structures of the discipline(s) he/she teaches and can create learning experiences that make these aspects of subject matter meaningful for students. |
2. Child Development |
The teacher understands how children learn and develop, and can provide learning opportunities that support their intellectual, social, and personal development. |
3. Diversity of Learners |
The teacher understands how students differ in their approaches to learning and creates instructional opportunities that are adapted to diverse learners. |
4. Instructional Strategies |
The teacher understands and uses a variety of instructional strategies to encourage students' development of critical thinking, problem solving, and performance skills. |
5. Learning Environment |
The teacher uses an understanding of individual and group motivation and behavior to create a learning environment that encourages positive social interaction, active engagement in learning, and self-motivation. |
6. Communication |
The teacher uses knowledge of effective verbal, nonverbal, and media communication techniques to foster active inquiry, collaboration, and supportive interaction in the classroom. |
7. Planning/Integrated Instruction |
The teacher plans instruction based upon knowledge of subject matter, students, the community, and curriculum goals. |
8. Assessment |
The teacher understands and uses formal and informal assessment strategies to evaluate and ensure the continuous intellectual, social and physical development of the learner. |
9. Self–Reflection/Professional Development |
The teacher is a reflective practitioner who continually evaluates the effects of his/her choices and actions on others (students, parents, and other professionals in the learning community) and who actively seeks out opportunities to grow professionally. |
10. Community Involvement |
The teacher fosters relationships with school colleagues, parents, and agencies in the larger community to support students' learning and well–being. |
Tab.: INTASC-Standards (Quelle: INTASC 1992) [/S. 17:]
TEAC-Standards
Quality Principles:
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Standards of Capacity for Program Quality:
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Tab.: TEAC-Standards (Quelle: TEAC 2004) [/S. 18:]
NCATE–Standards (Unit–Standards)
Standard 1: Candidate Knowledge, Skills, and Dispositions Standard 2: Assessment System and Unit Evaluation Standard 3: Field Experiences and Clinical Practice Standard 4: Diversity Standard 5: Faculty Qualifications, Performance, and Development Standard 6: Unit Governance and Resources |
Tab.: Die NCATE-Standards (Quelle: NCATE 2002)
Jeder dieser Standard wird ausdifferenziert.
Standard 1: Candidate Knowledge, Skills, and Dispositions Candidates preparing to work in schools as teachers or other professional school personnel know and demonstrate the content, pedagogical, and professional knowledge, skills, and dispositions necessary to help all students learn. Assessments indicate that candidates meet professional, state, and institutional standards.
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Tab.: Ausdifferenzierung des ersten NCATE-Standards (Quelle: NCATE 2002) [/S. 19:]
Standards von Oser (1997)
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Tab.: Standardgruppen bei Oser (1997)
Für jede dieser zwölf Gruppen werden Standards beschrieben.
1. Lehrer-Schüler-Beziehung Die folgenden Fähigkeiten braucht die Lehrkraft, um mit den Kindern eine positive Beziehung aufzubauen und im Klassenzimmer ein menschliches, angstfreies Klima zu schaffen, was natürlich eine Voraussetzung für erfolg-reiches Lernen ist: Ich habe in der Lehrerinnen- und Lehrerbildung gelernt. z.B. …
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Tab.: Beschreibung der Standardgruppe "Lehrer-Schüler-Beziehungen" bei Oser (1997) [/S. 20:]
Standards nach Terhart (2002)
Standards für ausgebildete Personen | Standards für Absolventen der Ersten Phase |
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Standards für die Absolventen der Zweiten Phase | 10 Standards | |
Standards für Ausbildungsinstitutionen | Standards für Institutionen der Ersten Phase | 6 Standards und 25 Fragen |
Standards für Institutionen der Zweiten Phase | 6 Standards und 17 Fragen | |
Prüfungen und Einstellungen | 14 Fragen Prüfungen, 15 Fragen Einstellungsprozess |
Tab.: Übersicht über die Standards bei Terhart (2002) [/S. 21:]
Standards der Arbeitsgruppe "Curriculare Standards Bildungswissenschaften"
Künftige Lehrerinnen und Lehrer… | |
verstehen die Inhalte, Strukturen und Forschungsinstrumente ihrer Fächer. | Sie schaffen Lernsituationen, die diese fachspezifischen Aspekte für die Lernenden bedeutsam machen. |
verfügen über ein reichhaltiges Repertoire an Unterrichtsmethoden. | Sie können auf die individuell unterschiedlichen Situationen der Lernenden angemessen reagieren und verstehen ihr Berufsfeld als perma-nente Lernaufgabe. |
können den jeweiligen Lernstand der Lernenden sowie das Lernklima diagnostizieren und beurteilen. | Sie sind in der Lage, Lernprozesse und -ergebnisse sowie die Folgen unterschiedlicher Beurteilungsmaßstäbe und -formen adäquat einzu-schätzen. |
können Schülerinnen und Schülern die Fähigkeiten zu selbst bestimmtem Han-deln vermitteln. | Sie gestalten ihre schulischen Aufgaben und Tätigkeiten mit dem Ziel, die Schülerinnen und Schüler in die Lage zu versetzen, ihr Leben möglichst selbst bestimmt, verantwortungsbewusst und befriedigend zu gestalten. |
verstehen es, auf die verschiedenen Lebensbedingungen der Schülerinnen und Schüler einzugehen. | Sie können ihre Tätigkeiten auf die Lebenssituation der Lernenden mit ihrer sozialen und kulturellen Vielfalt sowie auf die institutionellen, gesellschaftlichen und historisch gewachsenen Rahmenbedingungen einstellen. |
wissen um die Bedeutung der personalen Beziehungen für den Erfolg von Lernunterstützung | Sie können personale Beziehungskonstellationen reflektieren und bewusst mitgestalten. |
haben ein differenziertes Konfliktverständnis | Sie gehen mit Schwierigkeiten sowie mit personalen Konflikten konstruktiv und problembearbeitend um |
sind sich der wichtigsten Widersprüche in der Lehrerrolle bewusst | Sie halten die Ambivalenzen aus und bewältigen die daraus erwachsenden Belastungen, indem sie in der Lage sind, unter Stress und Zeitdruck produktiv zu arbeiten. |
beteiligen sich aktiv an der Schulentwicklung | Sie beziehen sich bei der Reflexion ihrer Tätigkeiten und der Entwicklung ihrer Schule auf die Ergebnisse wissenschaftlicher Studien und auf die öffentliche Bildungsdiskussion sowie die Entwicklungen der Bildungspolitik. |
begreifen ihr Lehramt als öffentlichen Auftrag | begreifen ihr Lehramt als öffentlichen Auftrag |
Tab.: "Kompetenzen" der Arbeitsgruppe (Quelle: AG CSB 2004) [/S. 22:]
Als Folge der Diskussion um eine Reform der Lehrerbildung der letzten Jahre ist inzwischen eine erstaunlich große Zahl an Reformaktivitäten in den deutschen Hochschulen zu verzeichnen (Bellenberg, Thierack 2001; Winter 2004). Freilich ist die Frage noch kaum zuverlässig zu beantworten, wie nachhaltig die Bemühungen sind und welche Unterstützung sie bei der großen Zahl der an der Lehrerbildung beteiligten Institutionen und Personen wirklich finden. Wird es gelingen, den eingeleiteten Reformprozess "auf Kurs" zu halten, ihn – wo nötig – zu verbreitern und ihn letztlich zu dem gewünschten Erfolg zu führen? Dabei müsste eine "neue Lehrerbildung", um erfolgreich zu sein, Lehrerinnen und Lehrer befähigen, durch ihren Unterricht bessere Lernergebnisse von Schülerinnen und [/S. 7:] Schülern zu erreichen, als dies bei der "alten" der Fall war, und die Lehrkräfte gleichzeitig besser dafür rüsten, die mit dem Beruf verbundenen Belastungen und Krisen und die sich in diesem Rahmen immer wieder neu stellenden Anforderungen über einen langen Zeitraum hinweg zu bewältigen.
Angesichts der gegenwärtigen Defizitbefunde und neuen Konzepten und Vorschlägen der Lehrerbildung in Deutschland ist die Lage von Bildungspolitik und Bildungsverwaltung nicht einfach. Sie haben die Verantwortung für das – in Deutschland noch immer weitgehend staatlich organisierte – Schulwesen einschließlich der Ausbildung der in den Schulen tätigen Lehrkräfte. Ihre Ausbildungsverantwortung wird gegenwärtig dadurch noch besonders akzentuiert, dass die Abschlussprüfungen am Ende des Studiums und des Referendariats als "Staatsprüfungen" abgenommen werden. Die Bildungsverwaltung übernimmt damit gewissermaßen selbst die Qualitätsgewähr für die Absolventen einer Lehramtsausbildung, ohne über empirisch gesichertes Wissen zu verfügen, was eine gute Ausbildung auszeichnet, und ohne das Handeln der für die Ausbildung verantwortlichen Institutionen ernsthaft beeinflussen zu können. Erkennt sie Mängel der bisherigen Ausbildung, fehlt ihr doch zumeist das Wissen, wie Ausbildungsalternativen aussehen könnten und wie diese gegebenenfalls durchzusetzen wären. Letzteres gilt allemal im Verhältnis der Bildungsadministration zu den Hochschulen, in abgeschwächter Form aber auch für das Verhältnis zu den anderen Institutionen der Ausbildung (Studienseminare, Schulen).
Mit dieser Situation ist auszukommen, solange alle Beteiligten an die Richtigkeit und die Wirksamkeit dessen glauben, was sie immer getan haben, und die Voraussetzungen und Ergebnisse ihres Handelns nicht wirklich hinterfragen. Kritisch wird es jedoch dann, wenn die Wirksamkeit und die Zweckmäßigkeit des gewohnten Handelns in Frage gestellt werden und die Frage nach möglichen Handlungsalternativen auftaucht. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Ausbildung sich nicht mehr darauf beschränkt, die Dogmatik der überkommenen Vorstellung von Schule und die damit verbundenen Konventionen weiterzugeben, sondern den Anspruch der Wissenschaftlichkeit ernst nimmt, d.h. von der Voraussetzung ausgeht, die Grundlagen des Lehrens und Lernens wissenschaftlich klären und vermitteln zu können und nach Maßgabe des Fortschritts wissenschaftlicher Erkenntnis jeweils auch Ausbildungskonzeptionen weiterzuentwickeln. Der wissenschaftliche Anspruch der Ausbildung beschränkt sich nicht auf die Vermittlung eines Wissens, welches sich jeweils an dem aktuellen Stand der Forschung orientiert, sondern er zielt im Kern auf eine Haltung, die um die Unabgeschlossenheit des Erkenntnisprozesses weiß und die sich deshalb auch im Beruf selbst für Veränderungen offen hält, welche aus neuen Problemwahrnehmungen und neuen Erkenntnissen zu Möglichkeiten und Bedingungen der Problemlösung resultieren. Lehrerbildung endet deshalb nicht mit dem Studium. Sie wird zu einer Entwicklungsaufgabe, die sich im Beruf fortsetzt. Die damit angesprochenen Entwicklungen beziehen sich auf unterschiedliche Ebenen. Sie betreffen die Ebene des Gesamtsystems ebenso wie das Handeln der einzelnen beteiligten Institutionen (Hochschulen, Bildungseinrichtungen der zweiten Phase der Lehrerbildung wie der Fortbildung, Schulen) und der Individuen. [/S. 8:]
Der Versuch, den damit notwendigen Entwicklungsprozess mit einer Vielzahl Beteiligter, welche auf unterschiedlichen Handlungsebenen angesiedelt sind und im Rahmen der Gesamtaufgabe Lehrerbildung jeweils auch eine eigene Perspektive einbringen und eigene Zielsetzungen verfolgen, aus einer Hand gesamthaft inhaltlich zu steuern, kann nicht gelingen. Lösungen lassen sich zudem nicht allein politisch, d.h. mit Hilfe von Macht durchsetzen, die aus der formalen Position im Rahmen einer Hierarchie entspringt. Sie erfordern vielmehr eigene Kommunikationsformen, in denen die jeweils verfolgten Lösungen zu legitimieren und die notwendige Kooperation und Koordination der Beteiligten sicherzustellen sind. Hierfür bieten sich Handlungslehrerbildung an, in deren Rahmen die beteiligten Institutionen und Akteure ausreichende Spielräume für ein autonomes Handeln erhalten, die Möglichkeiten der Selbststeuerung der beteiligten Institutionen genutzt werden, wo immer dies möglich ist, und die politisch verantwortliche Bildungsadministration sich darauf konzentriert, die Rahmenbedingungen für Entwicklungsprozesse zu definieren, zur Klärung ihrer Ziele beizutragen, Anreize für das Ingangsetzen derartiger Prozesse zu schaffen, auf die Koordination der beteiligten Institutionen hinzuwirken sowie durch prozedurale Regelungen eine Wirkungskontrolle und ein Feedback zu initiieren, welches Veränderungen im Prozessverlauf ermöglicht.
Dies heißt nicht, dass die Inhalte der Lehrerbildung ihre Bedeutung für Bildungspolitik und Bildungsadministration verlieren. Gesagt ist nur, dass letztere sich den Inhalten nicht länger gewissermaßen im direkten Zugriff zuwenden können, sondern dass sie eines Verfahrens bedürfen, welches auf eine wirksame Weise Selektionshilfe leistet und die Komplexität all des möglicherweise Relevanten auf ein Format bringen kann, das leichter zu überschauen ist, Handlungsalternativen klärt, die Konsensbildung vorbereitet und Entscheidungen möglich macht. Hilfreich sind solche Verfahren, wenn sie der Bildungsadministration ermöglichen, zunächst nicht die Sache selbst zu thematisieren, sondern sich auf die Klärung der Prozeduren zu konzentrieren, in denen die Sache schließlich zur Sprache gebracht werden soll. Dazu gehört vor allem die Einrichtung von Gremien zur Entscheidungsvorbereitung. Deren Auftrag muss noch nicht die ganze Komplexität der Sache ausloten. Er darf auch nicht vorschnell in die Tiefe dringen. Kriterium für die Berufung der Mitglieder dieser Gremien ist deshalb auch nicht, welche Meinung diese in der Sache vertreten. Entscheidend ist vielmehr, welche "Reputation" sie in die Waagschale werfen können und welche Interessen sie repräsentieren. Die Reputation der an der Entscheidungsvorbereitung beteiligten Personen ist ein wichtiger Aspekt für die Akzeptanz der von ihnen ausgesprochenen Empfehlungen.
Auf der Basis der Reputation der an Entscheidungen beteiligten Personen, mithin in der Form von Peer Reviews, wird seit langem in dem durch funktionale Spezifikation und Ausdifferenzierung mit hoher Autonomie der beteiligten Akteure gekennzeichneten Wissenschaftssystem über Positionen, über die Einrichtung und Veränderung organisatorischer Strukturen, über Projektförderung und Finanzmittel sowie über Publikationsmöglichkeiten entschieden. Reputation fungiert in der Wissenschaft "als Medium der Kommunikation". Sie klärt die "Beachtlichkeit von Äußerungen", verbindet "den akademischen Meinungsmarkt mit dem System für offizielle Verteilungsentscheidungen" und legitimiert diese zugleich für die Systemumwelt (Luhmann 1973, S. 236 f.). Die Forschungsförderung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft, [/S. 9:] die Evaluation wissenschaftlicher Einrichtungen im Rahmen der "Blauen Liste" durch den Wissenschaftsrat, die mannigfachen Bemühungen um die Evaluation von Hochschulen oder die Review–Systeme renommierter wissenschaftlicher Zeitschriften sind hierfür prominente Beispiele.
Es fehlt nicht an kontroverser Diskussion über Vorteile und schädliche Nebenwirkungen der dadurch bestimmten Entscheidungsprozeduren: Das Verfahren der Peer Reviews diene der Qualitätssicherung, sei aber auch in der Gefahr, eher "normal science" zu begünstigen und nicht zwangsläufig epochemachende Fortschritte der Forschung zu sichern, es könne die Bildung von Seilschaften unterstützen und es führe zu zufallsbestimmten oder von der Subjektivität der ausgewählten Gutachter beeinflussten Entscheidungen (zur Diskussion um Peer Reviews: Daniel 1993 sowie die Beiträge im Rahmen des Ringsberg–Symposiums 2002 der Max–Planck–Gesellschaft und der Deutschen Forschungsgemeinschaft). Freilich ist der Vorwurf unsachgerechter Entscheidungen empirisch schwer zu belegen und durch einschlägige Untersuchungen nicht bestätigt worden (Neidhardt 1988). Zudem gibt es offenbar bisher kein anderes leistungsfähiges Verfahren, das in ähnlicher Weise akzeptierte Entscheidungen begründen kann. Deshalb behaupten sich trotz dieser Kritik die durch Peers bestimmten Entscheidungsverfahren in der Wissenschaft unverändert.
Es ist kein Zufall, dass Bildungspolitik und Bildungsadministration in jüngerer Zeit bei der Vorbereitung der Reform der Lehrerbildung und bei der Umsetzung getroffener Strukturentscheidungen – wie auch in anderen schulpolitisch bedeutsamen Fragen (z.B. in der Diskussion die Leistungsfähigkeit des deutschen Bildungswesens oder um "Bildungsstandards") – in verstärktem Maße um die Beteiligung renommierter Vertreter der Wissenschaft bemüht sind. Man kann die Entwicklung, wie sie sich derzeit in der Bundesrepublik – mühsam genug, in bestürzender Langsamkeit und ohne, dass sich die Beteiligten der Logik dieser Entwicklung in jedem Falle wirklich klar sein müssten – vollzieht, in mehrfacher Hinsicht als prinzipiell bedeutsam ansehen. Es geht nicht allein um eine pragmatische Entlastung von einem aktuellen Entscheidungsdruck oder gar um den Ausdruck der in der Öffentlichkeit vielfach als "Kommissionitis" kritisierten Verlagerung politischer Entscheidungen in politisch nicht verantwortliche Gremien von Sachverständigen.
Der Prozess hat seine Logik vielmehr darin, dass als Folge der Verwissenschaftlichung der Lehrerbildung die Wissenschaft selbst in die Vorbereitung der komplexer werdenden Strukturentscheidungen in geeigneter Form einbezogen sein muss. Man kann darin zugleich eine Annäherung an Konsequenzen aus der Entwicklung zur "Informationsgesellschaft" sehen, in der nicht mehr die herkömmliche "Trial–and-Error–Methode", sondern zunehmend systematisches theoretisches Wissen die Neuerungen steuern und das Handeln von Politik und Verwaltung bestimmen muss (Bell 1975, S. 361 ff.). Letzteres heißt nicht, dass politische Entscheidungen nunmehr mit dem Wahrheitsanspruch wissenschaftlicher Erkenntnis getroffen werden können. Sie bleiben Ausdruck eines Handelns unter Unsicherheit, das sich seiner Folgen nie sicher sein kann, das deshalb auch um die Klärung der Folgen bemüht sein und für [/S. 10:] sie Verantwortung übernehmen muss. Dies schließt die Verpflichtung ein, vorhandenes Wissen zu nutzen und sich fehlendes Wissen zur Klärung der Voraussetzungen und der möglichen Folgen des Handelns zu beschaffen, wo Wissen möglich ist.
