Gegen die Versuche, Geschichte in die neuen Lernbereiche activités d'éveil in der Grundschule und Sciences humaines in der Mittelstufe zu integrieren, organisierte sich sehr bald Widerstand. Der Geschichts- und Geographielehrerverband "Association des professeurs d'histoire et géographie" (APHG), eine Vereinigung von ca. zehntausend Mitgliedern aus der Mittel- und Oberstufe, artikulierte den Protest in seiner Zeitschrift "Historiens et Géographes". Die verbandsinterne Diskussion wurde schlagartig öffentlich, als sie im Herbst 1979 der Politiker Michel Debré aufgriff. Parolen wie "Unsere Kinder lernen keine Geschichte mehr" oder "Sie wissen nicht mehr, wer Jeanne d'Arc war" mobilisierten Presse und Politiker aller politischen Richtungen sowie die Universitätshistoriker aller historischen Schulen. Schließlich griff auch Staatspräsident François Mitterand 1983 in die Diskussion ein und stellte zuspitzend fest: "Un peuple qui perd sa mémoire, perd son identité" (Ein Volk, das sein Gedächtnis verliert, verliert seine Identität). Diesem Druck konnten sich die Bildungspolitiker nicht mehr ent[/S. 89:]ziehen. 1982 beauftragte der linkssozialistische Erziehungsminister Alain Savary eine Kommission unter Leitung von René Girault, eine Bestandsaufnahme des Geschichtsunterrichts und Änderungsvorschläge zu erarbeiten. In seinem Auftragsschreiben wies der Minister auf die Kritik an der ungenügenden Berücksichtigung der Chronologie hin und erklärte, daß offensichtlich "die Chronologie die Grundstruktur jedes historischen Wissens ist und daß jede thematische oder vergleichende Arbeit nur geleistet werden kann, wenn zuvor diese Grundlage gesichert ist". Die Kommission kam zu dem Ergebnis, daß die Fächer Geschichte und Geographie wiederhergestellt und zu Hauptfächern aufgewertet werden müßten (Girault 1983). Zur Umsetzung der Kommissionsempfehlung und ihrer Argumente organisierte die Regierung 1984 in Montpellier ein "Nationales Colloquium über die Geschichte und ihren Unterricht". Der Premierminister Pierre Mauroy gab in seiner Eröffnungsrede das politische Ziel vor und machte damit zugleich deutlich, wie wenig es den Verfechtern der Integration gelungen war, ihre pädagogischen Argumente in die Öffentlichkeit zu tragen: "Die Geschichte muß einen hervorragenden Platz in der Erziehung wiederfinden. Sie muß vor allen anderen sozialwissenschaftlichen Disziplinen behandelt werden. (...) Dieser Beitrag der Chronologie ist nicht ersetzbar. Sie muß ab der Grundschule betrieben werden. Deshalb dürfen, ohne die neuesten Ergebnisse der pädagogischen Forschung zu vernachlässigen, die traditionellen Methoden des Auswendiglernens und des Faktenerwerbs nicht vernachlässigt werden. Schließlich (...) dürfen Geschichte und Geographie nicht nur einfache 'disciplines d'éveil' sein. Sie müssen Basisdisziplinen, grundlegende Disziplinen in allen Unterrichtsordnungen sein" (Colloque 1984, 5. 12). Die Ergebnisse des Colloquiums faßte einer der führenden Vertreter der sozialwissenschaftlich orientierten Nouvelle Histoire, Jacques Le Goff, in einem leidenschaftlichen Schlußplädoyer zusammen und empfahl die Umsetzung der Empfehlungen der Girault-Kommission. Schließlich verkündete der Erziehungsminister in seinem Schlußwort die Wiederherstellung der Fächer Geschichte und Geographie sofort in der Grundschule und mittelfristig in den anderen Schulen (Colloque 1984, S. 216).