Die Bildungspolitik und insbesondere die Berufsbildungspolitik sieht sich mit einer Reihe von tief greifenden Veränderungen konfrontiert: In den Industrieländern vollzieht sich ein fundamentaler Strukturwandel von der nationalen Industriegesellschaft zur globalen wissensintensiven Informations- und Dienstleistungsgesellschaft. Der Anteil der eigentlichen Produktionstätigkeiten an der Beschäftigung geht zurück, der Anteil wissensbasierter primärer und insbesondere sekundärer Dienstleistungen wächst. Mit der Informations- und Kommunikationstechnologie dringen moderne Wissenschaft und Technik in alle Lebensbereiche und Arbeitsprozesse vor. Damit verändern sich nicht nur die einzelnen Sektoren der nationalen Volkswirtschaften und internationalen Produktions- und Austauschbeziehungen. Dies hat vor allem Auswirkungen auf Beschäftigungsstrukturen, Arbeitsformen und die zukünftig erforderlichen Qualifikationen der Fachkräfte. Parallel dazu werden die internationalen Wirtschafts- und Arbeitsbeziehungen intensiver und weiten sich mit Auswirkungen auf eine zunehmende Zahl von Arbeitsplätzen aus.
Als Ergebnis wird der Anteil höher qualifizierter Tätigkeiten an der Beschäftigung deutlich zunehmen, während der Anteil einfacher Tätigkeiten sinkt. Nach der IAB/Prognos-Tätigkeitsprojektion von 1999 wird sich der Bedarf an Beschäftigten ohne Ausbildungsabschluss bis zum Jahre 2010 von etwa 20 auf dann 10 Prozent verringern (vgl. Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung 1999). Dieser Wandel verstärkt vor allem für Jugendliche ohne Schulabschluss und Berufsausbildung die Probleme bei der Integration ins Beschäftigungssystem. Damit einher geht auf allen Tätigkeitsebenen und an nahezu allen Arbeitsplätzen ein rascher organisatorischer und steter technischer Wandel. Neue und sich kontinuierlich verändernde Anforderungen an die fachlichen und allgemeinen Kompetenzen sind die Folge.
Seit den siebziger Jahren gibt es in der Bundesrepublik zusätzlich einen Trend von einem standardisierten System lebenslanger Ganztagsarbeit im Betrieb hin zu einem System pluralisierter, flexibler, dezentraler Beschäftigung (vgl. Beck 1986). Festzustellen ist also eine doppelte Verlagerung von Erwerbstätigkeiten: vom industriellen Bereich in den Dienstleistungsbereich, von der Vollzeiterwerbstätigkeit zu den anderen Erwerbsformen wie geringfügige Beschäftigung, Werkvertrags- und Leiharbeit bis hin zur Selbstständigkeit. Doch trotz des Rückgangs der Erwerbsquote im Normalarbeitsverhältnis und Zunahme anderer Erwerbsarbeitsformen mit höheren sozialen Risiken bis hin zur sozialen Ausschließung bleibt die berufsförmig organisierte Vollzeiterwerbstätigkeit auch im Wandel von der Industrie- zur Dienstleistungs- oder Wissensgesellschaft die bedeutendste Form der Arbeit.
Zugleich vollzieht sich ein - in seinen Konsequenzen für Qualifizierung und Beschäftigung noch nicht hinreichend wahrgenommener - grundlegender demografischer Wandel. Niedrige Geburtenraten führen nicht nur zu sinkenden Bevölkerungszahlen, sondern vor allem auch zu einer anderen Alterszusammensetzung der Bevölkerung und somit der Menschen im erwerbsfähigen Alter. Der Anteil der Älteren wächst, der der Jüngeren und in der Folge der mittleren Generation sinkt. Diese beiden bedeutsamen Entwicklungen sind eine große Herausforderung für das gesamte gesellschaftliche System.
Die Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt und der parallel verlaufende demografische Wandel müssen nach den bisher vorliegenden Prognosen durch eine verstärkte Aktivierung und Ausschöpfung des - bisher nur unzureichend genutzten - inländischen Qualifikationspotenzials kompensiert werden. Für die wirtschaftliche, soziale und politische Zukunft Deutschlands ist es in hohem Maße mitentscheidend, ob und wie der Übergang der Jugendlichen von der Schule in die Arbeits- und Berufswelt gelingt, um alle vorhandenen Erwerbs- und Qualifikationspotenziale zu entwickeln und auszuschöpfen.
Zurzeit steigt mehr als jeder fünfte Jugendliche im Süden und im Westen und jeder vierte Jugendliche im Norden und im Osten vorzeitig aus seinem Ausbildungsvertrag aus (vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung 2002). Etwa 1,3 Millionen Menschen im Alter von 20-29 Jahren haben nach Ergebnissen des Mikrozensus 2000 weder einen Berufsabschluss noch befinden sie sich in einer Ausbildung. Auch wenn beinahe die Hälfte der "Aussteiger" nur "Umsteiger" sind, die ihre Ausbildung in einem anderen Betrieb oder Beruf fortsetzen, zeigt die hohe Zahl der Ausbildungsabbrecher und der Ausbildungslosen Handlungsbedarf auf.
Primäres Ziel muss es sein, allen Jugendlichen die Chance zu eröffnen, mit einer arbeitsmarktverwertbaren Berufsausbildung den Start in das Berufsleben zu beginnen. Die Umsetzung eines solchen Ziels erfordert ein auswahlfähiges und differenziertes Angebot an Arbeitsplätzen in Berufen, die gute Beschäftigungsperspektiven auf dem Arbeitsmarkt eröffnen und zugleich dem unterschiedlichen Leistungsvermögen und den Interessen der Jugendlichen gerecht werden. Die Bundesregierung versucht durch verschiedene Maßnahmen, wie dem Programm "Kompetenzen fördern - Berufliche Qualifizierung für Zielgruppen mit besonderem Förderbedarf", dem "Jugendsofortprogramm" oder dem "Job-AQTIV-Gesetz" (1), ihren Beitrag zur Erreichung dieses Zieles zu leisten. Schon heute ist die Ausbildungsplatzbilanz in starkem Maße durch die Ausweitung der öffentlich finanzierten Ausbildung geprägt. So haben durch das "Sofortprogramm zum Abbau der Jugendarbeitslosigkeit" 165.000 Jugendliche wieder den Einstieg in Ausbildung und Beruf gefunden (vgl. Bundesanstalt für Arbeit 2000). Langfristig wird es von zentraler Bedeutung sein, dass die Bereitstellung eines ausreichenden und auswahlfähigen Ausbildungsplatzangebots durch die Wirtschaft auch zukünftig erreicht beziehungsweise gesichert wird.
Unter "Berufswahlfähigkeit" konnte man bis weit in die siebziger Jahre hinein noch die Fähigkeit verstehen, sich unter genauer Kenntnis seiner Wünsche und Fertigkeiten wie auch des zumeist regionalen betrieblichen Ausbildungsplatzangebots für einen "Lebensberuf" entscheiden zu können. Dieses Bild vom Beruf entspricht heute kaum mehr der Realität und wird morgen erst recht überholt sein. Berufsorientierung erfordert heute mehr als das traditionelle Verständnis von "Berufswahlfähigkeit". Die Berufs-, Tätigkeits- und Qualifikationsstruktur wird weiter tief greifenden Veränderungsprozessen ausgesetzt sein. Die daraus entstehenden immer neuen technologischen, ökonomischen und ökologischen Herausforderungen legen nahe, sich schon möglichst früh auf ein "lebensbegleitendes Lernen" (2) einzustellen. Das bedeutet nicht zuletzt, "das Lernen zu lernen" als Schlüsselqualifikation mit in den Mittelpunkt von Bildungsprozessen zu rücken.
Die Notwendigkeit lebensbegleitenden Lernens wird die Bedeutung der Berufswahl für den Einzelnen kaum mindern. Neben der Bündelung von Arbeitsanforderungen zu marktfähigen Qualifikationen erfüllt der Beruf eine wichtige psychosoziale Funktion. Die Berufsvor- und -ausbildung leistet einen wesentlichen Beitrag für die Integration der Jugendlichen in die Gesellschaft. Über den Beruf werden nicht nur marktfähige Qualifikationen gebündelt, Wertorientierungen und Haltungen vermittelt, gesellschaftliche Anerkennung und Wertschätzung erreicht, über den Beruf und die Berufswahl werden "Lebenspläne" entwickelt.
Es gilt also nicht vom Beruf generell Abschied zu nehmen, vielmehr ist eine Veränderung zu konstatieren. Was sich verändert, ist die Bedeutung der einmal in der Ausbildung gelernten Fachqualifikation wie auch die soziale Sicherheit, den Ausbildungsberuf ein ganzes Leben lang, womöglich noch in einem einzigen Betrieb, ausüben zu können. Gleichwohl müssen weiterhin die veränderten und sich rascher wandelnden Qualifikationsanforderungen des Beschäftigungssystems mit den Bildungs-, Arbeits- und Lebensansprüchen der Menschen, insbesondere der Jugendlichen, abgestimmt werden.
Für die Jugendlichen ist das Berufswahlproblem komplexer geworden, seit es den "Lebensberuf" nicht mehr gibt, gleichwohl aber spätestens am Ende der Sekundarstufe I eine entscheidende Weichenstellung für die künftige Bildungs- und Berufsbiografie vorgenommen werden muss. Besonders schwierig gestaltet sich der Übergang vor allem für diejenigen Jugendlichen, die weder schulisch formal qualifiziert sind, noch über neue und zusätzlich geforderte Kompetenzen verfügen. Eine Verstärkung der Bemühungen um eine bessere Berufsorientierung kann dazu beitragen, dass die Jugendlichen eine bewusstere und informiertere Entscheidung treffen und mit einer klareren Perspektive dazu motiviert werden, ihre Schul- und Berufsausbildung erfolgreich abzuschließen.
Aus der Jugendforschung wie auch aus Untersuchungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (siehe hierzu z.B. Fobe/ Minx 1996 und Schober/Gaworek 1996) ist bekannt, dass für Jugendliche Ausbildung und Beruf nach wie vor eine sehr hohe Priorität haben. Zugleich ist bekannt, dass sich die Berufsbiografie zunehmend von gesellschaftlichen Festlegungen löst und "mehr in die Entscheidung und Verantwortung des einzelnen gelegt wird. Sie wird zunehmend Teil einer individuellen, ganzheitlichen, aber auch riskanten Lebensplanung" (vgl. Rebman/ Tenfelde/ Uhe 1998). Berufswahl ist ein länger andauernder Prozess, der schon mit der Entscheidung für eine bestimmte Schullaufbahn beginnt und als eine "gestufte Abfolge von Bildungs-, Ausbildungs-, Weiterqualifizierungs-, Berufs- und Arbeitsplatzentscheidungen" (vgl. Schober/ Tessaring 1993) zu verstehen ist. Zunehmend werden dabei nicht nur auf den ersten Stufen "Optionswahlen" getroffen, sondern man versucht auf jeder Stufe, Optionen für mehrere berufliche Alternativen zu erlangen.
Entsprechend bedeutet die Befähigung zur beruflichen Orientierung heute, sich für eine "erste Stufe in seiner Berufsbiografie" entscheiden zu können und sich darüber hinaus auf eine permanente Erweiterung und Vertiefung seiner einmal erworbenen fachlichen und überfachlichen Kompetenzen, auf ein lebensbegleitendes Lernen, einzustellen und dafür nachhaltig motiviert und befähigt zu sein.
Die Jugendlichen zu befähigen, ihre Lebensplanung selbst zu gestalten und sich dazu die Möglichkeiten der Berufswahl wie die notwendige Entscheidungsfindung bewusst zu machen, ist von zentraler Bedeutung. Schon früh vor Eintritt der Jugendlichen in das Ausbildungs- und Beschäftigungssystem - also bereits in der Schule - sollte die selbstständige Auseinandersetzung mit Fragen der Berufsorientierung und damit im Zusammenhang stehend mit Themen der Wirtschafts- und Arbeitswelt beginnen. Bildung und Qualifikation stehen dabei, wie das Forum Bildung (3) festgestellt hat, traditionell in einem Spannungsverhältnis zueinander. Tatsächlich lassen sich die drei Zieldimensionen Persönlichkeitsentwicklung, Teilhabe an der Gesellschaft und Beschäftigungsfähigkeit kaum voneinander trennen. Jedoch sind sie heute immer weniger als Gegenpole zu sehen, sondern als sich gegenseitig bedingende Grundlagen für eine erfolgreiche Integration in die Gesellschaft. Ihr Zusammenhang ist zumal in Projekten zur Berufsorientierung unübersehbar.
Zunehmend wird jedoch deutlich, dass sich mit der Gestaltung des Strukturwandels in Arbeit und Beruf neue Aufgaben im Bereich der Berufsorientierung stellen, die von den Lehrkräften an den allgemein bildenden Schulen allein nicht gelöst werden können. Die Vermittlung einer zeitgemäßen Berufsorientierung, zu der das Entwerfen eines eigenen Zukunftskonzepts ebenso gehört wie das Wissen um die betrieblichen Flexibilitätserfordernisse, macht eine stärkere Kooperation zwischen Schule, Elternhaus, Betrieben, Arbeitsverwaltung und Wissenschaft erforderlich. Hierzu sind bei Wahrung und Akzeptanz aller Unterschiede in den Zielsetzungen der verschiedenen Akteure innovative Impulse und gemeinsames Handeln gefragt.
Aktuellen Nachdruck erfährt die Konzentration auf die Stärkung der bildungs- und berufsbiografischen Gestaltungskompetenz durch die in der PISA-Studie hervorgehobene Fähigkeit zu "selbst reguliertem Lernen", bei dem im Unterschied zur Fachkompetenz "die insgesamt notwendigen und/ oder verfügbaren kognitiven, motivationalen und sozialen Voraussetzungen für erfolgreiches Handeln und Leisten zusammenwirken" (vgl. Deutsches PISA-Konsortium 2001). Dies bedeutet aber auch für die Jugendlichen eine steigende Eigenverantwortung für die Gestaltung der eigenen Arbeits- und Berufsbiografie. Gefordert sind deshalb neue Curricula sowie Lehr- und Lernmethoden, die besonders auf die Förderung von Selbstständigkeit, Team- und Kommunikationsfähigkeit Wert legen. Bildungspolitik kann dies fördern, in dem sie einen solchen Prozess initiiert und moderiert, die Bedingungen für eine stärkere Verankerung der Berufsorientierung im Schulcurriculum und in der Lehrerausbildung schafft und Schulen die Freiräume zur Verfügung stellt, externes Fachpersonal und externe Lernorte in das Unterrichtsgeschehen einzubinden.
Die quantitativen und qualitativen Problemen und Herausforderungen, denen sich die Jugendlichen aufgrund des beschleunigten Strukturwandels in Arbeit und Beruf beim Übergang von der Schule in Ausbildung und Studium heute gegenüber sehen, erfordern eine gesellschaftliche Antwort. Der Bund hat sich im Rahmen der europäischen Zusammenarbeit im Nationalen Beschäftigungspolitischen Aktionsplan 2002 dazu verpflichtet, die "Bekämpfung der Jugend- und Langzeitarbeitslosigkeit", die "Qualifizierung für den neuen Arbeitsmarkt im Kontext des lebenslangen Lernens", die "Stärkung der digitalen Kompetenz" sowie die "Förderung der Entwicklung selbstständiger Erwerbstätigkeit" zu forcieren. Die Umsetzung dieser Ziele benötigt neue und koordinierte Anstrengungen im Bereich der beruflichen wie der vorberuflichen Bildung von Bund, Ländern und Sozialpartnern.
Die tief greifenden Veränderungen in der Erwerbsarbeit und im Beruf haben im Bereich der beruflichen und im Bereich der vorberuflichen Bildung recht unterschiedliche Wirkungen und Aktivitäten ausgelöst. Schon seit längerem finden in der Berufsbildung beschleunigt Aktualisierungen der Ausbildungsordnungen statt. Es werden neue Ausbildungsberufe - zumal im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie - geschaffen. Verschiedene Vorschläge zur Reformierung des Berufsbildungssystems in Richtung auf mehr berufliche Flexibilität der Individuen und eine Neuschneidung des Verhältnisses beruflicher Grund- und Zusatzqualifikationen sind in Arbeit. Dagegen ist die wachsende Bedeutung auch einer möglichst frühzeitigen Berufsorientierung in den allgemein bildenden Schulen zwar erkannt, es fehlt hingegen bislang an vergleichbar abgestimmten Konzepten und bildungspolitischen Initiativen, um beim Wandel von der Industrie- zur Wissensgesellschaft auch hier Schritt halten zu können.
Die Bundesregierung hat seit 1998 den Dialog mit den für Bildung Verantwortlichen intensiviert. Um den Reformprozess in zentralen wirtschafts-, arbeitsmarkt- und gesellschaftspolitisch bedeutsamen Bereichen voranzubringen, hat die Bundesregierung im November 1998 das Bündnis für Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbsfähigkeit eingerichtet. In diesem Bündnis haben Vertreter der Bundesregierung, der Arbeitgeberverbände und der Gewerkschaften in der Spitzenrunde sowie den verschiedenen themenorientierten Arbeitsgruppen Vorschläge für mehr Beschäftigung und Qualifizierung sowie zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit erörtert und entsprechende (4) Beschlüsse gefasst, die Schritt für Schritt umgesetzt werden.
Die Notwendigkeit, weitreichende Reformen durchzuführen, betrifft dabei alle Teile des Bildungssystems. In dem von der Bundesregierung zusammen mit den Ländern für einen befristeten Zeitraum eingerichteten Forum Bildung wurden insbesondere bildungsbereichsübergreifende Querschnittsthemen wie "Bildungs- und Qualifikationsziele von morgen" erörtert sowie Reformstrategien zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit des deutschen Bildungssystems entwickelt. Die von Bund und Ländern am 4. Dezember 2001 präsentierten zwölf Empfehlungen des Forums konzentrieren sich schwerpunktmäßig auf zwei Bereiche - die grundlegende Verbesserung der Bildungsangebote für Kinder, Jugendliche und Erwachsene sowie die Gestaltung von Rahmenbedingungen, die lebenslanges Lernen ermöglichen.
Darüber hinaus ist es auch eine der wesentlichen Aufgaben der allgemein bildenden Schulen insbesondere in der Sekundarstufe I, die für die Aufnahme einer dualen Berufsausbildung erforderliche Ausbildungsreife der Schüler und Schülerinnen sicherzustellen. In den Ländern wurden hierzu in den vergangenen Jahren zahlreiche Maßnahmen (5) ergriffen, die darauf zielen, den Unterricht in den Kernfächern zu stärken sowie die Hinführung zu Wirtschaft und Arbeitswelt zu verbessern. Die Möglichkeit zur vertieften Berufswahlorientierung nach dem Sozialgesetzbuch III wurde durch das "Gesetz zur Reform der arbeitsmarktpolitischen Instrumente" (Job-AQTIV-Gesetz) deutlich verbessert. Ab dem Jahr 2002 können Arbeitsämter und Länder in der unterrichtsfreien Zeit Berufsorientierungsmaßnahmen von bis zu vier Wochen Dauer anbieten, wenn sich die Länder mindestens zur Hälfte an der Finanzierung beteiligen. Ergänzend zu diesen Angeboten der Bundesanstalt für Arbeit werden die Aktivitäten der Länder zur Verbesserung der Berufswahlorientierung und -entscheidung vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit der Förderung innovativer Projekte zur schulischen Berufsorientierung in dem seit 1999 laufenden Programm "Schule - Wirtschaft/ Arbeitsleben" (SWA) unterstützt.