Vertreter der Wissenschaft spielten sowohl in der "gemischten Kommission" der Kultusministerkonferenz als auch im Wissenschaftsrat bei der Vorbereitung wesentlicher Strukturempfehlungen eine maßgebende Rolle. Sie sichten in Konsequenz dieser Entscheidungen konkret die Wissenschaftslandschaft in einzelnen Ländern zur Vorbereitung grundlegender Strukturentscheidungen und zur Beförderung konkreter Reformschritte in den einzelnen Hochschulen (vgl. z.B. Arbeitsgruppe Lehrerbildung Niedersachsen 2002) und sie unterstützen die Hochschulen in deren eigenen Bemühungen um die Evaluation von Forschung und Lehre als Basis konkreter Prozesse der Hochschulentwicklung in diesem Bereich (vgl. z.B. Expertengruppe Frankfurt 2003).
Mit diesen beispielhaft angesprochenen Vorgängen sind zugleich die unterschiedlichen
Handlungsebenen und die damit verbundenen unterschiedlichen Formen eines Peer
Reviews angesprochen. Damit wird der Begriff des Peer Reviews zugleich sehr
weit gefasst. Er betrifft nicht nur Verfahren, in denen die Peer Group als geschlossenes
Gutachter– oder Beratungsgremium dem Beratenen gegenübertritt, sondern
auch solche, in denen im Beratungsprozess von Anfang an Berater und Beratene
zusammenwirken. Gremien, die – wie die "gemischte Kommission Lehrerbildung"
der Kultusministerkonferenz oder der Wissenschaftsrat – politisches Handeln
vorbereiten sollen, sind häufig nach dem lehrerbildung des "policy–advisor–interface"
strukturiert. In ihnen wirken Wissenschaftler und Vertreter des politisch-administrativen
Bereichs zusammen. Die Beteiligung der Wissenschaft öffnet den Blick für
die Vielfalt der Aspekte, die zu bedenken sind, macht die Entwicklung von Handlungsalternativen
möglich, die den Rahmen der von den Apparaten getragenen Üblichkeiten
sprengen, sichert die Einbeziehung vorhandenen Wissens, unterstützt die
Akzeptanzbeschaffung bei den Betroffenen und schützt den Beratungsprozess
davor, sich in einer vorurteilsgeleiteten Bestätigung der gegebenen Praxis
zu erschöpfen. Die Beteiligung des politisch-administrativen Bereichs bezieht
diesen von Anfang an in die Klärung der gegebenen Handlungsalternativen
ein und sichert zugleich, dass die unvermeidlichen Restriktionen politisch-administrativer
Entscheidungen in der gebotenen Weise zur Geltung kommen.
Fruchtbar ist die gemeinsame Beratung von Wissenschaft und Bildungspolitik dann, wenn beide Seiten sich wirklich aufeinander einlassen und einen konstruktiven Dialog führen und nicht nur ideologische Grundpositionen austauschen. Dies stellt vor allem Anforderungen an die politisch-administrative Seite, welche sich auch auf eine ernsthafte Diskussion von Überlegungen zu einer weit reichenden Veränderung der gegebenen Situation einlassen muss und den Peer Review nicht lediglich zur Legitimation bereits getroffener Entscheidungen benutzen darf. Positionsbestimmungen und Vorschläge, welche aufgrund eines solchen Beratungsprozesses formuliert werden, haben den Charakter von Empfehlungen, die die politisch Verantwortlichen nicht binden und von ihnen ggf. in eigener Verantwortung umzusetzen sind. Wenn der gemeinsame Beratungsprozess nicht ad absurdum geführt werden soll, bedarf es freilich triftiger Gründe, wenn den Empfehlungen nicht gefolgt werden soll. [/S. 11:]
Von den durch die Bildungspolitik oder die Bildungsadministration initiierten Beratungsprozessen zu unterscheiden sind Peer Reviews, die von einzelnen Institutionen zur Unterstützung ihrer eigenen Entwicklung veranlasst werden. In ihnen spielen die Peers die Rolle der "critical friends", welche den Entwicklungsprozess der jeweiligen Institution aus einer Außenperspektive unterstützend begleiten sollen. Die "critical friends" sind dabei zumeist Personen mit "Reputation" auf der Ebene der beratenen Institution, bei der Beratung von Hochschulen also selbst renommierte Hochschullehrer, bei der Beratung von Institutionen der Fort– und Weiterbildung oder von Schulen leitende Mitarbeiter vergleichbarer Einrichtungen. Aber es empfiehlt sich, auch das eine oder andere Mitglied aus einem anderen Arbeitsbereich hineinzunehmen, um den Blick zu weiten. Für das Verfahren eines solchen Peer Reviews wird häufig eine Struktur gewählt, bei der die betroffene Institution zunächst selbst ihre Situation analysiert und ihre Zielsetzungen und Entwicklungsvorstellungen artikuliert, um sie dann im Rahmen einer Begehung mit Peers zu erörtern und daraus Schlüsse für die nächsten Entwicklungsschritte zu ziehen (Bülow–Schramm 1996; Watschinger, Schenk, Zangerle 1999; Stifter 2002). Den Auftrag und damit auch den Referenzrahmen seiner Erledigung bestimmt die Institution, um deren Entwicklung es geht. Aufgabe der Peers ist es, die Positionsbestimmung der beratenen Institution zu hinterfragen und damit zur Klärung der Zielsetzungen und der Schlüssigkeit des darauf gerichteten Handelns beizutragen, "blinde Flecken" in der Selbstwahrnehmung der Beratenen sichtbar zu machen, durch neue Sichtweisen weitere Entwicklungshorizonte zu eröffnen und mögliche Handlungsalternativen in Vorschlag zu bringen.
Die Peers wirken insofern als wichtige Katalysatoren und Verstärker der innerorganisatorischen Klärungs–, Meinungsbildungs– und Konsensanbahnungsprozesse. Eine solche Beratungsaufgabe ist nicht einfach. Sie macht die Einfühlung in die Position der beratenen Institution und ihrer Entwicklungsvorstellungen erforderlich. Die Peers müssen deren Ausgangsposition keineswegs unkritisch hinnehmen. Aber es hilft nichts, wenn Berater und Beratene in Grundfragen, welche durchaus kontrovers beurteilt werden können, fundamental im Dissens sind, die Peers etwa, um ein aktuelles Beispiel zu wählen, eine konsekutive Lehrerbildung in Vorschlag bringen und daran alle Pläne der beratenen Hochschule messen, wo sich diese mit einer nachvollziehbaren Argumentation für das Festhalten an dem Modell der grundständig-integrierten Lehrerbildung entschieden hat. In einer solchen Situation ist es nützlich und notwendig, die Argumente für und gegen die eine oder die andere Lösung auszutauschen und die jeweiligen Präferenzen zu begründen, sich im übrigen aber auf den von der beratenen Institution gewählten Ansatz einzulassen und diesen von seiner eigenen Logik her zu beurteilen.
Es ist deshalb unerlässlich, die Beurteilungsmaßstäbe, von denen die Peers ausgehen, vorab sorgfältig zu klären und offen zu legen. Dies dürfte in der Vergangenheit nicht immer in der gebotenen Klarheit geschehen sein. Hier können "Standards der Lehrerbildung" ungemein hilfreich sein, wie sie derzeit aufgrund einer Expertise (Terhart 2002) in der Kultusministerkonferenz beraten werden. In der Expertise werden näher benannte Standards für die Individuen (Absolventen), die Ausbildungsinstitutionen (1. und 2. Phase) und für das Steuerungssystem der Lehrerbildung in Vorschlag gebracht. Angesichts der oben angesprochenen [/S. 12:] Schwierigkeiten, die Wirkungskette zwischen Lehrerbildung, Lehrerhandeln und Schülerlernen in empirisch belegter Weise nachzuzeichnen und demgemäß die Qualität der Lehrerbildung unmittelbar an den Lernergebnissen von Schülerinnen und Schülern zu klären, thematisieren die vorgeschlagenen Standards zunächst nur die Ergebnisse der Ausbildung auf der Ebene von Studium und Referendariat. Sie formulieren in plausibler Weise Aspekte, auf die es auch im Blick auf ihre Wirkung im schulischen und unterrichtlichen Handeln der Lehrkräfte "ankommen könnte", um diese einer offensiven Erörterung und Erprobung zugänglich und sie damit transparent, diskutierbar und überprüfbar zu machen (Terhart 2002, S. 14 f.). Dies ist ein wichtiger Schritt zur Sicherung rationaler und konstruktiver Beratungsverfahren.
Mit der Formulierung von Standards ist klar, dass sich die Strategen einer Reform der Lehrerbildung – um die zur Charakterisierung unterschiedlicher Strategien der Lehrerbildung in den Vereinigten Staaten üblichen Termini noch einmal aufzugreifen – auf die Seite der "Professionalisierer" geschlagen und damit gegen die "Deregulierer" entschieden haben. Denn "Standards", an denen die Qualität der Ausbildung gemessen werden soll, geben nur einen Sinn, wenn die Ausbildung angehender Lehrkräfte nicht beliebig ist. Dies ist noch immer, bei allen Schwierigkeiten, die "Wirkungsketten", von denen oben die Rede war, empirisch nachzuzeichnen, die plausibelste Annahme. Vielleicht gelingt es eines Tages doch, über bloße Hypothesen hinaus, empirische Belege für diese Annahme zu finden. Auch hier liegt ein wichtiges Feld empirischer Forschung. [/S. 13:]
Arbeitsgruppe Lehrerbildung der Wissenschaftlichen Kommission Niedersachsen (2002): Empfehlungen zur Weiterentwicklung der Lehrerbildung in Niedersachsen. Abschlussbericht vom 25.10.2004.
Bell, D. (1975): Die nachindustrielle Gesellschaft. Frankfurt am Main.
Bellenberg, G.; Thierack, A. (2001): Die LehrerInnenausbildung in Deutschland. Bestandsaufnahme und Reformbestrebungen. Projekt B 8330 im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Essen.
Bülow–Schramm, M. (1995): Frischer Wind für Evaluation? Chancen und Risiken von peer review an deutschen Universitäten (2. geringf. veränderte Auflage). Interdisziplinäres Zentrum für Hochschuldidaktik. Hamburg.
Daniel, H.–D. (1993): Guardians of Science. Fairness and Reliability of Peer Review. Weinheim u.a..
Expertengruppe Frankfurt (2003): Frankfurter Interne Evaluation der Lehramtsstudiengänge (FIEL) Abschlussbericht der externen Begutachtung durch die Experten. Manuskript.
Luhmann, N. (1973): Selbststeuerung der Wissenschaft. In: Luhmann, N. (Hrsg.): Soziologische Aufklärung. Aufsätze zur Theorie sozialer Systeme. Band 1, (3. Aufl.). Opladen, S. 232-252.
Neidhardt, F. (1988): Selbststeuerung in der Forschungsförderung. Das Gutachterwesen der DFG. Opladen.
Stifter, E. P. (2002): Qualitätssicherung und Rechenschaftslegung an Universitäten: Evaluierung aus rechts- und sozialwissenschaftlicher Sicht. Wien u.a..
Terhart, E. (Hrsg.) (2000): Perspektiven der Lehrerbildung in Deutschland. Abschlussbericht der von der Kultusministerkonferenz eingesetzten Kommission. Weinheim, Basel.
Terhart, E. (2002): Standards für die Lehrerbildung. Eine Expertise für die Kultusministerkonferenz. ZKL–Texte Nr.24. Münster.
Watschinger, J.; Schenk, V.; Zangerle, R. (2001): Lernen mit kritischen Freunden. Wechselseitige Evaluation unter Schulleitern. In: Becker, G.; Ilsemann, C. v.; Schratz, M. (Hrsg.): Qualität entwickeln: evaluieren. Seelze, S. 94-97.
Winter, M. (2004): Ausbildung zum Lehrberuf. Zur Diskussion über bestehende und neue Konzepte der Lehrerausbildung für Gymnasium bzw. Sekundarstufe II. Arbeitsberichte 3'04. Wittenberg.
Die Kultusministerkonferenz sieht es als zentrale Aufgabe an, die Qualität schulischer Bil- dung zu sichern. Ein wesentliches Element zur Sicherung und Weiterentwicklung schulischer Bildung stellt die Einführung von Standards und deren Überprüfung dar. Mit Standards wird Zielklarheit und die Grundlage für eine systematische Überprüfung der Zielerreichung ge- schaffen. Die vorgelegten Standards für die Lehrerbildung formulieren Kompetenzen in den Bildungs- wissenschaften, die für die berufliche Ausbildung und den Berufsalltag von besonderer Be- deutung sind und an die die Fort- und Weiterbildung anknüpfen kann. Die Bildungswissen- schaften umfassen die wissenschaftlichen Disziplinen, die sich mit Bildungs- und Erzie- hungsprozessen, mit Bildungssystemen sowie mit deren Rahmenbedingungen auseinanderset- zen. Die Standards für die Lehrerbildung werden von den Ländern zu Beginn des Ausbildungsjah- res 2005/2006 als Grundlagen für die spezifischen Anforderungen an Lehramtsstudiengänge einschließlich der praktischen Ausbildungsteile und des Vorbereitungsdienstes in den Län- dern übernommen. Die Länder kommen überein, die hier vorgelegten Standards für die Lehrerbildung zu imple- mentieren und anzuwenden. Dies betrifft insbesondere die Studienordnungen in den Lehr- amtsstudiengängen, den Vorbereitungsdienst und die Fort- und Weiterbildung der Lehrerin- nen und Lehrer. Die Länder kommen überein, die Lehrerbildung regelmäßig auf der Grundla- ge der vereinbarten Standards zu evaluieren. Die Standards und ihre Einhaltung werden unter Berücksichtigung der Entwicklung in den Bildungswissenschaften und in der Schulpraxis von den Ländern gemeinsam überprüft und weiterentwickelt.
Klaus Beck nimmt die Output–Orientierung der aktuellen Reformvorschläge und –aktivitäten kritisch in den Blick. Er zeigt auf, dass Kompetenzen von Lehrerinnen und Lehrern nicht zuverlässig diagnostizierbar sind und darüber hinaus theoretische Grundlagen – zumindest gegenwärtig – für die Messung derart komplexer Fähigkeiten fehlen. Er spricht sich für ein Professionalisierungskonzept aus, welches auf eine Input–Standardisierung abzielt, indem curriculare Vorgaben des zu erwerbenden Wissens gemacht werden und führt als Beispiel das Basiscurriculum der Berufs- und Wirtschaftspädagogik (2004) auf.
Die Lehrerausbildung ist gegenwärtig wieder einmal in aller Munde.(2) Das PISA–Beben, dessen Schockwellen sich eigentlich nur auf das allgemeinbildende Schulwesen ausbreiten sollten, erschüttert inzwischen auch die Berufsbildung. Die Bildungspolitik reagiert nicht mehr nur mit Strukturreformen, sondern mischt sich jetzt, nach Beratung durch – wer weiß wie – ausgewählte Berater, mit inhaltlichen Vorgaben in die Lehrerausbildung ein – auch in die der Berufsschullehrer, obwohl wir hier mit unserem Basiscurriculum, von dem noch zu reden sein wird, schon wichtige Schritte gegangen und der Politik mit unserem marktgängigen polyvalenten Diplom–Abschluss weit voraus sind.
Es ist insbesondere die KMK, der wir schon die "verschlimmbessernde" curriculare Lernfeld–Reform verdanken, die sich auch jetzt wieder als Schrittmacher und Vorreiter geriert. Sie propagiert die Einführung von Standards für die Lehrerbildung in der Hoffnung, auf diesem Wege das Bildungsniveau der Schülerschaft, wie es auf der PISA–Skala gemessen wird, zu heben. Dieses Vorhaben verbindet die KMK mit der forcierten Umsetzung des Bologna– Prozesses. Und die Neuordnung aller Studiengänge im BA/MA–Korsett wird darüber hinaus mit der Forderung verknüpft, alle neuen Studiengänge seien zu modularisieren und die Module auf die Vermittlung von Kompetenzen auszurichten. Dieser Anspruch wird durchgesetzt mit der Androhung von Sanktionen: Studiengänge, die sich diesem Konzept nicht beugen, werden nicht akkreditiert (KMK 2005).
Wieder einmal, wie z.B. beim "Lernfeld–Ukas", werden die Reformen verordnet ohne jede vorauslaufende empirische Fundierung und sogar ohne empirische Begleitforschung.(3) So haben wir weder eine Vorstellung davon, was das neue Treatment leistet, noch werden wir am Ende sagen können, ob es mehr leistet als das bisherige. Denn selbst wenn PISA–Befunde (oder die noch lange nicht vorliegenden PISA–B–Befunde) künftig günstiger ausfallen sollten, wird dieser Effekt nicht geradewegs auf die geänderte Lehrerausbildung zurückführbar sein, weil zur gleichen Zeit weitere Reformen angesetzt werden (z.B. Ganztagsschule, Oberstufenreformen, Verkürzung der Schulzeit).
Selbst im Umfeld der Berufs- und Wirtschaftspädagogik stoßen diese politischen Maßnahmen auf teilweise erstaunlich große Zustimmung (vgl. Sloane 2003). Sie speist sich vermutlich aus dem Eindruck, dass die Lehrerbildung auch in unserem Felde noch nicht optimal sei – und einem solchen Urteil muss man natürlich immer zustimmen. Wann wäre die Lehrerausbildung schon optimal! Überraschend ist gleichwohl, dass in argumentativen Umfeldern wie dem unsrigen, in denen man kontrollierende Begleitforschung für Modellversuche in Schulen und Betrieben für nötig hält, ein gänzlich unfundierter, auf Spekulationen angewiesener Reformeifer in Sachen Modularisierung, BA/MA und Standards entfesselt zu sein scheint.(4)
Der Schlüsselbegriff, der die aktuellen Aktivitäten nicht nur begleitet, sondern begründet, ist die Formel von der "Qualitätsentwicklung durch Output–Steuerung" (vgl. Heinrich 2005, S. 266). Gemeint ist, dass die Lehrerausbildung nicht (mehr) über den Input, sondern über die zu erzielenden Ausbildungsresultate gesteuert werden soll. Diese Resultate werden in aller Regel (von Ausnahmen wird noch zu sprechen sein) in Kategorien von Kompetenzen beschrieben und zugleich vorgeschrieben bzw. in Form von Selbstverpflichtungen verbindlich gemacht. So hat die KMK am 16.12.2004 eine Liste von gruppierten Einzelkompetenzen für die pädagogische Qualifizierung von Lehrern aller Art, also auch Berufsschullehrern erlassen. Hier zur Erinnerung ein paar Beispiele:
"Die Absolventinnen und Absolventen … – … kennen allgemeine und fachbezogene Didaktiken und wissen, was bei der Planung von Unterrichtseinheiten beachtet werden muss." (KMK 2004, S. 7, Sp. 1) – … wissen, wie man Lernende aktiv in den Unterricht einbezieht und (wie man; K.B.) Verstehen und Transfer unterstützt." (ebd., S. 8, Sp. 1) – … wecken und stärken bei Schülerinnen und Schülern Lern– und Leistungsbereitschaft." (ebd., Sp. 2) – … kennen interkulturelle Dimensionen bei der Gestaltung von Bildungs– und Erziehungsprozessen." (ebd., S. 9, Sp. 1) – … begründen Bewertungen und Beurteilungen adressatengerecht und zeigen Perspektiven für das weitere Lernen auf." (ebd., S. 11, Sp. 2) |
Übersicht 1: Ausbildungsstandards für Lehrer (Auswahl aus KMK 2004)
Man muss bei der Lektüre dieser Formulierungen den Eindruck gewinnen, dass hier in der Tat relevante Kompetenzen benannt werden. Diese Relevanz ergibt sich nicht zuletzt daraus, dass es sich um vergleichsweise [/S. 44:] anspruchsvolle, komplexe Kompetenzen handelt, die für das Tätigkeitsfeld Schule durchaus charakteristisch sein dürften. Freilich verbindet sich damit zugleich unausweichlich, dass sie nicht ohne weiteres, ja, dass sie gegenwärtig und in absehbarer Zukunft überhaupt nicht diagnostiziert werden können. Wir verfügen über keine auch nur annähernd verlässlichen Verfahren zur einigermaßen kontrollierbaren objektiven Erfassung solcher Kompetenzen und niemand darf ernsthaft behaupten, er könne gar die Höhe ihrer Ausprägung im Personenvergleich feststellen (vgl. Diehl 2003).
