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Schuster, Peter (1993): Die gescheiterte Integration der Sozialwissenschaften in der französischen Schule

 

1. Vorbemerkung

Wolfgang Northemann hat seine wissenschaftliche und pädagogische Arbeit bereits zu einer Zeit dem überfachlichen Unterricht gewidmet, da die Diskussion um die Integration der sozialwissenschaftlichen Fächer noch nicht einmal begonnen hatte. Nach einer heftigen und kontroversen Auseinandersetzung um die Integration sind wir nun wieder scheinbar am Ausgangspunkt angekommen. Die Fächerseparation in der Schule feiert fröhliche Urständ. Aber die Diskussion glimmt unter der Asche und wird wieder aufflackern, da die pädagogischen Argumente weiterhin zwingend sind. Die Diskussion wurde nicht nur in Deutschland geführt. Sie fand auch in anderen Ländern mit ähnlichen Argumenten und Frontstellungen statt.

Im folgenden Beitrag will ich die Bemühungen in Frankreich herausarbeiten, die gesellschaftswissenschaftlichen Fächer in einem gemeinsamen Lernbereich zu integrieren. Auch in Frankreich sind diese Bemühungen ebenso wie in Deutschland zunächst gescheitert. Der erfolgreiche Kampf der Geschichtslehrer-Lobby (1) gegen die Integration ist ein politisches Lehrstück, wie pädagogische Innovationen, die nicht durch öffentliche, fachliche und politische Diskussionen abgesichert sind, am Widerstand einer durch unterschiedliche Interessen getragenen Koalition scheitern können. Der Ablauf des Lehrstücks in so kurzer Zeit und in so konzentrierter Diskussion wird wesentlich durch die zentralistische Struktur Frankreichs ermöglicht.

 

2. Schulsystem in Frankreich

Das Schulsystem in Frankreich umfaßt die dreijährige (freiwillige) vorschulische Erziehung (école maternelle), die fünfjährige Grundschule (école élémentaire), die vierjährige Mittelstufe (collège) und die dreijährige Oberstufe (lycée). Alle Schulen sind als Ganztagsschulen organisiert. Die Grundschule und die Mittelstufe werden als Gesamtschulen geführt. In den zwei oberen [/S. 84:] Klassen der Mittelstufe (collège) findet eine starke äußere Differenzierung statt. Das allgemeine Abitur (baccalauréat d'enseignement général) kann in unterschiedlichen Profilbildungen nach dem Besuch der Oberstufe (lycée) erworben werden. Daneben existieren in der Oberstufe technologische und berufliche Schulen (lycée technologique und lycée professionnel), in denen das technologische bzw. berufliche Abitur erworben werden kann. Neben der schulischen Berufsausbildung in der Mittel- und Oberstufe gibt es erste Ansätze einer dualen Berufsausbildung nach deutschem Vorbild. Das französische Bildungswesen wird zentralistisch von Paris aus verwaltet. Unterrichtspläne (programmes) gelten einheitlich in ganz Frankreich. Hervorzuheben sind das laizistische Prinzip und das der Methodenfreiheit:

  • Das laizistische Prinzip, das 1880 unter dem Erziehungsminister Jules Ferry eingeführt wurde, verpflichtet die staatliche Schule zu weltanschaulicher Neutralität. Nur im Rahmen des nationalen und gesellschaftlichen Konsenses kann in der Schule zu Werten erzogen werden. Dieses Prinzip ist fest im Denken der Lehrer und Bildungspolitiker verankert. Erst in neuerer Zeit beginnt eine Diskussion, die die politische und wissenschaftstheoretische Fragwürdigkeit eines solch neutralen und scheinbar objektiven Anspruchs problematisiert (La Formation 1990, S. 283).
  • Die Unterrichtsmethoden können von den Lehrern frei gewählt werden, soweit es ihnen die äußeren Umstände, wie z.B. hohe Klassenfrequenzen, ermöglichen. Vorherrschend sind lehrerzentrierte und stofforientierte Methoden. Reformpädagogische Ansätze (z.B. Freinet) werden trotz einer gewissen staatlichen Unterstützung seit der Haby-Reform im Jahr 1975 nur selten im Unterricht umgesetzt, in der Grundschule mehr als in anderen Schulstufen.

3. Entwicklung der Fächer Geschichte und Staatsbürgerkunde

Die Fächer Geschichte (histoire) und Staatsbürgerkunde (instruction civique) sind seit gut 100 Jahren Teil der Stundentafel der französischen Schule. Nachdem Geschichte bereits 1867 in der damaligen Volksschule (école primaire) eingeführt wurde, folgten 1882 die Einführung der "instruction civique et morale" und der Erlaß von Unterrichtsplänen für beide Fächer. Erst 1945 wurde Staatsbürgerkunde auch in der Mittelstufe als Fach eingerichtet. Beide Fächer haben im Laufe der Jahre Krisen durchlebt, die ihre Existenz in Frage stellten. Der Unterricht in Staatsbürgerkunde fand schon in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen und dann erneut nach 1950 kaum noch statt. Die Gründe sind vorrangig in der Orientierung des Faches an aktuellen politischen Bedürfnissen zu finden. Zu Beginn der III. Repu[/S. 85:]blik in den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts war es Aufgabe des Fachs, die Idee der Republik in der Bevölkerung zu verankern. Nach 1945 sollte es einen Beitrag zur Versöhnung der Nation nach Résistance und Collaboration leisten. Nicht zuletzt auch unter dem Einfluß des laizistischen Prinzips war und ist der Unterricht institutionenkundlich orientiert. Er wurde und wird zudem von Lehrern unterrichtet, die für Geschichte und Geographie ausgebildet wurden. Die Krise des Geschichtsunterrichts brach in den 70er Jahren aus. Ihm wurde der Vorwurf gemacht, er sei nationalistisch, chauvinistisch, moralisierend, auf große Personen reduziert, anekdotisch, enzyklopädisch und ohne Gegenwartsbezug (vgl. Giolitto 1986, 5. 49).