Ziel des SWA-Programms ist es, die Jugendlichen ihren Erfahrungen entsprechend und praxisnah auf die Anforderungen der Berufs- und Arbeitswelt vorzubereiten sowie in selbstständiger Auseinandersetzung an berufsorientiertes ökonomisches Denken und Handeln heranzuführen. Über die von den Ländern bereits ergriffenen Maßnahmen hinaus werden innovative Konzepte erprobt, die Schülern und Schülerinnen schulartspezifisch und unter Berücksichtigung des Alters, Entwicklungsstandes und geschlechtsspezifischer Unterschiede den Zugang in die Arbeits- und Berufswelt erleichtern. Gefördert werden unter anderem innovative Projekte, die
Durch systematische und kontinuierliche, pädagogisch begleitete Einblicke in das Arbeits- und Wirtschaftsleben können geschlechtsspezifische Orientierungen hinterfragt, die Berufs- und Studienorientierung der Jugendlichen verbessert, Berufswahlentscheidungen erleichtert und damit effektivere Übergänge geschaffen werden. Die Auseinandersetzung mit Themen aus der Arbeitswelt soll Selbstständigkeit beim Wissenserwerb und kritischen Umgang mit Wissen fördern, um so den sich wandelnden Anforderungen besser entsprechen zu können. In den geförderten Projekten geht es zusätzlich um die Bündelung der Aktivitäten und Kräfte, die in der Region, in den verschiedenen Verbänden und Trägerorganisationen im Bereich vorberuflicher Bildung tätig sind. Mit diesem Ansatz schließt das SWA-Programm inhaltlich an andere durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Bildungsprogramme wie "Lernende Regionen" oder "Lebenslanges Lernen" an.
Das Rahmenkonzept für dieses neuartige, auf nachhaltige Veränderungen durch Bundesförderung setzende Programm konnte in kurzer Zeit mit den Ländern abgestimmt werden. Auf Grund eines BLK-Beschlusses wurde ein Lenkungsausschuss eingerichtet, der die mit der Steuerung des Programms zu klärenden Fragen berät. Im Herbst 1999 wurde das Programm gestartet. Seit 2001 wird es mit Mitteln aus dem Europäischen Sozialfonds kofinanziert. Im Rahmen des SWA-Programms sind bis heute in allen Bundesländern sowie bei den Sozialpartnern 36 Projekte gefördert (Stand April 2003). Bislang sind in den SWA-Projekten etwa 32 000 Schülerinnen und Schüler in 530 Schulen - es handelt sich hierbei um alle Schulformen, von der Hauptschule über die Realschule zum Gymnasium, von der Förderschule zu Schulen für Lernbehinderte - und 2 400 Unternehmen beteiligt.
Mit vier Leitideen lässt sich das Programm "Schule - Wirtschaft/ Arbeitsleben" überschreiben. Sie könnten allesamt mit "Schule macht Ernst" charakterisiert werden, weil sie zwar bereits bisher vereinzelt in der Schullandschaft Berücksichtigung fanden, aber sich noch nicht systematisch und dauerhaft durchsetzen konnten:
Mit dieser Ausrichtung greift das Programm bereits frühzeitig schulpädagogische Leitlinien auf, die später von dem Forum Bildung in seinen zwölf Empfehlungen für Reformen im deutschen Bildungswesen (vgl. Arbeitsstab Forum Bildung 2001) als bildungspolitischer Konsens zwischen Bund, Ländern und Sozialpartnern entwickelt wurden.
Im Programm "Schule - Wirtschaft/ Arbeitsleben" wird sichtbar, dass hier eine länder- und institutionenübergreifende Aufgabe erwachsen und anerkannt ist, zu der in gemeinsamer Anstrengung von Schulen, Betrieben, Kammern, Gewerkschaften, Hochschulen und Kultusministerien Antworten gesucht werden sollen. Das Engagement des Bundes kann insofern als eine Initialzündung für eine schulform- und länderübergreifende Suche und Förderung nach neuen Wegen des Übergangs von der Schule ins Arbeits- und Berufsleben angesehen werden, die von unterschiedlichen Institutionen (Schulen, Hochschulen, Lehrerfortbildungseinrichtungen) ihren Ausgangspunkt nehmen und sich auf verschiedene "Gegenstände" wie beispielsweise stärkere Einbeziehung betrieblicher Experten, Kooperation Schule - Wirtschaft - Hochschule oder neuer Unterrichtsmaterialien mit multimedialer Nutzung beziehen kann.
Mit unterschiedlichen Nuancen weisen alle Akteure in der Bildungspolitik darauf hin, dass es Jugendlichen an Wissen über die Arbeits- und Berufswelt mangelt. Statt das komplexe Problembündel auf dem Feld der Berufsvorbereitung nüchtern zu betrachten, wird zuweilen gerne der "Schwarze Peter" einseitig den Jugendlichen zugeschoben, denen pauschal fehlende Ausbildungsfähigkeit unterstellt wird. Diese einseitige Schuldzuweisung wird freilich weder den heutigen Problemen der Jugendlichen bei der Suche nach ihrem Platz im Erwerbsleben gerecht noch löst sie das Problem. Die Hartz-Kommission hat nicht zuletzt deshalb in ihren Empfehlungen zum Abbau der Arbeitslosigkeit auch die Bedeutung der allgemein bildenden Schulen für die berufliche Zukunft der Jugendlichen hervorgehoben und die Lehrkräfte für eine gelingende Berufsorientierung ausdrücklich mit in die Verantwortung genommen (vgl. Kommission "Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt" 2002).
In diesem Zusammenhang gibt es mittlerweile ein ganzes Bündel von Vorschlägen, wie man den beschriebenen Mängeln begegnen könnte. Im Kern muss es bei der Vorbereitung der Jugendlichen auf ihr nachschulisches Leben darum gehen, gesellschaftlich als notwendig empfundene Inhalte in das bestehende Unterrichtsgeschehen einzubeziehen und die Lehrpläne mit Bezügen zum Alltag der Jugendlichen zu verknüpfen. Dabei soll nicht nur mehr Berufs- und damit Lebensbezug in den Klassenraum Einzug halten, sondern auch die Klassen samt ihrer Lehrkräfte selbst betrieblichen Alltag vor Ort im Rahmen von Kooperationen kennen lernen.
Zur Herstellung einer solchen Art von Ausbildungsfähigkeit - die wir heute unter dem Begriff Berufsorientierung subsumieren - gehört das Entwerfen eines eigenen Zukunftskonzepts ebenso wie das Wissen um die betrieblichen Flexibilitätserfordernisse, gehört das Erwerben von fachlichen und überfachlichen Kompetenzen ebenso wie die Entwicklung von Motivation und Fähigkeit zu einem lebensbegleitenden Lernen. Für die Vermittlung eines solchen anspruchsvollen Konzepts scheint eine engere partnerschaftliche Kooperation zwischen Schule und Wirtschaft/ Arbeitsleben unumgänglich. Dabei könnten vor großen Reformschritten zunächst innovative Impulse hilfreich sein, wie sie mit dem Programm "Schule - Wirtschaft/ Arbeitsleben" intendiert und gefördert werden.
Zu einer zeitgemäßen Berufsorientierung gehört es auch, die Eigenverantwortung der Jugendlichen zu stärken. Aber den Jugendlichen muss bei diesem Lernprozess geholfen werden. Es ist keine Lösung, das Individuum in einer Zeit der Globalisierung und des Strukturwandels allein zu lassen. Erforderlich ist eine Strategie, die Eigenverantwortung in eine neue Form der Unterstützung seitens der Politik, aber auch seitens der Wirtschaft und der für die Arbeitswelt Verantwortlichen einbettet. Mit dem SWA-Programm wird versucht, zur Selbstständigkeit anzuregen und Jugendliche bei der Übernahme von mehr Eigenverantwortung zu unterstützen. Dabei zeigt sich, wie wichtig es ist, Kooperationen der Schule und Hochschule insbesondere mit den Sozialpartnern herzustellen.
Trotz unterschiedlicher Ziele und Interessenlagen ist eine erhöhte Bereitschaft zur Erprobung neuer Formen der Kooperation erfreulicherweise festzustellen. Es ist bei allen Beteiligten am Arbeitsgeschehen der Wille zu spüren, voneinander zu lernen und Antworten auf die Frage zu suchen, was konkret getan werden kann, um den Jugendlichen einen möglichst guten Berufsstart zu ermöglichen. Viele Beispiele hierfür finden sich in den Berichten über die einzelnen SWA-Projekte der Länder und der Sozialpartner.
Die vielfältigen Veränderungen in Wirtschaft und Technik, Arbeitswelt und Gesellschaft mit neuen Anforderungen an das Bildungs- und Berufsbildungssystem erfordern einen permanenten Modernisierungsprozess, ohne dabei vorschnell Bewährtes aufzugeben. Hier sind alle Beteiligten - Bund, Länder und Sozialpartner - gefordert, in einem konstruktiven Dialog bei der Bewältigung der Herausforderungen im Interesse der Jugendlichen wie der Unternehmen und Betriebe zusammenzuarbeiten.
1) Job-AQTIV-Gesetz vom 10.12.2001, BGBl. 2001 I S. 3443; AQTIV steht dabei für Aktivieren, Qualifizieren, Trainieren, Investieren, Vermitteln. Detaillierte Informationen über das JOB-AQTIV-Gesetz sind auf der Internet-Seite des www.bma.de unter dem Abschnitt "Arbeit" bzw. "Arbeitsrecht" abrufbar.
2) Der Begriff "lebensbegleitendes Lernen" wurde vor allem von der Enquete-Kommission "Zukünftige Bildungspolitik - Bildung 2000" geprägt und ihren Empfehlungen zugrunde gelegt. Vgl. Deutscher Bundestag (Hrsg.)(1990), insbesondere S. 160-218 Abschnitt Weiterbildung.
3) Das Forum Bildung wurde mit dem Abschlusskongress am 9./10. Januar 2002 zunächst beendet. Bund und Länder haben sich dabei auf ein Follow-up verständigt, in dem bis Ende 2004 über die Umsetzung der Empfehlungen berichtet werden soll.
4) Die Beschlüsse sowie zahlreiche Informationen und Materialien der verschiedenen Arbeitsgruppen können auf der Internet-Seite www.bundesregierung.de unter Schwerpunkte/Bündnis für Arbeit abgerufen werden.
5) vgl. hierzu die vom Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister
in der Bundesrepublik Deutschland vorgelegte Dokumentation der Maßnahmen
zur Verbesserung der Ausbildungsreife sowie Berufswahlentscheidung, Bonn im
Juni 2001.
Arbeitsstab Forum Bildung (Hrsg.) (2001): Empfehlungen des Forum Bildung, Bonn
Beck, Ulrich (1986): Risikogesellschaft. Auf dem Weg in eine andere Moderne. Frankfurt
Bundesanstalt für Arbeit (Hrsg.) (2000): direkt - Fördern und Qualifizieren (BA: direkt), Heft 10/2000, Nürnberg, S. 12
Bundesministerium für Bildung und Forschung (Hrsg.) (2002): Berufsbildungsbericht 2002. Kap. 2.2.4. Bonn
Deutscher Bundestag (Hrsg.) (1990): Zukünftige Bildungspolitik - Bildung 2000. Schlussbericht der Enquete Kommission des Deutschen Bundestages, Bonn 1990, S. 160-218
Deutsches PISA-Konsortium (Hrsg.) (2001): PISA 2000. Basiskompetenzen von Schülerinnen und Schülern im internationalen Vergleich. Opladen, S. 271
Feldhoff, Jürgen/ Jacke, Norbert/ Simoleit, Jürgen (1995): Schlüsselqualifikationen für neue Anforderungen in Betrieb und Gesellschaft. Reformen im Spannungsfeld von allgemeinbildender Schule und beruflicher Praxis. Düsseldorf
Fobe, Karin/ Minx, Bärbel (1996): Berufswahlprozesse im persönlichen Lebenszusammenhang. Jugendliche in Ost und West an der Schwelle von der schulischen in die berufliche Ausbildung. Beiträge zur Arbeitsmarkt- und Berufsforschung 196, Nürnberg
Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (Hrsg.) (1999): IAB-Kurzberichte 9/1999 und 10/1999. Nürnberg
Kommission "Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt" (2002): Vorschläge der Kommission zum Abbau der Arbeitslosigkeit und zur Umstrukturierung der Bundesanstalt für Arbeit, Berlin, S. 315
Rebmann, Karin/ Tenfelde, Walter/ Uhe, Ernst (1998): Berufs- und Wirtschaftspädagogik. Eine Einführung in Strukturbegriffe. Wiesbaden, S. 64
Schober, Karen/ Gaworek, Maria (Hrsg.) (1996): Berufswahl: Sozialisations- und Selektionsprozesse an der ersten Schwelle. Beiträge zur Arbeitsmarkt- und Berufsforschung 202, Nürnberg
Schober, Karen/ Tessaring, Manfred (1993): Eine unendliche Geschichte - Vom Wandel im Bildungs- und Berufswahlverhalten Jugendlicher. In: IAB (Hrsg.): Materialien aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, Nürnberg. Heft 3/1993, S. 3
Die Zahl der Verwaltungsvorschriften, Bekanntmachungen u. ä. zur Berufsorientierung, die die "Rahmenvereinbarung über die Zusammenarbeit zwischen Schule und Berufsberatung" bzw. die daraus hervorgegangenen Übereinkommen der Länder mit Landesarbeitsämtern ergänzen, sind von Land zu Land sehr unterschiedlich. Manchen Ländern erscheint ihre länderspezifische Vereinbarung zur Zusammenarbeit zwischen Schule und Berufsberatung als ausreichend, andere regeln Teilbereiche wie die Durchführung von Betriebserkundungen, Betriebspraktika usw.
Dabei ist zu beachten, dass die Abgrenzung der Inhalte von "Berufsorientierung" unterschiedlich erfolgt. Manche Länder grenzen Berufsorientierung in den Lehrplänen stärker ab, vermitteln aber innerhalb der Berufsorientierung z. B. auch Kenntnisse über das Jugendarbeitsschutzgesetz und die Sozialversicherungen. Andere betonen, dass jeder Unterricht in Fächern wie "Arbeitslehre" oder "Arbeit-Wirtschaft-Technik" Beiträge zur Berufsorientierung leistet; diese Länder geben dann auch etwa Rahmenpläne für Arbeitslehre als Rechtsgrundlage im Hinblick auf Berufsorientierung an (Beispiel: Hessen).
Berufsorientierung ist für die hier anzusprechenden Schulformen -
also alle Schulformen, die Klassenstufen 5 bis 10 umfassen (ohne das Gymnasium)
- zum festen Bestandteil von Unterricht geworden, in der Hauptschule
in höherem Maße als in der Realschule. Der Schwerpunkt liegt meistens
in den beiden letzten Klassenstufen der jeweiligen Schulform. Angebahnt wird
die Berufsorientierung aber vielfach schon in früheren Klassenstufen
bzw. in der Grundschule.
In einem Teil der Länder bzw. der Schularten ist die Berufsorientierung
in bestimmten Fächern und Lernbereichen (Arbeitslehre, Arbeit-Wirtschaft-Technik,
Politische Bildung, Sozialkunde, Gesellschaftslehre, Gemeinschaftskunde u.
ä.) durch bestimmte Einheiten und Inhalte im Hinblick auf Dauer und ungefähren
Zeitpunkt genauer festgelegt; in einem anderen Teil ist er verbindlich, der
zeitliche Umfang und die zeitliche Festlegung aber bleibt der Konzeption der
einzelnen Schule für die Berufswahlvorbereitung überlassen. Im Hinblick
auf die lehrplanmäßigen Konzeptionen ist kein Unterschied zwischen
den alten und den neuen Bundesländern erkennbar.
In mehreren Ländern und Schulformen verteilt sich der Kernbereich der Berufsorientierung auf den Pflichtunterricht und den Wahlpflichtunterricht. Oft wird er ergänzt durch sporadische Beiträge anderer Fächer und Lernbereiche (Religionslehre, Deutsch, naturwissenschaftliche Fächer, Bildende Kunst u. ä.), durch Möglichkeiten im Wahlbereich der Schülerinnen und Schüler (AG-Bereich, Projekttage usw.) sowie durch außerunterrichtliche Veranstaltungen.
Nur in Einzelfällen wird Berufsorientierung auch noch als Unterrichtsgrundsatz, also als ein für alle Fächer verbindlicher, fächerübergreifender Themenschwerpunkt, genannt.
Als globales Ziel der Berufsorientierung werden Berufswahlkompetenz, Berufswahlfähigkeit und Berufswahlreife der Jugendlichen genannt. Mit diesem Ziel werden Schlüsselqualifikationen, also grundlegende Einsichten, Einstellungen, Fähigkeiten und Fertigkeiten vermittelt, die den Jugendlichen die Gestaltung ihres individuellen Lebens und die Teilnahme am politischen Handeln der Gesellschaft besser ermöglicht.
Im Übrigen können übergeordnete Zielsetzungen und wesentliche Inhalte des Unterrichts nicht betrachtet werden, ohne dass sie im Zusammenhang mit der Aufgabe der Schule im Gesamtprozess der Berufswahlvorbereitung gesehen werden. Diese leitet sich aus dem verfassungsgemäßen Erziehungsauftrag der Schule her und wird näher bestimmt durch die Rahmenvereinbarung der Ständigen Konferenz der Kultusminister (KMK) vom 5.02.1971 und dem darauf aufbauenden Übereinkommen zwischen der Bundesanstalt für Arbeit und der KMK über die Zusammenarbeit von Schule und Berufsberatung. Danach soll die Schule grundlegende Kenntnisse über die Wirtschafts- und Arbeitswelt vermitteln, während die Berufsberatung "auf die individuellen Erwägungen zur Berufswahl und auf die Berufsentscheidung" vorbereitet und insbesondere über den Arbeitsmarkt, über Anforderungen und Aufstiegsmöglichkeiten Orientierung vermittelt.
In Modellschulen und bei Schulversuchen sollten aber auch "neue Formen der Zusammenarbeit von Schule und Berufsberatung erprobt werden". Solche Erprobungen und die Weiterentwicklung der Schulfächer, in denen Kenntnisse über die Wirtschafts- und Arbeitswelt vermittelt werden, haben in der Zwischenzeit dazu geführt, dass durch länderspezifische Regelungen und Absprachen genauere inhaltliche und organisatorische Abstimmungen zwischen Schule und Berufsberatung erfolgten. Diese Absprachen schaffen auch Gestaltungsräume für die einzelne Schule und eröffnen Möglichkeiten, eigene Schulprofile (weiter) zu entwickeln.