Die Lage ist insofern noch viel desolater, als noch nicht einmal die unverzichtbaren theoretischen Voraussetzungen für die Messung derart komplexer Fähigkeiten geschaffen sind, auf deren Grundlage das schwierige und langwierige Geschäft der Entwicklung von Messinstrumenten allererst betrieben werden könnte. Es fehlen nämlich konzise theoretische Modelle der Lehrer–Kompetenzentwicklung (vgl. Klieme et al. 2003, S. 58), welche die interne Struktur von elaborierten Lehrerleistungen und die Entwicklungsstufen auf dem Wege dorthin beschreiben. Soweit ich sehe, liegen bislang überhaupt nur drei hinreichend tragfähige und einschlägige theoretische Modelle für Kompetenzentwicklung vor, nämlich das von Piaget zur Intelligenzentwicklung (2003), das von Selman (1980) zur Entwicklung der sozialen Perspektivenübernahme und das von Kohlberg (Colby, Kohlberg 1987) zur moralischen Entwicklung – alle drei inzwischen durch eine umfassende empirische Forschung fundiert. Und dennoch ist noch nicht einmal für sie, insbesondere für das Selman– und das Kohlberg–Modell, eine hinlänglich befriedigende Umsetzung in gut handhabbare und praktikable Messinstrumente gelungen.
Genau diese Konstellation, nämlich dass einerseits ein dringender Bedarf für hochwertige Ausbildung und leistungsfähige Absolventen gesehen wird, dass zugleich jedoch andererseits kein Wissen darüber vorliegt, wie die anspruchsvollen Ziele erreicht und erst recht, wie ihre Erreichung festgestellt werden soll, ist uns freilich bestens vertraut. Wir kennen dieses Szenario aus der Schlüsselqualifikationsdebatte. Es verleitete erst vor wenigen Jahren phantasievolle Zeitgenossen zur kaum zu bremsenden Produktion immer neuer Ausbildungsziele, nicht zuletzt weil man auf eine an geeigneten Adjektiven reiche Kompetenz–Umgangssprache zurückgreifen konnte. Angesichts der weit über 600 Schlüsselqualifikationsvarianten, welche Didi u.a. (1993) in der einschlägigen Literatur identifizieren konnten, dürfte nicht ganz zu Unrecht das böse Wort von der "verbalen Inkontinenz" der betreffenden Autorenschaft die Runde gemacht haben. Was aus der Schlüsselqualifikationsdebatte geworden ist, brauche ich nicht näher zu erläutern. Ein pietätvolles "requiescat in pace" dürfte das Beste sein, was man ihr angedeihen lassen kann.
Eine nahezu identische Lage haben wir jetzt mit der "Qualitätsentwicklung der Lehrerausbildung durch Output–Steuerung" vor Augen. Die Kompetenzenproduktion läuft bereits auf Hochtouren (vgl. auch Korthagen 2004, S. 79). Wir verdanken der KMK, d.h. genauerhin den Herrn Kollegen Terhart, Tenorth, Krüger und, in allen Gassen vorweg, Herrn Oelkers, die umfängliche Liste von 84 verbindlich vorgeschriebenen Kompetenzen, und zwar allein schon für den Bereich "Bildungswissenschaften". Von fachdidaktischen Kompetenzen, die in der Lehrerausbildung hinzukommen müssen, ist hier noch gar nicht die Rede. Die rheinland–pfälzischen Studienseminare für berufsbildende Schulen (vgl. "Architektur") haben sich auf die Vermittlung von nicht weniger als 107 Kompetenzen verpflichtet. Für die erste Phase produziert dieses Bundesland ebenfalls gerade Kompetenzlisten zu jedem Unterrichtsfach und noch einmal für die sog. Bildungswissenschaften. Die letzteren enthalten für alle Lehrer 39 Kompetenzen (Autor ist – wieder einmal – Jürgen Oelkers). Hinzu kommen die fachspezifischen Kompetenzen, für Wirtschaftslehrer an Haupt– und Realschulen z.B. 45 Kompetenzen plus weitere 40 bis 50 Kompetenzen für das zweite Fach, also insgesamt gut 130 Kompetenzen, die von jedem künftigen Lehrer in Rheinland–Pfalz zu erwerben sind.(5)
Angesichts der fehlenden Diagnostizierbarkeit jeder einzelnen dieser Kompetenzen kann man leicht absehen, was das etwa für die Prüfungen in den ersten und zweiten Staatsexamina bedeutet(6), nichts anderes nämlich als die Öffnung aller Schleusen für Willkür, Unzuverlässigkeit und Subjektivität. So lässt sich, wenn man will, zweifellos bei jedem Prüfling oder Beförderungsaspiranten unter den vielen Kompetenzen mindestens eine finden, von der man ihm gegenüber behaupten kann, sie sei essentiell und er habe sie nicht hinreichend entwickelt. Und natürlich gilt auch das umgekehrte, was die Angelegenheit besonders pikant macht: Könnten wir alle der (vorerst!) weit über hundert Einzelkompetenzen zuverlässig und genau messen, so fänden wir wahrscheinlich niemanden mehr, der in allen die geforderte Mindestausprägung erreicht – eine sehr unerfreuliche Feststellung unter der Perspektive der Sicherstellung des Lehrernachwuchses!
Halten wir zunächst fest:
Qualitätsentwicklung per Output–Steuerung muss sich nicht zwingend auf die internen komplexen Kompetenzen kaprizieren. Sie kann sich auch das Lehrerhandeln selbst, das als kausale Folge der internen Kompetenzkonstellation anzusehen ist, zum Gegenstand machen. In Kategorien einer Prozessbetrachtung der Lehrerausbildung wäre das Lehrerhandeln auch als Output der Stufe II, die Kompetenzen dagegen als Output der Stufe I zu begreifen.
Tatsächlich wird in einigen Projekten versucht, solche Output–Standards der Stufe II zu entwickeln. Zu nennen ist hier vor allem die Gruppe um Fritz Oser und Ursula Renold in Freiburg/Schweiz, die mit Hochdruck und mit bereits erkennbaren Resultaten an der Identifikation und Elaboration von gegenwärtig immerhin 88 solcher Standards für Lehrer an berufsbildenden Schulen arbeiten (vgl. Oser, Oelkers 2001 und den Fragebogen der Freiburger Forschungsgruppe 2005), von denen zunächst eine Teilgruppe elaboriert werden soll (vgl. Oser 1997; 2002; 2005). Wodurch ist dieser Ansatz gekennzeichnet?
Gegenstand der Standardisierung sind Typen von Berufsschullehrerhandlungen "mittlerer Reichweite" (z.B. "abstrakte Zusammenhänge im Berufsfeld für Berufsschüler anschaulich machen"). Es geht also weder um einzelne routinisierbare Verrichtungen (wie z.B. "an die Tafel schreiben" oder "Medien bedienen") noch um ganz allgemein beschriebene Handlungsgattungen (wie z.B. "Veranschaulichen", "Motivieren" oder "Wissen vermitteln"). Der zu standardisierende Handlungstyp wird direkt beschrieben, nicht indirekt, also nicht als Wirkung interner Voraussetzungen (wie "emotionslose Notenvergabe" oder "intelligentes Aufgabenstellen") und auch nicht als behaupteter Verursacher hervorzubringender Effekte (wie etwa "Vermittlung von Einsichten" oder "Erzeugung von Schülerinteresse"). Selbstverständlich geht es trotzdem nur um Handlungen, deren gelungene Ausführung curricular erwünschte Schülereffekte hervorrufen. Aus diesem Grund sollte der Kausalnexus, in den der zu standardisierende Handlungstyp eingebettet ist, prinzipiell theoretisch modelliert und empirisch hinreichend forschungsgesättigt sein.
Verlangt wird weiterhin, dass der gewählte kriteriale Handlungstyp pragmatisch relevant ist – in dem Sinne, dass die ihm subsumierbaren Lehrerhandlungen auf reale Settings beruflichen Lernens angepasst sind. Solche Handlungen müssen also berufliche Inhalte in einem weiten Sinne zum Gegenstand haben (wie z.B. "Folgen verspäteter Rohstofflieferung veranschaulichen" oder "Erfassung von Zahlungsströmen erläutern").
Schließlich muss für jeden ausgewählten Handlungstyp ein Erfüllungskriterium angegeben werden können, das eine eindeutige, ökonomische und möglichst einfache Entscheidung über das Erreichen des Standardniveaus erlaubt. Die Oser, Renold–Gruppe versucht diese Anforderung über die Verfilmung entsprechender Unterrichtsszenen, sog. Vignetten(7), gerecht zu werden, die eine standardgerechte Handlungsausführung zeigt. Im Vergleich mit ihr soll das tatsächliche Lehrerhandeln, das ebenfalls gefilmt wird, in seiner Qualitätsausprägung beurteilt und bewertet werden können. Dafür muss eine zumindest komparative Metrik entwickelt sein, um inter- und intraindividuelle Unterschiede hinreichend differenziert erfassen zu können.
Obgleich sich auch für diesen konzeptionellen Zugriff die bereits erwähnten Legitimationsprobleme stellen, wird man ihn dem Kompetenzkonzept der Output–Stufe I schon deshalb vorziehen müssen, weil er zumindest im Prinzip einen Weg zur absehbaren Diagnostizierbarkeit der interessierenden Lehreraktivitäten zu eröffnen scheint. Außerdem vermeidet er ein Problem, das dem Kompetenzkonzept inhärent ist und kaum lösbar erscheint: Selbst wenn wir alle relevanten Einzelkompetenzen kennten, sie zu vermitteln und zu diagnostizieren im Stande wären, bliebe doch noch völlig ungeklärt, welche von ihnen auf welche Weise und mit welchen Anteilen gemeinsam eine konkrete gelingende Lehrerhandlung verursachen. Mit anderen Worten: Wir müssten noch so etwas wie eine handlungsspezifische metakognitive "Kompetenzkombinationskompetenz" vermitteln, über die wir aber beim heutigen Stand unseres Wissens noch viel weniger sagen könnten als über die Einzelkompetenzen.
Obwohl die output–Standards der Stufe II gegenüber denjenigen der Stufe I offenbar einen ausbildungspraktischen Rationaliätsvorsprung aufweisen, darf man nicht aus dem Blick verlieren, dass beide ein entscheidendes programmatisches Defizit aufweisen(8): Sie sagen nichts über den zu ihrer Erreichung erforderlichen input – hin und wieder mit dem Hinweis, auf diesem Feld sollten die Ausbildungsinstitutionen in einen Wettbewerb um ihre Adressaten treten (vgl. Herrmann 2005). Auch wird die metaphorische Behauptung geäußert, "viele Wege führten nach Rom"; es sei Ausdruck eines neuen Zugewinns an Autonomie der Ausbildungsinstitutionen, dass sie in der Wahl und im Arrangement des inputs, also im wesentlichen des Curriculums und des Lehr–Lern– [/S. 46:] Arrangements, frei seien.(9) Genau dieser Umstand mache sie allererst wettbewerbsfähig und sorge durch den damit verbundenen Marktdruck für Effizienzsteigerung und Optimierung in der Lehrerausbildung (vgl. Mechtenberg 2005).
Diese Vision scheint gegenwärtig auf die verantwortlichen Bildungspolitiker eine beachtliche Faszination auszuüben. Sie vermag jedoch die ihr aufgebürdete Last an Erfolgserwartungen nicht zu tragen, weil die institutionellen Bedingungen der Lehrerausbildung in nahezu allen entscheidenden Punkten alles andere als marktabhängig gestaltet sind. Es ist der Staat, der gerade durch Vorgaben zum input die Entstehung des erwünschten Optimierungsdrucks behindert(10), wie etwa durch detaillierte Lehrerprüfungsordnungen, durch die Festlegung des Umfangs von Fächeranteilen am Gesamtstudium, durch die Bestimmung von Regelstudienzeiten, durch den Modularisierungszwang, durch Kontingentierung studentischer Arbeitszeit mittels workload–Vorgaben oder durch die verordnete BA/MA–Struktur. Insofern besteht keineswegs Autonomie in der Gestaltung des input–Arrangements.(11)
Von systematischem Interesse ist die These von der multikausalen Erzeugbarkeit ein und desselben Ausbildungsergebnisses (die "Viele–Wege–führen–nach–Rom–These"), wie sie insbesondere auch von der KMK vertreten wird (vgl. Fußnote 9). Sie erscheint einerseits um so weniger plausibel, je präziser der zu erzielende output vorgeschrieben wird. Lautet – wie etwa im KMK-Beschluss zu Lehrerbildungsstandards – die Stufe I–output-Vorgabe folgendermaßen: "Die Absolventinnen und Absolventen kennen Lerntheorien und Formen des Lernens" (KMK 2004, 8, Sp. 1), so ist zumindest der inhaltliche input weitestgehend fixiert (wenn es sich hier nicht ohnehin um eine verkappte input–Vorgabe, d.h. eine misslungene output–Vorgabe handelt!). Andererseits gilt natürlich auch das Umgekehrte, dass nämlich bei eher offener output–Beschreibung auch die input–Frage offen bleibt. Dies macht das folgende Beispiel aus der Kompetenzenliste der KMK deutlich: "Die Absolventinnen und Absolventen wissen, wie sie weiterführendes Interesse und Grundlagen des lebenslangen Lernens im Unterricht entwickeln" (ebd.). Da kann man den Absolventinnen und Absolventen nur gratulieren und sie hinter vorgehaltener Hand bitten, dieses Wissen und seine Quelle preiszugeben. Tatsächlich befänden sie sich damit schon deutlich jenseits des aktuellen Forschungsstandes. Ausgerechnet von diesem letzteren, ambitioniert offeneren Typ sind aber die meisten KMK–Kompetenzvorgaben (vgl. ebd.).
Der erwähnte systematische Punkt lässt sich an diesem Beispiel gut verdeutlichen: Output–orientierte Standards, wie sie gegenwärtig zur Diskussion stehen bzw. bereits verordnet worden sind, kodifizieren Ausbildungsergebnisse, die man zweifellos als wünschbar ansehen kann, für deren Herbeiführung uns aber – vorsichtig gesagt – viele Kenntnisse fehlen.(12) Die gewährte Autonomie in der Gestaltung des inputs unter Vorgabe dieses outputs erweist sich so bei genauerem Hinsehen eher als "Schwarzer Peter": Die Lehrerausbildungsstätten sollen selber zusehen, wie sie die Standardvorgaben erreichen. Damit werden sie aber unter einen weitgehend uneinlösbaren Anspruch gestellt, an dem sie letztlich nur scheitern können.(13) Haben sie nicht schon immer ihr Bestes gegeben? Und haben sie nicht schon immer versucht, auch anspruchsvolle Ziele des von der KMK gemeinten Typs zu erreichen? Mit welchem Grund soll man annehmen dürfen, dass sie das jetzt plötzlich könnten, nur weil solche Ziele rechtsverbindlich vorgeschrieben sind?
Nicht, dass hier behauptet werden soll, die Lehrerausbildung sei bereits an ihre objektiven Leistungsgrenzen gestoßen. Aber mit der Vorgabe von neu gefassten langen Kompetenzlisten, die Ideale zum Standard erheben, setzt man die Beteiligten und insbesondere die Aspiranten unter einen frustrationserzeugenden, weil unerfüllbaren Erwartungsdruck. Solange jedoch keine Messinstrumente zur Verfügung stehen, die diesen Sachverhalt zu offenbaren erlauben, wird dieses Scheitern nicht zum öffentlichen Problem. Zwar kennen alle Beteiligten im Prinzip die Unmöglichkeit, all die schönen Kompetenzen qua Ausbildung gezielt herbeizuführen, aber sie werden diese Sachlage gewissermaßen "aus Mangel an Beweisen" verschweigen. Damit können sie augenzwinkernd das Gesicht wahren: Die Bildungspolitik hat plausibel erscheinende und wohlklingende Vorgaben gemacht, denen man kaum widersprechen kann, und die Ausbildungsinstitutionen begründen ihre Wichtigkeit und Reputation damit, dass sie solchermaßen anspruchsvolle Leistungen zu erbringen versprechen. Zu sagen: "Das können wir nicht", das würde als Nestbeschmutzung und selbstzerstörerischer Defätismus angesehen.
Obwohl die Dinge in der Literatur und in amtlichen Verlautbarungen selten klar voneinander geschieden werden(14), kann man das Professionalisierungskonzept als eine Alternative zur output–Standardisierung betrachten. Es beruht, so ist schon bei Hesse (1968) nachzulesen, darauf, dass in unseren neuzeitlichen Gesellschaften Probleme entstehen, deren Lösung nicht wie bei rein ausführenden Tätigkeiten durch die Anwendung nahezu spielraumfreier Verhaltensregeln erfolgen kann (vgl. dazu auch Oevermann 1997). Zu diesen Problemen gehören bspw. Rechts– und Gerechtigkeitsfragen oder Gesundheitsfragen und eben auch das Problem der Sicherung der "psychosozialen Integrität" (Lempert 2004, S. 106) der Gesellschaftsmitglieder, also die Erziehung im allgemeinen und die Berufserziehung im besonderen.
Angesichts der fehlenden Lösungsalgorhythmen sind den Erziehungsprofessionals breite Handlungsspielräume eingeräumt. Diese sollen es ihnen erlauben, in Anpassung auf die je besondere individuelle Problem– und Bedarfslage geeignete Maßnahmen aus einem weiten Spektrum von Handlungsmöglichkeiten zu wählen. Dieses Spektrum ist jedoch eben nicht grenzenlos, seine Offenheit nicht zu verwechseln mit Beliebigkeit. Es wird vielmehr eingegrenzt durch wissenschaftliches Erklä– [/S. 47:] rungs– und Begründungswissen, m.a.W. durch – im wesentlichen –erziehungswissenschaftliche und in unserem Falle speziell durch berufs- und wirtschaftspädagogische Theorien (vgl. Kurtz 1997). Auf ihrem jeweils aktuellen Stand liefern diese Theorien den Rahmen für die Begründung professionellen Handelns. Professionals müssen in der Lage sein, das Theoriewissen kreativ und innovativ und umsichtig auf den Einzelfall hin zu interpretieren (vgl. Lempert 2004, S. 128-132).