Mit der Haby-Reform 1975 sollten nicht nur die Strukturen der französischen Schule, sondern auch ihre Inhalte verändert werden. Unter starkem Einfluß der amerikanischen Curriculumdiskussion wurde lernzielorientierter Unterricht favorisiert, der die tradierten Schulfächer in Frage stellte. Nachdem bereits 1969 die sozialwissenschaftlichen Fächer in der Grundschule integriert wurden, folgte 1975 die Integration auch in der Mittelstufe (collège). Geschichte und Geographie wurden als eigenständige Fächer aufgehoben und in ihrem Stoffkanon zugunsten neuer sozialwissenschaftlicher Inhalte reduziert. Nach nur zehn Jahren entschied 1985 der sozialistische (!) Erziehungsminister Jean-Pierre Chevènement die Aufhebung der von seinen konservativen (!) Vorgängern eingeführten Integration. Geschichte und Geographie wurden wieder selbständige Fächer mit getrennten Unterrichtsplänen. Die alte Staatsbürgerkunde (instruction civique) wurde als Fach "Staatsbürgerliche Erziehung" (éducation civique) wiedergeboren.

4. Integration der Sozialwissenschaften in der Grundschule

Die inhaltliche Reform der Grundschule begann bereits 1969. Die bis dahin existierenden Fächer wurden durch vier Unterrichtsgebiete (Lernbereiche) ersetzt: Französisch mit 10 Stunden, Rechnen mit 5 Stunden, Sport und "disciplines d'éveil" mit je 6 Stunden. Die "disciplines d'éveil" umfaßten Elemente der Geschichte, Geographie, Sozialwissenschaften und der künstlerischen Erziehung. Der Begriff "d'éveil" ist schwer übersetzbar. Ausgehend von den Theorien Piagets soll das Kind sein eigenes Wissen in Interaktion mit seiner Umgebung aufbauen. Es gibt keinen festen Kanon des Wissens. Die Unterrichtsgegenstände ergeben sich aus den "occasions fournies par la vie", den "durch das Leben gebotenen Gelegenheiten". Der Lehrer soll "éveilleur" (Erwecker) sein, der das Lernen der Kinder "erweckt".

Durch die Grundschul-Reform wurden die Lehrer in hohem Maße verunsichert. Auf die veränderten Methoden und Inhalte waren sie nicht vorbereitet. Viel gravierender war jedoch, daß es für den reformierten Unterricht [/S. 86:] in den "activités d'éveil" keine Unterrichtspläne und keine Handreichungen gab. Die Lehrer sollten ihr eigenes Curriculum schulnah erarbeiten. Zugleich mußten sie sich auch für die veränderten Anforderungen in Französisch und Neuer Mathematik fortbilden. Die Folge war, daß der Unterricht in den activités d'éveil weitgehend ausfiel. Das Nationalinstitut für pädagogische Forschung (Institut National de Recherche Pédagogique - INRP [1]) begann unmittelbar 1969 mit einer eigenen Curriculumentwicklung in enger Zusammenarbeit mit Schulen. Ein Beispiel für die dezentrale Curriculumentwicklung des INRP zu den activités d'éveil in Zusammenarbeit mit einer Landschule für den Unterricht in den beiden Abschlußklassen der Grundschule zeigt die nachstehende Tabelle.

Pädagogische Wahlmöglichkeiten im Mittelkurs (CM1, CM2 = 4./5. Klasse)
Wahlmöglichkeit A: ländliche Grundschule (Beispiel der Schule in Manduel bei Nîmes)

Lerninhalte Gegenwart Geographische Synthese nach Bereichen Verankerung in der historischen Dimension Historische Synthese nach Bereichen Synthese früherer Gesellschaften
Fall geograph. Erweiterung 18. Jh. 19. Jh. 18. Jh. 19. Jh.
Industrielle Produktion Zellulose-Fabrik in Tarascon weitere Industriebranchen Industrie in Frankreich Handwerker, Manufakturen, Hüttenwerke Handwerker, Fabriken Industrie in Frankreich Industrie in Frankreich 18. Jh.





und






19. Jh.
Landwirtschaftliche Produktion Landwirtschaftl. Betrieb in Manduel weitere landwirtschaftl. Betriebsformen Landwirtschaft in Frankreich Arten landwirtschaftl. Produktionen Arten landwirtschaftl. Produktionen Landwirtschaft in Frankreich Landwirtschaft in Frankreich
Verteilung        
Dienstleistung Bahnhof von Nîmes   Eisenbahnnetz in Frankreich   Anfänge der Eisenbahn    
Sozialer Raum Stadt Nîmes Nîmes und die Region Städte in Frankreich Nîmes Nîmes Städte in Frankreich Städte in Frankreich