Inhaltliche Abstimmungen erfolgten so, dass die Zielstellungen der Länder und Schularten in etwa den Anforderungen des Gegenstandsbereichs Beruf im "Material zum Lernfeld Arbeitslehre im Sekundarbereich I" entsprechen, das 1987 von den Kultusministern den Ländern zur Verfügung gestellt wurde. Nach diesen Anforderungen sollen die Jugendlichen mit Hilfe der schulischen Berufsorientierung
Was sich an diesen Zielstellungen schon erkennen lässt, spiegelt sich auch in den einzelnen Länderberichten wider: Es wird jeweils ein pragmatischer Ansatz praktiziert, der die wesentlichen theoretischen Ansätze zur Berufswahl zu verbinden versucht: den entscheidungs-, den entwicklungs-, den allokations- und den interaktionstheoretischen Ansatz. Dazu gehört auch
Deutlich wird auch, dass in dem für die Berufsorientierung typischen Spannungsverhältnis zwischen einer engen Ankopplung an das Beschäftigungssystem und einer völligen Abkopplung vom Beschäftigungssystem das Interesse der Jugendlichen in angemessener Weise wahrgenommen wird.
In einzelnen übergreifenden Zielstellungen wird schon auf diesem Abstraktionsniveau deutlich, dass insbesondere in neueren Lehrplänen immer mehr in Erscheinung tretende Probleme der Berufsorientierung gebührend Berücksichtigung finden:
In den Zielstellungen werden zum Teil auch schon methodische Elemente sichtbar, die für die Berufsorientierung in dem betreffenden Land bzw. in der betreffenden Schulart für besonders wichtig gehalten werden. Dabei werden immer wieder die handlungsorientierte Methode und das Prinzip des Exemplarischen betont.
Die Praxis der Einbeziehung der Berufsberatung zeigt im Wesentlichen ein überraschend einheitliches Bild für die verschiedenen Länder und die verschiedenen Schulformen.
In allen Ländern und in allen Schulformen ist der Berufsberater mit zwei Schulbesprechungen in der vorletzten Klasse der betreffenden Schulform beteiligt. Dabei wird auch über die Einzelberatungen sowie über die anderen möglichen Hilfeleistungen der Berufsberatung bei der Berufswahlvorbereitung informiert (psychologische Eignungsuntersuchungen, finanzielle Fördermöglichkeiten usw.). In Verbindung mit den Schulbesprechungen, aber auch unabhängig davon, findet eine Einführung der Schülerinnen und Schüler in die Nutzung des Berufsinformationszentrums bzw. des mobilen Berufsinformationszentrums (BIZ-mobil) statt.
Wo die Verhältnisse dies nahe legen, sind auch z. B. Sprechstunden an Schulen von Berufsberaterinnen und Berufsberatern, berufskundliche Vortragsreihen, Ausstellungen und Filmvorführungen, Seminare der Berufsberatung, Gruppengespräche für Jugendliche mit ähnlichen Interessen und Fragen, Veranstaltungen für die Erziehungsberechtigten, Vermittlung individueller Betriebskontakte u. ä. vorgesehen.
Für die wesentlichen Ziele und Inhalte der Schulbesprechungen hat sich bundesweit ein Konsens herausgebildet. Zum Kern der Inhalte gehören
Tendenziell werden in den neuen Ländern noch eher darüber hinausgehende Themen vom Berufsberater übernommen.
Die Medien, die über die BIZ und BIZ-mobil hinaus von der Bundesanstalt für Arbeit für die Berufsorientierung zur Verfügung gestellt werden, werden bundesweit in einem hohen Maße genutzt. Bei den Printmedien gilt dies insbesondere für "Beruf aktuell" und für die Regionalschriften der Landesarbeitsämter, aber auch für das neue Mehrmedienpaket "Mach's richtig" (mit interaktiver CD-ROM) und die Informationszeitung "Was werden".
Von der Möglichkeit, über die in "Beruf aktuell" enthaltenen Bestellkarten gezielt "Blätter zur Berufskunde" zu bestellen, wird offenbar in angemessener Weise Gebrauch gemacht. Darüber hinaus werden in einigen Bundesländern berufskundliche Kurzfilme nicht nur beim BIZ-Besuch, sondern auch unmittelbar in den Berufswahlunterricht in der Schule einbezogen.
In einigen Ländern weisen neuere Lehrpläne ausdrücklich auf Medien der Bundesanstalt für Arbeit bzw. des Landesarbeitsamtes hin.
Die Berufsinformationszentren (BIZ) und die mobilen Berufsinformationszentren (BIZ-mobil) leisten offensichtlich für die Information der Jugendlichen über Berufe einen ganz wesentlichen Beitrag. Sie werden in allen Bundesländern und für Schülerinnen und Schüler aller Schulformen in Anspruch genommen. Im Rahmen der Berufsorientierung werden die Schüler zumindest in die Nutzung des BIZ bzw. BIZ-mobil eingeführt. In mehreren Ländern finden die Schulbesprechungen vorwiegend im BIZ statt. Fast überall werden im BIZ darüber hinaus Gruppenbesprechungen und Seminare für interessierte Schülerinnen und Schüler angeboten. Die Berufsinformationszentren sind so zur wichtigen Möglichkeit geworden, sich individuell während des Prozesses der Erstberufswahl zu informieren.
Betriebserkundungen und Betriebspraktika sind mehr oder weniger in allen Ländern Bestandteil der Berufsorientierung.
Für Betriebserkundungen, die kürzer und leichter zu organisieren sind, bestehen naturgemäß in geringerem Umfang Festlegungen. Durchgesetzt hat sich offensichtlich das Konzept der Aspekterkundungen, die endgültig die "Betriebsbesichtigungen" abgelöst haben. Allerdings ist in vielen Ländern der berufsorientierende Aspekt nur einer unter mehreren möglichen. In einer Reihe von Ländern sind Betriebs- bzw. Arbeitsplatzerkundungen unter berufskundlichem Aspekt in klarer Konzeption als Vorphasen des Betriebspraktikums festgelegt.
Auch Betriebspraktika werden nicht überall nur, aber überall auch unter dem berufsorientierenden Aspekt durchgeführt. Schon der juristischen und versicherungsrechtlichen Grundlagen wegen bestehen in vielen Ländern zum Betriebspraktikum ausführliche Richtlinien.
In manchen Ländern sind Betriebspraktika für bestimmte Schularten, meistens für die Hauptschule bzw. Gesamtschule, verbindlich. In vielen Ländern werden sie sehr empfohlen, sind aber der unterschiedlichen örtlichen wirtschaftlichen Gegebenheiten wegen nicht verpflichtend. Meist wird die Möglichkeit zu einem Betriebspraktikum in der vorletzten Klassenstufe gegeben, oft wird auch die Möglichkeit zu einem weiteren Praktikum in der Abschlussklasse eingeräumt.
Die mehr oder weniger verbindlich festgelegte Dauer eines Betriebspraktikums, bei dem meist auch kommunale Einrichtungen und Verwaltungen einbezogen sind, schwankt zwischen einer Woche und drei Wochen. Zum Teil ist die maximale Gesamtzahl der Arbeitstage festgelegt, wobei die zeitliche Verteilung auf zwei Praktika den Schulen überlassen bleibt.
Das Problembewusstsein im Hinblick auf eine sinnvolle Durchführung von Schülerbetriebspraktika scheint unterschiedlich ausgeprägt zu sein. In einer ganzen Reihe von Ländern bestehen aber für die Schülerbetriebspraktika besondere Handreichungen oder sind gerade in Erarbeitung.
In den neuen Ländern beeinträchtigt offensichtlich die Wirtschaftslage die Durchführung von Schülerbetriebspraktika erheblich. Aber auch in einem alten Bundesland (Bremen) wird festgestellt, dass die Bereitschaft der Betriebe zur Durchführung von Schülerbetriebspraktika abnimmt.
In einem Bundesland (Hessen) wurden mit Schülerinnen und Schülern aus Schulen mit bilingualem Zug und aus Europaschulen Pilotprojekte für Betriebspraktika im Ausland durchgeführt.
In den verschiedenen Ländern gibt es viele unterschiedliche besondere Ansätze zur Unterstützung und Weiterentwicklung der Berufsorientierung. Hierzu gehören z. B. besondere Formen der Zusammenarbeit zwischen allgemein bildenden Schulen und beruflichen Schulen, Werkstattunterricht in Werkstätten Dritter, Partnerschaften Schulen/ Unternehmen (z. B. durch Vermittlung der Studienkreise bzw. Landesarbeitsgemeinschaften Schule/ Wirtschaft), "Markt der Berufe" bzw. "Lehrstellenbörsen" in Zusammenarbeit mit Kammern, Verbänden und Betrieben, Tage der offenen Tür an beruflichen Schulen, Betrieben und überbetrieblichen Einrichtungen. Viele Veranstaltungen, Projekte und Modellversuche befassen sich mit den geschlechtsspezifischen Berufswahlproblemen. Dabei werden etwa "frauenuntypische" (gewerblich-technische) Berufe bzw. "andere Berufe für Mädchen" in besonderer Weise präsentiert. Bestimmte Projekte nehmen sich in breiterer Form der beruflichen Orientierung und Eingliederung von Mädchen an, z. B. auch das 1995 in Schleswig-Holstein begonnene BLK-Modellvorhaben "Aufbau eines regionalen Netzwerks von Schulen und außerschulischen Bildungs- und Berufseinrichtungen zur Förderung der Motivation und des Interesses von Mädchen für die Naturwissenschaft, Technik und Berufsorientierung".
Dieser Problematik widmen sich insbesondere auch neue Bundesländer. In Brandenburg geht es um den BLK-Modellversuch mit dem Titel "Berufsorientierung für Mädchen und Jungen - ein Modellversuch zur Erprobung, Weiterentwicklung und Umsetzung einer arbeitsorientierten und geschlechterbewussten Bildung", aus dem Unterrichtsmaterialien für den Berufswahlunterricht in der Sekundarstufe I gewonnen werden sollen.
Thüringen führte von 1993 bis 1996 einen BLK-Modellversuch "Förderung naturwissenschaftlich-technischer Bildung für Mädchen in der Regelschule und die Auswirkungen auf die Entscheidung für technische Berufe in Thüringen" durch. In Sachsen werden im Rahmen eines BLK-Modellversuches "Berufsorientierender Unterricht an Mittelschulen unter Einschluss von Betriebspraktika unter Berücksichtigung der Förderung von Berufstätigkeiten für Mädchen" seit September 1993 an sechs ausgewählten Mittelschulen Konzepte für Berufswahlunterricht gesucht, die den verschiedenen Profilbereichen der Mittelschule entsprechen.
In allen Ländern wird der Informationstechnischen Grundbildung (ITG) große Aufmerksamkeit geschenkt; sie ist überall zum festen Bestandteil von Unterricht geworden. Offensichtlich bestehen noch gewisse Unterschiede zwischen Ländern bzw. Schularten im Hinblick auf die Ausstattung mit Hardware und Software. In ihren Zielstellungen greift die Informationstechnische Grundbildung weit über Berufsorientierung hinaus, bietet aber auch für diese wichtige Orientierungshilfen.
Aussagen zur allgemeinen Europaorientierung lassen vermuten, dass in Einheiten zur Berufsorientierung auch Informationen über Möglichkeiten beruflicher Ausbildung und Erwerbstätigkeiten in anderen Ländern Europas, insbesondere in der EU vorgesehen sind.
In einer Reihe von Ländern bestehen spezielle Möglichkeiten zur Durchführung von Schülerbetriebspraktika im meist grenznahen Ausland, zum Teil in Kooperation mit ausländischen Schulen im Tandem-Modell (z. B. in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg). Es bestehen zur Durchführung von Betriebspraktika im Ausland auch bereits spezielle Handreichungen (Hamburg).
In Baden-Württemberg bestehen Vereinbarungen über die Zusammenarbeit der Berufsberatungsdienste in Deutschland und Frankreich über den Austausch berufskundlicher Schriften (Vereinbarung vom 4.07.1991) und die Durchführung gegenseitiger Sprechtage der Berufsberatungsdienste im jeweiligen Nachbarland (Vereinbarung vom 19.05.1993). Weitere Kooperationen gibt es im Rahmen der Programme der EU und mit der Schweiz.
In der ersten und in der zweiten Phase der Lehrerausbildung sind Inhalte der Berufsorientierung fester Bestandteil des Studiums jener Fächer, die nach den Lehrplänen der einzelnen Länder bzw. der einzelnen Schularten berufsorientierende Elemente enthalten. Für Studierende dieser Fächer ist in der Regel auch ein Betriebspraktikum vorgesehen. Häufig ist auch die Zusammenarbeit zwischen Schule und Berufsberatung ausdrücklich thematisiert.
Die Lehrerausbildung in den neuen Bundesländern ist noch in der Entwicklung. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Berufsorientierung der Schüler als wichtiger Inhalt in der Ausbildung der Lehrer gesehen wird.
Berufsorientierung ist in allen Ländern für Lehrerinnen und Lehrer an den Schulen der Sekundarstufe I (ausgenommen Gymnasien) inhaltlicher Bestandteil der zentralen, regionalen und schulinternen Lehrerfortbildung. Dabei ist in vielen Fällen die Berufsberatung als Kooperationspartner einbezogen. Veranstaltungen zum Thema "Berufsorientierung" finden der Praxisbezogenheit wegen häufig auch in Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern statt: Verbänden der Wirtschaft, Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern, Gewerkschaften, Wirtschaftsverbänden und Unternehmen. Die Bildungswerke der Wirtschaft und die Arbeitskreise Schule/ Wirtschaft treten - in organisatorischer und inhaltlicher Abstimmung mit der Schulverwaltung - häufig auch als freie Träger entsprechender Lehrerfortbildungsveranstaltungen auf. Für die aktuellen Informationen und die Kontakte mit Betrieben sind teilweise an entsprechenden Instituten auch Beratungsstellen eingerichtet.
Im Zusammenhang mit der Berufsorientierung wird in der Lehrerfortbildung eine ausgeprägte Praxisbezogenheit angestrebt. Darum werden in den meisten Bundesländern neben Betriebserkundungen auch Betriebspraktika für Lehrerinnen und Lehrer angeboten.
In den neuen Bundesländern verlangt die in den Lehrplänen vorgesehene Berufsorientierung von den Lehrerinnen und Lehrern Fähigkeiten, die auch bei ehemaligen Lehrkräften mit dem DDR-Abschluss für Polytechnik nicht gegeben sind. Auch deshalb werden Veranstaltungen zur Berufsorientierung als eine besondere Aufgabe der Lehrerfortbildung gesehen. In fast allen neuen Bundesländern wurden auch Handreichungen zur Berufsorientierung erarbeitet, die die Lehrerfortbildung unterstützen.
Bei den Tendenzen zur weiteren Entwicklung der Berufsorientierung besteht naturgemäß ein wesentlicher Unterschied zwischen den alten und den neuen Ländern.
Die Ministerien in den alten Ländern weisen auf unterschiedliche Entwicklungstendenzen hin, die meist mit verschiedenen übergreifenden Schwerpunkten in der jeweiligen Bildungspolitik zusammenhängen. So wird auf die Weiterentwicklung der Berufsorientierung im Rahmen neuer Bildungs- bzw. Rahmenpläne hingewiesen (Baden-Württemberg, Berlin, Bremen). In manchen Ländern soll die begonnene Zusammenarbeit zwischen berufsbildenden und allgemein bildenden Schulen intensiviert werden, damit auch die Fachkompetenz der Fachpraxis-Lehrkräfte und die Möglichkeiten der Fachpraxisräume für die Berufsorientierung nutzbar gemacht werden (Niedersachsen, Schleswig-Holstein).
Andere Länder wollen innerhalb der vorhandenen Konzeptionen bestimmten Entwicklungen in Wirtschaft und Gesellschaft noch stärker gerecht werden: durch bewusste Hinführung zu Schlüsselqualifikationen und zu vernetztem Denken (Schleswig-Holstein), durch verstärkte Aufmerksamkeit für die Berufsorientierung der Mädchen (Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen), der ausländischen Jugendlichen und der Jugendlichen, die aufgrund ihrer persönlichen und sozialen Situation die Schule mit Defiziten verlassen (Nordrhein-Westfalen).
Manche Länder streben an, ihr Konzept für die Berufsorientierung durch gezielte Maßnahmen abzurunden: durch eine stärkere Betonung des Gegenstandsbereichs Berufsorientierung/ Wirtschaft in der Lehrerausbildung sowie in der Lehrerfortbildung (Hamburg), durch gezielte Hilfen für einzelne Schulen mit noch unterentwickeltem Handlungsrahmen für die Berufsorientierung (Nordrhein-Westfalen), durch das noch zu entwickelnde eigenständige Konzept für Gesamtschulen (Rheinland-Pfalz), durch einen gemeinsamen Erlass über Schülerbetriebspraktika für alle Schularten (Saarland, Baden-Württemberg), durch institutionalisierte Evaluation von Arbeitslehrelehrplan und -praxis in der Hauptschule (Bremen).
In den neuen Ländern wird eine noch stärkere Abstimmung zwischen Schule und Berufsberatung angestrebt in Verbindung mit der Absicht, neue Strukturen und Mechanismen des Ausbildungs- und Arbeitsmarkts noch stärker zum Bewusstsein zu bringen (Sachsen). Die unterrichtsorganisatorischen Bedingungen für Berufsorientierung in den entsprechenden Fächern sollen verbessert und projektorientiertes Arbeiten gefördert werden (Sachsen-Anhalt). In die Berufsorientierung sollen noch stärker außerunterrichtliche Veranstaltungen - z. B. mit Eltern, mit Vertretern der Wirtschaft - einbezogen werden (Sachsen-Anhalt). Durch Musterprogramme für Fachräume und deren Ausstattung in den entsprechenden Fächern, etwa Arbeitslehre, sollen auch für die Berufsorientierung verbesserte Bedingungen geschaffen werden (Brandenburg). Die Fortbildungsangebote gerade für den Bereich Berufsorientierung sollen weiter ausgebaut werden (z. B. Brandenburg).
In allen Ländern wird innerhalb der Bildungs- und Erziehungsaufgaben an Hauptschulen, Realschulen und Gesamtschulen der Berufsorientierung ein hoher Stellenwert zuerkannt. Sie wird überall als eine wichtige gemeinsame Aufgabe von Schule und Berufsberatung gesehen; Formen der Zusammenarbeit haben sich - unter Einbeziehung der Berufsinformationszentren (BIZ und BIZ-mobil) - eingespielt. Wegen der angestrebten Praxisorientierung werden im großen Umfang Betriebspraktika und Betriebserkundungen unter berufsorientierendem Aspekt einbezogen. Berufsorientierung im Unterricht der Lehrer und Schulbesprechungen der Berufsberater werden häufig ergänzt durch Veranstaltungen, die mit außerschulischen Verbänden und Einrichtungen durchgeführt werden: mit Kammern, Verbänden, Gewerkschaften, Partnerschaftsbetrieben u. ä. Unterschiedlich stark werden Impulse für die Berufsorientierung durch die Zusammenarbeit von allgemein bildenden und berufsbildenden Schulen abgegeben.