Die professionstheoretische Sicht macht deutlich, dass zwischen Theoriewissen in einem weiten Sinne, das durchaus auch Wissen und Können zur exemplarischen Theorieanwendung umfasst, einerseits und Professionalität anderseits eine Differenz besteht – das von Luhmann gelegentlich so genannte "Technologiedefizit" (Luhmann, Schorr 1979). Diese Differenz lässt sich jedoch inhaltlich nicht exakt bestimmen, weil Professionalität als ein mixtum compositum aus einer ganzen Reihe zusätzlicher Elemente betrachtet werden muss, wie z.B. schnelle Situationsauffassung, routinierte Handlungsfähigkeit, kommunikative Flexibilität, ethische Grundüberzeugung, emotionale Selbstkontrolle u.a.m. (vgl. auch Gruber 2004, S. 12-13). Die optimale Zusammensetzung dieser Elemente und ihr Zusammenwirken ist uns jedoch nicht bekannt und wahrscheinlich ist sie sogar prinzipiell unbestimmbar (vgl. Neuweg, 2002; 2005). Professionalität kann daher gar nicht zuverlässig diagnostiziert und ihr Erwerb erst recht nicht systematisch herbeigeführt und kontrolliert werden.
Auf der Grundlage dieser Problemanalyse erweist sich das Professionalisierungskonzept der Lehrerausbildung als ein Rationale, das folgerichtig auf input–Standardisierung abstellt. Mit der curricularen Vorgabe des zu erwerbenden Wissens, insbesondere des Theoriewissens, schafft es die notwendigen, wenngleich nicht hinreichenden Bedingungen für Lehrerprofessionalität. Aber die Erfüllung dieser notwendigen Bedingungen des vollzogenen Wissenserwerbs lässt sich im Unterschied zum Kompetenzerwerb diagnostisch mit hinlänglicher Treffsicherheit kontrollieren, und zwar nicht nur im engeren Sinne des Vorliegens von vernetztem Wissen, sondern durchaus auch im Sinne von dessen exemplarischer Anwendung in virtuellen und dimensionsreduzierten Problemsituationen.
Aus professionstheoretischer Sicht stehen output–Standards der Stufe I, also Kompetenzanforderungen, "mit beiden Beinen fest in der Luft" – abgehoben von der Ausbildungswirklichkeit: Weder weiß man, wie sie qua Ausbildung, also qua input einigermaßen zuverlässig herbeizuführen wären, noch hat man einen auch nur blassen Schimmer davon, wie sie sich mit welchen Erziehungswirkungen zu einer Lehrerhandlung (output der Stufe II) verbinden, noch schließlich liegen wenigstens in Umrissen erkennbare Konzeptualisierungsvorstellungen für ihre befriedigende Modellierung und zuverlässige Diagnose vor. Die Sektion Berufs– und Wirtschaftspädagogik war daher gut beraten, mit dem Beschluss eines Basiscurriculums(15) auf das Professionalisierungsprogramm zu setzen. So kann wenigstens im Prinzip sichergestellt werden, dass die notwendigen Voraussetzungen für die Entwicklung berufspädagogischer Expertise und Professionalität erworben werden. Das Erreichen dieser Expertise und Professionalität selbst hat freilich nur eine Chance, wenn die Kasuistik des Referendariats und der ihr folgenden ersten Berufserfahrung konsequent auf das erworbene Wissens– und Theoriefundament zurückbezogen wird. Dass dies in der Lehrerausbildung, insbesondere in den Studienseminaren, in aller Regel nicht funktioniert, ist sicherlich die entscheidende Schwäche des deutschen Lehrerbildungssystems (vgl. Beck 1992; s. dazu auch die differenzierte Darstellung bei Lempert 2004).
Die bisher besprochenen Aspekte stellen nicht etwa die Gesamtheit dessen dar, was in der Lehrerausbildung überhaupt als Gegenstand einer Standardvorgabe in Frage kommt, auch wenn sich die allgemeine Diskussion auf sie kapriziert. Vielmehr gibt es weitere, womöglich programmatisch verschwiegene Standardisierungskandidaten, von denen durchaus beachtliche Qualitätszugewinne für die Lehrerausbildung erwartet werden dürfen. Sie geraten in unser Blickfeld, wenn wir das Ausbildungsgeschehen umfassender in den Blick nehmen.
– … an der Selektion der zur Ausbildung zugelassenen Personen
("recruitment") – … an den zum Einsatz gelangenden Mitteln ("input") – … an den Ausbildungsprozessen ("throughput") – … an den zu erreichenden internen psychischen Dispositionen ("output, Stufe I") – … an den intendierten Lehrerhandlungen ("output, Stufe II") – … an den hervorbringbaren Produkten ("outcome"/"effect") |
Übersicht 2: Ansatzpunkte für Standardisierungsbestrebungen in der Lehrerausbildung
Anzusetzen wäre zunächst bei der Selektion der zur Ausbildung zugelassenen Personen, sodann natürlich bei der Qualität der einzusetzenden Mittel im weiteren Sinne (Input) und bei der Qualität der Ausbildungsprozesse (throughput). Erst dann kommen in dieser Abfolge die zu erzielenden Kompetenzen (Output, Stufe I) und die durch sie ermöglichten Lehrerhandlungen (Output, Stufe II) ins Spiel. Und schließlich gelten die Lernfortschritte und Ausbildungsergebnisse bei Schülern, der sog. Outcome, ja nicht ohne Grund als das entscheidende Erfolgskriterium. Wir werden gleich nachher [/S. 48:] noch sehen, dass man es selbst dabei nicht sein Bewenden haben lassen muss.
Ohne Zweifel haben die Autoren der KMK–Vorgaben es richtig gesehen, dass Standards funktions– bzw. institutionenbezogen differenzierungsbedürftig sind, weshalb sie die meisten von ihnen in zwei Abstufungen ausformulierten, nämlich für sog. "theoretische" und "praktische" Ausbildungsabschnitte. Und tatsächlich dürfte für Studienseminare die Frage nach dem Output im Sinne von unterrichtlicher Handlungsfähigkeit wichtiger sein als für die Universität, die, wie gesagt, m.E. mit der Umsetzung des Basiscurriculums ihrer Aufgabe der Grundlegung von Professionalität am besten gerecht wird. Dass freilich endlose Kompetenzlisten auch den Studienseminaren nicht weiterzuhelfen vermögen, ist weiter oben bereits begründet worden.
Man kann schon an der vereinfachten Grafik (Übersicht 3), die z.B. Schulen als Institutionen für Studienpraktika und für die Kooperationen der Referendarausbildung ausblendet, sehen, dass das Feld der Standardisierungsmöglichkeiten eine beachtliche Breite aufweist und jedenfalls durch die gegenwärtig diskutierten Output-Standards nur zu einem kleineren Teil ausgeleuchtet wird.
Übersicht 3: Merkmalsbereiche für Standardisierungen in institutioneller Sicht
Werfen wir wenigstens einen kurzen und sozusagen exemplarischen Blick auf die für die Universität bedeutsamen Bereiche "Eingangsqualität", "Mittel" und "Prozesse", in der analogisierenden Wertschöpfungssprache also auf "recruitment", "input" und "throughput"! Im Bereich der Eingangsselektion kommen als Standardisierungskandidaten zunächst jene relativ stabilen Personenmerkmale in Betracht, die als Prädiktoren für Studien- und Berufserfolg gelten dürfen, so z.B. Sprachfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit, Studiumsmotivation, intellektuelle Leistungsfähigkeit und Durchhaltevermögen. Eine Rolle dürfte außerdem hier sogar jene Sympathie spielen, die das auswählende Lehrpersonal für einzelne Bewerber empfindet, weil es seinerseits zu intensiverer Betreuung bereit ist, wenn es die betreffenden Studierenden in ihrer Gesamtpersönlichkeit akzeptiert.
Man wird nicht von der Hand weisen können, dass geeignete Selektionsverfahren einen erheblichen Einfluss auf die Erreichung von Output-Standards ausüben können. Dazu braucht man sich nur vor Augen zu halten, wie viel zusätzlichen Aufwand wir in die Förderung der guten Studierenden stecken könnten, wenn wir die Sonderzeiten für Beratung, Mehrfachkorrekturen und Wiederholungen mit schlechteren Studierenden einsparen würden. Auf der anderen Seite muss man natürlich sehen, dass wir hinsichtlich der Validität und der relativen Bedeutung einzelner Selektionskriterien durchaus spekulieren müssen.
Ein weiterer bedeutsamer Merkmalsbereich ist der Input, der keineswegs nur das bereits besprochene Basiscurriculum umfasst. Hier rücken Merkmale in den Blick, die zwar immer wieder thematisiert werden, um deren Erwähnung aber die KMK und die einzelnen Wissenschaftsminister – vermutlich weil sie nicht kostenneutral sind – "einen großen Bogen" machen. Man könnte hin und wieder sogar den Eindruck gewinnen, dass der Staub, der durch die Kompetenzdiskussion aufgewirbelt wird, jeden weiteren Standardisierungsbedarf verhüllen soll. So spielt die Hochschulausstattung in ihren verschiedenen Facetten eine ganz gewichtige Rolle. Gegenstand der Standardisierung könnte hier etwa die Mindestausstattung mit Professuren und Lehrstühlen sein, auch die Qualität der Bibliotheken, der DV–Infrastruktur und der Lehrsäle wäre hier zu nennen. Eine kompetente und gut erreichbare Studienberatung scheint mir angesichts der zunehmenden Unselbstständigkeit der Studienanfänger immer wichtiger zu werden und natürlich drückt das Massenproblem auf den Studienerfolg. Die sog. Eliteuniversitäten suchen sich nicht nur ihre Studierenden aus, sie kümmern sich auch bei günstigen Relationen von Lehrer– zu Studierendenzahlen intensiver um sie. Warum wohl kommt die KMK nicht auf die Idee, diese Dinge zu standardisieren, sie in ihren jeweils erfolgsförderlichen Qualitätsausprägungen verbindlich vorzuschreiben?
Ein letzter Merkmalsbereich, der hier Erwähnung finden soll, ist der throughput, also die prinzipiell ebenfalls standardisierbare und ebenfalls besser als die Ausprägung der Kompetenzen messbare Qualität der Lehr–Lern–Prozesse. Auch hier will ich nur auf wenige, aber m.E. bedeutsame Merkmalsgruppen hinweisen. So dürfte der Adressatenbezug der Lehre angesichts der zunehmenden Heterogenität unserer Klientel ein beachtliches Qualitätsmerkmal darstellen, ebenso das Leistungsfeedback, also etwa die Korrekturdauer für Studienarbeiten und die Differenziertheit ihrer Beurteilung. Die innere Konsistenz des gesamten Lehrangebots, der thematische Wechselbezug zwischen den Lehrveranstaltungen ist ebenfalls eine Synergie– und Qualitätsquelle für die Prozessqualität. Dass die Kollegen von der allgemeinen Erziehungswissenschaft gerade in diesem Punkt viel gesündigt haben, dass sie in der akademischen Lehre allzu oft ihre persönlichen Steckenpferde geritten und sich nicht um die Kohärenz und die inhaltliche Relevanz des Studiencurriculums gekümmert haben, ist – da muss man ihr zustimmen – ein immer wieder zu Recht genannter Stein des Anstoßes für die Bildungspolitik gewesen (vgl. Heinrich 2003). Schließlich ließe sich auch noch die exemplarische Praxis, also die Praktika, als Element der Prozessqualität [/S. 49:] standardisieren. Sie spielt in der gegenwärtigen Reformdebatte eine beachtliche Rolle, insoweit sie referendariatsverkürzend ins Studium vorgezogen werden soll. M.E. hat Fritz Oser zu Recht darauf hingewiesen, dass es nachgerade paradox ist, die Studierenden zum Kompetenzerwerb ausgerechnet an jene Praxis zu überantworten, die durch Qualitätsentwicklung allererst so gut gemacht werden soll, dass man in ihr und von ihr zuverlässig lernen kann (2004, S. 187).
Aus den gegenwärtigen Verlautbarungen der bildungspolitischen Agenten muss man den Eindruck gewinnen, sie sähen die Lehrerausbildung als die entscheidende Schwachstelle im Bildungswesen. Dabei scheinen sie eine Zusammenhangsvermutung vor Augen zu haben, die – im Stile einer Kausalkette – etwa folgendermaßen lautet (vgl. Übersicht 3, weiße Felder): Bessere Lehrerausbildung führt zu besserer Lehrerqualität – führt zu besserem Unterricht – führt zu besserer Schülerleistung – führt zu besserer Produktivität (im Sinne ökonomischen Wohlstandes) und höherer Bildung – führt zu höherer Lebensqualität. Der Outcome beschränkt sich in dieser Sichtweise nicht, wie oben angedeutet, auf Schülerleistungen allein. Und damit eröffnen sich natürlich auch weitere Felder für standardisierungssüchtige Steuerungsfunktionäre.
Die Zusammenhänge, die in der Tendenz sicherlich so bestehen, sind in der Ausbildungswirklichkeit jedoch keineswegs linear, sondern vielfach mit weiteren relevanten Faktoren vernetzt und können darüber hinaus in Wechselbeziehungen unterschiedlicher Art gebrochen werden (vgl. Terhart 2000, S. 155). Ein bildungspolitischer Eingriff an einer bestimmten Stelle der langen Wirkungskette wird daher nicht unvermittelt auf das gewünschte Ergebnis durchschlagen (vgl. ähnlich Wilbers 2004, S. 3, S. 6). Jede Station der skizzierten Kausalkette unterliegt nämlich in ihrer Ausprägung dem Einfluss von weiteren Funktionen (vgl. Cochran–Smith 2005, S. 5-7, S. 11). So hängen etwa bessere Schülerleistungen nicht allein von der Lehrerqualität ab, sondern auch von der Eingangsqualität der Schüler, von den Ausstattungsbedingungen und vom lernförderlichen Milieu der Schule, von der Größe der Schulklasse usw. (vgl. Übersicht 3, graue Felder; Terhart 2003, S. 170). Jeder dieser Faktoren kann seinerseits Qualitätsverän–
Übersicht 4: Hypothetische "Wertschöpfungskette" für Bildung, Produktionsleistung und Lebensqualität
derungen der anderen kompensieren, konterkarieren oder auch potenzieren. Und einige von ihnen üben auf andere womöglich eine schwellenwertgebundene Deckelungsfunktion aus, die bewirkt, dass erst ab einem bestimmten Qualitätsniveau des einen Faktors Verbesserungen der anderen Faktoren auf das Endprodukt durchschlagen können. So bliebe – um ein zugegebenermaßen extremes Beispiel zu nennen – die Verbesserung der Lehrerqualität in der Unterrichtung von Datenverarbeitung sicherlich weitgehend folgenlos, wenn in der Ausstattung der Schule gar keine Computer enthalten wären. Ebenso wäre von der Erhöhung der Praxis [/S. 50:]
Übersicht 5: Wirkungsgefüge qualitätsrelevanter Faktoren im (Aus–) Bildungsprozess (Bores 2004)
anteile in der Lehrerausbildung keine günstige Wirkung zu erwarten, wenn die dort zu machenden Erfahrungen nicht systematisch ausgewertet werden.
Analysiert man das Zusammenhangsgeflecht etwas differenzierter, so zeigt sich, dass allein schon der Erfolg des schulischen Teils der Berufsausbildung in ein noch viel weiter verzweigtes und durch viele Interdependenzen charakterisiertes Kausalnetz eingebettet ist, als es die bisherige Darstellung angedeutet hat. Ein Blick auf die Grafik, die Marion Bores (2004) zur Darstellung der relevanten Wechselbezüge entwickelt hat, vermittelt m.E. einen recht guten Eindruck von diesem Sachverhalt (vgl. Übersicht 4). Ganz so schlicht, jedenfalls wie fast alle Bildungspolitiker und freilich auch so manche "Bildungswissenschaftler" – wie sie ja neuerdings heißen – zu glauben scheinen und wie es in den von ihnen vorgeschlagenen oder bereits ergriffenen Maßnahmen zum Ausdruck kommt, liegen die Dinge in der Bildungsrealität bestimmt nicht. Wenn schon um der Qualitätsentwicklung willen Standards für die Lehrerausbildung unumgänglich erscheinen, so wird man ohne ein integratives Konzept, das an mehreren Stellen zugleich angreift (vgl. Korthagen 2004), kaum messbare oder doch wenigstens "fühlbare" Erfolge erzielen. Und es dürfte nach allem deutlich geworden sein, dass die Lehrerkompetenzen, also der output der Stufe I, kaum zu jenen Stellgrößen rechnen, die für solch einen simultanen Mehrfacheingriff in erster Linie in Frage kommen. Die Erfolgschancen dürften ungleich höher und die erreichbaren Qualitätszugewinne deutlich besser sein, wenn sich Standardisierungsmaßnahmen auf die oben genannten Bereiche (1) der Eingangsqualifikation der Studierenden, (2) der input-Qualität und (3) der Prozessqualität der Ausbildung richten. So viel Einsicht sollten zumindest diejenigen aufbringen, die es – trotz ihrer schlechten Lehrer? – bis zur Mitgliedschaft in der KMK gebracht haben. [/S. 52:]
(1) Vortrag bei der vlw–Hochschullehrertagung in Fulda am 26.11.2005; überarbeitetes Manuskript.
(2) Das Thema "Lehrerqualität" ist selbstverständlich nicht etwa neu. Bereits vor 200 Jahren – und dies ist zweifellos nicht das allererste Dokument – erschien Christian Gotthilf Salzmanns "Ameisenbüchlein", eine "Anweisung zu einer vernünftigen Erziehung der Erzieher". Und bis heute sind seither immer wieder Fragen zur Lehrerausbildung im allgemeinen (vgl. Sandfuchs 2004 und die dort angegebenen Quellen), aber auch speziell zu "Standards" in der Lehrerausbildung (vgl. die Zusammenstellung bei Brügelmann 2003) aufgeworfen und erörtert worden. Zur aktuellen Diskussion vgl. auch das Themenheft 12/2005 von "Forschung und Lehre", der Zeitschrift des Hochschulverbands. – Einen Einblick in die Entwicklung der Berufsschullehrerausbildung gibt Bonz (1992). Vgl. zur letzteren auch Zabeck (1993).
(3) Stefan Winter spricht in diesem Zusammenhang völlig zu recht von einer Politik der "Elimination von Kontrollgruppen" (2005).
(4) Wobei man freilich hinzufügen muss, dass keineswegs alle diese Reformen freiwillig, sondern vielmehr unter einem ganz ungewöhnlich hohen politischen Druck erfolgen, wie er lange nicht auf Universitäten ausgeübt worden ist.
(5) Für vergleichbare Entwicklungen in den USA siehe Korthagen 2004, S. 78. Dass es auch knapper geht, zeigt Fend, der insgesamt vier Lehrerkompetenzen ("Aufgabenkreise") unterscheidet (vgl. 2001, S. 348-353): 1. Fachkompetenz und didaktische Kompetenz, 2.Pädagogisch–psychologische, insbesondere diagnostische Kompetenz, 3. Soziale und politische Kompetenz, 4. Selbstkompetenz, Selbstreflexivität. Ein anderes sparsameres Konzept legt das "Interstate New Teacher Assessment and Support Consortium (INTASC)" mit insgesamt zehn Kompetenzen vor (1992).
(6) Auf diesen Punkt hat mich Univ.–Prof. dr. dr. h.c. Adolf Kell hingewiesen.