Quelle: Histoire et Géographie, 1986, S, 61

Die Ergebnisse dieser Arbeit ermöglichten es dem Staat, ab 1977 offizielle Unterrichtspläne und -empfehlungen herauszugeben. Aber die schlecht vorbereitete Reform war nicht mehr zu retten. Bereits 1980 gab es wieder neue Unterrichtspläne, die neben den fortgeltenden Lehrplänen der activités d'éveil obligatorisch die Behandlung von zehn Perioden der französischen Geschichte vorschrieben. 1985 wurden als Folge der großen Auseinander[/S. 87:]setzung um den Geschichtsunterricht (vgl. folgende Kapitel) wieder die alten Schulfächer eingerichtet und entsprechende Lehrpläne erlassen.

5. Integration der Sozialwissenschaften in der Mittelstufe

Der integrierte Bereich "Sciences humaines" (Humanwissenschaften) wurde in der Mittelstufe im Rahmen der Haby-Reform 1975 eingeführt und nach zehn Jahren 1985 wieder aufgelöst. Er umfaßte mit drei Wochenstunden die Teilbereiche Geschichte, Geographie, Wirtschaft und staatsbürgerliche Erziehung. Die Begründung für die Integration ist in den offiziellen Unterrichtsplänen von 1977/78 wie folgt dargelegt: "Schließlich sind Geschichte, Geographie, Politologie, Ökonomie und die Sozialwissenschaften nur Mittel im Dienst einer umfassenden Erziehung zu einem besseren Verständnis des kulturellen Erbes der Menschheit und der Welt, in der die Schüler leben werden. Der neue Unterricht dieser Disziplinen soll, ohne die spezifischen Beiträge ihrer verschiedenen Bestandteile zu entstellen, ein zusammenhängendes Ganzes bilden. Dies ist dazu bestimmt, den Schülern Erkenntnismittel und Methoden zu vermitteln, ebenso gesicherte, bewußt begrenzte Kenntnisse, die ihnen helfen, die Welt, in der sie leben werden, besser zu verstehen und eine verantwortliche Rolle in der Gesellschaft zu übernehmen" (Histoire, géographie 1979, S. 13). In den Unterrichtsplänen war dieser umfassende Anspruch nicht zu verwirklichen. Widerstand entwickelte sich bereits vor Erlaß der Pläne. So konnte die Bezeichnung des neuen Unterrichtsbereichs nicht, wie ursprünglich beabsichtigt, "Sciences sociales" (Sozialwissenschaften) lauten, sondern eben "Sciences humaines" (Humanwissenschaften). Schwerwiegender war, daß die Pläne schließlich ein Kompromiß zwischen traditionellen und integrativen Konzepten zu Lasten letzterer wurden. In den Teilbereichen Geschichte, Geographie und staatsbürgerliche Erziehung blieben erhebliche Anteile der traditionellen Unterrichtspläne erhalten. Integrative Inhalte wie diachronische Themen, Projektthemen und Gegenwartsfragen standen unverbunden daneben. Neue sozialwissenschaftliche und ökonomische Inhalte waren nicht annähernd gleichgewichtig neben den traditionellen Inhalten vertreten.

Als Beispiel für die Unterrichtspläne in den "Sciences humaines" von 1977/78 sei der Plan für die classe de cinquième, die der 7. Klasse in Deutschland entspricht, zitiert:

Unter dem umfassenden Lernziel, "den Horizont der Schüler auf die ganze Welt hin zu erweitern", sollten behandelt werden:

  • "die Erde (Land, Wasser, Kontinente, Bevölkerung, Staaten),
  • Begriffe der allgemeinen Geographie und der Demographie, [/S. 88:]
  • Ausweitung des lokalen Milieus auf das Département (Verwaltung, öffentliche Dienste),
  • Entstehung und Entwicklung des Islam; mohammedanische Kultur,
  • westliche Kultur vom XI. bis zum XIII. Jahrhundert am Beispiel Frankreichs,
  • außereuropäische Kulturen: Indien, China, präkolumbisches Amerika,
  • Entdeckungsreisen, europäische Expansion und ihre Folgen,
  • Verkehr und Handel im Längsschnitt von den Ursprüngen bis zur Gegenwart,
  • für die heutige Welt charakteristische Fragen:
    1. ein humangeographisches oder ökonomisches Problem ("große Ballungsräume" oder "Hunger in der Welt" oder "Erdöl"),
    2. ein regionales Thema, das sich auf Asien bezieht ("Reis in den Monsungebieten" oder "Japans Industrie" oder "Wirtschaft Chinas"),
    3. ein regionales Thema, das sich auf Amerika bezieht ("Industrie in Nordamerika" oder "Landwirtschaft in Südamerika" oder "Wirtschaft Brasiliens"),
    4. ein regionales Thema, das sich auf Afrika bezieht ("Landwirtschaft in Schwarzafrika" oder "Entstehung industrieller Aktivitäten" oder "Entstehung, Entwicklung, Probleme eines afrikanischen Staates"),
  • Informationen zu aktuellen Themen und Themen, die Schülerinteressen entsprechen"

(Histoire, géographie 1979, S. 19-20).

