Gläser: Zwischen heimatkundlicher Tradition und modernisierter Arbeitsgesellschaft - Aktuelle konzeptionelle Überlegungen zum ökonomischen Lernen in der Grundschule

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Eva Gläser

Werbung, Konsum und Arbeitswelt: Der Themenkomplex ökonomischen Lernens in der Grundschule könnte nicht größer sein. Dennoch wird mit dieser thematischen Fülle kein eigenes Schulfach beschrieben, sondern ein thematischer Teilbereich des Sachunterricht. Welche Ziele im Einzelnen hierbei verfolgt werden und ob sich die Fachdidaktik auf empirische Erkenntnisse über ökonomisches Wissen von Grundschulkindern beziehen kann, soll im Folgenden geklärt werden. Abschließend wird diskutiert, welche konzeptionellen Veränderungen es anzudenken gilt.

1. Ökonomisches Lernen - ein historischer Rückblick

Überlegungen zum wirtschaftlichen Lernen sind nicht erst in aktuellen pädagogischen Diskussionen nachzuzeichnen. Bis in das 16. Jahrhundert reichen die Beispiele, anhand derer Kiper (1994) Entwürfe zum wirtschaftlichen Lernen aufzeigen kann. Sie führt u.a. John Locke an, der einforderte, Kinder sollten "klare Begriffe vom Eigentum bilden" (S. 116). Die aufgezeigten Konzeptionen spiegeln die verschiedenen Sichtweisen, mit denen Kinder im Hinblick auf ökonomisch gesellschaftliche Beteiligung betrachtet wurden, wider. Kiper führt den "zukünftigen Gentleman, die Kinder der Landarbeiter und Bauern, die Arbeiterkinder der großen Städte, die Kinder der Industriequartiere" an, die als "zukünftige Gentleman, als Unterdrückte, als Gegenspieler der Erwachsenen" betrachtet wurden. Die Ausrichtung war "lokal, regional, national oder weltbezogen ausgerichtet". Nicht nur hinsichtlich der Adressaten und der Ausrichtung differieren die verschiedenen Entwürfe, sondern auch im Hinblick auf ihre Zielsetzungen: "Beförderung und Entwicklung des Landes, des Fleißes, der Industrie, der gesellschaftlichen Reform oder der Vergrößerung der Arbeiterbewegung" sind Schwerpunkte, die Kiper erkennt (ebd.).

Die verstärkte Thematisierung ökonomischen Lernens in der Mitte des 20. Jahrhunderts resultierte u.a. aus der sich massiv verändernden Arbeitswelt, vor allem in den Produktionsbetrieben, ausgelöst durch verstärkte Automatisierung (vgl. Kiper 1994, S. 119). Die "Bildungsfrage in der modernen Arbeitswelt" (Röhrs 1967) wurde auch auf den Primarbereich bezogen gestellt. Nach Klafki (1970) sollte wirtschaftliche Kompetenz im Rahmen allgemeiner Grundbildung vermittelt werden. Drei didaktische Teilziele werden insbesondere benannt: Vermittlung von Elementarerfahrungen der Arbeitsplanung und der Arbeitspraxis; Einsicht in die Konsequenzen der Entwicklung von handwerklicher zu industrieller Produktionsweise; Erkennen ökonomischer Interessen, die die Produktionspraxis bestimmen. Diese sollen durch gezielte Erkundung von Betrieben und Behörden vermittelt werden (vgl. Kiper 1996, S. 100). Beispielsweise sah die Konzeption von Fiege eine Klärung der "Welt der Wirtschaft" vor und keine bloße Beschreibung (Fiege 1967, S. 84).

In ihrem Artikel "Konzeptionen ökonomischen Lernens" benennt Kiper eine weitere Begründungslinie. Vor allem im Kontext der Bildungsreform in den sechziger und siebziger Jahren ist über die Relevanz wirtschaftlichen Lernens nachgedacht worden (vgl. S. 99 ff.). Arbeit kam mit Begründung des Faches Sachunterricht als Thema neben Wohnen, Freizeit, Werbung erstmals in die Richtlinien und somit in die Lehrbücher der Grundschule. Die Impulse aus der Arbeitslehrediskussion der 60er Jahre für den Sachunterricht brachten zunächst aber noch "ländlich-vorindustrielle" Inhalte.

Die deskriptive unkritische Sicht auf wirtschaftliche Lerninhalte, die die heimatkundliche Vermittlung charakterisierte, wurde abgelöst durch den "fachpropädeutischen ökonomischen Sachunterricht". Dieser wollte die harmonische Skizzierung von Gesellschaft durch die Vermittlung ökonomischen Grundwissens ablösen. Die rein aus der Fachwissenschaft abgeleiteten Lernziele können aus heutiger Sicht als defizitär charakterisiert werden. Ökologische Aspekte wurden nicht miteingebunden, ebensowenig Fragen, die eine strukturelle bzw. personale Ungleichheit thematisieren (Eine Welt, Arbeitslosigkeit, Arbeitsteilung im Haushalt) (vgl. Kiper 1996, S. 102ff.).

Eine gesellschaftskritische Position vertraten dagegen u.a. Beck/ Aust/ Hilligen (1972). Diese betteten ökonomisches Lernen im Rahmen von politischer Bildung ein. Anhand einiger Begriffe aus dem Kapitel "Herstellung, Verteilung, Verbrauch oder: Wie aufgeteilt wird, was alle erarbeiten" aus ihrem "Arbeitsbuch zur politischen Bildung in der Grundschule" kann verdeutlicht werden, welche Vermittlungsebene vorgesehen war: Nutzen, Gewinn, Dienstleitung, Waren, Konsument, Güter, Verbraucher, Lohn, Profit (vgl. S. 32 ff.).