(7) Solche Versuche sind in den USA schon in den 70er Jahren unternommen worden (vgl. Bates 1973).
(8) In ihrer "Presidential Address" beim Jahreskongress 2005 der AERA in Montreal kommt auch Marilyn Cochran–Smith (2005) auf die Defizite der "outcome"–Orientierung zu sprechen ("The Outcome Trap"; S. 11-12). Es ist zumindest irritierend, wie oberflächlich die Dinge an so prominenter Stelle besprochen werden. So gelangt Cochran–Smith in unserem Zusammenhang u.a. zu der "Einsicht", dass die Fokussierung der Lehrerausbildung auf die Aufgabe, Schüler für ihre Rolle im Erwerbsleben zu qualifizieren, als Engführung ("a narrow and reductionist version"; S. 12) zu betrachten sei. Dieser "vocationalism" müsse als eine verfehlte Variante der output–Orientierung betrachtet werden.
(9) Diese Auffassung vertritt – mit erheblichen Folgen – vor allem auch die KMK. In ihren Papieren zur Akkreditierung von Studiengängen geht sie davon aus, dass die "Verstärkung des Wettbewerbsgedankens durch betonte Differenzierung der Studieninhalte bei gleich lautender Bezeichnung der Studiengänge" eine wichtige Aufgabe der BA/MA–Reform sei, deren Erfolg durch die Vorgabe von output–Standards gesichert zu werden vermöge (z.B. KMK 2002, S. 3-4).
(10) Vgl. zum Grundsätzlichen Kirchhof 2003.
(11) Rheinland–Pfalz schreibt nicht nur den output der Stufe I vor, sondern auch Struktur und Inhalt des gesamten Arrangements (vgl. Saterdag 2004). Es lässt keinerlei Spielräume für lokale Profilbildungen offen, ohne freilich die Erreichbarkeit der gesetzten Kompetenzziele durch den vorgeschriebenen input und throughput in irgend einer Weise gewährleisten zu können.
(12) Das kann man auch an den folgenden beiden nahezu beliebig herausgegriffenen Beispielen prüfen: "Die Absolventinnen und Absolventen wissen, wie man Lernende aktiv in den Unterricht einbezieht und Verstehen und Transfer unterstützt." (ebd. S. 8, Sp. 1). Oder: "Die Absolventinnen und Absolventen kennen interkulturelle Dimensionen bei der Gestaltung von Bildungs- und Erziehungsprozessen." (ebd. S. 9, Sp. 1).
(13) Das ist die andere Seite des von Jürgen Zabeck (1982) kritisierten "didaktischen Illusionismus": Wer gänzlich darauf verzichtet, Curricula unter dem Anspruch von "Machbarkeit" und kausaler Relevanz für die Zielerreichung zu entwickeln, gerät schnell in jene Lage, die Zabeck den "Curriculumtechnologen" attestiert, nämlich den Realitätsbezug zu verlieren.
(14) Vgl. z.B. die einschlägigen Texte von Heinrich 2005; Saterdag 2003; 2004 und Thierack 2002 u.v.a.m., in denen Professionalisierung und Standardisierung in eins gesetzt werden.
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Dirk Loerwald und Andreas Zoerner gehen der Frage nach, inwieweit sich Standards für die Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern der ökonomischen Bildung formulieren lassen. Vor dem Hintergrund der hochschulpolitischen und bildungstheoretischen Rahmenbedingungen schlagen sie Mindeststandards unter dem Label "Ökonomische Bildung" für alle Lehramtsstudiengänge vor und stellen exemplarisch das Münsteraner–Modell" vor.
Im Rahmen der Umstellung auf eine neue Steuerung im deutschen Bildungswesen wird die herkömmliche Inputorientierung um Elemente der Outputkontrolle ergänzt. Die Entwicklung von Standards und die Überprüfung der Standarderreichung sind zentrale Elemente in diesem bildungspolitischen Reformprozess. Bildungsstandards – so die Hoffnung – können den Lernenden ebenso wie den Lehrenden Orientierung stiften, indem sie Transparenz über die erwarteten Leistungen herstellen. Sie sind – für alle gleichermaßen verbindliche – Zielvorgaben. Damit fördern sie nicht nur den pädagogischen Zielsetzungsprozess, sondern sorgen darüber hinaus auch für ein Mindestmaß an Gleichheit der Abschlüsse und schützen vor Beliebigkeit.
Die Deutsche Gesellschaft für Ökonomische Bildung (DeGöb) hat im Mai 2004 ein Kompetenzmodell und – darauf aufbauend – abschlussbezogene Bildungsstandards für die ökonomische Bildung für den mittleren Schulabschluss veröffentlicht. Damit liegt ein erster Entwurf vor, der all die Unterrichtsfächer auf den bildungspolitischen Paradigmenwechsel von der Input- zur Outputsteuerung vorbereiten soll, in denen die ökonomische Bildung curricular verankert ist.
Insbesondere vor dem Hintergrund der aktuellen deutschlandweiten Studienreformen stellt sich nun auch die Frage, ob und wie Standards für die Lehrerbildung definiert werden können. Zur Auseinandersetzung mit dieser Fragestellung im Rahmen der ökonomischen Bildung hat sich im Anschluss an die DeGöb–Jahrestagung im März 2005 auf Initiative von Andreas Fischer eine Arbeitsgruppe gebildet, deren Aufgabe es ist, einen Entwurf für ein Memorandum "Lehrerausbildung und ökonomische Bildung im BA und MA" zu erarbeiten(2). In einem solchen Memorandum ist unter Berücksichtigung der Rahmenbedingungen des Bolognaprozesses und der bildungstheoretischen Zielsetzungen einer ökonomischen Bildung die Frage zu beantworten: Was sollen Lehramtsstudierende in der ökonomischen Bildung am Ende ihres Studiums wissen und was sollen sie können? Mit anderen Worten: Lassen sich – auch über die Grenzen von Bundesländern hinweg – Standards formulieren, denen eine professionelle Ausbildung von Lehrkräften der ökonomischen Bildung folgen sollte? Um die Auseinandersetzung mit dieser Fragestellung geht es in dem vorliegenden Diskussionsbeitrag.
Vorweg vier grundsätzliche Anmerkungen:
Im Folgenden sollen zunächst die hochschulpolitischen und die bildungstheoretischen Rahmenbedingungen für die Konzeption von Standards für die Lehrerbildung in der ökonomischen Bildung dargelegt werden. Daran anknüpfend stellen wir unseren Entwurf dar und erläutern die sich daraus ergebenden Konsequenzen für die Konzeption von Studiengängen. Abschließend veranschaulichen wir die theoretischen Ausführungen exemplarisch an dem in Münster bereits akkreditierten Bachelor ‚Ökonomik' und den dazu geplanten Masterstudiengängen.
Bundesweit werden in den Hochschulen und Universitäten umfangreiche, insbesondere personelle Ressourcen für die Einführung eines Systems gestufter Studiengänge beansprucht. Die ersten Modellversuche laufen und diverse Bachelorstudiengänge sind bereits akkreditiert. Auch wenn der Studienreformprozess von mannigfacher Kritik begleitet wird (vgl. z.B. van Lith 2005), so birgt er für die Einführung von Bildungsstandards in der Lehrerbildung eine große Chance. Die Standards müssen nicht nachträglich in bestehende Studiengänge implementiert werden, sondern können bei der Neukonzeption von Lehramtsstudiengängen, also bereits in deren Entwicklungsphase, Berücksichtigung finden. Durch die Stärkung fachwissenschaftlicher Studienanteile in der Bachelorphase kann eine solide und systematisch aufeinander aufbauende fachliche und fachdidaktische Lehramtsausbildung sichergestellt werden. Dies impliziert umgekehrt, dass die durch die aktuelle Studienreform gegebenen Rahmenbedingungen bei der Entwicklung von Standards mitzudenken sind.
Die aktuelle Studienreform in den deutschen Universitäten und Hochschulen ist Bestandteil des europaweiten Bologna–Prozesses und im Wesentlichen gekennzeichnet durch die Einführung eines Systems vergleichbarer Abschlüsse (sechssemestriger Bachelor mit einem Workload von 180 Leistungspunkten/ viersemestriger Master mit einem Workload von 120 LP/ Ausstellung eines Diploma Supplement etc.), durch die Einführung eines Studiensystems, das sich im Wesentlichen auf zwei Hauptzyklen stützt (konsekutive Studiengänge/ Polyvalenz), durch die Einführung eines Leistungspunktesystems, durch die Modularisierung des Veranstaltungsangebotes und durch die Förderung der internationalen Mobilität in und nach dem Studium, der europäischen Zusammenarbeit sowie der erforderlichen europäischen Dimension im Hochschulbereich (vgl. Bologna–Deklaration vom 19.06.1999).
In Bezug auf die Lehrerbildung ist die geforderte Polyvalenz des Bachelorabschlusses der strittigste und mit den meisten Herausforderungen verbundene Aspekt im Rahmen dieser Studienreform (vgl. z.B. Tramm 2001). Den Lehramtsabschluss innerhalb eines Systems polyvalenter Studiengänge zu verankern, hat zur Folge, dass die Inhalte des Bachelorstudiums für mehr bzw. auch anderes als den Lehrerberuf qualifizieren müssen. Dies bedeutet, dass Lehramtsspezifisches eben nicht im Vordergrund der Bachelorausbildung stehen kann. Dies legt eine weitgehende Aufteilung der fachwissenschaftlichen und fach– sowie allgemeindidaktischen Studienanteile auf die beiden Studienstufen nahe und impliziert gleichsam den Ausstieg aus einer grundständigen Lehramtsausbildung. In der Bachelorphase findet vor allem die fachwissenschaftliche Ausbildung statt. Angesichts der mit dem Bachelorabschluss angestrebten Polyvalenz bedeutet dies, dass sich fachwissenschaftliche Studieninhalte sowohl an den Bedürfnissen späterer Lehrkräfte orientieren als auch eine möglichst breite und anschlussfähige fachwissenschaftliche Grundlage legen müssen. Erst der Master schließt mit einem für das Lehramt qualifizierenden Abschluss ab. Damit wird auch dem sachlogischen Zusammenhang von Inhalt und Methodik Rechnung getragen: Inhalte beziehen sich auf das "was?", Methodik auf das "wie?". Letztere ist sachlogisch nachzulagern.
Ein solches Modell polyvalenter Lehramtsstudiengänge wird innerhalb der Bildungswissenschaften kontrovers diskutiert. Kernpunkte der Kritik am polyvalenten BA/MA–Modell sind zum einen didaktisch–pädagogische Bedenken, die eine professionelle Ausbildung von Lehrkräften nur im Rahmen von grundständigen Lehramtsstudiengängen gewährleistet sehen. Zum anderen sind dies organisatorische Probleme der Vereinbarkeit eines Lehramtsstudiums mit anderen universitären Studienabschlüssen, denn Lehramtsstudiengänge sind aufgrund staatlicher Rahmenvorgaben und der Bündelung verschiedener Fächer innerhalb eines Studienganges schon immer schwer mit anderen Studiengängen vereinbar gewesen.
Wir halten gleichwohl die Umstellung der Lehramtsstudiengänge auf ein konsekutives Studienmodell für einen richtigen und zukunftsfähigen Weg. Vor allem drei Gründe sprechen u.E. für eine solche Reform: Erstens birgt die Einführung polyvalenter Bachelorstudiengänge für die Studierenden den Vorteil der internationalen Mehrwertigkeit (Vergleichbarkeit, Austauschbarkeit von Studienelementen etc.) und der Vielfalt an Studienoptionen. Verzichtet man auf Polyvalenz, dann verzichtet man auch auf diese Vorzüge. Zweitens würden eigenständige Lehramtsstudiengänge in einem System gestufter Studiengänge an den Hochschulen zunehmend an den Rand gedrängt, wenn sie zwar formal gestuft angeboten würden, Polyvalenz in der Bachelorphase dabei jedoch faktisch ignoriert würde. Ein Ausstieg aus ‚echten' BA/MA–Modellen wäre vorprogrammiert, wenn spezielle BA–Abschlüsse lediglich für das Lehramt qualifizieren. Drittens ist auch für ein Lehramtsstudium das fachwissenschaftliche Studium die unverzichtbare Basis, sodass mit einem eher fachwissenschaftlichen Bachelor und einem nachgelagerten (fach–) didaktischen Lehramtsmaster ein systematischer Studienaufbau gewährleistet werden kann. Dass dies nicht nur eine wissenschaftstheoretische Position, sondern auch ein konkretes Anliegen von Lehrkräften aus der Schule ist, belegt die Kritik der Lehrerverbände an der geplanten Studienreform in Rheinland-Pfalz (vgl. Philologenverband 2002).
Neben den Rahmenbedingungen, die durch die Umstellung der Lehrerbildung auf BA/MA–Studiengänge gesetzt sind, steht die ökonomische Bildung vor besonderen Herausforderungen, wenn es darum gehen soll, Standards für die Lehrerbildung zu entwickeln.
Kompetenzmodelle und Bildungsstandards sind immer an ein bestimmtes Unterrichts– bzw. Studienfach gekoppelt, ganz gleich ob sie für Schülerinnen und Schüler oder für Lehramtsstudierende formuliert werden. So entwickelt bspw. die Geographiedidaktik Standards für den Erdkundeunterricht bzw. für das Lehramtsstudium im Fach Geographie. Gleiches gilt für die Mathematikdidaktik, die Didaktik des Faches Deutsch etc. Für die ökonomische Bildung gibt es aber an Schulen in der Regel kein eigenes Unterrichtsfach, nicht einmal ein einheitliches Ankerfach. Sie ist bundesweit in den unterschiedlichsten Schulfächern verankert. In einigen wenigen Bundesländern ist sie – vor allem in der Berufsbildung – in eher wirtschaftswissenschaftlich orientierten Fächern verankert. In der Regel wird sie aber – und dies gilt insbesondere für die allgemein bildenden Schulen – in sozialwissenschaftlich ausgerichtete Integrationsfächer eingebettet oder ist Bestandteil anderer gesellschaftswissenschaftlicher Unterrichtsfächer wie etwa Geschichte oder Erdkunde (vgl. ausführlich Schlösser, Weber 1999, S. 40 ff.). Dies birgt für die entsprechenden Lehramtsstudiengänge das Problem, dass die Stundendeputate, die der ökonomischen Bildung zugewiesen werden, von Fach zu Fach höchst unterschiedlich und in der Regel relativ gering sind (vgl. zur Situation in NRW Krol 2004, S. 60 f.).
Es stellt sich die Frage, wie angesichts unterschiedlicher und zum Teil fehlender fachlicher Verankerung einheitliche Standards für die ökonomische Bildung in der Lehrerausbildung konzipiert werden können, sodass sie als Richtschnur für die unterschiedlichen Lehramtsstudiengänge dienen können. Wir schlagen als Lösungsweg vor, Mindeststandards zu formulieren, die für alle Lehramtsstudiengänge gelten sollen, die das Label "Ökonomische Bildung" (mit–) tragen. Studiengangspezifische Ausgestaltungen vor Ort können darüber hinaus im Rahmen eines Wahlpflichtbereichs ermöglicht werden (vgl. ausführlich Abschnitte 3 und 4).
Das Fehlen eines Unterrichtsfaches für die ökonomische Bildung ist außerdem mit Konsequenzen für die fachdidaktische Forschung an den Universitäten verbunden. Ein einheitliches Verständnis ökonomischer Bildung oder zumindest eine konsensfähige Basis, die sich auf gemeinsam geteilte wissenschaftliche Kriterien beruft, existiert nicht. Im Folgenden wollen wir unsere Position und damit die theoretische Grundlage für die unter Punkt 3 dargestellten Standards skizzieren.
Bisherige Erfahrungen zeigen, dass sich wirtschafts- und gesellschaftsrelevantes Wissen als ein Instrument zur Beschreibung und Analyse der modernen Gesellschaft nicht allein durch Lebenserfahrung vermittelt. Angesichts der hier allgegenwärtigen Gefahr des Trugschlusses von Verallgemeinerungen stehen nicht hinterfragte Alltagstheorien unter latentem Ideologieverdacht. Ökonomische Bildung in der Schule verlangt daher eine solide fachwissenschaftliche und fachdidaktische Ausbildung der Lehrkräfte. Über Fragen der fachdidaktischen Anteile der Lehramtsausbildung z.B. in Bezug auf Lerntheorien oder den Einsatz handlungsorientierter Lehr–Lern–Methoden gibt es in der "scientific community" der ökonomischen Bildung kaum Differenzen. Kontrovers wird hingegen die Frage nach der fachwissenschaftlichen Grundlage einer ökonomischen Bildung diskutiert (vgl. z.B. sowi–onlinejournal 2001 [12]). Insbesondere wird der Stellenwert der Ökonomik als Bezugswissenschaft für die ökonomische Bildung unterschiedlich gewichtet. Auf der einen Seite gibt es zahlreiche Veröffentlichungen, die die Bildungsrelevanz des ökonomischen Denkansatzes darlegen (vgl. exemplarisch Krol 2001; Kruber 2000; oder Kaminski 2002). Auf der anderen Seite wird auch von manchen Fachdidaktikern gesellschaftswissenschaftlicher Disziplinen die Bedeutung der Ökonomik für den Fachunterricht mit Bezug auf den Integrationscharakter gesellschaftswissenschaftlicher Fächer in Frage gestellt. So behauptet z.B. Reinhold Hedtke als Vertreter der ökonomischen (und der politischen) Bildung in einer etwas merkwürdigen Dialektik, die Ökonomik könne nichts zur Ökonomisierung der Lebensbereiche sagen, da sie jegliches Handeln als ökonomisches Handeln interpretiere und somit den Unterschied zum nicht–ökonomischen Handeln nicht sehen könne (vgl. Hedtke 2005, S. 10).
Eine einheitliche, konsensfähige theoretische Basis der ökonomischen Bildung gibt es nicht (vgl. Retzmann 2005, S. 51 ff.) und deshalb muss auch im Rahmen dieses Papiers expliziert werden, welche Bezugswissenschaft für die Entwicklung der Lehrerbildungsstandards in der ökonomischen Bildung zugrunde gelegt wurde. Wir sehen ganz im Einklang mit den DeGöb–Bildungsstandards für den mittleren Schulabschluss (vgl. Retzmann 2005, S. 52) und im Anschluss an den wirtschaftsdidaktischen Mainstream im Forschungsprogramm der Ökonomik den zentralen fachwissenschaftlichen Bezugspunkt für die Konzeption von Bildungsstandards in der ökonomischen Bildung. Da Kompetenzen und Bildungsstandards an die Strukturen und Inhalte der jeweiligen Disziplin gekoppelt sind, für die sie formuliert werden, folgt daraus, dass sich Bildungsstandards in der ökonomischen Bildung – auch wenn sie in den meisten Bundesländern als Teil eines Integrationsfaches vermittelt wird – auf die originäre ökonomische Perspektive innerhalb dieser Integrationsfächer beziehen müssen.