Im Hinblick auf den Entwicklungsstand der Berufsorientierung besteht naturgemäß ein Unterschied zwischen den alten und den neuen Ländern. Für die Lehrerinnen und Lehrer in den neuen Ländern haben sich die Bedingungen der Berufswahl innerhalb kurzer Zeit grundlegend geändert. Berufsorientierung wird dort insbesondere auch als ganz wichtiger Schwerpunkt in der Lehrerfortbildung gesehen. Die Zusammenarbeit mit außerschulischen Verbänden, Einrichtungen und Betrieben kann sich wegen der wirtschaftlichen Verhältnisse nur schrittweise einspielen. Die von der Berufsberatung durch die Berufsinformationszentren (BIZ und BIZ-mobil) zur Verfügung gestellten Informationsmöglichkeiten werden dort als besonders hilfreich empfunden und haben die Entwicklung gezielt vorangetrieben.
In allen Ländern ist aufmerksam zur Kenntnis genommen worden, dass die Bedingungen der Berufswahl sich in den letzten Jahren wesentlich verändert haben. Offensichtlich erschweren die Entwicklungen im Bereich der betrieblichen Ausbildung, der beruflichen Schulen sowie des Arbeitsmarktes überhaupt den einzelnen Jugendlichen und seinen Eltern, Bildungs- und Berufswahlentscheidungen ohne intensive Information und Hilfestellung verantwortungsvoll zu treffen. Deshalb sind in einigen Ländern zur Hilfestellung für besondere Problemgruppen Weiterentwicklungen im Gange.
Die Zahl der Erlasse, Verwaltungsvorschriften u. ä. zur Berufsorientierung, die die "Rahmenvereinbarung über die Zusammenarbeit zwischen Schule und Berufsberatung" bzw. die daraus hervorgegangenen Übereinkommen der Länder mit den Landesarbeitsämtern (2) ergänzen, ist von Land zu Land sehr unterschiedlich. Einem Land erscheint seine länderspezifische Vereinbarung zur Zusammenarbeit zwischen Schule und Berufsberatung als ausreichend, andere Länder haben Ergänzungen und Konkretisierungen angebracht. Diese beziehen sich z. B. auf die Umsetzungsmöglichkeiten eines fächerübergreifenden Ansatzes zur Berufsorientierung, auf Handreichungen zum Lehrplan mit teilweise erheblichem Umfang oder auf die Durchführung von Betriebserkundungen und Betriebspraktika.
Berufsorientierung ist zwischenzeitlich zum festen Bestandteil in den Lehrplänen geworden. Dabei ist zu beachten, dass der Begriff "Berufsorientierung" keineswegs einheitlich besetzt ist. Ein eigenständiges Fach "Berufsorientierung" ist in keinem Land vorhanden. In einigen Ländern gibt es kein Fach mit einem deutlichen Schwerpunkt Berufsorientierung (z. B. Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern), einige Länder ordnen Inhalte zur Berufsorientierung nur einem oder wenigen Fächern zu (z. B. Berlin, Bremen, Rheinland-Pfalz, Sachsen), andere Länder realisieren ein fächerübergreifendes Konzept unter Einbeziehung möglichst vieler Fächer (z. B. Bayern, Baden-Württemberg).
Leitfächer bei der Vermittlung von Berufsorientierung sind vorwiegend Fächer aus dem gesellschaftspolitischen Bereich wie
Außer den gesellschaftswissenschaftlichen Fächern vermitteln in verschiedenen Ländern auch Fächer wie Deutsch, Religionslehre/ Ethik, Fremdsprachen oder Naturwissenschaften Berufsorientierung.
Neben einer Verankerung berufsorientierender Inhalte in den Lehrplänen bestimmter Fächer gibt es auch Sonderformen wie "Arbeitsgemeinschaft Berufsorientierung" (z. B. Baden-Württemberg) oder Wahlunterricht sowie außerunterrichtliche Veranstaltungen.
Der zeitliche Schwerpunkt liegt meist in den Jahrgangsstufen 9 und 10 sowie in der Oberstufe. Erste Ansätze einer Berufsorientierung gibt es jedoch auch in niedrigeren Jahrgangsstufen.
Die übergeordneten Zielsetzungen und die wesentlichen Inhalte des Unterrichts müssen im Zusammenhang mit der Aufgabe der Schule im Gesamtprozess der Berufswahlvorbereitung gesehen werden. Diese sind vor allem durch die Rahmenvereinbarung der Ständigen Konferenz der Kultusminister (KMK) vom 5.02.1971 und den darauf aufbauenden Übereinkommen zwischen der Bundesanstalt für Arbeit und der KMK über die Zusammenarbeit von Schule und Berufsberatung geprägt. Von Bedeutung sind außerdem die länderspezifischen Vereinbarungen. Die Konkretisierungen sind in der Regel im Bildungs- und Erziehungsauftrag der jeweiligen Lehrpläne enthalten. Folgende übergeordnete Zielsetzungen gibt es in vielen Ländern am Gymnasium:
Folgende wesentlichen Inhalte sind in den meisten Ländern von Bedeutung:
Die Praxis der Einbeziehung der Berufsberatung ist in den verschiedenen Ländern inhaltlich weitgehend einheitlich, zeitlich jedoch teilweise unterschiedlich geregelt. Die Berufsberatung ist schwerpunktmäßig in folgenden Jahrgangsstufen tätig:
In allen Ländern ist der Berufsberater mit Schulbesprechungen beteiligt, in der Regel in der vorletzten Jahrgangsstufe vor dem mittleren Schulabschluss bzw. vor dem Abitur. Neben den allgemeinen Schulbesprechungen werden Einzelberatungen durchgeführt, außerdem werden spezielle Serviceleistungen angeboten (z. B. Eignungsuntersuchungen). Einen wichtigen Stellenwert nimmt die Einführung der Schülerinnen und Schüler in die Nutzung des Berufsinformationszentrums (BIZ) bzw. des mobilen Berufsinformationszentrums (BIZ-mobil) ein.
Bei entsprechenden Möglichkeiten gibt es beispielsweise noch folgende Ansatzpunkte:
Für die wesentlichen Ziele und Inhalte der Schulbesprechungen scheint bundesweit ein Konsens zu bestehen. Schwerpunkte bei den Inhalten sind beispielsweise:
Die Medien, die von der Bundesanstalt für Arbeit den Schulen für die Vermittlung von Berufsorientierung zur Verfügung gestellt werden, werden bundesweit in einem hohen Maß genutzt. Bei den Print-Medien gilt dies insbesondere für die Broschüren "Mach's richtig", "Beruf aktuell", "Studien- und Berufswahl" sowie für das "abi Berufswahl-Magazin".
In den Ländern werden zusätzlich noch Regionalschriften wie z. B. "Kursbuch - Studium, Ausbildung, Beruf" (Baden-Württemberg), "Berufsinformation" (Brandenburg), "Info zur Berufswahl Ausbildung und Studium für Hessen" (Hessen), "Wo?" und "AbiturientenInfo" (Rheinland-Pfalz) von der Berufsberatung entwickelt. Weitere Materialien werden von den Berufsberatern auf örtlicher oder regionaler Basis konzipiert und eingesetzt.
Darüber hinaus werden in den Ländern auch berufskundliche Filme, Videos sowie Computerprogramme verwendet. Das gesamte Medienangebot von BIZ und BIZ-mobil steht allen Schulen zur Verfügung. Dieses wird auch immer stärker genutzt.
In einigen Ländern weisen neuere Lehrpläne ausdrücklich auf
Medien der Bundesanstalt für Arbeit bzw. des Landesarbeitsamtes hin.
Das BIZ und BIZ-mobil leisten einen sehr wichtigen Beitrag zur Berufsorientierung. Sie werden in allen Ländern in Anspruch genommen. Viele Schülerinnen und Schüler werden über die Möglichkeiten von BIZ und BIZ-mobil informiert. Teilweise finden auch die Schulbesprechungen im BIZ statt. Die Berufsinformationszentren ermöglichen nach der allgemeinen schulischen Vorstellung individuelle Informationsmöglichkeiten.
Betriebserkundungen gehören in allen Ländern zum festen Bestandteil der Berufsorientierung. Durchgesetzt hat sich offensichtlich das Konzept der aspektorientierten Betriebserkundung, die offensichtlich die früher weit verbreitete Betriebsbesichtigung abgelöst hat. In einer Reihe von Ländern sind Betriebs- bzw. Arbeitsplatzerkundungen unter berufskundlichem Aspekt in der Vorphase des Betriebspraktikums vorgeschrieben.
Die Durchführung von Betriebserkundungen hängt natürlich vom lokalen bzw. regionalen Angebot ab. Die Unternehmensseite scheint zunehmend zu erkennen, wie wichtig Kontakte zwischen Schule und Wirtschaft für die Vermittlung einer anschaulichen und praxisorientierten Ausbildung sind. Aus diesem Grund gibt es insbesondere in Verdichtungsräumen zunehmend auch Partnerschaften zwischen Gymnasien und Unternehmen.
Betriebserkundungen werden schwerpunktmäßig in den Leitfächern der Berufsorientierung, aber auch verstärkt in anderen Fächern wie Chemie, Physik, Deutsch oder Erdkunde eingeplant.
In Einzelfällen können Betriebspraktika auch im europäischen Ausland durchgeführt werden (z. B. Hamburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Schleswig-Holstein). Sie haben vor allem zum Ziel, Schülerinnen und Schüler mit der Praxis von Berufsausbildung und Berufstätigkeit in Ländern der Europäischen Union vertraut zu machen. Eine Sonderform stellt auch das mit Schulen aus Großbritannien mögliche "work-experience" im Rahmen eines internationalen Schüleraustausches dar.
Betriebspraktika werden in fast allen Ländern angeboten. In diesen gibt es aus juristischen und versicherungsrechtlichen Gründen in der Regel ausführliche Richtlinien. Sie enthalten meist auch Hinweise zur organisatorischen und unterrichtlichen Vorbereitung.
Betriebspraktika dauern in Abhängigkeit von den länderspezifischen Bestimmungen in der Regel zwischen einer Woche und drei Wochen (z. B. Hamburg). Meist sind auch Zeitbereiche angegeben, z. B. "mindestens fünf, höchstens zehn Arbeitstage" (z. B. Mecklenburg-Vorpommern).
Eine verbindliche Einführung ist in verschiedenen Ländern nicht vorgesehen, da einerseits auf lokale Gegebenheiten, andererseits auch auf andere Schularten Rücksicht genommen werden muss. Insbesondere in den neuen Ländern beeinträchtigt offensichtlich die Wirtschaftsstruktur die Möglichkeit einer Durchführung. In verschiedenen Ländern sind auch ausführliche Handreichungen zum Betriebspraktikum veröffentlicht (z. B. Niedersachsen) bzw. in Vorbereitung.
In den Ländern gibt es verschiedenartige besondere Ansätze zur Unterstützung und Weiterentwicklung der Berufsorientierung. Hierzu gehören z. B.
Diese besonderen Maßnahmen werden teilweise in Zusammenarbeit mit Kammern, Verbänden, Unternehmen, beruflichen Schulen, Hochschulen und überbetrieblichen Einrichtungen realisiert. Deutliche Schwerpunkte scheinen derzeit bei den mädchenspezifischen Berufswahlproblemen sowie bei der facherübergreifenden Umsetzung der Berufsorientierung (z. B. Baden-Württemberg, Bayern) zu liegen. Für die Mädchen gibt es derzeit auch die meisten Modellversuche. Wertvolle Anregungen hierzu enthalten die "Handreichungen zur beruflichen Orientierung am Gymnasium" in Bayern. Eine umfangreiche Broschüre zur "Studien- und Berufswahlvorbereitung am Gymnasium" bietet auch Nordrhein-Westfalen an. Auch in Niedersachsen steht eine entsprechende Handreichung zur Verfügung.
In allen Ländern wird der ITG große Aufmerksamkeit geschenkt. Ausgehend von einem einheitlichen Rahmenplan werden vor allem gesellschaftspolitische Lerninhalte wie moderne Arbeitswelt, Auswirkungen der neuen Techniken in den verschiedensten Fächern, meist in ausgewählten Leitfächern umgesetzt. Die ITG dient nicht unmittelbar der Berufsorientierung, enthält aber vielfältige Ansätze zur Information über die moderne Arbeits- und Berufswelt und gibt somit indirekte Orientierungshilfen.
Europaorientierung ist in vielen Fächern verankert. Ansatzpunkte zur Berufsorientierung gibt es in den modernen Fremdsprachen (landeskundliche Themen) sowie in Fächern wie Erdkunde, Wirtschafts- und Rechtslehre, Gemeinschaftskunde, Sozialkunde und Geschichte. Europaorientierung wird in neueren Lehrplänen meist fächerübergreifend (z. B. Bayern) vermittelt. Ziel ist die Verbesserung der gegenseitigen Verständigung und Zusammenarbeit in einem vereinten Europa.
Teilweise gibt es bereits Kooperationsprojekte mit Schulen des europäischen Auslandes (z. B. Hamburg). Im BLK-Modellversuch in Nordrhein-Westfalen "Lernen für Europa" werden Schülerbetriebspraktika in Kooperation mit ausländischen Schulen in einem "Tandem-Modell" erprobt. Ein Schüler aus einer deutschen Schule und ein Partner aus einer Schule im Ausland absolvieren gemeinsam ein Praktikum sowohl im Ausland als auch in Deutschland.
In der ersten und zweiten Phase der Lehrerausbildung sind Inhalte der Berufsorientierung meist Bestandteil des Studiums und der Seminare des Referendariats jener Fächer, die nach den Lehrplänen der einzelnen Länder schwerpunktmäßig Berufsorientierung vermitteln. Für Studierende dieser Fächer ist ggf. auch ein Betriebspraktikum vorgesehen (z. B. ein halbjähriges Praktikum für Lehramtsstudenten des Faches Wirtschafts- und Rechtslehre am Gymnasium in Bayern).
In den Studienordnungen der neuen Länder wird derzeit ein Konzept für die Umsetzung von Berufsorientierung in der ersten Phase der Lehrerausbildung erarbeitet.
Zur Beseitigung von Defiziten liegt der Schwerpunkt derzeit im Bereich der Lehrerfortbildung. Für Gymnasiallehrer, die mit Fragen der Berufsorientierung beschäftigt sind, werden häufig Fortbildungsveranstaltungen mit derartigen Inhalten im Rahmen der schulinternen, regionalen und zentralen Lehrerfortbildung angeboten. Dabei wird in vielen Fällen die Berufsberatung als Kooperationspartner einbezogen. Berufsorientierende Veranstaltungen werden vor allem unter Einbeziehung von Wirtschaftsverbänden, Kammern, Bildungswerken der Wirtschaft, Arbeits- und Studienkreisen Schule und Wirtschaft, Gewerkschaften sowie Unternehmen durchgeführt. Praxisorientierung spielt dabei eine wichtige Rolle. So werden z. B. für Lehrkräfte aspektorientierte Betriebserkundungen, wie zum Teil auch Betriebspraktika (z. B. Niedersachsen) angeboten. In einigen Ländern gibt es spezielle Zeitschriften mit Hinweisen auf neuere Entwicklungen und Angebote (z. B. der "Intern" in Baden-Württemberg).
Berufsorientierung ist auch eine besondere Aufgabe der Lehrerfortbildung in den neuen Ländern. Dazu werden teilweise umfangreiche Materialien zur Verfügung gestellt.
Bei den Tendenzen zur weiteren Entwicklung der Berufsorientierung muss zwischen den alten und neuen Ländern unterschieden werden.
In den alten Ländern sind folgende Entwicklungen feststellbar:
Die Bedingungen der Berufswahl und Berufsorientierungen haben sich in den neuen Ländern innerhalb kürzester Zeit grundlegend geändert. Dies erfordert besondere Anstrengungen. In den neuen Ländern zeichnen sich folgende Entwicklungen ab:
In allen Ländern nimmt Berufsorientierung zwischenzeitlich innerhalb des Bildungs- und Erziehungsauftrags einen hohen Stellenwert ein. Sie wird überall als eine wichtige gemeinsame Aufgabe von Schule und Berufsberatung gesehen. Im Vergleich zum Stand der letzten Teildokumentation Gymnasium (1985) sind deutliche Verbesserungen feststellbar. Diese beziehen sich vor allem auf folgende Entwicklungen:
1) Vgl. Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder der Bundesrepublik Deutschland (Hrsg.): Dokumentation zur Berufsorientierung an allgemein bildenden Schulen (Sekundarbereich I und II). Band 1, Allgemeiner Teil, Bonn 1997, S. 5 - 119
2) Vgl. Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder der Bundesrepublik Deutschland (Hrsg.): Dokumentation zur Berufsorientierung an allgemein bildenden Schulen (Sekundarbereich I und II). Band 1, Allgemeiner Teil, Bonn 1997, S. 5 - 119
In den vergangenen Jahren sind in der Bundesrepublik Deutschland eine Reihe von Initiativen entstanden, die darauf abzielen, Schülerinnen und Schülern ein möglichst authentisches Bild von den Aufgaben und Arbeitsweisen der modernen Naturwissenschaften zu vermitteln und das Interesse an einer systematischen Auseinandersetzung mit diesen Aufgaben zu fördern. Im Auftrag der Hochschulrektorenkonferenz und der Kultusministerkonferenz wurde zu dieser Thematik eine Studie erstellt, in der die verschiedenen Entwicklungen in diesem Bereich nach strukturellen Gesichtspunkten geordnet werden. (2)
Das Ziel der Studie besteht darin, typische Modellvarianten zu identifizieren, die im Bereich der Nachwuchsförderung angetroffen werden können. Ausdrücklich wird in der Untersuchung darauf verzichtet, eine möglichst umfassende Bestandsaufnahme sämtlicher Initiativen vorzunehmen, die heute im Bereich der Bildungswerbung angetroffen werden können. Statt dessen wird ein Ordnungssystem entwickelt, das einen Vergleich der unterschiedlichen Initiativen erleichtert sowie Entwicklungsmöglichkeiten kennzeichnet, die das Gebiet der Nachwuchsförderung im Ganzen betreffen.
Auf der Grundlage einer Erhebung, bei der insgesamt 120 Projekte an Hochschulen und Forschungseinrichtungen der Bundesrepublik Deutschland berücksichtigt wurden, konnten 22 Projekttypen unterschieden werden, die in der Dokumentation zu 6 verschiedenen Projektgruppen zusammengefasst werden. Die verschiedenen Projekttypen sowie die übergeordneten Projektgruppen werden in der Studie ausführlich gekennzeichnet und an einzelnen, besonders prägnanten Beispielen veranschaulicht.