2. Was Kindern heute zugestanden wird - ein Blick in aktuelle Lehrpläne

Als allgemeine Tendenz für alle Lehrpläne des Sachunterrichts, die seit 1990 erlassen wurden, erkennt Horn (2001) "Schülerorientierung, Lebenswelt- und Handlungsbezug, Straffung der Inhalte" und "Überwindung der Fächergrenzen". Eine "konzeptionelle Einbindung in die aktuelle Grundschulpädagogik" kann nach Horn nachgezeichnet werden (S. 118).

Hohe pädagogische Ansprüche werden in den aktuellen Lehrplänen für den Sachunterricht formuliert: "Die individuellen Lernvoraussetzungen, Leistungsmöglichkeiten, Interessen und Förderbedürfnisse eines jeden Kindes" sind Ausgangspunkt des Unterrichts (vgl. Rahmenplan Grundschule Hessen, S. 27). Auch der Berliner Rahmenplan unterstreicht die didaktische Forderung nach Kindorientierung: "Die Sachkunde unterstützt die Kinder bei der Aneignung ihrer Lebenswelt und erschließt ihnen Möglichkeiten zum bewussten Verhalten. Der Unterricht geht deshalb grundsätzlich von der konkreten Lebenswelt der Kinder - ihren Erfahrungs- und Handlungsbereichen - aus und setzt sich mit den daraus resultierenden Fragen, Problemen und Aufgaben auseinander. Dabei sollten die individuellen Erfahrungen der Kinder nicht nur Ausgangspunkt des Unterrichts sein, sondern in den gesamten Unterrichtsprozess mit einbezogen werden" (S. 2).

Ob dies auch für die Themenbereiche des ökonomischen Lernens eingelöst wird, ist zu überprüfen. Zu vermuten ist, dass in den Lehrplänen und Richtlinien neueren Datums, die massiven Veränderungen der Arbeitswelt, die bereits Kinder im Grundschulalter erfahren, verstärkt aufgenommen wurden (u.a. Arbeitslosigkeit, veränderte Familienstrukturen, vermehrte Berufstätigkeit von Frauen, Teilzeitbeschäftigung, veränderte Sicht auf Hausarbeit, Automatisierungsprozesse).

Sind alle Bereiche bzw. Sektoren vertreten oder dominieren nach wie vor Industrie und Handwerk, obwohl in diesen Arbeitsplätze kontinuierlich zurückgehen? Welcher Arbeitsbegriff wird thematisiert und soll er hinterfragt werden? Findet sich nur eine Thematisierung von Erwerbsarbeit oder auch Eigenarbeit und Hausarbeit? Inwieweit kommt Arbeitslosigkeit vor? Wird soziale Ungleichheit thematisiert oder nur Berufe namentlich vermittelt? Es ist zu vermuten, dass "je neuer die Lehrpläne sind, um so eher greifen sie geschlechtspezifische Themen auf (vgl. Ziefuß 1992, S. 145). Dieses Ergebnis einer Untersuchung für die Sekundarstufenrichtlinien, das von Ziefuß in einem Vergleich herausgearbeitet werden konnte, sollte auch für die Richtlinien der Grundschule hinterfragt werden.

An den drei 'jüngsten' Lehrplänen, Schleswig-Holstein (1997), Thüringen (1999) und Bayern (2000), soll verdeutlicht werden, wie heterogen die Umsetzung ökonomischen Lernen in der Bundesrepublik konzeptionell gedacht ist. Die drei Bundesländer bieten sich, zumal sie differente bildungspolitische Traditionslinien abbilden, als Auswahlgruppe an.

Der Lehrplan von Schleswig-Holstein erkennt im "Strukturwandel" ein gesellschaftliches Kernproblem, das bereits in der Grundschule zentral zu thematisieren ist (vgl. S. 8). Damit lehnt sich dieser Lehrplan an die konzeptionellen Überlegungen von Klafki an, in denen epochaltypische Schlüsselprobleme benannt werden, die in allen Schulformen, so auch im Grundschulbereich, unterrichtliche Relevanz besitzen.

Präzisiert wird dies durch die Erläuterung, dass Kinder "die Einsicht in Chancen und Risiken, die in der Veränderung der wirtschaftlichen, technischen und sozialen Lebensbedingungen liegen, und die Abschätzung ihrer Folgen die Gestaltung unserer Lebensverhältnisse" erlangen sollen (S. 8). Im Lernbereich Sachunterricht, der in sechs Lernfelder unterteilt ist, kann insbesondere der Bereich "Technik/ Medien/ Wirtschaft" diesem übergeordneten Ziel zugeordnet werden.

Betrachtet man allerdings dieses Lernfeld genauer, so zeigt sich eine deutliche Diskrepanz zwischen allgemeiner Zielsetzung und inhaltlicher Ausformung. "Veränderte wirtschaftliche Lebensbedingungen" werden nur geringfügig mitgedacht. Eine deutliche Schwerpunktsetzung ist in diesem Lernfeld zu Gunsten der Konsumerziehung vorgesehen: "in" Spielzeug (1. Klasse), Taschengeld (2. Klasse), Werbung (3. Klasse) und "Wegwerf-Gesellschaft" (4. Klasse).