Die Literatur zu Bildungsstandards und Kompetenzen ist mittlerweile unübersichtlich geworden, ohne dass bisher allgemein anerkannte Begriffsdefinitionen vorliegen, die eine Identifikation von Abgrenzungen und Überschneidungsbereichen der beiden Begriffe ermöglichen. Mal werden Kompetenzen den Standards untergeordnet (so bspw. bei Maag Merki 2005), mal beziehen sich die Standards auf übergeordnete Kompetenzen (z.B. KMK 2004), mal sind beide Begriffe nahezu austauschbar – etwa wenn "Kompetenzen als Bildungsstandards definiert werden" (Maag Merki 2005, S. 12). Wir folgen in unserem Vorschlag maßgeblichen Vertretern in dieser Diskussion (Klieme; Oelkers; Terhart; KMK) und benennen zunächst Kompetenzen, die durch die Erreichung bestimmter Standards erlangt werden. Kompetenzen sind in diesem Verständnis "berufsbezogene Fähigkeiten einer Lehrerin und eines Lehrers, die im Verlauf der Ausbildung erworben werden." (Oelkers 2005b, S. 10). Standards konkretisieren diese und machen sie überprüfbar.
Allgemein formuliert orientieren sich die in Bildungsprozessen angestrebten Kompetenzen an Bildungszielen. Für die Lehrerbildung lässt sich analog formulieren, dass sich die in den verschiedenen Ausbildungsphasen angestrebten Kompetenzen an den maßgeblichen Ausbildungszielen orientieren. Spricht man im Zusammenhang der Lehrerbildung von Bildungszielen, so sind zwei Zielebenen voneinander zu unterscheiden: Die Ziele, die mit der Ausbildung der Lehrkräfte verfolgt werden, und die Ziele, die mit der Arbeit der Lehrkräfte als mit der Durchführung von Unterricht Betraute – hier im Rahmen der ökonomischen Bildung – verbunden sind, also Ziele von Bildungsprozessen in der Schule. Beide Ebenen sind aufeinander zu beziehen:
Das Bildungsziel der schulischen ökonomischen Bildung weist, cum grano salis, zwei wesentliche Aspekte auf: Zunächst unterliegt die schulische ökonomische Bildung den übergeordneten Bildungszielen der allgemein bildenden Schulen. Ziel von Bildungsprozessen ist der in einer demokratischen Gesellschaft selbst verantwortet und selbstständig handelnde Mensch, der seine eigene Lern– und Entwicklungsfähigkeit (er–)kennt und über ein angemessenes fachliches und wertbesetztes Fundament für Entscheidungen innerhalb seiner Lebenswelt verfügt. Dies ist verwoben mit dem zweiten Aspekt: Ökonomische Bildung soll ihre Adressaten in die Lage versetzen, in ökonomisch geprägten Lebenssituationen sachgerecht und reflektiert zu handeln sowie sachlich und wertebezogen reflektiert an der (Diskussion über die) Gestaltung der Gesellschaft teilzuhaben.(4)
Auch wenn es keinen direkten Ableitungszusammenhang von Schüler- zu Lehrerkompetenzen geben kann, so muss es doch Ziel der Lehrerausbildung im Bereich der ökonomischen Bildung sein, Lehrkräfte zu qualifizieren, den Adressaten schulischer Bildungsprozesse die Erreichung der oben genannten Ziele zu ermöglichen. Am Ende der Lehrerausbildung sollten Lehrkräfte also mit entsprechenden Kompetenzen ausgestattet sein.
Es erscheint sinnvoll, die im Zuge der Lehrerausbildung zu erwerbenden Kompetenzen in zwei Dimensionen zu unterteilen: Zum einen bedarf es überfachlicher Kompetenzen, die auf eine allgemeine professionelle Kompetenz von Lehrkräften abzielen, zum anderen ist eine Definition fachlicher Kompetenzen unabweisbar (vgl. Oelkers 2005b, S. 11). Kompetenzen und Standards im Bereich der ökonomischen Bildung können sich also selbstredend nur auf einen Teilaspekt der Lehrerausbildung beziehen.
Zu den unabweisbaren überfachlichen Kompetenzen von Lehrkräften gehören stets unverzichtbare Fähigkeiten, die nicht allein – und sicherlich auch nicht in erster Linie – durch die Ausbildung im Bereich der ökonomischen Bildung erworben werden können. Beispielhaft werden hier mit Jürgen Oelkers genannt:
Die fachlichen Kompetenzen wiederum weisen sowohl eine Wissensdimension als auch eine Vermittlungsdimension auf. Standards, die Kompetenzen für die Lehrerausbildung im Bereich der ökonomischen Bildung operationalisieren, sind für beide Dimensionen zu entwickeln (vgl. Terhart 2002, S. 34 f.). Damit geht unser Vorschlag für Standards der Lehrerbildung im Bereich der ökonomischen Bildung von zwei fachlichen Kompetenzbereichen aus: Dem Kompetenzbereich "Wissen und Verstehen" (Wissensdimension) sowie dem Kompetenzbereich "Lehr–Lern–Prozesse anbahnen" (Vermittlungsdimension).
Mit diesem Vorschlag möchten wir nicht die Schlüssigkeit anderer Systematiken
von Bildungsstandards bestreiten, die sich jedoch i.d.R. (auch) auf überfachliche
Kompetenzen beziehen. So erscheint uns die Systematik der KMK mit den Kompetenzbereichen
Unterrichten, Erziehen, Beurteilen und Innovieren für die Bildungswissenschaften
durchaus sinnfällig, doch sie bezieht sich auf "die ganze Lehrkraft"
und meint ausdrücklich nicht Standards für die (Unterrichts–)
Fächer (KMK 2004, S. 1).
Die Formulierung von Bildungsstandards mag zu einer aller oben angegebenen Kompetenzdimensionen möglichst vollständig umfassenden Nomenklatur verführen. Angesichts der Knappheiten in der Praxis und der daraus resultierenden Zwänge, eine Auswahl treffen zu müssen, beinhalten solche umfassenden Nomenklaturen immer ein Element von faktischer Beliebigkeit. In der pädagogischen Diskussion zu den Kriterien ‚guter' Bildungsstandards ist hier die Rede von "Fokussierung" (Klieme 2003, S. 24 ff.) oder von "Knappheit" (Böttcher 2005). Wir haben deshalb den nachfolgenden Vorschlag bewusst überschaubar gehalten und auf das konzentriert, was wir für die ökonomische Bildung für originär und unverzichtbar (nicht, was wir insgesamt für wünschbar) halten. Standards beanspruchen, ubiquitär gültige Festlegungen zu sein, die verbindlich, umsetzbar, erreichbar und überprüfbar sind und sich dabei auf das Wesentliche beschränken. Mit dem folgenden Vorschlag haben wir versucht, diesem Anspruch Rechnung zu tragen.
Kompetenzbereich I: "Wissen und Verstehen" – Wissensdimension
Kompetenz 1.1: Lehrkräfte verstehen Struktur, und zentrale Konzepte der Wirtschaftswissenschaft
Kompetenz 1.2 Lehrkräfte können wesentliche einzel- und gesamtwirtschaftliche Strukturen und Zusammenhänge entdecken, beschreiben, analysieren und darstellen
Kompetenz 1.3: Lehrkräfte können Darstellungen und Veröffentlichungen zu ökonomischen Sachverhalten kompetent und angemessen einordnen
Kompetenz 2.1: Lehrkräfte planen Unterricht fach– und sachgerecht und führen ihn sachlich und fachlich korrekt durch.
Kompetenz 2.2: Lehrkräfte wissen um den Beitrag der ökonomischen Bildung zu Fragen der Dauerhaftigkeit und Gültigkeit von Werten und können diesen bei wertbehafteten Konflikten im Rahmen der Wertebildung von Schülerinnen und Schülern nutzen.
Kompetenz 2.3: Lehrkräfte können ein breites Spektrum von Unterrichtsmethoden anwenden und reflektieren und beherrschen adressatenbezogene Vermittlungstechniken.
Kompetenz 2.4: Lehrkräfte fördern die Fähigkeiten von Schülerinnen und Schülern zum selbstständigen Lernen und Arbeiten.
Kompetenz 2.5: Lehrkräfte sollten mit Hilfe der ökonomischen Bildung einen Beitrag zur Berufswahl von Schülerinnen und Schülern leisten können.
Dieser Katalog von anzustrebenden Kompetenzen und konkretisierenden Standards kann zunächst nur Vorschlagscharakter haben. Offen sind für uns u.a. noch die Fragen,
Die oben beschriebenen Bildungsstandards sollten nun den Ausgangspunkt für die inhaltliche Gestaltung der ökonomischen Anteile – gemeint sind hier fachwissenschaftliche und fachdidaktische Studienanteile – der Lehrerausbildung bilden. Sie sind im Rahmen von BA/MA–Studiengängen bei der Konzeption und Beschreibung von Modulen zu berücksichtigen. Dadurch werden die Zusammenhänge zwischen dem Input (zu studierende Module) und dem erwarteten Output (Standards) deutlich. Aufgrund der Besonderheiten der ökonomischen Bildung, die in die verschiedensten Unterrichtsfächer und Studiengänge integriert stattfindet (vgl. Abschnitt 2.1), schlagen wir eine Aufteilung in Pflicht– und Wahlpflichtanteile vor. Dadurch können die Module präzise formuliert werden, aber gleichsam eine flexible Ausgestaltung vor Ort ermöglichen. Versucht man dies für ein Basiscurriculum für die ökonomische Bildung in der Lehrerbildung zu konkretisieren, so kann man sich den zu vermittelnden Studieninhalten von zwei Seiten her nähern: Zum einen von den Notwendigkeiten einer systematisch aufgebauten Wissenschaft her, die bestimmte Grundvoraussetzungen für die Auseinandersetzung mit ökonomischen Fragestellungen verlangt. Zum anderen von den als zukunftsbedeutsam identifizierten und als solche in schulischen Curricula verankerten Themenfeldern. Aus einem solchen Zugang, der Lehrkräften die Bearbeitung von für die Gestaltung der Gesellschaft relevanten Fragestellungen auf einer soliden fachwissenschaftlichen Grundlage erlaubt, lässt sich folgende Grobstruktur eines Basiscurriculums ableiten.
Das IÖB Münster bietet ab dem Wintersemester 2005/ 2006 im Rahmen eines Zwei–Fach–Bachelors (Studium zweier gleichwertiger Fächer) den Studiengang Bachelor Ökonomik an. Dieser ist die Grundlage für die Nachfolge der Studienfächer Magister–Nebenfach Wirtschaftspolitik, Lehramt Sek. II Sozialwissenschaften und Lehramt BK Wirtschaftslehre/ Politik sowie für den neu einzurichtenden Studiengang "Wirtschaftswissenschaft (berufliche Fachrichtung)" für das Lehramt am Berufskolleg.
Der Bachelor Ökonomik hat einen Umfang von 80 Leistungspunkten und besteht aus einem Kernanteil von 50 Leistungspunkten sowie einem Wahlpflichtteil im Umfang von 30 Leistungspunkten.(5) Dieser Wahlpflichtteil dient der individuellen Profilbildung der Studierenden und kann auch für die Vorbereitung eines späteren Masterstudiums, das zum Lehramt führen soll, genutzt werden. Je nach angestrebtem Lehramt können dazu verschiedene Wahlpflichtmodule auch anderer Fakultäten und Fachbereiche studiert werden, die in zum Lehramt führenden Masterstudiengängen vorausgesetzt und dort durch weitere Studien vertieft werden.
Der Kernanteil des BA Ökonomik sieht innerhalb von drei Studienjahren das Studium von fünf Pflichtmodulen vor:
Es sei an dieser Stelle betont, dass in Münster diese fachwissenschaftlichen Grundlagen nicht in gemeinsamen Veranstaltungen mit den (ehemaligen) Diplomstudierenden, sondern in eigenen Veranstaltungen erworben werden. Diese weisen nach Tradition des IÖB Münster einen besonderen problem– und adressatenorientierten Zugang auf.
Nach eigener Wahl können die Studierenden den Kernanteil durch verschiedene dafür ausgewiesene Wahlpflichtmodule im Umfang von 30 Leistungspunkten ergänzen. Zur Vorbereitung auf ein zukünftiges Lehramtsstudium (in der Masterphase) können dazu auch Module der Politikwissenschaft und der Soziologie angewählt werden, da diese Disziplinen in Nordrhein–Westfalen gemeinsam mit der Ökonomie das Schulfach Sozialwissenschaften bilden (vgl. untenstehende Abbildung). Unabhängig von der Wahl der Wahlpflichtmodule lautet der Studienabschluss Bachelor Ökonomik. Es wird der Titel eines Bachelor of Arts verliehen. Das Diploma Supplement weist die individuellen Pflicht– und Wahlstudien aus. Auf diese Weise wird die Polyvalenz des Studiengangs garantiert. Möglich sind mit dem BA Ökonomik sowohl ein Berufseinstieg als auch ein fachliches oder lehramtsbezogenes Masterstudium.
(1) Für zahlreiche Anmerkungen und konstruktive Kritik danken wir Prof. Dr. Gerd–Jan Krol/ IÖB Münster.
(2) Wir danken den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Lüneburger Workshops für Anregungen und Kritik.
(3) Die Notwendigkeit der häufig so genannten "dritten Phase" – der Lehrerfortbildung – sei damit in keiner Weise bestritten. Sie ist ein unverzichtbares Element der Berufsbiographie von Lehrerinnen und Lehrern. Wir halten jedoch in diesem Zusammenhang die Formulierung von Standards für die Lehrerfortbildung aus pragmatischen Gründen für nachrangig und möglicherweise aus denen für die erste Phase ableitbar.
(4) Um eventuelle Missverständnisse zu vermeiden erscheint es gelegentlich notwendig zu sein darauf hinzuweisen, dass auch eine sich auf die Erkenntnisse der Fachwissenschaft beziehende ökonomische Bildung keine Bildungsziele vorgeben will und kann.
(5) Darüber hinaus werden ein zweites Fach im Umfang von 80 Leistungspunkten sowie allgemeine Studien im Umfang von 20 Leistungspunkten studiert, so dass der BA insgesamt 180 Leistungspunkte aufweist.
Text im Literaturverzeichnis bitte absatzweise mit dem p-tag versehen. Konvention:
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Die Einführung der Master of Education–Studiengänge sollte von Seiten der Fachdidaktik als Chance verstanden werden, die ihr innewohnende Brückenfunktion zwischen Fachwissenschaft und Erziehungswissenschaft wieder stärker wahrzunehmen, wie sie etwa auch im Papier der GFD im Kerncurriculum Fachdidaktik gefordert wird (Hinweise zur Literatur finden sich am Ende des Papers). Ein spezieller Lehrerbildungs–Studiengang, der durch die Umstellung auf das Master-Studium möglich wird, sollte zum Anlass genommen werden, die Lehrer für die Fächer der ökonomischen Bildung auch tatsächlich so auszubilden, dass sie diese Brückenfunktion wahrnehmen können, das heißt, dass sie in die Lage versetzt werden, wirtschaftliche und politische Kategorien und Denkzusammenhänge so pädagogisch aufzubereiten, dass den Lernenden in ihrem Leben und in ihren jeweiligen Rollen eine Anschlussfähigkeit an diese gesellschaftlichen Sphären möglich wird. Bestandteile dieser Ausbildung müssen sowohl fachdidaktische Grundlegungen als auch deren Anwendung in Erprobungssituationen (Praktika) sein. Ein allgemeines Modell für alle Fachdidaktiken hat die GFD vorgelegt, welches hier nun im Hinblick auf die ökonomische Fachdidaktik konkretisiert werden soll.
Forschendes Lernen in der Lehrerbildung versteht sich als eine theoriegeleitete Praxis, die an die Theorie rückgekoppelt wird. Wie können hochschuldidaktische Arrangements eines forschenden Lernens in der fachdidaktischen Ausbildung aussehen, die diesen Anforderungen gerecht werden? Für den Studiengang Master of Education mit einem Schulfach der ökonomischen Bildung wird hier im Folgenden eine erste Skizze dargestellt.
Hochschuldidaktische Arrangements eines Studiums "Master of Education"
Ziele | Arrangements | |
Grundlegung und theoretische Vertiefung fachwissenschaftlicher und fachdidaktischer Inhalte |
Vorlesungen und Seminare a) zur Fachwissenschaft b) zur Fachdidaktik |
|
Verschränkung von Fachwissenschaft und Fachdidaktik: Bildungsbedeutsamkeit fachwissenschaftlicher Inhalte und Bezug zur Lebenssituation | Projektseminare | |
Ein nachhaltiger Bezug zur unterrichtlichen Praxis und zur Wirtschaftspraxis | Integrative Projekte, bestehend aus: | |
Schulpraktika | Betriebspraktikum | |
Eine forschende, fachdidaktische Projektarbeit wird mit der Master Thesis verbunden |
Die fachwissenschaftliche Grundlegung erfolgt im Bachelor–Studium. Bereits hier müssen fachbezogene Reflexions– und Kommunikationskompetenzen grundgelegt werden.
Der Studiengang Master of Education baut als spezifischer Lehramtsstudiengang darauf auf. Neben einer Vertiefung der wirtschaftswissenschaftlichen Kenntnisse sind auch im Bereich der Fachdidaktik grundlegende Kenntnisse zu vermitteln. Diese grundlegende Wissensvermittlung (bspw. über Bildungstheorie, Entwicklungslinien und Konzeptionen der Fachdidaktik etc.) kann in Vorlesungen und Seminaren effizient geleistet werden. Spezifisch für das Lehramtsstudium sind Projektseminare und integrative Projekte.
Ein besonderes Anliegen eines reformierten Lehramtsstudiums ist die Überwindung der getrennten Vermittlung von Fachinhalten und Didaktik. Diesem Anliegen dienen Projektseminare. Sie werden konzipiert als Fachseminare mit didaktischem Bezug und dienen eben dieser Verknüpfung von Fachwissenschaften und Fachdidaktik. An konkreten Themenfeldern (bspw. Der Staat in der Wirtschaft, Die Europäsche Integration, Geld und Währung oder Net–Economy, Arbeitsmarkt und Strukturwandel) werden fachwissenschaftliches Wissen und fachdidaktische Überlegungen zu konzeptionellen Entwürfen zusammengeführt (Bildungsbedeutsamkeit, Lebenssituationsbezug, methodische Überlegungen, Arbeitsmaterialien etc.). Das Projektergebnis kann z.B. in einem fachdidaktisch aufbereiteten Materialangebot "für die Hand des Lehrers" zu einem bestimmten Themenfeld bestehen.
Das Integrative Projekt zielt auf die Verbindung von Lernen an der Universität und Praxis an Schulen und in Betrieben. Die bisherige Studienorganisation lässt sich in etwa wie folgt beschreiben: Die Studierenden besuchen über den Zeitraum eines Semesters ein fachdidaktisches Seminar, in dem verschiedene Lerninhalte mit Hilfe von Unterrichtsvorbereitungen konkretisiert werden. Die Studierenden lernen hier, wie bestimmte fachliche Inhalte aufbereitet und vermittelt werden. Das in den Semesterferien anschließende Praktikum hat zu dieser inhaltlichen Vorbereitung meist keinerlei Verbindung. Eine oder zwei Wochen lang hospitieren die Praktikanten im Unterricht, unterrichten eventuell selbst die eine oder andere Stunde aus dem laufenden Unterrichtsplan – ohne Begleitung oder Hilfe seitens der Universität. Auf dieser praktischen Erfahrung aufbauend wird ein Praktikumsbericht geschrieben, der bei dem Dozenten des besuchten Seminars eingereicht wird. Dieser steht nun ebenfalls vor der Situation, dass er einen Bericht über eine Phase lesen und bewerten muss, die er nicht mitverfolgen und begleiten konnte. Es besteht also ein doppelter Bruch in der Organisation der Fachpraktika. Hinzu kommt, dass beide Institutionen hinsichtlich des Personals und organisatorisch völlig unverbunden nebeneinander stehen. Diese für eine nachhaltige Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern äußerst ungünstige Situation versucht das Integrative Projekt – zumindest für den schulischen Teil – zu verändern. Dies ist dabei auf zwei unterschiedliche Weisen möglich, die sich beide bereits in der Praxis bewährt haben.
