Während Konzeptionen zur Ausweitung des Niedriglohnsektors auf die Erschließung zusätzlicher Beschäftigungspotenziale setzen, zielen Strategien der Arbeitszeitverkürzung auf eine gleichmäßigere Verteilung eines gegebenen Erwerbsarbeitsvolumens, indem Beschäftigte ihren Arbeitsplatz zeitweise oder teilweise für Erwerbslose freimachen.

Es gibt inzwischen zahlreiche Ansätze der Arbeitsumverteilung auf betrieblicher, tariflicher und/ oder gesetzlicher Ebene, die im Gegensatz zu früher verfolgten Politiken der Arbeitszeitverkürzung nicht mehr einen (vollständigen) Einkommensausgleich vorsehen (vgl. Seifert 1998, S. 579 ff.). Dazu zählen: Regelungen, die Rechte auf Teilzeitbeschäftigung für bestimmte Beschäftigtengruppen (etwa Lehrer, Ältere) schaffen und dafür Neueinstellungen vorsehen; der Abbau von Überstunden; die Erweiterung von Freistellungen (Elternurlaub, Sabbaticals) mit befristeten Ersatzeinstellungen; schließlich auch betriebliche Bündnisse für Arbeit, welche eine befristete kollektive Arbeitszeitreduzierung ohne Lohnausgleich im Tausch gegen Beschäftigungsgarantien vorsehen (so etwa das VW-Modell). [/S. 20:]

Anders als in Fällen freiwilliger, optionaler Arbeitszeitverkürzung, welche die Interessenabwägung den einzelnen überlassen (wie Elternurlaub oder Sabbaticals, aber auch das Gros der Teilzeitbeschäftigung), dürften der kollektiven Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnausgleich enge Grenzen gesetzt sein. Es scheint kaum durchsetzbar, allgemeine, kollektive Verkürzungen dauerhaft akzeptabel zu machen, die weder nach besonderen Gruppen und ihren Zeit- und Einkommenspräferenzen differenzieren noch Spielräume für freiwillige Entscheidungen lassen. Schwierig ist dies insbesondere dort, wo Arbeitsumverteilung nicht so sehr auf die Stabilität der Beschäftigung im eigenen Betrieb, sondern allgemein auf die Verminderung von Arbeitslosigkeit zielt und somit "abstrakte Solidarität" mit den Erwerbslosen einfordert.

Aber auch die optionalen Formen der Arbeitszeitverkürzung sind mit Restriktionen befrachtet, die die Reichweite der Arbeitsumverteilung beschränken. Sie sind nämlich entweder mit Einbußen - vor allem bei den Ansprüchen an Einkommen und soziale Sicherung - verbunden oder belasten öffentliche Sozialkassen zugunsten bestimmter Gruppen (etwa Ältere); auch gibt es kaum Garantien dafür, dass frei gewordene Arbeitsplätze auch tatsächlich wieder neu besetzt und nicht zu Rationalisierungszwecken eingespart werden.