Sachlich unkorrekt dagegen wird der strukturelle Wandel von Arbeitswelt thematisiert, wenn Kinder im vierten Schuljahr erkennen sollen, dass "viele Menschen in großen Betrieben arbeiten müssen". Der rasante Rückgang von Fabrikarbeit durch Automatisierung scheint hier nicht berücksichtigt. Zudem wird nicht deutlich, welche Erkenntnis das Wissen um Großbetriebe haben könnte. Ebenso offen bleibt die Zielsetzung, wenn im zweiten Schuljahr sich Schüler "Gedanken über die Arbeitswelt machen" sollen (S. 115). Die Veränderung von Berufen, das Aufzeigen von Berufswünschen bleibt ebenso unthematisiert wie die Folgen bzw. Ursachen von Arbeitslosigkeit.

Im Lehrplan von Thüringen wird innerhalb des ökonomischen Lernens der Schwerpunkt auf die Thematisierung von Arbeitswelt und nicht auf Konsumerziehung gesetzt. Innerhalb der insgesamt acht Lernbereiche ist "Einblicke in die Arbeitwelt gewinnen - Arbeitswelt achten" besonders für ökonomisches Lernen von Belang. In allen vier Jahrgängen wird ökonomisches Lernen in Zusammenhang mit Umweltfragen thematisiert.

Als Ziel der ersten beiden Klassen ist benannt: "Die Schüler gewinnen Einblicke in berufliche Tätigkeiten ihnen bekannter Personen, achten deren Arbeit und gehen achtsam mit ihrer Umwelt um" (S. 71). In dem dazugehörigen Kommentar wird insbesondere auf bezahlte und unbezahlte Arbeit (Hausarbeit) und "Berufe in der Schul- und Wohnumgebung" bzw. "Berufe" von Familienmitgliedern als unterrichtliche Themen hingewiesen. Ein weiterer Hinweis zeigt, dass die Behandlung von sozialer Ungleichheit nicht ausgeschlossen werden soll, allerdings in sorgsamer Art und Weise zu behandeln sei: "Auf Arbeitslosigkeit behutsam eingehen". Das Bundesland Thüringen als Standortfaktor ist für die vierte Klasse vorgesehen.

Kritisch muss angemerkt werden, dass ökonomisches Lernen nicht in erkennbaren Zusammenhängen vermittelt wird. Außerdem erscheint die Behandlung von Arbeitslosigkeit, zeitlich beschränkt auf den Anfangsunterricht, nicht durchdacht. Eine kritische Auseinandersetzung mit wirtschaftlichen Faktoren kann nicht erkannt werden.

Aus Bayern kommt der 'jüngste' Rahmenplan für den Sachunterricht in der Bundesrepublik. Auch in diesem wird keine curriculare Verknüpfung, insbesondere für der Behandlung von Arbeitswelt, deutlich. Im dritten Schuljahr soll u.a. die Veränderung von Berufsbildern, lebenslanges Lernen, Flexibilität, zeitweise Beschäftigung, Maschinen "erleichtern die Arbeit", Maschinen "machen manche Berufszweige überflüssig", "Automaten übernehmen Produktionsabläufe" behandelt werden. Im vierten Themenbereich: "Zusammenleben" sind als Oberthemen dazu formuliert: "Menschen arbeiten" und "Maschinen helfen bei der Arbeit". Darin findet man u.a. Ehrenamt, Gleichstellung, Mann/Frau, Anerkennung häuslicher Arbeit, Bedeutung der Arbeit für das Selbstwertgefühl, veränderte Berufsbilder, Automatisierung und Arbeitslosigkeit als Unterrichtsinhalte benannt, die alle für das dritte Schuljahr zugewiesen sind (S. 95).

Durchgehend dagegen ist von Klasse zwei bis vier Konsumerziehung vorgesehen, insbesondere im Lernfeld fünf "Arbeit und Freizeit", einem der sieben Lernfelder ("Wünsche und Bedürfnisse"): 2. Klasse "Geld" ("auch Wünsche, die nicht mit Geld erfüllt werden können"; 3. Klasse "Werbung" ("Kritische Haltung gegenüber Werbebotschaften") und "Trends und Statussymbole" in der 4. Klasse .

Der Kritik an der unterrichtlich nicht umsetzbaren inhaltlichen Fülle, zumal diese auf das dritte Schuljahr begrenzt wurde, steht gegenüber, dass die thematische Skizzierung eine Vermittlung im Sinne moderner Arbeitswelt erkennen lässt. Unverständlich bleibt, warum sich hinter dem Lerninhalt "Vorstellungen von der eigenen Zukunft", der in der vierten Klasse behandelt werden soll, lediglich "weiterführende Schulen" gedacht werden und nicht Lebensplanung allgemein.

Kennzeichnende Phänomene modernisierter Arbeitsgesellschaft sind, wenn auch nur vereinzelt und nicht als konzeptionelle Gesamtentwürfe erkennbar, thematisch mit in die oben skizzierten aktuellen Lehrplänen aufgenommen. Der Blick in die Lehrpläne aller Bundesländer zeigt, dass ökonomisches Lernen heute konzeptionell generell im Lernbereich Sachunterricht vertreten ist. Dies bedeutet allerdings nicht, dass ökonomisches Lernen wie andere Themen, die in den siebziger Jahren Einzug in die Richtlinien fanden, eine einheitliche Gewichtung erfährt. So konnten Böttger/Schack (1994) für den Themenbereich Ökologie/ Umweltschutz feststellen, dass er ein konstitutives Element für den Sachunterricht wurde.