Zum einen ist es möglich, das vorbereitende Seminar bereits im Semesterverlauf mit einem festen Wochentag als Praktikumstag an der Schule zu verbinden. Zum anderen ist es möglich die Praktikumszeit in der Schule bzw. in der Wirtschaft als Blockpraktikum im Anschluss an das Semester zu behalten, sie aber besser in das Hochschulprogramm einzubinden (vorbereitendes Seminar zu einem mit der Schule abgesprochenem Themenfeld, Begleitung des Praktikums durch die Dozenten und gemeinsame Nachbereitung auf der Grundlage einer Praktikumsstudie). Ziel beider Varianten ist erstens eine enge Verbindung zwischen der fachdidaktischen Vorbereitung und der praktischen Ausführung herzustellen und zweitens ein Feedback zu ermöglichen, das auf drei Teilen beruht, der fachdidaktischen Vorbereitung, der praktischen Durchführung in Schule bzw. Betrieb mit Begleitung durch Dozenten, und einer Nachbereitung in der Hochschule. Eine ähnliche Verzahnung von Studium und Praxis muss auch für das Betriebspraktikum organisiert werden.
Das Master–Studium könnte wie folgt aufgebaut sein:
Dieses fachdidaktische Lernarrangement ist sehr voraussetzungsvoll. Es erfordert sowohl auf Seiten der Universität als auch von Seiten der Schule und der Betriebe eine hohe Kooperationsfähigkeit und –willigkeit, und es bleibt nicht ohne Konsequenzen für diejenigen, die Fachdidaktik lehren. Es werden die vermittelten und erarbeiteten Konzepte ständig auf Praxistauglichkeit überprüft und somit auch eine Lehrevaluation auf einem breiteren Fundament ermöglicht, und es können aus der Praxis ständig neue Anregungen zurück an die Universität fließen. Von derartig gestalteten Integrativen Projekten können also alle Beteiligten, die Universitäten und Schulen, die Dozenten und Lehrer und genauso auch die Studierenden und die Schüler, sehr profitieren.
Der Sinn dieses fachdidaktischen Arrangements liegt in der Verknüpfung der Abschlussarbeit mit der vorangegangenen Ausbildung und versucht so der "Vereinzelung", unter der Abschlussarbeiten häufig leiden, zu begegnen. Ziel soll es sein, ausgehend von den Projektseminaren und den Integrativen Projekten bereits während der zweiten Phase des Masterstudienganges eine eigenständige und in kleinem Rahmen auch forschende Projektarbeit zu beginnen, die dann zum Abschluss der Master Thesis hinführt.
Wird forschendes Lernen in einer solchen Umgebung angestrebt, hat dies auch immer Auswirkungen auf diejenigen, die die Lernenden ausbilden. Als eine erweiterte Qualifikation von Dozenten in den Bereichen Wirtschafswissenschaft und Fachdidaktik wäre die konkrete Praxiserfahrung in Schulen wünschenswert. Die Vielfalt der Bezüge bedeutet aber auch, dass diese spezifische fachdidaktische Ausbildung flexibel gehalten wird und offen bleibt für Zugänge aus beiden Richtungen, sowohl von der Fachwissenschaft als auch von der Erziehungswissenschaft kommend. Eine Addition sämtlicher wünschenswerter Qualifikationen, die nach rein formalen Kriterien abgeprüft wird (wie in Baden–Württemberg), ist abzulehnen, zumal sie leicht zu Lasten der formal "weichsten" Anforderung ("Habilitationsäquivalenz") interpretiert werden kann. Schulpraktische Qualifikationen können zum Beispiel auch zeitnah und kontinuierlich durch eigenen Unterricht im Rahmen fachdidaktischer Forschungsvorhaben erworben werden.
An den Hochschulen muss es Professuren für Fachdidaktik der ökonomischen Bildung geben. Die Übertragung der fachdidaktischen Ausbildung auf "bewährte Praktiker" aus der Schule (Studienräte im Hochschuldienst) übersieht, dass Fachdidaktik eine eigenständige Wissenschaftsdisziplin darstellt und forschendes Lernen eben auch Forschung und wissenschaftliche Nachwuchsförderung voraussetzt: Erforderlich sind Lehrstühle mit Qualifikationsmöglichkeiten und entsprechenden Stellen (für Mitarbeiter als Doktoranden, Assistenten bzw. Juniorprofessuren) für wissenschaftlichen Nachwuchs.
Gesellschaft für Fachdidaktik e.V.(GFD) – Dachverband der Fachdidaktischen Fachgesellschaften (Hrsg.) (2005): Kerncurriculum Fachdidaktik. Orientierungsrahmen für alle Fachdidaktiken. (http://gfd.physik.hu-berlin.de/texte/AKKerncurriculum2005.doc [19]).
Kaminski, H. (1990): Zum Verhältnis Fachdidaktik – Fachwissenschaft – Allgemeine Didaktik aus Sicht der ökonomischen Bildung. In: Keck, R.W. u.a. (Hrsg.): Fachdidaktik zwischen Allgemeiner Didaktik und Fachwissenschaft. Bad Heilbrunn, S. 252-271.
Kruber, K.P. (1999): Fachdidaktische Forschung und Lehre – der Schlüssel zur ökonomischen Bildung. In: Krol, G.J., Kruber, K.P. (Hrsg.): Die Marktwirtschaft in der Schule des 21. Jahrhunderts – Neue Aufgabe für die ökonomische Bildung? Bergisch–Gladbach, S. 1-20.
Ausgehend von Lehrerbildung als berufsbiographischen Entwicklungsprozess geht Brita Spieler aus (hochschul-) didaktischer Perspektive der Bedeutung von Erfahrung für die Gestaltung von Lernumgebungen nach und konkretisiert ihre Überlegungen anhand einer Projektidee "Atelier für angeleitete Erfahrung" für die 1. Phase der wirtschaftsberuflichen Lehrerbildung. Hierfür stellt sie die Theorie des situierten Lernens sowie zentrale Positionen der Kognitionspsychologie, der Systemtheorie und der Handlungstheorie zur Diskussion.
Die aktuelle Diskussion um Standards für die Lehrerbildung basiert auf der Annahme von Wirkungszusammenhängen zwischen Lehrerbildung und professionellem Handeln von Lehrerinnen und Lehrern. Hinter der Idee Standards und Kompetenzen für die Lehrerbildung zu entwickeln, steht eine professionalisierungstheoretische Position. Es wird angenommen, dass die Professionalität von Lehrerinnen und Lehrern erlernbar ist und im Kontext eines langwierigen berufsbiographischen Entwicklungsprozesses steht. Mit Blick auf professionelles Handeln in Schule und Unterricht wird dieser Vorstellung entsprechend von einer komplexen Kompetenz ausgegangen, die vielfältige Wissensbereiche, individuelle Einstellungen und persönliche Verhaltensmerkmale miteinander vernetzt repräsentiert (vgl. dazu Giesecke 2001, S. 192; Terhart 2005, S. 275; Lange 2005, S. 45).
In der Literatur finden sich unterschiedliche Zugänge über das Beziehungsgeflecht zwischen wissenschaftlichem Wissen, beruflichem Handeln und der individuellen Berufsbiographie von Lehrerinnen und Lehrern.
Bauer, Kopka und Brindt führen in ihrer Studie von 1996 zur Erklärung der persönlichen Weiterentwicklung von Lehrenden die Vorstellung eines "professionellen Selbst" ein. Unter diesem Begriff verstehen die Autoren ein Zentrum, von dem aus Lehrerinnen und Lehrer ihr pädagogisches Handeln organisieren. Das "professionelle Selbst" entwickelt sich von sich aus selbst, indem es sich eigene Ziele setzt sowie Fachwissen, Wahrnehmungen und Feedback nach seinem eigenen Sinn miteinander verknüpft und auf diese Weise durch seine Handlungen für Andere sichtbar wird. Es wird als auswählende, ordnende, entscheidende und handelnde Instanz verstanden, welche Zusammenhänge herstellt und seine Entwicklung selbst steuert (vgl. Bauer, Kopka, Brindt 1996, S. 234; Bauer 2002, S. 54 f). Das "professionelle Selbst" korrespondiert mit dem Begriff der Lehrerpersönlichkeit, da ihm ein steuerndes Bewusstsein hinsichtlich seiner eigenen Entwicklung zugesprochen wird. Es erfährt sich durch pädagogische Interaktionen und erhält hierüber auch Rückschlüsse über die Wirksamkeit des eigenen Handelns (vgl. Bauer 1998, S. 344; Bauer 2002, S. 56).
In Studien zur Situation, Belastung sowie zu Handlungsmustern und Berufsbiographien von Lehrerinnen und Lehrern finden sich weitere Hinweise auf die unterschiedliche Ausgestaltung von pädagogischem Handeln. Bedeutend ist, dass von unbewussten Handlungsmustern und -repertoires der Lehrenden ausgegangen wird, die sich in der komplexen Struktur von Unterricht immer wieder neu und situativ anders zu bewähren haben (vgl. Combe, Helsper 2002, S.37). Diese Momente der Ungewissheit im alltäglichen Handeln von Lehrerinnen und Lehrern erfordern eine selbstkritische und selbstreflexive Haltung, welche das eigene Handeln theoretisch und praktisch begründet. Hierfür sollten Handlungsmöglichkeiten bzw. Handlungsalternativen nicht allein auf kognitiver Ebene zur Verfügung stehen, sondern gleichzeitig in Form von Erfahrungen auf konkrete Situationen rückführbar sein, damit diese auch unter alltäglichem Handlungsdruck zur Verfügung stehen können (vgl. hierzu Czerwenka 2004, S. 67).
Gruber und Rehrl stellen in diesem Zusammenhang die bedeutende Funktion von theoretisch fundierter Reflexion für Lernprozesse heraus. Sie machen deutlich, dass umfangreiches theoretisches Wissen dazu beiträgt, die eigenen Erfahrungen selbst zu bewerten und mit bereits erfahrenen Wissensstrukturen zu verknüpfen (vgl. Gruber, Rehrl 2005, S. 13 f.).
Kolbe macht anhand der Betrachtung von Experten deutlich, dass Wissen allein nicht mit Können - im Sinne von Bewältigung - gleich zu setzen ist und Können sich auch nicht allein durch Wissensbestände erfassen lässt. Für ihn basiert ein Handeln-Können, sofern es nicht auf Routinen beruht, auf der Erfahrung und Reflexion der Wissensanwendung bzw. der -verwendung in erfolgreich bewältigten Handlungssituationen. Demnach ist das Können von Erfahrenen schwerlich in Regeln und auch nicht allein als Wissen zu erfassen (vgl. Kolbe 2004, S. 208).
Konsens scheint darin zu bestehen, dass für die kompetente Bewältigung der komplexen Anforderungssituationen von Lehrerinnen und Lehrern, ein Geflecht aus wissenschaftlichem Wissen, Handlungswissen, Reflexion und Erfahrung als charakteristisch angesehen wird. Daraus ergibt sich für die Lehrerbildung, dass die Verschränkung von inhaltlicher, prozessbezogener und persönlicher Ebene stärker in den Mittelpunkt zu rücken ist (vgl. dazu auch Terhart 2002, S. 32; Bauer 2002, S. 50; Fried 2004, S. 237).
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, inwieweit angehende Lehrerinnen und Lehrer bereits in der universitären Phase der Lehrerbildung auf die komplexen beruflichen Anforderungssituationen des schulischen Alltags vorbereitet werden können.
Ein Ansatz findet sich in den Befunden der Expertiseforschung, die sich mit dem Einfluss von Erfahrung auf die Entwicklung von Expertise als herausragende Kompetenz beschäftigt. Untersucht werden die Bedingungen für herausragende menschliche Leistung sowie instruktionale Möglichkeiten zur Förderung. Es wird davon ausgegangen, dass konkrete Erfahrung abstrahiert und in Verbindung mit deklarativem Fachwissen in Handeln umgesetzt werden kann (vgl. Gruber, Mandl 1996, S. 18).
Als zentraler Befund ist mittlerweile unbestritten, dass sich Expertise von Experten vergleichsweise eng und meistens nur im Kontext der eigenen Fachwissenschaft oder bereits erfahrener Situationen ausbildet. Dies verweist deutlich darauf, welche zentrale Rolle domänenspezifische Situationen und somit konkrete Erfahrungen für den Erwerb von Expertise einnehmen (vgl. dazu Gruber 2001, S.166 f; Gruber, Leutner 2003, S. 265). Für die Lehrerbildung ergibt sich hieraus die Frage, wie Erfahrung bereits in der Universität ermöglicht werden kann.
In diesem Beitrag wird aus (hochschul-) didaktischer Perspektive der Bedeutung von Erfahrung für die Lehrerbildung nachgegangen.
Hierfür werden die Theorie des situierten Lernens sowie die darauf aufbauenden Überlegungen zur Gestaltung von Lernumgebungen zur Diskussion gestellt.
Zur weiteren Klärung hinsichtlich der Bedeutung von Erfahrung im Kontext von Wissen und Handeln werden zentrale Positionen der Kognitionspsychologie, der Systemtheorie und der Handlungstheorie herausgearbeitet.
Abschließend werden lehr-lern-theoretische Konsequenzen anhand einer Projektidee "Atelier für angeleitete Erfahrung" für die 1. Phase der wirtschaftsberuflichen Lehrerbildung zur Diskussion gestellt.
Eine Theorie, welche die Bedeutung von Erfahrung im Kontext von Wissen und Handeln aufgreift, ist die Theorie des situierten Lernens. Sie befasst sich aus pädagogisch-psychologischer Perspektive mit Problemen des Lehrens und Lernens sowie der Gestaltung von Lernumgebungen.
Wissenserwerb wird als kontextgebunden aufgefasst und es wird davon ausgegangen, dass Wissen nur mit den Bedingungen verknüpft repräsentierbar ist, in denen es erworben wurde (vgl. dazu exemplarisch Klauer 2001).
Aus dieser Perspektive entwickelt sich Expertise aus einer langwährenden Auseinandersetzung mit den Anforderungen des Gegenstandsbereichs (vgl. dazu ausführlicher Gruber 1999). Erfahrung und Kompetenz werden als sozial ausgehandelt verstanden und spielen deshalb für Prozesse des sozialen Lernens und Verstehens eine bedeutende Rolle (vgl. Gruber, Mandl, Renkl 2000, S. 144; Gräsel, Parchmann 2004, S.173).
Theorien des situierten Lernens bauen auf zwei Grundannahmen auf, die auf den Erwerb von Erfahrung abzielen: Zunächst wird angenommen, dass erlebte Situationen, die markant genug sind, um als Episode erinnert und in künftigem Handeln berücksichtigt zu werden, sozial geprägt sind (Lernen ist situiert). Gleichzeitig wird davon ausgegangen, dass sich kognitive Prozesse nicht allein im Individuum abspielen, sondern vor allem im Austausch mit Anderen (Lernen ist zu wesentlichen Teilen soziale Kognition) (vgl. dazu Gruber 1999, S. 151; Gruber, Mandl, Renkl 2000, S. 143).
Im Kontext dieser Grundannahmen werden Lernen und Kompetenzerwerb nicht als individueller Fortschritt, sondern als Hineinwachsen in eine community of practice (vgl. Lave, Wenger 2002) verstanden. Die Mitglieder einer Gemeinschaft erwerben die für diese Gemeinschaft gültigen Sichtweisen und Problemlösestrategien durch den sozialen Austausch untereinander. Als primärer Ort des Lernens wird nicht die Einzelperson verstanden, sondern die sozial strukturierte Gemeinschaft in situierten Kontexten. Angesprochen werden damit Kompetenzen, die sich in der sozialen Auseinandersetzung mit der Praxis und durch den Austausch von Erfahrungswissen herausgebildet haben (vgl. Gruber 1999, S. 165; Lave, Wenger 2002, S. 29).
Vor diesem Hintergrund ist der cognitive apprenticeship Ansatz von Bedeutung, da er, beispielhaft für Lernen durch angeleitete Erfahrung, drei grundlegende Strategien miteinander verbindet: Nachahmung, angeleitete Erprobung und selbständiges Problemlösen. Dieser Ansatz geht auf Collins, Brown & Newman (1989 ) zurück und orientiert sich am Modell der traditionellen Handwerkslehre. Die Lernenden werden in diesem Ansatz über praxisnahe Anleitung und soziale Interaktion in die Expertengemeinschaft eingeführt. Es wird angenommen, dass durch eine äußere Anleitung kognitive Kompetenzen in ähnlicher Weise wie handwerkliche Fertigkeiten auf der Basis sozialer Interaktionen Gegenstand von Reflektion und Rückmeldungen werden können (vgl. dazu Gruber, Mandl, Renkl 2000, S.145). Solch ein Lernprozess findet idealerweise in sechs Schritten statt:
Das Lernen beginnt mit der Bearbeitung realer Problemstellungen, indem der Experte dabei sein Vorgehen demonstriert und seine Aktivitäten und Gedanken verbalisiert (modelling). Anschließend befassen sich die Lernenden selber mit dem Problem und werden dabei individuell und situationsbezogen durch Hinweise und Rückmeldungen unterstützt (coaching und scaffolding). Darauf wird die Lernumgebung zunehmend komplexer und unterschiedlicher gestaltet. Beabsichtigt wird, die Lernenden in die Lage zu versetzen, ihr Wissen flexibel auf neue Kontexte anzuwenden. Die Unterstützung durch den Experten wird dann allmählich ausgeblendet (fading), um sie von der Unterstützung unabhängig zu machen, indem sie selber Ziele und Strategien zur Problemlösung entwickeln. Sie werden im gesamten Verlauf des Lernprozesses immer wieder aufgefordert, ihre Denkprozesse und Lösungsstrategien zu artikulieren (articulation) und untereinander zu reflektieren (reflection). Auf diese Weise wird ein sozial-kommunikativer Austausch untereinander gefördert, der ihnen die Möglichkeit bietet, sich mit unterschiedlichen Lösungsalternativen und verschiedenen Standpunkten auseinandersetzen. Abschließend werden sie dazu angeregt, Probleme selbständig zu lösen (exploration) (vgl. dazu Gruber 1999, S. 180; Straka, Macke 2002, S. 127).
Der kooperative Charakter des cognitive apprenticeship Ansatzes und seine besondere Verknüpfung von Beobachtung, Anleitung und zunehmend selbständiger Erprobung ermöglichen den Lernenden, ihr individuelles Vorgehen selbst zu überprüfen und zu beurteilen. Angestrebt wird, über reflexiv zugängliche Erfahrung, Anreize und Strategien zur Selbststeuerung des eigenen Lernprozesses anzubieten.