Als Anhaltspunkt für die Klassifizierung der verschiedenen Projektformen gilt dabei die Überlegung, dass die einzelnen Initiativen jeweils bestimmte Entwicklungsaufgaben im Übergang Schule-Hochschule berücksichtigen. Unter diesem Gesichtspunkt lassen sich die Maßnahmen zur Nachwuchsförderung auf einer Linie anordnen, die von ersten Informations- und Orientierungsangeboten über die Einbindung in länger andauernde Arbeits- und Werkgemeinschaften bis hin zu einer Stabilisierung der einzelnen Initiativen im Rahmen übergreifender Organisationsstrukturen reicht:
Wie die Beschreibung der einzelnen Projekttypen zeigt, handelt es sich bei den verschiedenen Initiativen keinesfalls nur um isolierte Maßnahmen zur Nachwuchsrekrutierung. In struktureller Hinsicht erschließen die verschiedenen Projekte vielmehr umfassende und komplette Umgangsformen mit den Aufgaben des wissenschaftlichen Fragens und Denkens, die sich insbesondere an alltagsnahen und anschaulichen Gesichtspunkten orientieren, die verstärkt Möglichkeiten des Ausprobierens und Selbermachens einräumen und die nicht zuletzt von einem besonderen Interesse an den ästhetischen Seiten der wissenschaftlichen Systembildung geleitet werden.
Weil damit zugleich Zugänge zu einem realistischeren oder 'authentischeren' Bild von Wissenschaft eröffnet werden, als es an Schulen und Hochschulen heute immer noch gebräuchlich ist, verdienen die in der Studie beschriebenen Projektansätze eine möglichst breite finanzielle und personelle Unterstützung. Gleichzeitig lassen sich auf der Grundlage der Untersuchung konkrete Gestaltungskriterien benennen, die bei einem künftigen Ausbau der Initiativen berücksichtigt werden müssten:
Es ist sicher nicht zu erwarten, dass die in der Studie beschriebenen Initiativen sämtliche Schwierigkeiten lösen können, mit denen die Schulen und Hochschulen heute zu kämpfen haben. Sie widersprechen jedoch dem verbreiteten Vorurteil, die Bildungslandschaft innerhalb der Bundesrepublik Deutschland bewege sich auf eingefahrenen Gleisen. Statt dessen zeigt sich, dass im Rahmen der Nachwuchsförderung eine Bewegung in Gang gekommen ist, in der Ansätze zu einem grundlegend anderen Verständnis von Wissenschaft und Unterricht enthalten sind. Wenn unsere Kultur diese Ansätze nicht ungenutzt lassen will, kommt sie nicht daran vorbei, die neu entstandenen Entwicklungen im Bereich der Bildungswerbung entschieden und dauerhaft zu unterstützen.
1) Auszug aus einer Veröffentlichung der Ergebnisse einer im Auftrag von Kultusministerkonferenz und Hochschulrektorenkonferenz erstellten Studie.
2) Die gesamte Studie ist unter der Adresse www.hrk.de im Netz abrufbar. In der Netzversion sind sämtliche Mail- und Internetadressen der im Anhang der Studie aufgeführten Initiativen als aktive Schaltleisten repräsentiert.
Grundausbildungslehrgänge (G-Lehrgänge) gehören zum Angebot der Arbeitsämter in der Berufsvorbereitung. Sie haben das Ziel ausbildungsreife Jugendliche, die keinen Ausbildungsplatz gefunden haben, auf eine qualifizierte Ausbildung vorzubereiten. Zum Programm gehört die fachliche Qualifizierung in einem Berufsfeld, die Steigerung der Motivation und Wettbewerbsfähigkeit und das Treffen einer fundierten Berufswahlentscheidung.
Das Problem ist aber, dass Grundausbildungslehrgänge immer weniger diese Zielsetzungen erfüllen. Sie geben Absolventen zwar über ein Jahr lang einen Schonraum, in dem sie Defizite aufarbeiten und eine berufliche Perspektive entwickeln können, vermitteln jedoch zu wenig praktisches Rüstzeug für einen erfolgreichen Übergang in eine Ausbildung - insbesondere in die neuen Berufe.
Die Mängel liegen
Aus diesem Grunde ist das im Prinzip wichtige Angebot der Grundausbildungslehrgänge für die Jugendlichen zunehmend unattraktiv.
Zur Beseitigung dieser Mängel und Kritikpunkte wird seit September 2001 im Auftrag des Landesarbeitsamtes Berlin-Brandenburg ein Modellversuch unter dem Titel "Einführung von einheitlichen Qualifizierungsbausteinen und Zertifikaten in Grundausbildungslehrgängen" durchgeführt.
In dem Modellversuch kooperieren Berliner Bildungsträger mit den zuständigen Arbeitsämtern, der Schulverwaltung und den zuständigen Oberstufenzentren (Berufsschulen). Der verantwortliche Projektträger ist die BBJ Consult AG.
Das Vorhaben gründet sich auf die Beratungen der Arbeitsgruppe "Aus- und Weiterbildung" zu notwendigen Veränderungen und Anpassungen in der Berufsvorbereitung im Bündnis für Arbeit und die zwischen der Bundesanstalt für Arbeit und den Sozialpartnern vereinbarten "Leitlinien zur Weiterentwicklung der Berufsvorbereitung" vom 27.03.99.
Ziel ist, Berufsvorbereitung mit Ausbildung stärker zu verbinden und dabei die Übergänge von den Grundausbildungslehrgängen in die Erstausbildung zu verbessern. Das Konzept künftiger Grundausbildungslehrgänge soll neben der Vorbereitung auf eine Berufsausbildung auch den Erwerb von anerkannten Teilzertifikaten ermöglichen, um auf diese Weise den Einstieg in eine berufliche Ausbildung zu forcieren.
Das neue Konzept soll folgende Forderungen einlösen:
Der Modellversuch sieht eine Neustrukturierung der Grundausbildungslehrgänge nach dem modularen Qualifizierungsansatz in Kombination mit Assessment- und Reflexionsphasen vor. Durch standardisierte Qualifizierungsbausteine, die z. T. auch frei gewählt werden können, sollen strukturelle Mängel des bisherigen Konzeptes beseitigt und die Effizienz der Maßnahmen gesteigert werden. Durch ein gestuftes Assessment- und Reflexionsverfahren (Feststellung von Interessen, Stärken und Neigungen) soll die relativ hohe Anzahl von Abbrüchen und Fehlbesetzungen reduziert, d. h. die Effizienz des Angebots gesteigert werden.
Die Ergebnisse des Modellversuchs sollen nach erfolgreicher Erprobung die Grundlage zukünftiger Leistungsbeschreibungen für Grundausbildungslehrgänge bilden.
Der Modellversuch erstreckt sich über 2 Jahre (1. 9. 2001 - 31. 8. 2003). Realisiert werden dabei eine Entwicklungsphase (bis 8/ 02) und eine Erprobungsphase bis 8/ 03. Aus der Entwicklungsphase liegen nun die ersten Ergebnisse vor.
Grundausbildungslehrgänge sind nach § 61 SGB III fester Bestandteil der berufsvorbereitenden Maßnahmen des Arbeitsamtes. Das Angebot richtet sich an Schulabgänger, die prinzipiell ausbildungsreif sind, jedoch aus unterschiedlichsten Gründen keinen Ausbildungsplatz finden können. Voraussetzung für die Teilnahme ist in der Regel das Vorhandensein eines Schulabschlusses.
Umgesetzt wird das Angebot von Bildungs- und Qualifizierungsträgern in Kooperation mit den Oberstufenzentren (Berufsschulen) im Auftrag der Arbeitsämter. Die fachliche Qualifizierung in den Grundausbildungslehrgängen ist im Gegensatz zur beruflichen Ausbildung breiter angelegt und mehr auf Berufsfelder ausgerichtet.
Einen großen Raum nimmt die Vermittlung von Schlüsselqualifikationen, sogenannte "Softskills", deutsch- und fremdsprachliche Kompetenzen und die Absolvierung eines Bewerbungstrainings ein (s. Runderlass 42/96 der Bundesanstalt für Arbeit).
Teilnehmer/ -innen in Grundausbildungslehrgängen sind in der Regel berufsschulpflichtig und absolvieren ein betriebliches Praktikum unterschiedlicher Dauer.
Grundausbildungslehrgänge haben einen zeitlichen Umfang von 11 Monaten.
Der Modellversuch wird exemplarisch in den Berufsfeldern/ Qualifizierungsbereichen "Informations- und Kommunikationstechnologie"/ Medien und "Bürowirtschaft und Verwaltung" durchgeführt. Hierzu wurden von den Arbeitsämtern sechs bewährte Bildungsträger ausgesucht, die in entsprechenden Maßnahmen insgesamt 135 Jugendliche vorbereiten. Die einzelnen Maßnahmen sind sowohl berufsfeldbezogen als auch berufsfeldübergreifend angelegt (z. B. IT und Medien oder IT und Bürowirtschaft).
Die Hauptgruppe der Teilnehmer/ -innen besitzt einen erweiterten Hauptschulabschluss bzw. einen Realschulabschluss. Die Spannweite erstreckt sich jedoch von Schulabgänger/ -innen ohne Abschluss bis zu Abiturient/ -inn/ -en, was auch einen entscheidenden Einfluss auf die Motivationslage der Teilnehmer/ -innen und somit auf das zu erreichende Niveau des Grundausbildungslehrganges hat.
Am Modellversuch beteiligte Bildungseinrichtungen (Tab. 1)
Träger | Maßnahme(n) | TN |
Akademie für Berufsförderung und Umschulung, Berlin, e.V. (ABU) | IT Maßnahme | 30 |
Berufsfortbildungswerk (bfw) | IT Maßnahme | 30 |
Bildungsmarkt Vulkan gGmbH (BiMa) | Wirtschaft/ Verwaltung | 15 |
Internationaler Bund Außenstelle Berlin Schöneberg (IB) | Gemischte Maßnahme IT/ Wirtschaft/ Verwaltung | 30 |
Institut für Betriebsorganisation und Informationstechnik (InBit) | IT Maßnahme | 15 |
SOS Kinderdorf e.V. Berufsausbildungszentrum (baz) | Gemischte Maßnahme IT/ Medien | 15 |
Die inhaltliche Grundlage des Modellversuchs ist der von BBJ entwickelte modulare Qualifizierungsansatz. Dieser sieht zum einen eine handlungsorientierte Vermittlung von Fachinhalten in einer engen Theorie/ Praxisverzahnung und zum anderen eine kontinuierliche Bewertung und Zertifizierung der Qualifizierungsfortschritte nach trägerübergreifend abgestimmten Standards vor. Zur Dokumentation der Erfolge wird der von BBJ entwickelte Qualifizierungspass (1) genutzt.
Die Implementierung des modularen Qualifizierungsansatzes wird durch eine sogenannte "Multiplikatorenschulung" für die Mitarbeiter/ -innen der beteiligten Bildungsträger sicher gestellt. Hierbei geht es sowohl um die Klärung der grundlegenden Fragen zur modularen Qualifizierung als auch um die Handhabung des dafür entwickelten Instrumentariums. Es werden zunächst Querschnittsinformationen zur Modularisierung vermittelt, damit alle am Modellvorhaben beteiligten Personen über einen gemeinsamen Fundus von Definitionen/ Sprachregelungen zur Modularisierung verfügen. Weitere Schwerpunkte sind die curriculare, methodisch-didaktische und organisatorische Umsetzung des modularen Qualifizierungsansatzes unter Einbeziehung aktueller Verfahren der Kompetenzermittlung, der Leistungsüberprüfung und Zertifizierung von Qualifizierungsabschnitten. Die von den Trägern bereits entwickelten Qualifizierungskonzepte werden hinsichtlich der vom BIBB und den örtlichen Kammern festgelegten Standards zur Modularisierung überprüft und unter der Maßgabe der Vergleichbarkeit weiterentwickelt.
Um eine möglichst schnelle und nachhaltige Wirkung zu erreichen, nehmen an der Multiplikatorenschulung Koordinatorinnen, Sozialarbeiter/ -innen, Ausbilder/ -innen und Entwickler/ -innen teil. Die Qualifizierung der Multiplikatoren umfasst insgesamt fünf Module zu folgenden Themen/ Arbeitsschwerpunkten:
Zur Übertragung des Qualifizierungsansatzes/ Entwicklung eines Bausteinkonzeptes für die Grundausbildungslehrgänge werden trägerübergreifende Arbeitsgruppen - hauptsächlich in themenbezogenen - eingerichtet, die durch Beratungen/ Coaching bei den beteiligten Trägern ergänzt werden. Die Beratung dient dabei hauptsächlich der Berücksichtigung und Abstimmung einrichtungsspezifischer Aspekte bei der Konzept- und Bausteinentwicklung.
Die Begleitung in der Erprobungsphase erfolgt im Rahmen eines Monitoring durch das Projektteam. Gemeint sind hier die fortlaufende Beobachtung und Bewertung der Projektfortschritte, die Überprüfung der positiven und negativen Wirkungen, die Identifizierung von Synergieeffekten sowie auch das Initiieren von Anpassungen.
Zum Abschluss ist der Transfer der Ergebnisse in die Fachöffentlichkeit unter Beteiligung der Kammern, der zuständigen bildungspolitischen Gremien sowie der Arbeitsverwaltung zu organisieren.
Nach einjähriger Entwicklungs- und Abstimmungsarbeit befindet sich der Konzeptvorschlag für künftige Grundausbildungslehrgänge sowie die exemplarischen Qualifizierungsbausteine/ Module für zwei Berufsfelder/ Qualifizierungsbereiche in einem erprobungsfähigen Stadium.
Es wird die Neustrukturierung der Grundausbildungslehrgänge mit gestuftem Berufswahlverfahren vorgeschlagen. Die Grundstruktur zukünftiger G-Lehrgänge mit integriertem mehrstufigen Berufswahlverfahren wird im Folgenden dargestellt und näher erläutert:
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Zunächst wird in einem Assessment das Angebot der jeweiligen G-Lehrgänge den Teilnehmer/ -innen vorgestellt und dessen/ deren Eignung für ein Berufsfeld ermittelt. Zeigen einzelne Teilnehmer/ -innen andere Interessen und Neigungen wird diesen soweit möglich ein alternatives Angebot empfohlen. Grundsatz des Assessmentverfahrens ist ein positiver Denk- und Handlungsansatz.
Es werden die Bereiche Sozialkompetenz, Interessen/ Stärken, Motivation/ Durchhaltevermögen bearbeitet, sowie die Fachkompetenz überprüft.
Die Auswertung erfolgt in einem Reflexionsgespräch mit anschließender Qualifizierungsberatung. Ein Förder- und Qualifizierungsplan wird erstellt und eine schriftliche Empfehlung für ein Berufsfeld gegeben. Gleichzeitig wird gemeinsam die Suche eines Praktikumsplatzes geplant. Über fortlaufende Berichtslegung wird das Ergebnis gesichert.
Im Anschluss an das Assessment absolvieren die Teilnehmer/ -innen zunächst die erste Qualifizierungsphase in den (obligatorischen) Grundlagenbausteinen gemäß des festgelegten Förder- und Qualifizierungsplanes. Die Grundlagenbausteine bereiten auch auf das Praktikum in den Betrieben vor und werden nach erfolgreicher Absolvierung zertifiziert.
Zur Veranschaulichung wird hier der Grundlagenbaustein aus Bürowirtschaft/ Verwaltung exemplarisch abgebildet. Die Bausteine a + b bilden das so genannte Grundlagenmodul, welches mit der IHK zu Berlin abgestimmt ist. (Tab. 2)
Baustein | Inhalte |
a) Grundlagen der Kommunikation | Kommunikationsformen Bürotechnik Textverarbeitung Tabellenkalkulation Informations- und Kommunikationsnetze |
b) Betriebswirtschaftliche Grundlagen | Grundlagen des Wirtschaftens privates + öffentliches Recht Vertragsarten |
Fachenglisch | entsprechend der o. g. Fachinhalte |
Mit der fachlichen Qualifizierung, die möglichst handlungsorientiert erfolgen und durch entsprechende Fachpraxis untermauert werden soll, werden auch Angebote zum Erwerb bzw. Ausbau der notwendigen sprachlichen bzw. fremdsprachlichen Kompetenzen gemacht.
Parallel zur Qualifizierung beim Bildungsträger/ zum Praktikum im Betrieb ist von den Teilnehmer/ -innen auch der obligatorische Berufsschulbesuch zu absolvieren. Die vorgelegten Konzepte schlagen ein abgestimmtes Verfahren entsprechend der vorhandenen Möglichkeiten und Ressourcen an den jeweiligen Lernorten vor. Hierbei werden von der Berufsschule i. d. R. vertiefende und ergänzende Angebote in den allgemein bildenden Fächern angeboten. Künftig wäre aber auch ein direktes Zusammenwirken in der Bausteinqualifizierung vorstellbar.
Die erste Reflexionsphase dient der Auswertung und dem Abgleich der Qualifizierung in den Grundlagenbausteinen und der Identifizierung der Entwicklungspotenziale. Auf dieser Basis wird mit den Teilnehmer/ -innen eine erste Berufswahl getroffen.
Eckpunkte sind die Auswertung der Qualifizierung in den Grundlagenbausteinen und die Fortschreibung des individuellen Förder-/ Qualifizierungsplans für die nachfolgenden Fachbausteine. Die Qualifizierungsberatung umfasst dabei:
Mit der Ausgabe des Qualifizierungspasses mit den Zertifikaten der Grundlagenbausteine wird die Reflexionsphase abgeschlossen.
Die Teilnehmer/ -innen absolvieren die Qualifizierung in den Fachbausteinen sowie ihr Praktikum auf Grundlage ihres fortgeschriebenen Förder-/ Qualifizierungsplanes. Dabei können z. B. aus vier angebotenen Bausteinen zwei gewählt werden. Die einzelnen Bausteine schließen mit einer Bausteinprüfung ab.
Je nach Angebots- und Organisationsmöglichkeiten des Trägers sollten besonders leistungsfähigen Teilnehmer/ -innen weitere Bausteine angeboten werden.
Zur Veranschaulichung wird hier der Fachbaustein aus IT/ Medien exemplarisch abgebildet. Die einzelnen Fachbausteine ordnen sich verschiedenen Fachmodulen aus unterschiedlichen Berufsbildern zu. (Tab. 3)
Baustein | Inhalte |
Softwareanwendungen Vertiefung (Inhalte ECDL II) |
Datenbanken Präsentation HTML Grundlagen |
Präsentationstechniken | Visuelle Präsentationsformen und ihre Durchführung Bewerbungstraining |
Kaufm. Geschäftsprozesse | Lieferanten -> Unternehmen innerhalb des Unternehmens Unternehmen -> Kunden |
Netzwerke | Planen Installation/ Inbetriebnahme Instandhaltung/ Service/ Wartung |
Fachenglisch | entsprechend der o. g. Fachinhalte |
Wie in den Grundlagenbausteinen findet auch in der Vertiefungsphase der Ausbau der sprachlichen bzw. fremdsprachlichen Kompetenzen statt.
Das Praktikum als wesentliche Schnittstelle zum Ausbildungs- und Arbeitsmarkt sichert ein Minimum an betrieblicher Erfahrung und kann bis zu drei Monaten dauern. Zur Abstimmung der Tätigkeits-/ Qualifizierungsinhalte im Praktikumsbetrieb ist im Qualifizierungsplan eine gesonderte Rubrik eingerichtet (siehe auch Übersicht Qualifizierungsplan).