6. Kampf gegen die Integration der Sozialwissenschaften

Gegen die Versuche, Geschichte in die neuen Lernbereiche activités d'éveil in der Grundschule und Sciences humaines in der Mittelstufe zu integrieren, organisierte sich sehr bald Widerstand. Der Geschichts- und Geographielehrerverband "Association des professeurs d'histoire et géographie" (APHG), eine Vereinigung von ca. zehntausend Mitgliedern aus der Mittel- und Oberstufe, artikulierte den Protest in seiner Zeitschrift "Historiens et Géographes". Die verbandsinterne Diskussion wurde schlagartig öffentlich, als sie im Herbst 1979 der Politiker Michel Debré aufgriff. Parolen wie "Unsere Kinder lernen keine Geschichte mehr" oder "Sie wissen nicht mehr, wer Jeanne d'Arc war" mobilisierten Presse und Politiker aller politischen Richtungen sowie die Universitätshistoriker aller historischen Schulen. Schließlich griff auch Staatspräsident François Mitterand 1983 in die Diskussion ein und stellte zuspitzend fest: "Un peuple qui perd sa mémoire, perd son identité" (Ein Volk, das sein Gedächtnis verliert, verliert seine Identität). Diesem Druck konnten sich die Bildungspolitiker nicht mehr ent[/S. 89:]ziehen. 1982 beauftragte der linkssozialistische Erziehungsminister Alain Savary eine Kommission unter Leitung von René Girault, eine Bestandsaufnahme des Geschichtsunterrichts und Änderungsvorschläge zu erarbeiten. In seinem Auftragsschreiben wies der Minister auf die Kritik an der ungenügenden Berücksichtigung der Chronologie hin und erklärte, daß offensichtlich "die Chronologie die Grundstruktur jedes historischen Wissens ist und daß jede thematische oder vergleichende Arbeit nur geleistet werden kann, wenn zuvor diese Grundlage gesichert ist". Die Kommission kam zu dem Ergebnis, daß die Fächer Geschichte und Geographie wiederhergestellt und zu Hauptfächern aufgewertet werden müßten (Girault 1983). Zur Umsetzung der Kommissionsempfehlung und ihrer Argumente organisierte die Regierung 1984 in Montpellier ein "Nationales Colloquium über die Geschichte und ihren Unterricht". Der Premierminister Pierre Mauroy gab in seiner Eröffnungsrede das politische Ziel vor und machte damit zugleich deutlich, wie wenig es den Verfechtern der Integration gelungen war, ihre pädagogischen Argumente in die Öffentlichkeit zu tragen: "Die Geschichte muß einen hervorragenden Platz in der Erziehung wiederfinden. Sie muß vor allen anderen sozialwissenschaftlichen Disziplinen behandelt werden. (...) Dieser Beitrag der Chronologie ist nicht ersetzbar. Sie muß ab der Grundschule betrieben werden. Deshalb dürfen, ohne die neuesten Ergebnisse der pädagogischen Forschung zu vernachlässigen, die traditionellen Methoden des Auswendiglernens und des Faktenerwerbs nicht vernachlässigt werden. Schließlich (...) dürfen Geschichte und Geographie nicht nur einfache 'disciplines d'éveil' sein. Sie müssen Basisdisziplinen, grundlegende Disziplinen in allen Unterrichtsordnungen sein" (Colloque 1984, 5. 12). Die Ergebnisse des Colloquiums faßte einer der führenden Vertreter der sozialwissenschaftlich orientierten Nouvelle Histoire, Jacques Le Goff, in einem leidenschaftlichen Schlußplädoyer zusammen und empfahl die Umsetzung der Empfehlungen der Girault-Kommission. Schließlich verkündete der Erziehungsminister in seinem Schlußwort die Wiederherstellung der Fächer Geschichte und Geographie sofort in der Grundschule und mittelfristig in den anderen Schulen (Colloque 1984, S. 216).

7. Die Fächer in Grundschule und Mittelstufe nach Auflösung der Integration

Die Versuche, einen integrierten sozialwissenschaftlichen Unterricht zu schaffen, sind in Frankreich zunächst gescheitert. Allerdings ist die Diskussion an den betroffenen Fächern nicht spurlos vorbeigegangen. Geschichte und Geographie orientieren sich an sozialwissenschaftlichen Konzeptionen, wie sie beispielsweise die Nouvelle Histoire sowie die Sozial- und Wirt[/S. 90:]schaftsgeographie bieten. Im Gegensatz zu Deutschland ist die Geologie nicht Teil des schulischen Geographieunterrichts, sondern Teil des naturwissenschaftlichen Unterrichts. In der "Staatsbürgerlichen Erziehung" gibt es den Kernansatz der "Menschenrechtserziehung" als Antwort auf ein gesellschaftliches Problem. Daneben steht aber unvermittelt die alte Institutionenkunde. Eine spezielle Lehrerausbildung für das Fach "Staatsbürgerliche Erziehung" wurde auch bei der Reform der Ausbildung nicht eingeführt. Das Fach wird weiterhin von Geschichts- und Geographielehren unterrichtet. Für die Grundschule und die Mittelstufe setzen die neuen Unterrichtspläne stärkere pädagogische und didaktische Akzente. Der Erwerb von Methoden- und Handlungskompetenz wird als Lernziel ausdrücklich hervorgehoben. Zur Durchführung fächerübergreifender Studien und Projekte wird ein Stundenkontingent zur Verfügung gestellt. Der folgende Überblick zeigt den Entwicklungsstand zu Beginn der 90er Jahre auf.