"In vielen Richtlinien für den Sachunterricht in der Grundschule werden Aspekte wirtschaftlichen Lernens berücksichtigt. In den Richtlinien der alten Bundesländer findet sich ein gewisser Bestand von Fragestellungen, Problemen und Themen zum wirtschaftlichen Lernen. Diese resultieren entweder aus der alten Heimatkunde mit ihrer wirtschaftskundlichen Komponente und mit Themen wie Haushalt, Einkaufen, Wochenmarkt, Bauernhof, bei einem Handwerker, Feuerwehr, Post, Werkzeuge und Geräte oder aus der Diskussion über fächerpropädeutisches Lernen im Sachunterricht unter Berücksichtigung der Wirtschaftswissenschaft in den späten sechziger und frühen siebziger Jahren (mit Themen wie Markt, Verkehrswege, Herstellungsprozesse in Industriebetreiben). Einige Rahmenrichtlinien berücksichtigen die wirtschaftliche Gestaltung und Überformung der Lebenswirklichkeit der Kinder und Jugendlichen und greifen Themen wie "Wünschen und Brauchen", "Umgang mit Geld", "Konsum" und "Werbung" auf. In den Richtlinien einiger neuer Bundesländer (Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern) ist wirtschaftliches Lernen noch ungenügend repräsentiert" (Kiper 1995, S. 36).

Einen generellen Trend für die neueren Lehrpläne des Sachunterrichts erkennt Horn: "Den Ausgangspunkt der didaktischen Überlegungen bilden nicht mehr wissenschaftliche Gesetzmäßigkeiten bzw. der Fächersystematik entlehnte Begriffe oder Stoffe, sondern Probleme oder Fragestellungen aus der unmittelbaren Lebenswelt der Kinder, möglichst von ihnen selbst benannt" (Horn 2001, S. 116).

Die Lebensweltorientierung, die hier von Horn idealtypisch gewertet wird, sollte durchaus auch skeptisch betrachtet werden:

Einen Rückfall hinter curriculare und didaktische Diskussionen, die in den siebziger und achtziger Jahren geführt wurden, befürchtet Kiper, "wenn naiv gefasste Konzeptionen der Lebenswirklichkeit von Kindern entwickelt werden, aus denen sozio-ökonomische und gesellschaftspolitische Dimensionen ausgeblendet bleiben". Sachunterricht verkomme dann zu "Sachkunde", wenn sich "ökonomisches Lernen nur noch auf einfache Berufskunde oder auf die Beschreibung einfacher Arbeitstätigkeiten" beschränke. Eine Trivialisierung des sozialwissenschaftlichen Lernens im Sachunterricht sieht Kiper in diesen Konzeptionen begründet. Ebenso wie Richter (1997) kritisiert sie, dass ökonomisches (und politisches ) Lernen Kindern nicht (mehr) zugetraut wird. Die Ausrichtung an einer "falsch verstandenen "Kindorientierung" bewirke inhaltliche Verkürzungen. Es sei problematisch, "wenn die naiven Theorien von Kindern über wirtschaftliches Handeln nicht kritisch erörtert, sondern unreflektiert reproduziert werden. So würden Kinder nicht, zwischen Primarebene (wie Familie, Nachbarschaft) und Sekundärsystemen(wie Industrie- und Arbeitswelt) zu unterscheiden lernen. Wirtschaftliche und gesellschaftliche Konflikte erklärten sich Kinder dann analog zu Konflikten in Familie oder Kindergruppe und würden zu falschen Idealisierungen und Identifikationen neigen" (Kiper 1996, S. 109).

3. Forschungsstand zum ökonomischen Wissen und Verstehen von Grundschulkindern

Einen Überblick über bisherige Forschungsarbeiten geben sowohl Wacker (1976), Feldmann (1987), Kiper (1995) als auch Kaiser (1996). Obwohl diese Darstellungen verschiedene Zeiträume (von Beginn des 20. Jahrhunderts bis in die 90er Jahre) umfassen, sind sich die Autoren in einem Punkt einig: Sie sehen ein "unterentwickeltes" Forschungsgebiet vor sich (vgl. Feldmann, S. 3). Zudem sei die Forschungsarbeit unterbrochen: Erst Wacker (1971) habe wieder auf die "verschütteten" deutschen und österreichischen Untersuchungen aus den zwanziger und dreißiger Jahren hingewiesen und die "Forschungstradition" durch eigene empirische Studien fortgesetzt (Feldmann 1987, S. 4). Seit Wackers Darstellung zur "Entwicklung des Gesellschaftsverständnisses bei Kindern" (1976) "sind die Fragen, wie Kinder Armut und Reichtum, die Verfügung über privates Eigentum, die Gliederung der Gesellschaft in Machtträger und Machtlose etc. verstehen, nicht mehr systematisch erforscht worden" (George/ Prote 1996, S. 7).

Bei der Durchsicht der Forschungsarbeiten fällt die Häufigkeit der Untersuchungen aus den USA auf. Die direkte Übernahme dieser Untersuchungsergebnisse erscheint fraglich. Zu sehr sind diese sowohl zeitlich als auch kulturell entfernt vom aktuellen Alltag bundesrepublikanischer Grundschüler. "Da politische Sozialisation stets in ihrer Definition mit politischer Kultur verknüpft ist, innerhalb derer sie stattfindet und die sie selbst reproduziert, sind außereuropäische Studien für bundesdeutsche Überlegungen nur begrenzt interessant" (Richter 1997, S. 81).