Der Berufsschulbesuch findet ergänzend zur Vermittlung beim Bildungsträger/ im Betrieb einmal wöchentlich nach einem abgestimmten Lehrplan statt.
In der Schlussreflexion wird der G-Lehrgang ausgewertet und eine Empfehlung für einen bestimmten Ausbildungsberuf ausgesprochen. Dazu wird ein Abgleich der Anforderungen für eine Ausbildung in einem bestimmten Berufsbild und die abschließende Beurteilung der Entwicklung der Teilnehmer/ -innen vorgenommen. Zudem kann eine Einstiegsempfehlung für bestimmte Ausbildungsgänge erfolgen. (z. B. "...geeignet um ins erste oder zweite Ausbildungsjahr einer Ausbildung als IT-Systemkaufmann einzusteigen ...").
Die Bewerbungsstrategie für den Ausbildungsplatz wird überprüft und die Bewerbungs-/ Produktmappe bestätigt oder modifiziert. Diejenigen, die noch keinen Ausbildungsplatz gefunden haben, werden abschließend bei der Suche unterstützt.
Zum Abschluss wird der Qualifizierungspass aktualisiert und der Endbericht mit der Ausbildungsempfehlung erstellt.
Das beschriebene Verfahren zur Berufswahl bedarf jedoch einheitlicher, zwischen den Trägern abgestimmte Qualitätskriterien. Diese dienen der Transparenz des Verfahrens und schaffen die Voraussetzungen für eine gegenseitige Anerkennung der Ergebnisse.
Die jeweiligen Schritte (Eingangsassessment, Reflexionsphasen) beinhalten daher konkrete Übereinkünfte und Aussagen zu
Um Berufsvorbereitung mit Ausbildung künftig besser verbinden zu können, braucht man kompetenzorientierte Bausteinkonzepte, die zum einen den aktuellen Anforderungen in den jeweiligen Berufsfeldern entsprechen und zum anderen berufsfeld- bzw. berufsbildübergreifend gestaltet sind. Die Orientierung an den aktuellen Anforderungen in den Betrieben wirkt sich positiv auf die Verwertbarkeit des Angebotes aus und die übergreifende Gestaltung der Bausteine ist Teil des methodischen Konzeptes, das erst in der Schlussphase die Wahl des eigentlichen Ausbildungszieles vorsieht.
Daher sollten in Grundausbildungslehrgängen überwiegend Qualifizierungsbausteine angeboten werden, die möglichst quer zu vielen Tätigkeitsbereichen, Berufsfeldern oder zumindest Berufsbildern gelagert sind. Voraussetzung für die Anerkennung in Ausbildungsgängen ist die Berücksichtigung des Berufskonzeptes nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG).
Bei der Entwicklung übergreifender Bausteine wurden im Modellversuch daher zunächst die gemeinsamen Kompetenzen und Inhalte der betroffenen Berufsfelder/-bilder identifiziert. Aus den gefundenen Querschnitts- und Teilmengen wurden nach handlungsorientierten Ansätzen neue Bausteine geschnitten. Die Systematik kann durch folgende Grafik veranschaulicht werden:
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Die Grafik stellt das systematische Vorgehen in drei Berufsfeldern dar: kaufmännische Berufe, IT (IuK) Berufe und Medienberufe.
Es können hier Kompetenzen/ Inhalte identifiziert und Qualifizierungsbausteine geschnitten werden, die alle drei Felder betreffen und solche die lediglich zwei Felder schneiden. Grenzen übergreifender Bausteine ergeben sich aus der beruflichen Systematik, da Berufsfeldern/ -bildern zwangsläufig auch spezielle und nur für diese Berufe zutreffende Inhalte inhärent sind.
Zu jedem Baustein werden als Instrument der Lernortkooperation Qualifizierungspläne entwickelt, die jeweils eine Kompetenzbeschreibung und Aussagen zu Fachtheorie (Lerninhalte), Fachpraxis (zu vermittelnde Fertigkeiten/ Kenntnisse) und zum Praktikumbetrieb (Qualifizierungsempfehlung) beinhalten.
Nachfolgend soll ein exemplarischer Qualifizierungsplan aus dem Feld Bürowirtschaft/ Verwaltung dargestellt werden (Fachbaustein "Organisationsformen und Organisationstechniken").
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Die Qualifizierungspläne sind Bestandteil des zu erstellenden Förderplans.
Nach einem Jahr der Entwicklung und Abstimmung zwischen den beteiligten Trägern liegen nun das Strukturkonzept für künftige Grundausbildungslehrgänge, das Konzept für ein mehrstufiges Verfahren zur Berufswahl, zwei berufsfeldbezogene Bausteinkonzepte nebst zugehörigen Materialien vor. Die im Modellversuch beteiligten Träger haben zwischenzeitlich ihre G-Lehrgangsteilnehmer/ -innen aufgenommen und werden ab Oktober mit der Erprobung beginnen.
In den nächsten Monaten soll die Kooperation mit den Oberstufenzentren weiter konkretisiert werden und auch inhaltliche Schnittstellen zu anderen Modellen der Berufsvorbereitung (MDQM (2), BBE etc.) geklärt werden.
Die Erfahrungen der Teilnehmer/ -innen mit dem Qualifizierungspass im Rahmen ihrer Praktikumsuche werden im ersten Quartal 2003 ausgewertet werden.
Im vierten Quartal 2003 werden dann die endgültigen Ergebnisse vorliegen, die durch den Projektträger in weiteren Veröffentlichungen bzw. über das Publikationsforum des "Netzwerkes Modularisierung" www.modulnet-berlin.de der Fachöffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
Projektträger: | BBJ Consult AG |
Kontaktperson: | Joachim Dellbrück |
Herzbergstraße 84, 10365 Berlin | |
Tel.: 030-5505-1329, Fax - 1000 | |
E-Mail: dellbrueck@bbj.de |
1) Der Qualifizierungspass ist in der Modellversuchsreihe "Modulare Nachqualifizierung" des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) in Abstimmung mit bundesweit tätigen Trägern der beruflichen Bildung, mit den örtlichen Kammern und Verbänden entwickelt worden. Herausgeber des Qualifizierungspasses ist der in Berlin ansässige BBJ Verlag, Herzbergstraße 84, 10365 Berlin.
2) Berliner Schulmodellversuch "Duale Modulare Qualifizierungsmaßnahme"
Dieser Beitrag ist entstanden auf Anregung der wissenschaftlichen Begleitung des Programms "Schule - Wirtschaft/ Arbeitsleben". Das Programm wird gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung und durch den Europäischen Sozialfonds der Europäischen Union. Der Inhalt liegt in der Verantwortung des Verfassers bzw. der Verfasserin.
Dieser Beitrag informiert über den gesetzlichen Auftrag der Arbeitsämter zur Berufsorientierung mit dem Stand August 2002, über den gemeinsamen Auftrag von Schule und Berufsberatung zur Berufsorientierung und über personale und mediale Dienstleistungsangebote zur Vorbereitung der Berufswahl.
Mögliche Änderungen, als Auswirkungen des Berichts der Kommission "Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt" und dem weiteren Umbau der Bundesanstalt für Arbeit, können in diesem Beitrag nicht aufgegriffen werden
Berufsorientierung ist Teil des umfassenden Beratungsauftrages der Arbeitsämter für Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Arbeits- und Ausbildungssuchende.
Besondere Bedeutung für die Aufgaben der Berufsberatung und Berufsorientierung haben die Artikel 2 (freie Entfaltung der Persönlichkeit), 12 (freie Wahl des Berufes und freie Wahl des Ausbildungsplatzes) und 6 (Erziehungsrecht der Eltern) des Grundgesetzes der BRD.
Die konkrete Beauftragung der Bundesanstalt für Arbeit mit der Berufsorientierung ist im Sozialgesetzbuch III - Arbeitsförderung - geregelt.
Nach § 33 SGB III hat das Arbeitsamt zur Vorbereitung der Jugendlichen und Erwachsenen auf die Berufswahl sowie zur Unterrichtung der Ausbildungssuchenden, Arbeitssuchenden, Arbeitnehmer und Arbeitgeber Berufsorientierung anzubieten. Dabei soll es über Fragen der Berufswahl, über die Berufe und ihre Anforderungen und Aussichten, über Wege und Förderung der beruflichen Bildung sowie über beruflich bedeutsame Entwicklungen in den Betrieben, Verwaltungen und auf dem Arbeitsmarkt umfassend unterrichten.
Das Arbeitsamt kann Schüler allgemein bildender Schulen durch vertiefte Berufsorientierung und Berufswahlvorbereitung fördern (Berufsorientierungsmaßnahme). Die Maßnahme kann bis zu vier Wochen dauern und soll regelmäßig in der unterrichtsfreien Zeit durchgeführt werden. Voraussetzung ist, dass sich Dritte mit mindestens 50 Prozent an der Förderung beteiligen.
Neben personalen und medialen Angeboten werden computergestützte Informations- und Vermittlungssysteme und Selbstinformationseinrichtungen in den Berufsinformationszentren angeboten (§ 41 (2) SGB III).
Berufsorientierung leistet einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung von Berufswahlkompetenz, zur beruflichen Integration junger Menschen, zur Versorgung der Betriebe mit Nachwuchskräften und somit zum Marktausgleich. Durch vielfältige personale Orientierungsangebote und durch Medien verfolgt die Berufsberatung in der Bundesanstalt für Arbeit u. a. folgende Ziele:
Schule und Berufsberatung haben eine gemeinsame Verantwortung für die systematische Vorbereitung der Ausbildungs- und Berufsentscheidungen der Schülerinnen und Schüler. Sie nehmen in diesem Rahmen aber unterschiedliche Aufgaben wahr. Diese sind in den folgenden Vereinbarungen festgelegt:
Die am 5. Februar 1971 von der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland im Einvernehmen mit der Bundesanstalt für Arbeit zustande gekommene Rahmenvereinbarung über die Zusammenarbeit von Schule und Berufsberatung bildet den auch heute noch gültigen Rahmen für die Zusammenarbeit beider Institutionen auf der Bundes- und Länderebene sowie zwischen den Arbeitsämtern und den örtlichen Schulverwaltungen.
Aufgabe der Landesarbeitsämter ist es, auf der Grundlage dieser Rahmenvereinbarung
länderspezifische Vereinbarungen für die Zusammenarbeit von Schule
und Berufsberatung in Abstimmung mit den zuständigen Kultusbehörden
abzuschließen und jeweils an die Weiterentwicklungen des Bildungssystems,
an neue Akzentuierungen im Angebot der Berufsberatung und an neue Rechtsgrundlagen
in Abständen anzupassen und zu konkretisieren.
Die Ausweitung der Aktivitäten im Bereich der Berufsorientierung und die Zunahme der Kooperationspartnerschaften zwischen Schulen und Unternehmen erfordern eine verstärkte Zusammenarbeit der Arbeitsämter mit den Kooperationspartnern. Ziel der Zusammenarbeit ist es, die berufsorientierenden Dienstleistungen aller Akteure wirksamer und wirtschaftlicher als bisher durchführen zu können. Durch eine effektive Koordinierung sollen Manpower, Know-how und Ressourcen gebündelt, Synergieeffekte genutzt und Doppelarbeit vermieden werden.
Das Arbeitsamt stellt entsprechend seinem gesetzlichen Auftrag ein flächendeckendes und verbindliches Angebot an berufsorientierenden Maßnahmen für alle Zielgruppen bereit. Es wird hierzu in Zukunft nicht nur eigene Aktivitäten anbieten, sondern stärker als bisher Koordinations- und Kooperationsverbünde auf lokaler, regionaler und zentraler Ebene anstreben. Zu den Aufgaben des Arbeitsamtes gehört es:
Mit den 181 Berufsinformationszentren
stehen dem Arbeitsamt geeignete Räumlichkeiten für die Zusammenarbeit
mit Dritten zur Verfügung.
Die Angebote der Berufsorientierung richten sich vor allem an den Erwartungen und Wünschen der Kunden aus (Schülerinnen und Schüler, Studierende, Eltern, Lehrerinnen und Lehrer sowie ausbildende Betriebe und Institutionen). Darüber hinaus sollen die Zielgruppen aber auch initiativ mit Anregungen und Informationen versorgt werden, die nicht aktiv nachgefragt werden, aber unverzichtbar sind. Aufgabe ist es, den Berufswahlprozess rechtzeitig und in Kenntnis wichtiger Rahmenfaktoren einzuleiten und zu begleiten.
Die berufliche Orientierung durch die Berufsberatung entwickelt sich weg von einer Lehrplanmentalität, hin zu einem stärker flexiblen, differenzierten und individuellem Vorgehen, ausgerichtet an den Wünschen der Kunden und der Kooperationspartner.
Die Berufsberatung hält eine breite Palette von Angeboten vor, die inhaltlich,
zeitlich, methodisch und konzeptionell flexibel eingesetzt werden sollen (vgl.
Bundesanstalt für Arbeit 1999, S. 3).
Die Berufswahl ist ein länger andauernder Prozess. Der individuelle Standort innerhalb dieses Prozesses ist bei den Schülern einer Schulklasse/ eines Jahrganges unterschiedlich.
Daher werden in den Auftakt-Informationsveranstaltungen in den Schulklassen ("Schulbesprechung") vor allem allgemeine Informationen vermittelt, z. B. über:
Folgendes Mindestangebot wird von der Berufsberatung verbindlich angeboten:
Für jede Schulklasse oder Jahrgangsstufe eine Schulbesprechung in der
Schule mit einem Gesamtumfang von zwei Stunden und eine Schulbesprechung im
Berufsinformationszentrum (BIZ).
Den Zeitpunkt der Durchführung (in der Regel Abgangs- oder Vorabgangsklasse)
oder die Aufteilung in zwei einstündige Schulbesprechungen verteilt auf
zwei Jahre, bestimmt die Berufsberaterin/ der Berufsberater in Absprache mit
der Schule. Die Schulbesprechung ist in der Regel Bestandteil des Schulunterrichts,
die Teilnahme daher obligatorisch.
Lehrer und Berufsberater sollten gemeinsam den Verlauf der Schulbesprechung analysieren, damit die Lehrer die Ergebnisse in die Gestaltung des Unterrichts einbeziehen können.
Abb. 1: |
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(Bundesanstalt für Arbeit 1999, S. 6) |
Die Ergänzung durch das Job-AQTIV-Gesetz vom 1. Januar 2002 zu § 33 SGB III hat den Arbeitsämtern ein neues Instrumentarium zur Durchführung von vertieften Berufsorientierungsmaßnahmen an die Hand gegeben:
"Das Arbeitsamt kann Schülerinnen und Schüler allgemein bildender Schulen durch vertiefte Berufsorientierung und Berufswahlvorbereitung fördern (Berufsorientierungsmaßnahme). Die Maßnahme kann bis zu vier Wochen dauern und soll regelmäßig in der unterrichtsfreien Zeit durchgeführt werden. Voraussetzung ist, dass sich Dritte mit mindestens 50 Prozent an der Förderung beteiligen."
Mit dieser Ergänzung des § 33 SGB III, wird das Angebot zur Berufsorientierung über die Rahmenvereinbarung zur Zusammenarbeit von Schule und Berufsberatung entsprechend dem Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 5. Februar 1971 hinaus auf eine breitere Basis gestellt. Die Arbeitsverwaltung kann erstmals Maßnahmen für Schülerinnen und Schüler fördern, die sich noch in der Schule befinden.
Ziel der Maßnahmen ist es, dass sich Schüler und Schülerinnen frühzeitig und intensiver als bisher mit dem Berufswahlprozess auseinander setzen. Damit sollen Fehlentscheidungen, die zu Ausbildungsabbrüchen führen können, möglichst vermieden werden.
Diese Maßnahmen sollen zu
Besondere Bedeutung hat die enge Zusammenarbeit von Arbeitsverwaltung und Schule für die Durchführung der Maßnahmen nach § 33 SGB III. Bei der Konzeption und Durchführung der Maßnahmen wirken Schule, Kultusministerien und Berufsberatung zusammen.
Neben dem Kooperationspartner Schule sind Bildungseinrichtungen von Arbeitgeber-
und Arbeitnehmerorganisationen sowie freie und öffentliche Träger
der Jugend- und Jugendberufshilfe einzubeziehen.
Berufsinformationszentren (BIZ) sind die zentrale Stelle zur Selbstinformation und zur assistierten Nutzung von Informationen über Arbeitsmarkt, Berufe, Berufswahl, Ausbildung, Studium sowie berufliche Bildungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten.
Berufsinformationszentren sind in 181 Arbeitsämtern eingerichtet; Teile des Dienstleistungsangebotes stehen in rund 160 Geschäftsstellen der Arbeitsämter zur Verfügung. Mit mobilen Berufsinformationszentren (BIZ-mobil) informiert das Arbeitsamt in großen Flächenbezirken.
Das Angebot richtet sich sowohl an jugendliche als auch erwachsene Berufswähler und Stellensuchende, Lehrerinnen und Lehrer und Kooperationspartner der Bundesanstalt für Arbeit.
Das Informationsangebot für Schülerinnen und Schüler im BIZ umfasst insbesondere:
Das Medienangebot der Bundesanstalt für Arbeit zur Unterstützung der Berufswahl umfasst berufsorientierende Schriften, berufs- und studienkundliche Schriften, aktuelle Faltblätter und Informationsschriften, CD-ROM´s und Internetangebote.
Arbeitsämter und Landesarbeitsämter geben regionale Schriften der Berufsberatung für Schüler und Schülerinnen der Sekundarstufe I und der Sekundarstufe II sowie CD-ROM´s und Internetangebote mit Informationen zu Ausbildung, Studium und Beruf heraus. Dieses Angebot unterstützt die personalen Aktivitäten der Berufsberatung und vervollständigt das Medienangebot durch berufswahlrelevante Informationen zum regionalen und lokalen Ausbildungsmarkt.
Zielgruppenspezifische Erstellung: Medien der Bundesanstalt für Arbeit werden für definierte Zielgruppen erstellt und herausgegeben.
Aktualität: Zentrale und regionale berufswahlvorbereitende Medien, die für die primäre Zielgruppe bestimmt sind, werden in der Regel einmal jährlich aktualisiert. Internetangebote werden laufend aktualisiert.
Neutralität: Auswahl und Präsentation der Inhalte berufswahlvorbereitender Medien haben der Neutralitätspflicht der Bundesanstalt Rechnung zu tragen. Um dies sicher zu stellen, beteiligt die Bundesanstalt bei der Herausgabe von Medien zur Berufswahlvorbereitung in vielen Fällen Vertreter des Bildungswesens oder anderer relevanter Institutionen sowie Vertreter der Selbstverwaltung der Bundesanstalt für Arbeit (Arbeitnehmer, Arbeitgeber, öffentliche Körperschaften) und in einzelnen Fällen Vertreter der Zielgruppen, an die sich die Medien wenden.