Grundschule

Die "activités d'éveil" (vgl. Kapitel 4) wurden in vier Lernbereiche aufgelöst: Naturwissenschaften und Technologie (sciences et technologie) mit zwei bzw. drei Wochenstunden, Geschichte und Erdkunde (histoire et géographie) mit einer bzw. zwei Wochenstunden, staatsbürgerliche Erziehung (éducation civique) mit durchgängig einer Wochenstunde sowie künstlerische Erziehung (éducation artistique) mit ebenfalls einer Wochenstunde.

Der Geschichtsunterricht geht in der 1. Klasse (cours préparatoire) von der Umgebung des Kindes aus. Ein erster Geschichtsfries erfaßt persönliche und kollektive Daten der Schüler. In der 2. und 3. Klasse (cours élémentaire 1 und 2) werden, ausgehend von der heutigen französischen Gesellschaft, kennzeichnende Epochen der französischen Geschichte mit Staaten, Ereignissen, Personen und sozialen Gruppen erarbeitet. In der 4. und 5. Klasse (cours moyen 1 und 2) folgt in chronologischer Systematik die Nationalgeschichte Frankreichs von der Vorgeschichte bis ins 20. Jahrhundert.

Der Geographieunterricht beginnt in der 1. Klasse mit der räumlichen und landschaftlichen Umgebung des Kindes. In der 2. und 3. Klasse wird die nähere Umgebung in Beziehung und Vergleich zu anderen Lebensräumen gesetzt. Frankreich in seinem Zusammenhang mit Europa und der Welt ist mit vorrangig sozialen und ökonomischen Inhalten Gegenstand des Unterrichts in der 4. und 5. Klasse. Historische und geographische Themen sind in drei bis vier Studieneinheiten (sujets d'études) pro Schuljahr miteinander verknüpft zu behandeln. Hierfür stehen maximal 24 Wochenstunden (ein Drittel der gesamten Unterrichtsstunden) zur Verfügung (Ecole élémentaire 1990, S. 25 ff.).

Die staatsbürgerliche Erziehung soll sich auf wenige wichtige Bereiche beschränken: verantwortliches Sozialverhalten, politische und administrati[/S. 91:]ve Institutionen sowie die Rolle Frankreichs in der Welt. Als affektive Lernziele werden Ehrlichkeit, Mut, Ablehnung des Rassismus und die Liebe zur Republik genannt. In der 1. Klasse lernen die Schüler grundlegende Regeln des gesellschaftlichen Zusammenlebens und die staatlichen Symbole der Republik. Im Unterricht der 2. und 3. Klasse sollen die Regeln des Gemeinschaftslebens klarer erfaßt und begründet werden. Themen sind die Begriffe Person, Eigentum, Vaterland, Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Wahlen, Staatsgebiet, Staatspräsident, Minister, Abgeordnete, Gemeinde, Bürgermeister sowie die Schule. Parallel zum Geschichts- und Geographieunterricht steht in der 4. und 5. Klasse Frankreich mit seinen Institutionen und die sie begründenden Ideen im Mittelpunkt: Erklärung der Menschenrechte von 1789 und 1948, bürgerliche Freiheiten und Rechte, Verfassung, Gesetzgebung, Verwaltung, öffentliche Dienste, Armee, Frieden, Europa, Nation und internationale Beziehungen (Ecole élémentaire 1990, 5. 29 ff.).

Mittelstufe (college)

In der Mittelstufe gibt es im sozialwissenschaftlichen Bereich drei Fächer:

1. Geschichte, 2. Geographie und Einführung in die Wirtschaft (initiation économique), 3. staatsbürgerliche Erziehung und Menschenrechtserziehung (éducation aux droits de l'homme). Für Geschichte, Geographie und Wirtschaft stehen zusammen zweieinhalb Wochenstunden, für staatsbürgerliche Erziehung eine Wochenstunde zur Verfügung.

Der Geschichtsunterricht folgt der chronologischen Systematik. In der 6. und 7. Klasse (sixième und cinquième) soll der Begriff "civilisation" den Unterricht und seine Beziehungen zu den Nachbarfächern strukturieren. Die Themen reichen von der Vorgeschichte bis zur Reformation. In der 8. Klasse (quatrième) sind das 17., 18. und 19. Jahrhundert (bis 1914) zu behandeln. Die Abschlußklasse der Mittelstufe, die 9. Klasse (troisième), ist dem 20. Jahrhundert, von 1914 bis zur Gegenwart, gewidmet. Die Unterrichtspläne warnen für die 9. Klasse vor einer Überbetonung der Fakten. Es sollten nur wenige Schlüsseldaten gelernt werden (Histoire, Géographie 1992, 5. 15 ff.).