Silbereisen erkennt, dass in den letzten Jahren zahlreiche Untersuchungen zum Verständnis ökonomischer Abläufe entstanden seien, die Konzepte rekonstruieren konnten, beispielsweise zur Bedeutung von Geld und Zinsen oder Arbeit und Entlohnung (1996, S. 847f.). Die detaillierte Darstellung aller Studien zur Entwicklung ökonomischer Begriffe von Claar (1990) widerlegt die Feststellung von "zahlreichen" Untersuchungen. Claar zeigt, dass im Bereich Arbeit lediglich Berti (1981) mit Kinder bis zu 11 Jahren geforscht hat. Die weiteren Studien, die Claar anführen kann, beziehen sich nicht auf diese Altersspanne. Eine weitere Einschränkung ist festzustellen: "Häufig handelt es sich bei den Arbeiten um Querschnittsvergleiche, seltener um Längsschnitte und praktisch nie um solche Studien, die Einflüsse sozialen Wandels oder bedeutsamer Lebensereignisse betrachten" (Silbereisen, S. 829). So werden Kinder u.a. befragt, ob sie verschiedene Geldscheine erkennen oder ihr Verständnis von der Institution Bank wird erfragt. Die Thematik Arbeitslosigkeit dagegen, die sowohl als bedeutsames Lebensereignis einer Familie, und somit insbesondere von Kindern, begriffen werden kann als auch als Einfluss sozialen Wandels, wird beispielsweise bei den Untersuchungen zu ökonomischen Begriffen nicht mit berücksichtigt.

4. Vom subjektiven Berufswunsch zur Frage nach der individuellen Lebensplanung

Forschungsarbeiten zu Lebensplanung und Berufsorientierung wurden bis auf wenige Ausnahmen bisher lediglich für den Sekundarbereich durchgeführt (vgl. Hempel 1997, S. 176 und Schimmel/ Glumpler 1992, S. 283). Dabei thematisieren bereits Grundschulkinder, wie aus Untersuchungen hervorgeht, ihre Berufswünsche, ersten Berufsorientierungen und damit auch eigene Lebensentwürfe.

Forschungen zu Lebensentwürfen sollen keine Aussagen über die tatsächliche zukünftige Berufswahl von Grundschulkinder geben. Hempel grenzt die Erforschung von Lebensentwürfen und Berufsvorstellungen der Grundschulkinder (im Rahmen der Kindheitsforschung) deutlich von Forschungen zum Berufswahlverhalten ab. Sie erkennt in diesen Forschungsfragen Grundlegendes für die Didaktik des Sachunterricht, da in den Aussagen der Grundschulkinder ihre "subjektive Interpretation der Welt" ebenso wie ihre "Identitätsentwicklung" sichtbar wird (vgl. Hempel 1997, 176f.). Auch "eventuell vorhandene Rollenstereotypisierungen aufzufangen und sichtbar zu machen, damit sie nicht als verfestigte, schematische und objektiv weitgehend unrichtige kognitive Formeln den realen Lebens- und Berufsfindungsprozess einengen oder behindern" benennt Hempel als Begründung für bereits im Grundschulalter anzusetzende Erforschung von Lebensentwürfen und Berufswünschen (1995, S. 30). Schimmel/ Glumpler weisen darüber hinaus auf die Aufgaben von Grundschule zum einen eine bewusste Erziehung von Jungen zur Verbindung von Erwerbs- und Familienarbeit zu fördern und zum anderen das breitere Berufsspektrum der Mädchen über den Primarstufenbereich zu erhalten hin (1992, S. 291f.).

Die Untersuchung von Hempel macht deutlich, dass das Thema Berufswahl für Kinder - insbesondere in der vierten Klassenstufe - für die Befragten von Bedeutung ist und sie sich bereits nach eigenen Angaben mit dieser Frage auseinandergesetzt haben. Hempel wertet das Ergebnis als Anzeichen, "dass in der Grundschule ein großer Bedarf - aus der Sicht der Schülerinnen und Schüler- besteht, sich mit ihrem zukünftigen Beruf auseinander zusetzen" (S. 184 ff.).

5. Der geschlechtsspezifische Blick bereits in der Primarstufe

Inwieweit Kinder die geschlechtsspezifische Segregation der Berufswelt reproduzieren, zeigen Schimmer und Glumpler in ihrer Flensburger Berufsorientierungsstudie. Neben Schulabgängerinnen bzw. Schulabgängern und Kindergartenkindern waren 267 Mädchen und 244 Jungen der Primarstufe in die Untersuchung von 1990 einbezogen. Die Viertklässler äußerten sich in Form eines Aufsatzes über ihren Wunschberuf bzw. ihre Wunschberufe und die Motive für ihre Wahl. "Das Spektrum der Berufswünsche von Mädchen im Grundschulalter ist wesentlich breiter als es die spätere Berufswahl vermuten lässt. Mädchen sind im Grundschulalter nicht ausschließlich auf typische Frauenberufe festgelegt. Jungen beschränken sich dagegen weitgehend auf männliche Berufsbilder. Die Beschreibung von Berufswahlmotiven verweist bereits bei Neun- bis Zehnjährigen auf geschlechtsspezifische Orientierungsdifferenzen, die sich mit zunehmendem Alter verstärken. Die Zuständigkeit für Haus- und Erziehungsarbeit kommt in den Lebens- und Berufsplänen von Jungen im Grundschulalter kaum vor, während gleichaltrige Mädchen sie häufiger in ihre Vorstellungen einbeziehen" (ebenda).