Das Spektrum an Schriften zur Berufs- und Studienwahl ist breit gefächert. Sie sind für verschiedene Zielgruppen konzipiert, zielgruppengerecht gestaltet und werden laufend aktualisiert. Inhalte sind unter anderem allgemeine berufliche Orientierung, gezielte Informationen zu einzelnen Berufen und betrieblichen Ausbildungen sowie zu schulischen und hochschulischen Bildungsangeboten, aber auch Hilfen zur Selbsteinschätzung berufsbezogener Interessen und Fähigkeiten.
Exemplarisch werden die folgenden Schriften aufgeführt, die Schulen und anderen Institutionen zumeist kostenfrei zur Verfügung gestellt werden:
abi-Berufswahl-Magazin
UNI-Magazin
ZUKUNFT durch Ausbildung - Tipps zur Berufswahl Ihrer Kinder
Besondere Medien für junge Menschen mit Behinderung
Das aktuelle Gesamtverzeichnis der Veröffentlichungen der Bundesanstalt
für Arbeit ist im Internet unter http://www.arbeitsamt.de/hst/services/veroeffentl/index.html
einzusehen.
Schule, Wirtschaft und Arbeitsverwaltung befinden sich auf dem Weg in die Informationsgesellschaft. Für Lehrerinnen und Lehrer, für Berufsberaterinnen und Berufsberater und für die Kunden der Berufsberatung bedeutet dies eine Fülle neuer Informationsmöglichkeiten und das Herausbilden eines veränderten Informationsverhaltens. Es zeichnet sich ab, dass der Beratungsbedarf der Jugendlichen sich ändern wird. Sie verfügen tendenziell über die gleichen Informationsquellen wie ihre Berater, sind häufig aber besser in der Lage, die technischen Möglichkeiten zu nutzen. Für die Beratungsfachkräfte bedeutet dies, dass sie Helfer bei der Verarbeitung, Individualisierung und Nutzbarmachung von Informationen sind oder als Informations-Broker Informationsquellen erschließen und aufbereiten.
Der Einsatz neuer Medien, speziell des Internets, prägt die Wahrnehmung der Fachaufgaben Berufsberatung und Berufsorientierung in der Bundesanstalt für Arbeit und die Zusammenarbeit mit Schulen und weiteren Kooperationspartnern.
Bereits heute besteht im Internet ein differenziertes Informationsangebot der Bundesanstalt für Arbeit für Ausbildungs-, Berufs- und Studienwähler unter www.arbeitsamt.de.
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Die stark zunehmende Nutzung des Internets bringt weitreichende Auswirkungen auf die Zusammenarbeit zwischen allen an der Berufsorientierung Beteiligten mit sich. Vor dem Hintergrund zunehmender Informationsangebote in elektronischen Medien erhalten folgende Thesen über die zukünftige Entwicklung in der Berufsberatung und Berufsorientierung Bedeutung:
In absehbarer Zukunft sind folgende Situationen vorstellbar:
In der Hauptstelle der Bundesanstalt für Arbeit, den Landesarbeitsämtern und Arbeitsämtern bestehen vielfältige Ansätze, die sich mit den Herausforderungen des Einsatzes elektronischer Medien auf die Beratungs- und Orientierungsaufgaben der Berufsberaterinnen und Berufsberater befassen. Beispielhaft wird auf zielgruppenspezifische Internetangebote (unter www.arbeitsamt.de), auf die Informationen zu Ausbildung, Studium und Beruf, die von der Abteilung Berufsberatung in jedem der zehn Landesarbeitsämter mit regionalspezifischen Inhalten auf CD-ROM, aber auch in Zusammenarbeit mit den Bildungsservern in den Ländern als Internetangebot herausgegeben werden, hingewiesen. Didaktische, methodische aber auch praxisorientierte Ansätze zur Arbeit mit neuen Medien geben die im Landesarbeitsamt Nordrhein-Westfalen "Fachlichen Arbeitsmittel und Informationen für Berufsorientierung und Berufliche Beratung (FAI-BB)" Nr. 87 und 91 "Neue Medien im Internet" oder das Berufserkundungsprogramm von Wolfgang Braun, Leiter der Berufsberatung des Arbeitsamtes München, das unter www.berufswahl.de aufzurufen ist.
Alle diese Ansätze zeigen, dass in der Berufsberatung, neben den eher technischen Aspekten des Medien-Handlings, Antworten darauf gesucht werden, welche Auswirkungen die globale Bereitstellung von berufskundlichen Informationen und berufswahlrelevanten Inhalten auf die Rolle der Berufsberaterinnen und Berufsberater in der Zusammenarbeit mit ihren Kunden und Kooperationspartnern haben und welche Änderungen sich in Bezug auf die Beratungs- und Orientierungskonzepte ergeben.
Die globale Bereitstellung von berufskundlichen Informationen führt dazu, dass "Medienkompetenz" nicht nur eine Anforderung an die Ratsuchenden der Berufsberatung darstellt, sondern für die Berufsberaterinnen und Berufsberater zu einer Schlüsselqualifikation bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben wird. Folgende Faktoren können dabei eine Rolle spielen:
Als Einstieg in die Schlüsselqualifikation "Kompetenz im Umgang
mit neuen Medien" wird es Aufgabe der Berufsberaterinnen und Berufsberater
werden, berufs- und arbeitsweltbezogene Informationen aus allen relevanten
Medien beschaffen und einschätzen zu können, um diese Informationen
ihren Kunden je nach persönlicher Problemlage nicht nur zugänglich
zu machen, sondern auch Quellenlage, Herkunft und Glaubwürdigkeit zu
erläutern und in der Einzelberatung oder Gruppenberatung transparent
zu machen (vgl. Griepentrog 2000, S. 7).
Die Ausweitung der Aktivitäten im Bereich der Berufsorientierung, der Einsatz neuer Informationstechnologien in Schule, Wirtschaft und Arbeitsverwaltung und die Zunahme der Kooperationspartnerschaften zwischen Schulen und Unternehmen erfordern eine verstärkte Zusammenarbeit der Arbeitsämter mit den Kooperationspartnern. Es wird zukünftig vermehrt darauf ankommen, Kooperationsbeziehungen und Netzwerke im Rahmen von Vereinbarungen abzusichern und dort die Kompetenz der Berufsberatung für das Ausbildungs- und Beschäftigungssystem zu verdeutlichen. Es bedarf einer geregelten, kontinuierlichen Form der Zusammenarbeit von Schule, Wirtschaft, Arbeitsverwaltung, Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden und Universitäten, um die vielen Projekte der einzelnen Partner und Initiativen zu bündeln, öffentlich abrufbar und unter strategischen Gesichtspunkten nutzbar zu machen.
Die Arbeitsverwaltung wird sich an diesem Prozess auf der Grundlage ihres
gesetzlichen Auftrages im Rahmen ihrer Möglichkeiten und im Interesse
der Berufswahlorientierung jugendlicher und erwachsener Berufswähler
auch weiterhin einbringen.
Angaben zur Person
Christian Strijewski, Dipl. Hdl.
Referat Berufsorientierung und berufliche Beratung
Bundesanstalt für Arbeit,
Regensburger Straße 104
90478 Nürnberg
E-Mail: christian.strijewski@arbeitsamt.de
Bundesanstalt für Arbeit (2001): Dienstblatt-Runderlass 65/ 2001 vom 20. Dezember 2001. Maßnahmen zur vertieften Berufsorientierung für Schülerinnen und Schüler allgemeinbildender Schulen - § 33 SGB III.
Ertelt, Bernd-Joachim (1999): Arbeitskreis Medienkompetenz für die Fachaufgaben Berufsorientierung und Berufsberatung. Unveröffentlichtes Manuskript vom 29.11.1999.
Griepentrog, Martin (2000): Neue Medien und Internet, Teil 3. In: Fachliche Arbeitsmittel und Informationen für Berufsorientierung und Berufliche Beratung (FAI BB) Nr. 91, Landesarbeitsamt Nordrhein-Westfalen. Düsseldorf 2000, S. 7.
Pompe, Otto (2000): Medienkompetenz für die Berufsberatung unerlässlich! In: Blickpunkt 08/ 2000, Fachliche Anregungen aus der Berufsberatung, Landesarbeitsamt Bayern, 26. 07. 2000, S. 7 f.
http://nibis.ni.schule.de/~laansb/berufsberatung/index.htm
http://www.arbeitsamt.de/hst/services/veroeffentl/index.html
http://www.workshop-zukunft.de
Dieser Beitrag ist entstanden auf Anregung der wissenschaftlichen Begleitung des Programms "Schule - Wirtschaft/ Arbeitsleben". Das Programm wird gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung und durch den Europäischen Sozialfonds der Europäischen Union. Der Inhalt liegt in der Verantwortung des Verfassers bzw. der Verfasserin.
Die Jugendlichen von heute sehen sich mit schnelleren Entwicklungen und tief
greifenden Veränderungen konfrontiert als frühere Generationen.
Diese nachhaltigen Veränderungen bestimmen entscheidend ihr späteres
(Berufs-)Leben.
Die rasant fortschreitende Entwicklung weg von der Industrie- hin zur Dienstleistungs-,
Informations- und Kommunikationsgesellschaft gehört ebenso dazu wie die
sich ausweitende Internationalisierung und Globalisierung der Wirtschaft.
Einige Trends gegenwärtiger und zukünftiger Entwicklungen der Arbeitswelt seien deshalb hier kurz skizziert:
Mehr denn je sind Unternehmen heute und künftig sowohl von fachlich qualifizierten als auch leistungsfähigen, flexiblen und engagierten Mitarbeitern abhängig. Deshalb werden Persönlichkeit, Einstellungen und Werthaltungen der Mitarbeiter von den Unternehmen zunehmend in den Vordergrund gestellt: Bestimmend für die Effizienz aller Bereiche eines Unternehmens sind Wissen und Verhalten der Mitarbeiter. Der Erwerb von Sozial-, Methoden- und Handlungskompetenz, von Kommunikations- und Teamfähigkeit, Vernetzungs- und Organisationsfähigkeit, Problemlösungs- und Entscheidungsfähigkeit angesichts komplexer Situationen sowie die Fähigkeit, unternehmerisch zu denken und zu handeln, erhalten immer größeres Gewicht. Die Grundlagen dafür müssen bereits in Schule und Ausbildung gelegt werden.
Wir brauchen deshalb eines der besten Bildungs- und Ausbildungssysteme der Welt. Eine qualitativ hochwertige Bildung für alle, die nach den individuellen Begabungen und Fähigkeiten differenziert ist, muss das leitende Ziel sein. Lebenslanges Lernen wird in Zukunft mehr denn je von jedem gefordert sein. Schule, berufliche Bildung, Hochschule und Weiterbildung müssen so aufeinander abgestimmt und verknüpft werden, dass individuelle Begabung und Neigung ihre bestmögliche Entfaltung finden. Investitionen in die Qualifikation sind zukunftssichernde, sich auszahlende Investitionen.
In der Schule müssen die wesentlichen Grundlagen für Bildung und
Qualifizierung jedes Einzelnen gelegt werden. Dies gilt sowohl für die
Persönlichkeitsbildung als auch für die spätere berufliche
Tätigkeit. Jugendliche zur praktischen Lebensbewältigung und zu
verantwortungsbewusstem Handeln in Familie, Staat, Wirtschaft und Gesellschaft
zu befähigen, ist Aufgabe der Schule. Schulische Bildung muss also aus
der Sicht der Wirtschaft Wissensvermittlung, Werteerziehung, Qualifizierung
und Handlungsorientierung gleichermaßen umfassen.
Seit geraumer Zeit weist die deutsche Wirtschaft darauf hin, dass es bei den Schulabgängern allzu oft an Ausbildungsfähigkeit und damit am erfolgreichen Einstieg in die Arbeits- und Berufswelt mangelt. So können häufig Lehrstellen mangels geeigneter Bewerber nicht besetzt werden. Die Ausbildungsfähigkeit ist daher ein zentrales Thema für die BDA-Bildungskampagne bda@bildung.de.
Nach den Erfahrungen der Unternehmen sind junge Menschen dann ausbildungsfähig, wenn folgende Anforderungen erfüllt sind:
Hier muss die Berufsorientierung ansetzen - zum einen als eine allgemeine Orientierung über Berufs- und Bildungsmöglichkeiten, andererseits als Auseinandersetzung mit den jeweiligen Interessen und Fähigkeiten des Individuums und dem Problemfeld "Arbeits- und Berufswelt".
Die Wirtschaft betrachtet das Thema Berufsorientierung im folgenden Kontext:
Um Berufsorientierung nachhaltig zum festen Bestandteil der schulischen Arbeit werden zu lassen, ist es notwendig, sie in das Schulprogramm aufzunehmen. Das systematische Herangehen schafft Verbindlichkeit und nimmt alle Lehrkräfte einer Schule in die Verantwortung. Durch das Hinzuziehen weiterer Akteure wie Eltern, Berufsberater des Arbeitsamtes und Unternehmen der Region wird eine praxisorientierte Berufsorientierung nachhaltig gesichert.
Die direkte Zusammenarbeit von Schulen und Unternehmen verbessert den Übergang
der Schüler vom Bildungs- ins Beschäftigungssystem erheblich. Systematische
und kontinuierliche Einblicke in das Arbeitsleben ermöglichen den jungen
Menschen eine aktive Auseinandersetzung mit Berufsbildern und betrieblichen
Abläufen. Diese Reflexionen als Bestandteil des Schulprogramms verbessern
die Berufsvorbereitung und Studienorientierung maßgeblich und tragen
somit auch zur Qualitätsverbesserung von Schule bei.
Die Wirtschaft stellt aber nicht nur Forderungen, sondern trägt auch aktiv zur Optimierung der Ausbildungssituation bei. Neben ihrem Engagement im "klassischen" Bereich der betrieblichen Aus- und Weiterbildung kooperieren die Unternehmen vielfach auch mit Schulen und Hochschulen, um die Arbeitsmarktchancen der jungen Menschen zu verbessern. Diese umfangreichen Aktivitäten werden insbesondere in der Bundesarbeitsgemeinschaft SCHULE WIRTSCHAFT gefördert. Aber auch bundesweite Projekte wie "JUNIOR" oder "TRANS-JOB" leisten einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung moderner Methoden zur Berufsorientierung. Die Initiative Hauptschule fördert gerade in dieser Schulform innovative Ideen.
Die Bundesarbeitsgemeinschaft SCHULE WIRTSCHAFT, getragen von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) und dem Institut der deutschen Wirtschaft (IW), setzt sich seit fast 40 Jahren für den partnerschaftlichen Dialog und die konstruktive Zusammenarbeit zwischen Schule und Wirtschaft ein. Die Arbeit basiert auf dem Engagement von 450 regionalen Arbeitskreisen SCHULE WIRTSCHAFT, in denen rund 20.000 Lehrkräfte kontinuierlich mitarbeiten. Auf der Länderebene werden die Aktivitäten der Arbeitskreise von 15 Studienkreisen und Landesarbeitsgemeinschaften betreut, die organisatorisch in die Landesarbeitgeberverbände oder Bildungswerke der Wirtschaft eingebunden sind. Durch dieses bundesweite Netzwerk werden jährlich direkt 80.000 Lehrkräfte, Schulleiter, Schulaufsichtsbeamte, Wirtschaftsvertreter, Schüler und Azubis angesprochen. Viele Innovationen wurden angestoßen, die mittlerweile fest zum Schulleben gehören, wie z. B. Betriebspraktika und Betriebserkundungen für Schüler und Lehrer, Konzepte zur Berufsorientierung oder Schülerfirmen. Alle Maßnahmen ermöglichen Einblicke sowohl in die schulische als auch in die wirtschaftliche Praxis und geben Anlass zum Dialog und zum Informations- und Erfahrungsaustausch zwischen Schul- und Unternehmensvertretern.
Mit dem Projekt JUNIOR will das Institut der deutschen Wirtschaft Köln im Rahmen der SCHULE WIRTSCHAFT-Arbeit Jugendlichen die unternehmerische Selbstständigkeit als eine spätere Berufsperspektive aufzeigen. Schülerinnen und Schüler werden bei der Gründung eines Miniunternehmens unterstützt und ein Schuljahr lang betreut; sie erfahren und erleben somit wirtschaftliche Prozesse hautnah, im (Berufs-) Leben wichtige Qualifikationen wie Team- und Kommunikationsfähigkeit werden gefördert. Durch die Arbeit in den verschiedenen Abteilungen des Unternehmens erhalten die Schüler außerdem auch praxisnahe Einblicke in verschiedene Berufsfelder.
Die BDA-nahe Stiftung der Deutschen Wirtschaft geht im Bereich SCHULE WIRTSCHAFT innovative Wege zur Verbesserung der Berufs- und Studierfähigkeit junger Menschen. Durch die engere Verzahnung des Bildungs- und Beschäftigungssystems setzt sie zielgerichtet eine neue Form der Zusammenarbeit zwischen Schulen und Unternehmen um.
Das bundesweite Projekt TRANS - JOB, das seit August 1999 läuft, ist Bestandteil des Programms "Schule - Wirtschaft/ Arbeitsleben" des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Ziel ist es, auf der Grundlage von Kooperationen zwischen Schulen und Unternehmen Schülerinnen und Schüler praxisnahe und systematische Einblicke in die Arbeitswelt zu ermöglichen und dadurch bessere Voraussetzungen für den Übergang von der Schule in den Beruf zu schaffen.
Im Rahmen der Kooperationsprojekte zwischen den Schulen und Unternehmen haben sich folgende Maßnahmen bewährt:
Die Initiative Hauptschule unter Vorsitz der BDA unterstützt diese Schulform, indem u. a. innovative Konzepte zur Erfüllung des Bildungs- und Erziehungsauftrages durch einen Preis ausgezeichnet und der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Vertreter aus den Bereichen der Lehrerverbände, der Elternverbände, der Politik, der Wirtschaft und des öffentlichen Lebens leisten durch die Zusammenarbeit einen entscheidenden Beitrag zur Verbreitung beispielhafter Bildungs- und Erziehungsarbeit in der Hauptschule.
Die Hauptschule legt die Grundlagen für das erfolgreiche System der dualen Ausbildung. Alle Erfahrungen zeigen immer wieder, dass sich die Kooperation zwischen Hauptschule, Berufsschule und Betrieb positiv auf die Arbeitsleistungen der Hauptschüler auswirkt. Mit der Herausstellung guter Beispiele sollen Hauptschulen angeregt und zu besonderem Engagement ermutigt werden.
Ein Teil der Schüler braucht einen Unterricht, der nicht abstrakt-theoretisch, sondern anschaulich und praxisorientiert abläuft. Gerade für solche Schüler ist die Hauptschule oft der einzige Weg zu einem Schulabschluss und darauf aufbauend zu einem Ausbildungsplatz. Zahlreiche Beispiele belegen, wie der Übergang von der Schule in die Ausbildung durch direkte Kooperation von Hauptschulen und Betrieben verbessert werden kann.
Arbeit und Beruf gelten bei Jugendlichen als zentrale Schlüsselkategorien für die eigene Lebensgestaltung, die Verwirklichung von Zukunftsinteressen und zur Identitätsbildung belegt eine von der ver.di-Jugend in Auftrag gegebene Studie aus dem Jahr 2001.