Im Geographieunterricht der 6. Klasse (sixième) stehen Klimazone und Verteilung der Menschen auf der Erdoberfläche im Mittelpunkt. In der 7. Klasse (cinquième) sind die Begriffe Unterentwicklung und Entwicklung mit Beispielen aus Afrika, Asien und Lateinamerika zu vermitteln. Europa in seiner "Einheit und Verschiedenheit" sowie seinem Einfluß in der Welt ist das Leitthema der 8. Klasse (quatrième). Neben einzelnen Staaten ist hier auch die Europäische Gemeinschaft zu behandeln. Der Geographieunterricht am collège schließt in der 9. Klasse (troisième) mit Frankreich, den USA und der UdSSR ab. Es sind die Begriffe Mittelmächte und Großmächte zu erarbeiten. [/S. 92:]

Der Unterrichtsbereich "Einführung in die Wirtschaft" (Initiation économique) ist dem Geographieunterricht zugeordnet. Er beginnt in der 6. Klasse mit den Wirtschaftssubjekten und dem Wirtschaftskreislauf in der Gemeinde, setzt sich in der 7. Klasse mit den Themen Geld und Welthandel fort, widmet sich in der 8. Klasse inneren Problemen eines Unternehmens sowie der Arbeitswelt und schließt in der 9. Klasse mit den Aspekten und Problemen der regionalen Wirtschaft ab (Histoire, Géographie 1992, S. 63 ff.).

Für die Staatsbürgerliche Erziehung (éducation civique) in der Mittelstufe (collège) werden als Lernziele angegeben, daß sie "bei dem Schüler den Sinn für das Allgemeininteresse, die Achtung des Gesetzes, die Liebe zur Republik entwickeln" soll. In diesem Zusammenhang soll der Schüler über Rechte und Pflichten des Staatsbürgers aufgeklärt werden. In der 6. Klasse (sixième) sind die Themen Schule, Erziehung, Schulverwaltung, Leben in der Schule, soziale Beziehungen und das demokratische Leben in der Gemeinde zu behandeln. Die beiden umfassenden Themenkreise in der 7. Klasse (cinquième) sind das "Département und die Region" sowie die "Unterschiede und Achtung der Menschen". Der Unterricht in der 8. Klasse (quatrième) setzt die am Ende der 7. Klasse begonnene Menschenrechtserziehung mit den Bereichen "Eroberung der bürgerlichen Freiheiten" und "Ausübung der bürgerlichen Freiheiten im heutigen Frankreich" fort. Parallel zum Geographieunterricht endet der Unterricht der 8. Klasse mit den Institutionen und dem Werden der Europäischen Gemeinschaft. In der 9. Klasse (troisième) sind das politische Leben Frankreichs und seiner Institutionen, die Institutionen der USA und der UdSSR sowie die internationalen Beziehungen, die Verletzung der Menschenrechte, der Terrorismus, die Unterschiedlichkeit der Kulturen und die internationale Solidarität zu erarbeiten. Der Unterricht soll zusammenfassend mit den "Werten der Demokratie" enden. Ein auch für Deutschland angesichts seiner jüngsten Entwicklung interessanter Ansatz zu einem integrierten Unterricht ist die in die staatsbürgerliche Erziehung eingebundene "Menschenrechtserziehung, auf die im folgenden Kapitel besonders eingegangen wird (Éducation civique 1990).

Der Zustand der "staatsbürgerlichen Erziehung" in der Mittelstufe wird in einem Rundschreiben des Erziehungs-Ministeriums vom 14.11.1991 an die Schulaufsicht und die Schulen erkennbar, in dem das Ministerium anmahnt, daß die Prüfungsthemen am Ende der Schulzeit "nicht so ausschließlich über institutionelle Aspekte handeln sollten, wie dies im Prüfungszeitraum 1990 der Fall war" (Histoire, Géographie 1992, 5. 120).

Auf eine nähere Darstellung des Unterrichts in den drei Klassen der Oberstufe (lycée) sei hier verzichtet. Geschichte und Geographie werden entsprechend der klassischen Fachsystematik unterrichtet. Die Staatsbürger[/S. 93:]kunde (instruction civique) wird zwar in der Überschrift der Unterrichtspläne aufgeführt, sie findet aber nur implizit in der Behandlung historischer und geographischer Themen statt (Histoire, Géographie 1991, S. 13).

8. Menschenrechtserziehung

Als Reaktion auf zunehmenden Rassismus in der französischen Gesellschaft wurde im zeitlichen Zusammenhang mit den 200-Jahrfeiern der Französischen Revolution der Unterrichtsbereich "Menschenrechtserziehung" (Éducation aux droits de l'homme) für die Mittelstufe entwickelt. Dieser Bereich bildet den Kern des Fachs "Staatsbürgerliche Erziehung" in den vier Jahrgangsstufen des collège. In den neueren Veröffentlichungen der Unterrichtspläne tauchen beide Bezeichnungen für das Fach gleichberechtigt auf. Damit hat die staatsbürgerliche Erziehung einen zentralen Auftrag erhalten, der in der französischen Tradition dieses Fachs steht, einen pädagogischen Beitrag zur Lösung dominierender gesellschaftlicher Probleme zu leisten. In der III. Republik hatte das Fach seit seiner Einführung 1882 die Aufgabe, zur Idee der Republik zu erziehen. Nach 1945 stellte sich die Aufgabe, die Nation nach der Auseinandersetzung zwischen Kollaboration mit dem deutschen Feind und der Résistancebewegung, zwischen Pétain und de Gaulle, zu versöhnen.