Zusammengefasst können als Ergebnisse der Untersuchungen festgehalten werden, "dass Mädchen schon im Grundschulalter die Verpflichtungen akzeptieren, die sie auch die Normen unserer Gesellschaft als zukünftige Mütter in ihrer Lebensplanung berücksichtigen müssen, während sich die kleinen Jungen mehrheitlich am Modell des berufstätigen Mannes orientieren, dessen Vaterrolle keine Bindung an Hauhalt und Kinderbetreuung bedingt" (Glumpler 1993, S. 51).

6. Arm oder Reich - kindliches Verständnis versus wissenschaftliche Begriffbestimmung?

Verfügen Kinder bereits über differenzierte Vorstellungen zur Berufswelt? Verbinden sie bestimmte Berufe mit Armut oder Reichtum? Sind in ihren Äußerungen zur subjektiven Berufswahrnehmung die Aspekte Gratifikation (z.B. Prestige), berufliche Anforderung (z.B. Unterordnung), Persönlichkeitsanforderung (z.B. Risikobereitschaft) bzw. das Image des Berufsvertreters erkennbar?

Die einzige Untersuchung, die sich explizit mit diesen Fragestellungen befasst, hat in ihrem Fokus keine Primarschüler, sondern Volksschüler. Wacker (1971) untersuchte vor diesem Hintergrund "Berufe armer und reicher Leute im Urteil 11-13 jähriger Volksschüler". Die subjektiven Vorstellungen von 59 Jungen und Mädchen aus sechsten und siebten Volksschulklassen, die - wie angegeben - aus dem sozialen Spektrum von der Unterschicht bis zur mittleren Mittelschicht kamen, wurden mittels Fragebögen erhoben. Einschränkend fügt Wacker an, dass diese Form der Datenerhebung allerdings nicht zulasse, Aussagen über "die den Antworten zugrundeliegenden Beurteilungskriterien" zu machen, dafür wären die Begründungen der Kinder zu ihren schriftlichen Antworten zusätzlich zu erheben (S. 282).

Und wie begründen Kinder individuelle Armut bzw. Reichtum? In Deutschland gab es in der Zeit der Weimarer Republik einige Untersuchungen zu diesem Forschungsgebiet. Ein "Wiederaufleben des Interesses an diesen Fragen" kann nach Wacker erst in den 70er Jahren festgestellt werden (vgl. Wacker 1976, S. 13). Trotz der sich mehrenden Diskussionen um die "Neue Armut" und um die sogenannte "Zwei Drittel Gesellschaft" in den 90er Jahren wurden bislang diese Forschungsfragen nicht weiter aufgegriffen. Die Sicht von Kindern auf gesellschaftlich produzierte Ungleichheit ist - trotz der didaktischen Hervorhebung durch Klafki (1996) als Schlüsselproblem - nicht näher erforscht (vgl. S. 59).

Die häufig zitierten Forschungsergebnisse von Böge (1976, Original von 1932) können nicht kritiklos dargestellt werden. Böge untersuchte, wie die Begriffe arm und reich vom kindlichen Standpunkt aus gesehen werden, indem er Kinder unterschiedlichen Alters aus einer Gemeindeschule befragte. Sie wurden aufgefordert, einen Aufsatz zu schreiben, indem sie das, was sie über arm und reich wissen, formulieren sollten. Die Kinder der zwanziger Jahre nannten nicht schicke Autos, lange Reisen oder einen eigenen Swimmingpool als Zeichen von Reichtum, sondern vor allem Kleidung, Essen aber auch funktionierende Heizungen (S. 21f.).

Die Begriffe Arm und Reich entwickeln sich nach Böge als Paar. Ausgeprägter sei im allgemeinen ein Begriff für Armut. Als weiteres Ergebnis gibt Böge an: "Mit 14 Jahren entsprechen diese Begriffe den unsrigen" (S. 19). Was allerdings von Böge unter "unsrigen" verstanden wird, außer dass es sich um Begriffe von Erwachsenen handelt, wird mit keinem weiteren Satz erläutert. Für Wacker liegt die Bedeutung dieser Untersuchung darin, "dass sie einmal auf Tatsachen hinweist, die in der Schularbeit all zu sehr als geklärt vorausgesetzt werden und von denen man kaum weiß, dass sie einer Entwicklung unterliegen" (vgl. 1976, S. 34).

Die intendierte Betrachtungsweise, dass von einem "Erwachsenenbegriff" von Armut ausgegangen werden kann, muss aus heutiger Sicht besonders kritisch angemerkt werden. Schließlich gehört Armut zu den Begriffen, "die zwar fest im Alltagsbewusstsein verankert sind, unter denen aber jede/r etwas anderes versteht" (Butterwegge 2000, S. 21). Auch der Blick in die wissenschaftliche Diskussion lässt keine eindeutige Festschreibung für alle "Erwachsenen" zu: "Auch die deutsche Sozialwissenschaft hat bisher noch keinen allgemein verbindlichen Armutsbegriff hervorgebracht, sondern bedient sich unterschiedlicher Definitionen" (S. 22).