Das zentrale Anliegen dieses Ansatzes ist, Lernen durch Instruktion und Konstruktion innerhalb einer sozialen Gemeinschaft von Lernenden und Experten zu initiieren. Hierfür sind Lernprozesse in zunehmend komplexer werden Kontexten anzuregen, zu unterstützen und zu reflektieren. Gleiches gilt für die Förderung von Metakognition. Die Anleitung sollte durch eine gezielte Hilfestellung erfolgen und im weiteren Verlauf allmählich reduziert werden.
Vor diesem Hintergrund ergeben sich für die Gestaltung von situierten Lernumgebungen folgende Anforderungen:
Innerhalb der Diskussion um das Verhältnis zwischen Wissen und Handeln ist mittlerweile folgende Auffassung unumstritten: Wissen nimmt im Verhältnis zu Handeln zweierlei Funktionen ein. Einerseits entwickelt sich Wissen in der persönlichen Auseinandersetzung mit der durch eigenes Handeln generierten Erfahrung und andererseits ist das bereits bestehende Wissen gleichzeitig Ausgangspunkt für das Handeln selbst. Die Verarbeitung von Erfahrung durch Reflexion führt demnach zu neuem Wissen, welches wiederum Grundlage für weiteres Handeln darstellt (vgl. dazu exemplarisch Mandl, Gerstenmaier 2000, S. 12; Kolbe 2004, S. 207).
Angesichts der besonderen Rolle von Erfahrung lohnt es sich die Bedeutung von Erfahrung im Kontext von Wissen und Handeln genauer zu betrachten. Hierfür lassen sich als Zugänge folgende zentrale Perspektiven der Kognitionspsychologie, der Systemtheorie und der Handlungstheorie nachzeichnen:
Kognitionspsychologische Ansätze gehen von impliziten Wissensformen aus, in denen Erfahrungen und Handlungsalternativen verknüpft sind.
Aus dieser Perspektive lässt sich zwischen wissenschaftlichem Wissen und Handlungswissen unterscheiden. Durch diese Unterscheidung erhält neben der Wissensrepräsentation auch die Art der Wissensaneignung Bedeutung für die Umsetzung in Handeln.
Es wird angenommen, dass sich Handeln durch bewusste und unbewusste Prozesse der Wissensanwendung generiert. Durch diese Verknüpfung erhält Wissen eine handlungssteuernde oder zumindest eine handlungsanleitende Funktion (vgl. Kolbe 2004, S. 208). Hieraus wird die Vorstellung eines Transfers von wissenschaftlichem Wissen in die Praxis des beruflichen (professionellen) Handelns abgeleitet. Allerdings wird dieser Transfer nicht als direkter Transfer verstanden. Vielmehr wird von einer Kluft zwischen Wissen und Handeln ausgegangen, da wissenschaftliche Theorien keine konkreten Aussagen über berufliche Handlungssituationen anbieten (vgl. exemplarisch Gruber, Mandl, Renkl 2000, S. 140). In der Konsequenz wird Wissen nur als ein Teil der Vorraussetzungen für kompetentes berufliches Handeln angesehen. Gruber macht anhand der Betrachtung von Experten deutlich, dass Wissen allein nicht für kompetentes Handeln ausreicht. Wirkliches Können baut dagegen auch auf Erfahrungen über den Umgang mit Wissen auf. Kompetentes Handeln wird demnach nicht nur als reine Wissensaneignung verstanden, sondern als situationsabhängige Verknüpfung von bereits erfahrenen komplexen Wissensstrukturen (vgl. Gruber 1999, S. 87; Gruber, Rehrl 2005, S. 13).
Systemtheoretische Ansätze verstehen jeden sozialen Kontakt als System. Im Mittelpunkt ihrer Betrachtungen steht die Frage nach der jeweiligen Funktion für das System. Wissen und Handeln werden auf verschiedenen Ebenen miteinander verbunden betrachtet. Auslöser der für Wissen und Handeln verantwortlichen Prozesse sind psychische Systeme und gleichzeitig auch soziale Systeme, die auf verschiedenen Regulationsebenen miteinander verknüpft operieren. Weiter wird davon ausgegangen, dass eine (sinnhafte) Differenzierung der Systeme nur durch Selbstreferenz erfolgen kann, da alle Elemente und Operationen auf sich selbst bezogen und in Abgrenzung zu anderen konstituiert werden. Über diese operationelle Geschlossenheit erfolgt allerdings auch eine Selbstbeschreibung der Systeme, welche vorgibt in welcher Weise mit anderen Systemen operiert wird. Diese operationale Geschlossenheit der Systeme stellt demnach auch die Voraussetzung für die jeweilige Offenheit dar (vgl. dazu Luhmann 1984, S. 656; Maturana, Varela 1987, S. 55). Wissen wird als kognitive Erwartung des Systems verstanden, welche durch Kommunikation ausgebildet wird. Gleichzeitig strukturieren die bereits ausgebildeten Erwartungen - respektive das bereits vorhandene Wissen - die zukünftigen Kommunikationen und damit die Handlungen. Aus dieser Sicht heraus, erhält Wissen nur über seine Funktion innerhalb des Systems an Bedeutung. Demnach kann Wissen nur im Zusammenhang mit dem System sinnvoll verwendet werden, da das Wissen anderer Systeme einer anderen funtionalen Logik unterliegt. Deshalb wird angenommen, dass wissenschaftliches Wissen zwar eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für das Handeln von Lehrerinnen und Lehrern ist. Aber auch umgekehrt kann Handeln innerhalb eines Systems wiederum Wissen hervorbringen. Unterstützend wirken dabei konkret erfahrene Ereignisse, welche mit dem Handeln verknüpft sind und gleichzeitig das erworbene Wissen anbinden (vgl. dazu exemplarisch von Cranach, Bangerter 2000, S. 229 f.).
Handlungstheoretische Ansätze zeichnen durch den weitgehenden Verzicht einer gesellschaftlichen Analyse, ein differenziertes Bild des menschlichen Handelns innerhalb der sozialen Interaktion nach. Dieser Ansatz legt seinen Fokus gleichzeitig auf die Ebene des Handelns und auf Interaktionssituationen von Akteuren.
Ausgegangen wird von einem Menschen als handelnder Organismus, welcher die Welt aus seiner Sicht interpretiert und entsprechend aktiv gestaltet. Zwischen Objekt und Handlung liegt die jeweilige Bedeutung, die der Handlung zugeschrieben wird. Die Bedeutung von Handlungen konstruiert sich über die Auseinandersetzung mit den anderen Interaktionsteilnehmern innerhalb der bereits existierenden Gesellschaft und deren Deutungsprozesse (vgl. exemplarisch Münch 2002, S. 260). Vor diesem Hintergrund lässt sich Handeln im Sinne von Können als sozial ausgehandelt verstehen, da es sich auf die Bewältigung der beruflichen Anforderungen richtet. Wissenschaftliches Wissen wird demnach in Abhängigkeit der bereits erfahrenen Interaktionsprozesse interpretiert und entsprechend in Handeln umgesetzt. Dieser Annahme folgend, ist wissenschaftliches Wissen nicht allein hinreichend für berufliches (professionelles) Handeln. Die Relevanz von Erfahrungen ist darin zu sehen, dass Erfahrungen Wissensbestände gewissermaßen anreichern und auf diese Weise eine notwendige Ergänzung zur Förderung pädagogischer und didaktischer Handlungskompetenzen darstellen (vgl. dazu Etzrodt 2003, S. 212; Kolbe 2004, S. 211).
Im folgenden Schaubild werden Ausgangspunkt, Annahme und die Bedeutung von Erfahrung der skizzierten Perspektiven zusammengefasst dargestellt:
|
Kognitionspsychologische Perspektive | Systemtheoretische Perspektive | Handlungstheoretische Perspektive |
Ausgangspunkt | Unterscheidung in wissenschaftliches Wissen und Handlungswissen | Systemspezifische Differenzierung von Wissen und Handeln durch Selbstreferenz | Unterscheidung in wissenschaftliches Wissen und sozial bedeutsames Wissen |
Annahme | Handlungsleitende Funktion von bewusstem und unbewusstem Wissen | Wissen steuert Handeln und Handeln bringt Wissen hervor | Bedeutung von Wissen wird sozial ausgehandelt und in Handeln umgesetzt |
Die Bedeutung von Erfahrung | Erfahrung als Grundlage für kompetentes Handeln | Erfahrene Ereignisse, die mit Wissen und Handeln verknüpft sind, wirken unterstützend auf kompetentes Handeln | Erfahrung reichert Wissen an und ergänzt kompetentes Handeln |
Schaubild : Erfahrung im Kontext von Wissen und Handeln, Quelle: eigene.
Zusammenfassend ergibt sich aus den dargelegten Perspektiven, dass in komplexen Lehr-Lern-Prozessen verschiedene Wissensformen von Bedeutung sind und deshalb bei der Gestaltung entsprechender Lernumgebungen zu berücksichtigen sind. Es lassen sich folgende Wissensformen herausstellen:
(Hochschul-) didaktischen Werkstattmodellen wird ein vielfältiges Potenzial für die Anregung und Begleitung erfahrungsorientierter Lernprozesse zugesprochen. Aufgrund ihrer Vernetzung mit außeruniversitären Institutionen stehen berufsfeldbezogene Problemstellungen im Mittelpunkt der Werkstattarbeit (vgl. Schubert 2003, S. 316).
Den Werkstatt-Konzeptionen für die Lehrerbildung ist die Annahme gemeinsam, dass Lehrerinnen und Lehrer selber komplexe Aufgaben und Lehr-Lern-Arrangements erfahren haben sollten, um diese für sich selbst und ihr (späteres) berufliches Handeln überprüfen und beurteilen zu können. Es geht darum, an der Universität einen zusätzlichen Raum anzubieten, in dem theoretische Grundlagen als Reflexionshintergrund mit Entscheidungs- und Beurteilungsprozessen des beruflichen Handlungsfeldes verknüpft und durch eigene Erfahrungen und die Auseinandersetzung innerhalb der Gemeinschaft des Ateliers reflektiert werden können (vgl. dazu Fischer, Horstkemper 2002, S. 5 f).
Für die (wirtschaftsberufliche) Lehrerbildung bietet es sich an, ein fachdidaktisch ausgerichtetes Atelier aufzubauen. In diesem ließen sich die Systematik der Fachwissenschaft mit pädagogischen, psychologischen und didaktischen Fragestellungen verknüpfen.
Als Konsequenz aus den bisherigen Überlegungen müsste ein "Atelier für angeleitete Erfahrung" folgendes Profil aufweisen:
Lernen in einer sozialen Umwelt von Lernenden und
Experten
Konzipiert werden praxisorientierte Lehr-Lern-Arrangements mit
komplexen Aufgaben, die gemeinsam und unter Anleitung von Experten
aus der Praxis bewältigt werden. Die Studierenden erhalten auf
diese Weise die Gelegenheit, innerhalb einer sozialen (Experten-)
Gemeinschaft zu lernen und gleichzeitig hinsichtlich ihrer eigenen
Erfahrungen angeleitet und unterstützt zu werden.
Lernen zwischen Konstruktion und Instruktion
Eingebunden in das Atelier ist ein simuliertes Unternehmen,
welches sich auf Konzepte und Erfahrungen von Schülerfirmen
bzw. Lernbüros der beruflichen Bildung bezieht. Weiter
knüpft das Atelier an das Lernfeldkonzept der beruflichen
Schulen an. Im Atelier können gemeinsam Lernsituationen
entwickelt, erprobt und reflektiert werden. Damit würde das
Atelier problemorientiert vorgehen und darüber hinaus eine
kritisch-konstruktive Auseinandersetzung mit dem Lernfeldansatz
ermöglichen.
Lernen in komplexer werdenden Kontexten
Der Komplexitätsgrad der Lehr-Lern-Angebote wird stetig
gesteigert, in dem die Studierenden zunehmend mit offeneren
Problemstellungen und mehr Eigenverantwortlichkeit bei der
Bewältigung der Aufgaben konfrontiert werden. Die
verschiedenen Lösungsansätze werden gemeinsam verglichen
und die Studierenden können auf diese Weise mit verschiedenen
Sichtweisen vertraut gemacht werden. Angestrebt wird damit, ein
Denken in Alternativen anzuregen.
Außerdem könnten die Problemstellungen, die im Atelier bearbeitet werden, bei den Studierenden immer wieder neue Fragestellungen anstoßen und so Ausgangspunkt für eigene Forschungsvorhaben sein.
Lernen durch Metakognition
Das Atelier knüpft an das Schulpraktikum mit seiner
Schnittstellenfunktion zwischen Universität und Schule an. Mit
Blick auf das Schulpraktikum werden im Atelier praxisnahe
Handlungssituationen unter Anleitung bewältigt und gemeinsam
reflektiert. Hierfür könnte z.B. ein Portfolio als
Praktikumsbegleitung für die metakognitive Auseinandersetzung
mit dem eigenen Lernprozess entwickelt werden. Die Studierenden
erhalten die Möglichkeit, ihre eigenen Handlungen, ihre
Kommunikation und Interaktion sowie ihre subjektiven Erfahrungen im
Praktikum für sich selbst und im Austausch mit Anderen zu
reflektieren.
Das Ziel des "Atelier für angeleitete Erfahrung" besteht darin, bereits innerhalb der universitären Lehrerbildung einen Rahmen dafür zu schaffen, dass das Beziehungsgeflecht zwischen Wissen und Handeln erfahrbar und gleichzeitig über den Austausch mit Experten reflektierbar wird. Gleichzeitig sollen den Studierenden in einem solchen Atelier Freiräume für eigene Erfahrungen angeboten werden sowie die Gelegenheit, diese im Austausch mit Anderen zu diskutieren und zu interpretieren. Auf diese Weise bietet ein solches Atelier den Studierenden die Möglichkeit, über authentische Situationen und soziale Interaktionen in das berufliche Handlungsfeld von Lehrerinnen und Lehrern hineinzuwachsen.
Sicherlich ersetzen die dargestellten Möglichkeiten nicht die traditionellen universitären Lehrangebote. Vielmehr würde mit einem solchen Atelier ein zusätzlicher Raum geschaffen werden, indem konkrete praxisorientierte Erfahrungen abstrahiert und in theoretische Zusammenhänge eingebettet werden können.
Die bisherige Darstellung dürfte die Vielfältigkeit der Überlegungen hinsichtlich der Gestaltung eines universitären Atelier für die wirtschaftsberufliche Lehrerbildung deutlich gemacht haben und verweist auf eine sorgfältige Planung eines solchen komplexen Lehr-Lern-Arrangements.
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Fachdidaktische Kompetenzbereiche, Kompetenz und Standards für die 1. Phase der Lehrerbildung der GFD (Gesellschaft für Fachdidaktik e.V.)
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http://www.dphv.de/binarydata/download/StellungnahmeDPhVLehrerbildungsstandards.pdf [34]
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http://www.bak-online.de/stellung_bak_ausbild_standards.pdf [35]
Herausgeber der Ausgabe "Lehrer(aus)bildung und ökonomische Bildung":
Prof. Dr. Andreas Fischer, Brita Spieler |
Herausgeber der Reihe:
sowi-online e. V. Bielefeld |
Mitarbeiter der Ausgabe "Lehrer(aus)bildung und ökonomische Bildung":
Prof. Dr. Andreas Fischer, Brita Spieler, StD Hans-Erich Webers, Dr. Norbert Jacke, |
Ständige Mitarbeiter:
Prof. Dr. Andreas Fischer, Prof. Dr. Reinhold Hedtke, Maik Jablonski, Dr. Norbert Jacke, Prof. Dr. Dietmar von Reeken, Volker Schwier, StD Hans-Erich Webers. |
Verlag:
sowi-online e. V. Prof. Dr. Reinhold Hedtke Upfeldweg 13 33739 Bielefeld E-Mail: reinhold.hedtke@sowi-online.de [36] |
Redaktionsanschrift:
sowi-onlinereader Universität Bielefeld Fakultät für Soziologie Prof. Dr. Reinhold Hedtke Postfach 10 01 31 33501 Bielefeld E-Mail: forum@sowi-online.de [37] Tel. 0521/106-3986 |
Links
[1] http://www.iboeb.org
[2] http://teac.org/accreditation/index.asp
[3] http://www.sowi-online.de/sites/default/files/documents/reader/lehrerbildung_kmk_0.pdf
[4] https://sowi-online.de/images/lehrerbildung_beck_mat5b.jpg
[5] http://www.bwp-dgfe.de/sektion/beschluesse.html
[6] http://portal.mytum.de/archiv/reden_p/reden_p_20030305_101448/index_html
[7] http://www.dpi.state.nc.us/pbl/pblintasc.htm
[8] http://www.kmk.org/doc/beschl/kuenentw.pdf
[9] http://www.kmk.org/doc/beschl/standards_lehrerbildung.pdf
[10] http://www.hrk-bologna.de/bologna/de/download/dateien/KMK__Eckpunkte_Lehramt_002062005.pdf
[11] https://sowi-online.de/images/lehrerbildung_loerwald%2520zoerner_mat1b.jpg
[12] https://sowi-online.de/../../journal/2001-1/index.html
[13] https://sowi-online.de/images/lehrerbildung_loerwald%2520zoerner_mat2b.jpg
[14] http://www.dihk.de/inhalt/download/reformvorschlaege_lehrerbildung.pdf
[15] http://www.sowi-online.de/journal/2001-1/krol.htm
[16] http://www.paed-work.unizh.ch/ap/downloads/oelkers/Vortraege/202_KreuzlingenLAB.pdf
[17] http://www.paed-work.unizh.ch/ap/downloads/oelkers/Vortraege/202_SolingenLAB.pdf
[18] http://www.philologenverband.de/Publikationen/briefe/20020408/rechts_frameset.htm
[19] http://gfd.physik.hu-berlin.de/texte/AKKerncurriculum2005.doc
[20] http://www.bmbf.de/de/3336.php
[21] http://www.kmk.org/doc/beschl/BMThesen.pdf
[22] http://www.sh-landtag.de/infothek/wahl15/umdrucke/4500/umdruck-15-4543.pdf
[23] http://dgfe.pleurone.de/bilpol/2004/S6_Strukturmodell-BA-MA-Lehrerbildung.pdf
[24] http://www.bmbf.de/pub/bachelor_u_master_im_bolognaprozess_in_eu.pdf
[25] http://www.bwp-dgfe.de/studium/index.html
[26] http://dgfe-aktuell.uni-duisburg.de/bildpol/KC_HF_EW.htm
[27] http://www.bwp-dgfe.de/sektion/Beschluss_KC_BWP_finis.pdf
[28] http://www.bwp-dgfe.de/sektion/Basiscurriculum_BWP_040202.pdf
[29] http://gfd.physik.hu-berlin.de/statements.htm
[30] http://www.ccsso.org/projects/Interstate_New_Teacher_Assessment_and_Support_Consortium/
[31] http://www.nbpts.org/index.cfm
[32] http://www.mwwfk.rlp.de/Lehrerbildung/Reform_der_Lehrerbildung/abschlussbericht_kurzfassung.pdf
[33] http://www.unifr.ch/pedg/leadinghouse/
[34] http://www.dphv.de/binarydata/download/StellungnahmeDPhVLehrerbildungsstandards.pdf
[35] http://www.bak-online.de/stellung_bak_ausbild_standards.pdf
[36] mailto:reinhold.hedtke@sowi-online.de
[37] mailto:forum@sowi-online.de