Das Konzept der Menschenrechtserziehung wird in den Unterrichtsplänen wie folgt beschrieben:

"Zu den bürgerlichen und politischen Rechten, den sogenannten Rechten der ersten Generation in der Tradition liberalen Denkens, sind die durch das sozialistische Denken beeinflußten ökonomischen und sozialen Rechte dazugekommen, die man als die zweite Generation bezeichnet. In jüngster Zeit sind die Ideen der Rechte einer sogenannten dritten Generation entwickelt worden: Recht auf Frieden, Recht auf gesunde Umwelt ...

Die drei folgenden Prinzipien müssen im Denken gegenwärtig sein:

Die Menschenrechte gelten weltweit, auch wenn sie in einer bestimmten Kultur und Zivilisation entstanden sind;

die universellen Menschenrechte fordern dazu auf, Unterschiede zu respektieren;

die Menschenrechte sind konstituierend für das soziale und politische Leben einer demokratischen Gesellschaft" (Éducation civique 1990, S. 49).

Die Zuordnung der Lernziele und Lerngegenstände ist in den Unterrichtsplänen festgelegt, wie die folgende Tabelle zeigt. [/S. 94:]

Staatsbürgerliche Erziehung und Menschenrechtserziehung

Ziele/Klasse6e (D: 6. Kl.)5e (D: 7. KI.)4e (D: 8. Kl.)3e (D: 9. Kl.)
Wecken von Toleranz, die auf der Anerkennung universaler Rechte beruhtRespekt vor sich selbst und den anderenUnterschiede der Herkunft, des Glaubens, der Meinungen, Lebensweisen; Toleranz, Respekt gegenüber anderen KulturenRechte und Pflichten von AusländernAngriffe auf die Person
eine Welt: unterschiedliche Kulturen
Würde des Individuums respektieren und solidarisch handeln lernenRecht auf Bildung und ErziehungUngleichheit der Entwicklung
Nord-Süd-Dialog
ökonomische und soziale Rechte (Arbeit, Gesundheit, Soziales)Internationale Solidarität
Prinzipien der Demokratie kennen
Grundfreiheiten kennen
Politische Institutionen kennen
auf das demokratische Leben vorbereiten
Staatsbürger werden
Gemeinde (Wahlen)
Institutionen der Region und des DépartementsFreiheiten: Erringung und Ausübung
gegen Willkür
Rechte und Pflichten des Bürgers
EG
Europa-Rat
Verfassung von 1958
Freiheiten
Gesetz, Justiz
V. Republik
Gesetz, Justiz
Internationale Organisationen
Zur Verantwortung ermutigenSchulleben, UmweltKulturerbe der Region  

Quelle: Éducation civique, 1990, S. 50 (gekürzte Übersetzung)

Besonders hervorgehoben sind des weiteren Beiträge der Fächer Geschichte, Geographie, Biologie und Französisch. Im Geschichtsunterricht sind an unterschiedlichen Themen vom Altertum bis zur Neuzeit folgende Begriffe zu erarbeiten: Sklaventum, Rassismus, Widerstand, religiöse Freiheit, Intoleranz, Staatsbürger, Staat, Gleichheit, Recht, juristische Formulierungen der Rechte, Erweiterung und Anreicherung der Menschenrechte, Menschenrechte und Kolonialisierung, Verletzlichkeit der Menschenrechte. Im Fach Geographie sind die Begriffe Solidarität, Entwicklungspolitik, Dialog zwischen den Völkern, ökonomische Rechte, soziale Rechte, Verschiedenheit der Völker und Kulturen sowie die weltweite Dimension des Problems der Menschenrechte zu behandeln. Das Fach Biologie leistet seinen Beitrag durch folgende Ziele und Themen: Achtung der menschlichen Person, individuelle und kollektive Verantwortung (Toleranz und Ablehnung [/S. 95:] des Rassismus), Kritik pseudowissenschaftlicher Anwendungen, zum Beispiel des Begriffs Rasse. Für den Französischunterricht werden Literaturhinweise zu den Themen Mensch und Natur (Dritte Welt, Konflikt, Harmonie), Menschen und Gruppen, Aufstand, Revolte sowie dem heutigen Kampf für die Freiheit gegeben. Als wesentliche Texte sind in den beteiligten Fächern die Erklärungen der Menschenrechte von 1789 und 1948 sowie die europäische Menschenrechts-Konvention von 1950 zu behandeln.

Die Unterrichtspläne zur Menschenrechtserziehung bleiben bei der Zuordnung von Zielen und Themen zu den einzelnen Fächern stehen. Ein integrierter Unterricht wird nicht vorgeschrieben. In jedem Fach können die Themen separat behandelt werden. Eine Verbindung ergibt sich bestenfalls durch die den einzelnen Jahrgängen vorgegebene parallele Behandlung. Immerhin gibt es die Empfehlung, die Menschenrechtserziehung mit den "Querthemen" (thèmes transversaux) Sicherheit, Umweltschutz, Information, Entwicklung, Verbrauch, Gesundheit und Leben in einem PAE-Projekt (projet d'action éducative) zu verbinden (Éducation civique 1990, S. 45 ff.).