7. Geldverständnis von Grundschulkindern

Da Kinder, wie oben dargestellt, bereits sehr früh die unterschiedliche ökonomische Verteilung in der Gesellschaft wahrnehmen, stellt sich die Frage, wie sie das Zahlungsmittel Geld in ihrer Umgebung begreifen bzw. wie sie es beurteilen.

Die Beziehungen des Kindes zum Geld haben nach Wacker (1976) in der entwicklungspsychologischen Forschung kaum ein systematisches Interesse gefunden. Dieses Forschungsdefizit kann nach über zwei Jahrzehnte unverändert feststellt werden. Und dies, obwohl Kinder heute ein von der Gesellschaft zugestandenes eigenes Verhältnis zu Geld besitzen. Kinder entscheiden heute häufig, welche Waren in Familien gekauft werden; Kinder werden gezielt in den Medien beworben, ein eigener Produktmarkt existiert für die Familienjüngsten (von den Nudeln für Kinder bis zum kindgerechten Urlaubsort) (vgl. Kiper 1995, S. 15 f.) Die Forschungslücke verwundert um so mehr, wenn man zudem bedenkt, seit wann Kindern ein Geldverständnis zugestanden wird. Wacker (1976) verweist auf Erziehungsschriften der Aufklärung, in denen Kindern gezielt ein Eigentumsbegriff vermittelt werden sollte (S. 165). Auch Kiper (1994) zeigt - wie zu Beginn verdeutlicht wurde- die Tradition der Beförderung wirtschaftlichen Lernens in einem Überblick auf.

Zwei Untersuchungen zum Geldverständnis von Kindern sind vor allem zu nennen: Furth (1982) und Strauss (1976). Strauss untersuchte Anfang der fünfziger Jahre 66 Kinder im Alter von 4,5 bis 11 Jahren in der nordamerikanischen Stadt Indiana. Er erkennt in seiner Studie "Die Entwicklung und Transformation der Bedeutung des Geldes beim Kind" neun "Entwicklungsstadien der Aneignung der Bedeutung des Geldes". Im Sinne einer Stadientheorie legt er die altersspezifische Entwicklung sehr genau fest. Den Beginn der Aneignung setzt er in den Zeitraum von 4,8 Jahren bis 5,11 Jahren. Der Median dieser Entwicklungsstufe sei bei 5,4 Jahren anzusiedeln. In diesen neun altersgemäß exakt festgelegten Stadien erwirbt nach Strauss jedes Kind die Bedeutung des Geldes. Nach der letzten Stufe seien Kinder hinsichtlich ihrer Sicht auf Geld von den Erwachsenen nicht mehr zu unterscheiden. Diese wird mit einem Alter von 9,7 bis 11,6 Jahren angegeben, wobei der Median bei 11,2 Jahren liege. Auch Furth befragte Kinder von 5 bis 11 Jahren zu ihrem Geldverständnis, wobei er vier Entwicklungsstufen feststellt, die wie bei Strauss alterspezifisch festgelegt werden.

Der in diesen Ergebnissen stark begrenzte Begriff von Entwicklung, der Lernprozesse analog zu Lebensalter festschreibt, ist nach heutigem Verständnis nicht mehr haltbar. Kognitive Entwicklung kann nach Rümmele als "Ergebnis der Akkumulation von Wissen in bestimmten Inhaltsbereichen angesehen" werden (1997, S. 20). Verstärkt wird daher auch in der Fachdidaktik Sachunterricht die Bedeutung des Vorwissens für den Wissenserwerb diskutiert (vgl. Gläser 2001).

8. Konzeptionelle Konsequenzen im Sinne einer aktuellen ökonomischen Bildung

George/ Prote begründen ökonomisch-gesellschaftliches Lernen im Grundschulbereich neben der "Vermittlung elementarer Formen sozialwissenschaftlichen Denkens und Arbeitens", mit der differenten Wahrnehmung und Deutung gesellschaftlicher Phänomene von Kindern im Vergleich zu Erwachsenen. Daher verfolge dieser Lernbereich das Ziel, "den Kindern ihr vorhandenes Verständnis von gesellschaftlicher Umwelt bewusst zu machen und es weiterzuentwickeln". Als möglichen "Problembereich" benennen George/ Prote u.a. die Einkommensfrage und betonen, dass "bei der Interpretation gesellschaftlicher Phänomene/Probleme und der Suche nach Ursachen und Lösungen neben der individuellen Ebene auch die gesellschaftliche Ebene" einbezogen werden muss (S. 8f.). Ökonomisch-gesellschaftliches Lernen wird von George/ Prote als eine von sieben Lernebenen für einen modernen integrierten Sachunterricht als Dimension des politischen Lernens erkannt.

Dedering (1996) benennt arbeitsorientierte Bildung als Teil von Allgemeinbildung: "In Anbetracht der Herausforderungen unserer Gesellschaft durch neue (Informations- und Kommunikations-) Technologien und ihre Folgeprobleme (Arbeitslosigkeit u.a.) hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Vorbereitung auf die Arbeitswelt ein wichtiger und unverzichtbarer Bestandteil einer zeitgemäßen Allgemeinbildung ist" (S. 6).

Ein weiterer konzeptioneller Rahmen für ökonomischen Lernen in der Grundschule bietet neben dem bildungstheoretischen der Blick auf aktuelle fachwissenschaftliche Bezüge. Bereits in den fünfziger Jahren gab es ausgelöst durch die Automatisierungsdebatte einen Diskurs um die Thematisierung von Arbeitswelt in der Schule, der um "die Zukunft von Berufsarbeit und die Sicherung der Integration von jungen Menschen in das gesellschaftliche Gesamtgefüge" geführt wurde (Lisop/ Huisinga 1996, S. 67). Damals stand vor allem die Frage nach dem 'richtigen' Beruf fürs Leben, die über einen sektoralen Zugang vermittelt werden sollte, im Mittelpunkt ökonomischen Lernens. Eine Orientierung an einem Bild von Arbeitswelt, als einer tradierten, berufsständisch organisierten Arbeit und Ausbildung, ist der modernen Arbeitswelt nicht entsprechend, zudem ein Arbeitsbegriff, der in sektoralem Denken fußt, lediglich Erwerbsarbeit beinhaltet.

Die Frage nach der Notwendigkeit einer schulischen Einführung in die Arbeitswelt, kann nicht nur vom Strukturwandel aus diskutiert werden, sondern auch, wie Lisop und Husinga betonen, bildungstheoretisch ausgehend von "übergeordneten Zielen des Erziehungs- und Bildungswesen". Denn die Einführung in die Arbeitswelt meint "Subjektbildung" (vgl. Lisop/ Huisinga 1996, S. 68). Arbeitsorientierte Bildung erstreckt sich nach Dedering (1996), da sie "Subjektbildung" meint, auf das gesamte Bildungssystem, im Grundschulbereich insbesondere auf den Sachunterricht. Stoltenberg (1997), Kaiser (1996) und Kiper (1995) zeigen die Bedeutung insbesondere von Arbeitswelt für modernen Sachunterricht auf.

Einen möglichen konzeptionellen Rahmen für ökonomisches Lernen in der Grundschule stellt Kiper (1996) dar, indem sie zehn inhaltliche "Bausteine wirtschaftlichen Lernens" konkret benennt:

  1. Nachdenken über die wirtschaftliche Sozialisation
  2. Ökonomie in der Lebenswelt von Kindern (Konsumstile u.a.)
  3. Kinderkultur - im Griff der Wirtschaft?
  4. In der Welt des Konsums (Werbung, Kaufmotive)
  5. Geld (u.a. Sparen, Taschengeld, Wünsche, Geldfunktion)
  6. Arbeit und Arbeitslosigkeit
  7. Berufe
  8. Dienstleistungsunternehmen (Feuerwehr, Post, Telekom Schutzpolizei)
  9. Industrielle und handwerkliche Arbeitsprozesse (Betriebsbesichtigung)
  10. Hauswirtschaft im Wandel (heute und früher) (vgl. S. 54ff.)

Diese zehn Bausteine beinhalten sowohl Themen im Sinne der oben skizzierten Subjektorientierung als auch Themen, die aus fachwissenschaftlichen Überlegungen heraus begründbar sind. Erkennbare Modernisierungsprozesse in der Arbeitsgesellschaft werden allerdings nicht in allen zehn Bausteinen sichtbar. Im Rahmen einer modernen Konzeption von ökonomischer Bildung erscheint es wie oben aufgezeigt sinnvoll, Kind- und Sachorientierung zu verzahnen. Beide Begründungslinien sollten jedoch in ihrer eigenen didaktischen Positionierung getrennt nachvollziehbar sein.

Im Folgenden werden acht bedeutsame Bereiche aus fachwissenschaftlicher Sicht, die den strukturellen Wandel von Arbeitswelt mitbedenken, für ökonomisches Lernen in der Grundschule vorgeschlagen:

  1. Die gesellschaftliche und individuelle Bedeutung von Arbeit und Beruf (Arbeitsbegriff; auch die gesellschaftliche Relevanz von Hausarbeit, Ehrenamt)
  2. Wandel beruflicher Anforderung (Berufswandel, durch Automatisierung bzw. gesellschaftlichen Wandel)
  3. Strukturwandel, Standortfaktor (Warum wird eine Fabrik dort gebaut und nicht woanders?)
  4. Die Bedeutung von Eigentum (auch als ethische Frage)
  5. Die Bedeutung von ökonomischen Erfolgsgrößen wie Gewinn (Warum kostet etwas mehr, wenn man es im Laden kauft?)
  6. Die eigene Rolle als Verbraucher
  7. Grundlegende Prinzipien des Wettbewerbs
  8. Grundzüge des Geld- und Zahlungsverkehrs (Euro, virtuelle Zahlungsmittel)

Es liegen - wie aufzeigt werden konnte - für das ökonomisches Lernen im Sachunterricht der Grundschule erste konzeptionelle Überlegungen vor, jedoch wurden bislang die Vorstellungen, Begriffe und naiven Theorien der Kinder kaum berücksichtigt. "Es gilt, über Ergebnisse empirischer psychologischer Forschung nachzudenken, um Verstehen und Denken von Kindern kennen zu lernen" (Kiper 1994, S. 145). Zumal nach wie vor "mehr diffus als bekannt ist", "was sowohl Mädchen als auch Jungen heute über Arbeit und Technik wissen" Duismann (2000, S. 123). Nicht nur die Subjektorientierung, das ökonomische Wissen und Verstehen, bedarf weiterer fachdidaktischer Auseinandersetzung, sondern auch die Diskussion um die fachwissenschaftliche Fundierung, die Sachorientierung ökonomischen Lernens, im Grundschulbereich.

Literatur

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