9. Konklusion

Die Versuche, einen integrierten sozialwissenschaftlichen Unterrichtsbereich zu schaffen und die traditionellen Fächer Geschichte, Erdkunde und Sozialkunde aufzulösen, sind nicht auf Deutschland beschränkt. Sie fanden auch in anderen Staaten statt.

Der Prozeß in Frankreich verlief ähnlich wie in Deutschland. Aus der Curriculumdiskussion kamen die Anstöße, die die fachimmanente Systematik der Fächer durch eine an Lernzielen orientierte Struktur ersetzen wollten.

Der erfolgreiche Widerstand gegen die Integration der Sozialwissenschaften wurde aktiv von universitären und gymnasialen Vertretern der Fächer Geschichte und Erdkunde getragen. Unterstützung fand dieser Widerstand durch Politiker, die einerseits ihre eigene Erziehung als Maßstab der Beurteilung nahmen, andererseits keinen Zugang zu den pädagogischen Begründungen eines integrierten Unterrichts fanden.

Die Diskussion scheint mit der Wiederherstellung der tradierten Fächer nicht am Ende zu sein. In Frankreich wird insbesondere die Curriculumentwicklung in der Grundschule fortwirken. Ebenso werden die Einführung der Menschenrechtserziehung in der Mittelstufe und erste Ansätze in den Unterrichtsplänen zu einem Projektunterricht die Entwicklung offenhalten.

In diese Richtung weist auch die Stellungnahme, die das renommierte Collège de France unter Federführung des Soziologen Pierre Bourdieu 1984 zum Zeitpunkt des Abbruchs der Integration der Sozialwissenschaften zur [/S. 96:] Entwicklung des Unterrichts unterbreitet hatte. In These 6 heißt es: "Um die Auswirkungen einer wachsenden Spezialisierung auszugleichen, die die Mehrzahl der Individuen parzelliertem Wissen aussetzt, (...) muß gegen die Inselbildung des Wissens (...) gekämpft werden" (Propositions 1985, S. 33).

(1) Die männliche Sprachform im Text schließt selbstverständlich die weibliche Form ein.

Literatur

Bensoussan, Georges/Laugère, Antoine (1983): L'Instruction Civique: ses buts, ses agents, ses discours. In: Raison Présente, Heft 74/1983, S. 7-23

Chevènement, Jean Pierre (1985): Etre citoyen. In: Ders.: Apprendre pour entreprendre. Paris 1985, S. 226-234

Collèges (1985): Programmes et instructions. Herausgegeben vom Ministère de l'Éducation nationale [2]. Paris 1985

Colloque national sur l'histoire et son enseignement (1984): Herausgegeben vom Ministère de l'Éducation nationale [2]. Paris 1984

Ecole Elémentaire (1985): Programmes et instructions. Herausgegeben vom Ministère de l'Éducation nationale [2]. Paris 1985

Ecole Elémentaire (1990): Programmes et instructions. Herausgegeben vom Ministère de l'Éducation nationale [2], de la jeunesse et des sports. Paris 1990

Éducation civique (1990): Éducation aux droits de l'homme. Classes des collèges (6e, 5e, 4e, 3e). Herausgegeben vom Ministère de l'Éducation nationale [2] de la jeunesse et des sports. Paris 1990

La formation aux didactiques (1990): Cinquième Rencontre Nationale sur les Didactiques de l'Histoire, de la Géographie, des Sciences sociales, Mars 1990, Actes du colloque. Paris 1990

Giolitto, Pierre (1986): L'enseignement de l'histoire aujourd'hui. Paris 1986

Girault, René (1983): L'histoire et la géographie en question. Rapport au ministre de l'Éducation nationale [2]. Paris 1983

Histoire et Géographie à l'école élémentaire (1986): Rencontres pédagogiques No. 13. Herausgegeben vom Institut national de recherche pédagogique [1]. Paris 1986

Histoire, géographie, économie, éducation civique (1979): Classes des collèges (6e, 5e, 4e, 3e). Herausgegeben vom Ministère de l'Éducation [2]. Paris 1979

Histoire, Géographie, Initiation économique (1992): Classes des collèges (6e, 5e, 4e, 3e). Herausgegeben vom Ministère de l'Éducation nationale [2]. Paris 1992

Histoire, Géographie, Instruction civique (1991): Classes de seconde, première et terminale. Herausgegeben vom Ministère de l'Éducation nationale [2]. Paris 1991

Propositions pour l'enseignement de l'avenir (1985): Elaborées à la demande de Monsieur le Président de la République [3] par les professeurs du Collège de France [4]. Paris 1985

Schuster, Peter (1989): Geschichtsunterricht und politische Bildung in Frankreich. Versuche der Integration. In: Northemann, Wolfgang/Schuster, Peter (Hrsg.): Mentorentag Geschichte und Sozialkunde. Berlin 1989, S. 111-126

Wittenbrock, Rolf (1983): Der Kampf für die Erhaltung und Erneuerung des Geschichtsunterrichts in Frankreich im Spiegel der Zeitschrift "Historiens et Géographes". In: Internationale Schulbuchforschung, Heft 2/1983, S. 133-144


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[1] http://www.inrp.fr
[2] http://www.education.gouv.fr/default.htm
[3] http://www.elysee.fr/
[4] http://www.college-de-france.fr