Viele SchülerInnen erleben aber die so genannte erste Schwelle als unübersichtlich, verunsichernd und fühlen sich überfordert. Der Übergang von der Schule in die Berufsausbildung, die Wahl des Grundbausteins für eine erfolgreiche Berufsplanung also, erscheint zum Teil sogar als bedrohlich. Eine Begründung ist die durch die Bildungsstruktur in Deutschland erzeugte Distanz von der Schule zur Arbeitswelt. Eine stärkere Verzahnung der beiden Bereiche könnte sicherlich dazu beitragen, die Grenzen fließender zu gestalten.
Bereits Kinder sammeln beispielsweise Arbeitswelt-Erfahrungen durch berufstätige oder arbeitslose Eltern und Bekannte. Jugendliche tragen Zeitungen aus, sind Babysitter oder bessern mit anderen Nebenjobs ihr Taschengeld auf. Sie haben also frühzeitig Berührung mit der Arbeitswelt. Diese vorhandenen Erfahrungen könnten schon in der Schule genutzt werden und fächerübergreifend in den Unterricht einfließen, um den Übergang zwischen allgemeinem und beruflichem Bildungssystem zu lockern.
Mit zunehmendem Alter sammeln die SchülerInnen aktuelle Informationen über den Arbeits- und Ausbildungsstellenmarkt und orientieren sich an Erfahrungen und Wissen von Bekannten und Verwandten. Ihre Vorstellungen vom Traumberuf ihrer Kindheit gerät zugunsten einer "vernünftigen" Entscheidung in Vergessenheit. So wird dieser Übergang nicht mehr mit Neugier und Spannung, sondern häufig als Bürde erlebt. Die unter diesen Bedingungen getroffene Berufswahlentscheidung löst oftmals Frustration aus, die bis hin zu Ausbildungsabbrüchen führen kann.
Um die Ausbildungs- und Arbeitsfähigkeit junger Menschen zu stärken, muss Berufsorientierung heute deshalb als schulübergreifende Aktivität verschiedener Akteure begriffen werden, zu denen nicht nur Eltern, Schule und Arbeitsämter, sondern auch Betriebe, Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände zählen. SchülerInnen sollten diesem Übergang nicht mit Angst entgegen gehen, sondern diese Phase motiviert, engagiert und selbstbewusst gestalten können. Dazu benötigen sie Wissen über die eigenen Fähigkeiten und Stärken, aber auch aktuelles "Arbeitsweltwissen". Deutlich werden muss, dass die Wahl der Berufsausbildung nur das "Handwerkszeug", die Grundlage für den späteren beruflichen Werdegang ist und dass man mit dem Ausbildungsberuf eine Vielzahl an beruflichen Laufbahnen einschlagen kann.
Das Projekt Perspektive.Plus der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) nimmt genau dies zum Ausgangspunkt. Mit praktischen Angeboten für allgemein bildende Schulen und entsprechenden Konzepten zur Sicherung der Nachhaltigkeit wird hier ein wichtiger Beitrag zur Vernetzung der oben genannten Kooperationspartner geleistet.
In insgesamt zwei Projektwochen bietet ver.di Lebens- und Berufswahlthemen in folgenden Bereichen:
Diese für viele SchülerInnen neue Lernform verspricht Spaß und ermöglicht so eine lockere Herangehensweise an ein Thema, das für die berufliche und private Zukunft aller entscheidend ist.
Wirtschaftliche Zusammenhänge werden hier transparent und erfahrbar gemacht und bieten einen guten Einstieg in die ökonomische Bildung.
Arbeit "zum Anfassen": SchülerInnen verbringen einen Tag mit Auszubildenden und AusbildungsleiterInnen im Betrieb und können verschiedene Berufe erleben.
In 3 Phasen (2- bis 3-tägig) können Befürchtungen geäußert, Utopien entwickelt und anschließend kleine Einzelschritte erarbeitet werden, wie der Einstieg ins Berufsleben konkret entwickelt werden kann.
In dieser Einheit, in der auch nach Geschlechtern getrennt gearbeitet wird, geht es um Ursachen und Zusammenhänge, die Unterschiede und Ungleichheiten in der Arbeitswelt transparent machen.
Um wichtige Ausbildungsschritte zu planen, müssen die SchülerInnen sich selbst besser kennen lernen und mit der eigenen Entwicklung bewusst auseinander setzen.
Was bedeutet Erwerbstätigkeit in Bezug auf die soziale Integration, Sicherung des Lebensunterhalts und Identitätsbildung?
Hier bietet ver.di konkrete Hilfestellungen bei Bewerbungsverfahren, denen die SchülerInnen sich in Zukunft stellen werden müssen.
Weitere Informationen zu Perspektive.Plus gibt's im Internet unter:
oder bei: | |
Sabine Daß und Bärbel Lübke | |
ver.di Bundesvorstand | |
Bereich Jugend | |
Tel. : 040/43915-494 oder - 342 | |
Email: | sabine.dass@verdi.de |
baerbel.luebke@verdi.de |
Zu den neuen Herausforderungen des Projektes gehört, die regional geknüpften Kontakte zwischen Schule und Betrieb zu pflegen und zu erweitern. Die vorhandenen Seminarmaterialien zur Berufsorientierung und Lebensplanung werden daher nicht nur auf die PISA-Ergebnisse, das Forum Bildung, Gender Mainstreaming und strukturelle regionale Besonderheiten Rücksicht nehmen, sondern in Zukunft interaktiv auf einer Projekt-Website zur Verfügung stehen. Hier bietet sich zusätzlich die Möglichkeit, in Form von Foren oder Chatrooms einen direkten und aktuellen Kontakt von der Schule zu unseren Jugend- und Auszubildendenvertretungen in den Betrieben herzustellen. Darüber hinaus sichert ein Referenzschulkonzept die nachhaltige Vernetzung von Betrieb und Schule.
Die Projekt-Website soll:
Durch interaktiv und spielerisch umgesetzte Angebote aus den Seminarmaterialien "Berufsorientierung und Lebensplanung" sollen Jugendliche erste Schritte zum eigenen Lebens- und Berufsplan gehen, eigene Interessen und Fähigkeiten kennen lernen, Berufsprofile erforschen und Tipps zur Vorbereitung auf den Ernstfall "Bewerbung" bekommen. Die interaktiven Angebote auf der Website sollen Lust darauf machen, sich in Präsenzseminaren intensiver und erfahrungsbezogen mit der eigenen Berufsperspektive auseinander zu setzen.
Die am Projekt Perspektive.Plus beteiligten Betriebe, die KontaktpartnerInnen von ver.di und die Schulen haben hier die Möglichkeit, ihre durch die Präsenzveranstaltungen (Planspiel, Schnuppertage, Seminare) entstandenen Kontakte zu pflegen und zu verstetigen. Die Jugendlichen können sich direkt an AnsprechpartnerInnen in den Betrieben und bei ver.di wenden und mit ihnen per Chat, im Forum oder per E-Mail kommunizieren.
Berufsweltorientierung ist ein wichtiger Teil der Persönlichkeitsentwicklung. Sie kann nicht nur die Auswahl des einen Berufs, der passt, zum Ziel haben. Für Jugendliche, die ihre persönliche Berufsstrategie finden wollen, ist daher die individuelle Beratung unverzichtbar. Mit der virtuellen Beratung durch ver.di-TutorInnen kann hier neben dem Beratungsangebot in der ver.di-Geschäftsstelle ein zusätzlicher Service aufgebaut werden. Die Erfahrung zeigt, dass Online-Beratung erste Hemmschwellen abbauen und zum anschließenden Besuch von Präsenzveranstaltungen motivieren kann.
Im Perspektive Treff:
haben die Jugendlichen in einem Online-Forum die Möglichkeit, Erfahrungen und Informationen auszutauschen und sich online beraten zu lassen. Die Kommunikation ist asynchron über themenorientierte Diskussionsgruppen möglich. Dabei orientieren sich Themen am Seminarablauf, z. B. "Traumberuf" oder "Berufsstart". Aber natürlich können die Jugendlichen auch selbst Themen in freien Diskussionsgruppen vorschlagen und einrichten.
Im Chatroom können regelmäßig moderierte Live-Chats
mit ExpertInnen aus der Arbeitswelt stattfinden.
Zur konzeptionellen Unterstützung der Zusammenarbeit von Schulen mit außerschulischen Kooperationspartnern wird das Referenzschulkonzept entwickelt, das zunächst in Hamburg erprobt werden soll. Anschließend wird das Konzept in weitere Bundesländer übertragen.
Um ein sich selbst tragendes Netzwerk von Schulen mit außerschulischen Kooperationspartnern zu erhalten, entstand die Idee eines Referenzschulkonzepts. Schulen können so Seminareinheiten zu Berufswahlthemen mit Betrieben und Gewerkschaften, später auch mit anderen Beteiligten des Arbeitsmarktes in Eigenregie planen und für die konkrete Seminararbeit Expertenwissen hinzuziehen.
Zum System:
Referenzschule bedeutet, eine nach bestimmten Kriterien ausgewählte Schule
Die Referenzschule kann in der Projektphase die kontinuierliche Beratung durch Perspektive.Plus-MitarbeiterInnen nutzen, die den konkreten organisatorischen und inhaltlichen Ablauf, die kontinuierliche Beratung der LehrerInnen und die Unterstützung der betrieblichen Ansprache beinhaltet. Der Referenzschule stehen die TeamerInnen von Perspektive.Plus für den Zeitraum der Förderung mit Mitteln des BMBF kostenfrei zur Verfügung. Andere Schulen müssen sukzessive einen Teil der Kosten durch andere Finanzierungsmodelle abdecken. Auch hier erarbeitet Perspektive.Plus Lösungsvorschläge.
Die Schule kann zwischen sämtlichen Bausteinen der Projektwochen wählen, die entweder als einzelne Blöcke oder als komplette Wochen durchgeführt werden. Hauptamtliche ver.di-MitarbeiterInnen und Ehrenamtliche aus den Betrieben können für vertiefende Seminareinheiten zum Thema Gewerkschaften und branchenspezifische Kenntnisse eingesetzt werden.
Die Referenzschule beteiligt sich an der Vernetzung Schule, Betrieb und Gewerkschaft/ außerschulische KooperationspartnerInnen. In Form von Feedback-Gesprächen liefert sie Hinweise über Besonderheiten und Bedürfnisse der Schule und unterstützt so die differenzierte Entwicklung eines Modellkonzepts. In der Folge dient sie als Beraterin für andere Schulen ihrer Region, die auf Grundlage der von Perspektive.Plus erarbeiteten Handreichungen ebenfalls ein Interesse an der Durchführung der Projektbausteine haben.
Gemeinsam mit der Referenzschule entwickelt Perspektive.Plus einen Handlungskatalog (Check-Liste) für andere Schulen, der die notwendigen Arbeitsschritte zur Durchführung jeder Seminareinheit konkret nachvollziehbar dokumentiert.
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Das Konzept bietet die Möglichkeit, in einem weiteren Schritt andere KooperationspartnerInnen in die Strukturen einzubinden.
Zur Funktion:
Ziel des Referenzschulkonzepts ist, allgemein bildende Schulen zu unterstützen, den Berufsorientierungsunterricht in Zusammenarbeit mit außerschulischen KooperationspartnerInnen systematisch zu organisieren. Die entstehenden Handreichungen erleichtern die Durchführung arbeitsweltnaher Berufsorientierung mit Beteiligung sämtlicher ArbeitsmarktpartnerInnen. Diese gesamtgesellschaftlich wichtige Aufgabe kann nicht den Schulen allein aufgetragen werden, sondern muss von den praktischen Akteuren und tragfähigen Konzepten unterstützt werden.
Nicht erst seit der PISA-Studie wird von den Betrieben u. a. eine stärkere Praxisnähe des Schulunterrichts gefordert, die auf diese Weise für beide Seiten Vorteile beinhaltet. Auch die Empfehlungen des Forum Bildung zielen auf die Einbeziehung der Lebenswirklichkeit in Bildungseinrichtungen. So bekommen Betriebe zusätzlich die Chance, im eigenen Interesse die Ausbildungsabbrecherquote zu senken und die SchülerInnen besser und realitätsnäher auf das Arbeitsleben vorzubereiten.
Darüber hinaus kann sich der Kontakt zwischen Schule und Betrieb, idealerweise vertreten durch die ver.di Jugend- und Auszubildendenvertretungen (JAV), unabhängig von Dritten verstetigen.
Der Auf- und Ausbau des Referenzschulkonzepts wird begleitet von der Sozialforschungsstelle Dortmund, um die Entwicklung eines systematischen Übertragungsmodells für weitere Landesbezirke und KooperationspartnerInnen zu unterstützen.
Will man sich der Frage der Funktion und dem Ziel von Bildung und speziell beruflicher Bildung nähern, macht es Sinn, an eine allgemeine Begriffsdefinition zu erinnern:
Etymologisch stammt Bildung von Bild. Das gebildete Individuum soll in der Lage sein, sich ein Bild zu machen von sich selbst, von der Gesellschaft in der es lebt und von der Welt insgesamt.
Wilhelm von Humboldt definierte allgemeine Menschenbildung als Entfaltung menschlicher Kräfte und Fähigkeiten. Eine breite Allgemeinbildung sollte keineswegs zweckfrei, sondern die Grundlage für den späteren Erwerb nützlicher Qualifikationen sein. Es ging ihm um eine kritische Auseinandersetzung mit der Welt und der Gesellschaft und nicht um bloße Anpassung. Emanzipation zu persönlicher Freiheit und Eigengestaltung war das Ziel.
Dieser faszinierende Gedanke hat nichts an Aktualität verloren und wird von heutigen Bildungsforschern weiter ausgeführt:
"Die Begriffe und Argumente mögen sich wandeln - ob man von "Schlüsselqualifikationen", von "Konfliktfähigkeit" und "sozialer Kompetenz", von "Toleranz" und "Teamgeist" spricht - der Kerngedanke der "Bildung" wird bleiben: Der Mensch ist kein Wesen, das bloß für bestimmte Zwecke konditioniert werden darf, sondern er ist aufgerufen, selbstständiges Denken und Urteilen in sich zu entfalten, er braucht nicht nur Wissen, sondern auch Kriterien, wofür es einzusetzen ist, er benötigt nicht nur Wendigkeit und Findigkeit, sondern auch Charakter und Verantwortungsbewusstsein, soll er sich in einer immer komplexeren Welt als "Mensch" zurechtfinden und behaupten können." (Wehnes 2001, S. 291)
Schulbildung, berufliche Aus- und auch Weiterbildung sind deshalb entscheidend für die Zukunftschancen der Beschäftigten. Um die eigenen Arbeits- und Lebensperspektiven zu sichern, ist ein hohes Maß an qualifizierter Bildung für den Einzelnen erforderlich. Nur so kann dem gesellschaftlichen Strukturwandel begegnet und die daraus resultierenden Herausforderungen können autonom und selbst bestimmt bewältigt werden.
Diese Grundannahmen bilden auch das Fundament für unser Berufsausbildungssystem.
"Das duale System der Berufsausbildung an der Schnittstelle von Bildungs- und Beschäftigungssystem verbindet Arbeiten und Lernen, Praxis und Theorie, berufliche Qualifikation und Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen in den klassischen Lernorten Betrieb und Berufsschule. Ausbildungsziel ist die Vermittlung einer beruflichen Handlungskompetenz, die es den AbsolventInnen ermöglicht, kompetent und flexibel qualifizierte Tätigkeiten selbstständig zu planen, durchzuführen und zu kontrollieren, die Aufgabenwahrnehmung aktiv mitzugestalten sowie sich weiter zu qualifizieren." (Vojta 2002, S. 107)
Wer es nicht von vornherein darauf anlegt, abhängig von den Eltern, LebenspartnerInnen oder von öffentlichen Leistungen zu sein, versucht seinen Lebensunterhalt durch Erwerbsarbeit zu sichern.
Da traditionell in Deutschland die berufsförmige Organisation der Arbeit vorherrscht, ist die Beruflichkeit das dominante Prinzip für das Wirtschafts- und Arbeitsleben und für Bildungs- und Qualifizierungsprozesse. Auch wenn dieses System kritisiert und bereits eine "neue Beruflichkeit" diskutiert wird, das berufliche Prinzip ist unverzichtbar.
Nach wie vor bleiben Berufe - auch in einer zukünftigen Dienstleistungs- und Informationsgesellschaft - wichtige Orientierungsgrößen und positive Elemente für einen mobilen Arbeitsmarkt. In einer durch vielfältige Veränderungen geprägten Arbeits- und Lebenswelt hat die Sicherstellung des Berufsprinzips eine sinn- und identitätsstiftende Funktion.
Berufe haben einen bestimmten Stellenwert in der Gesellschaft. Bewusst oder unbewusst fließen diese Vorstellungen in die Berufswahlentscheidung mit ein:
Auch der Aspekt der Globalisierung der Märkte und der Europäisierung der Berufsbildungspolitik muss berücksichtigt werden. Das Berufskonzept wird sich auch dieser Entwicklung anpassen müssen. Die Entscheidung für einen bestimmten Berufsweg muss daher auch im europäischen Kontext gesehen werden und inhaltlich, sowie in der Frage der Verwertbarkeit, das europäische Ausland einbeziehen.
Wir können daher davon ausgehen, dass den Jugendlichen die Bedeutung der Berufswahl klar ist. Sie werden vom Elternhaus, von der Schule und auch von der Öffentlichkeit darauf hingewiesen. Und sie wissen: Wer keine berufliche Bildung durchläuft, hat kaum eine Chance in der Arbeitswelt.
Mit der Berufsentscheidung treten die jungen Menschen in das Erwerbsleben ein. In den Familien, im Freundeskreis, in vielen Diskussionen und in den Medien wird die Arbeitswelt dargestellt.
Aber was bedeutet es für einen jungen Menschen, der den bekannten Arbeitsplatz
"Schule" verlässt und in eine für ihn noch unbekannte
"Arbeitswelt" eintritt?
Häufig ist die getroffene Wahl keine freiwillige (s. o.), sondern die
einzige Möglichkeit einen Ausbildungsplatz zu bekommen. Was auf die Jugendlichen
zukommt, wissen die wenigsten, Hauptsache Arbeit.
Vor dem Hintergrund dieser Komplexität des Themas Berufswahl-Entscheidung ist es mehr als verständlich, dass SchulabgängerInnen befangen und verunsichert sind. Sie glauben bereits sehr frühzeitig, alle Faktoren berücksichtigen zu müssen, um die Weichen für die Zukunft richtig zu stellen.
Wie viel erfolgreicher und stressfreier wäre es, die Triebfedern "persönliche Fähigkeiten, Motivation und Engagement" als Basis zu nutzen und damit dem sich ständig wandelnden Ausbildungs- und Arbeitsmarkt zu begegnen. Entsprechend muss die Berufsorientierung als gemeinsame Aufgabe der allgemeinen und der beruflichen Bildung verstanden werden, der es gelingt die Komponenten "persönliche Kompetenzen der SchülerInnen" und "Situation auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt" sinnvoll zu vernetzen.
Von den gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und technologischen Umbrüchen sind insbesondere die Dienstleistungsbranchen, die Medien- und die Kommunikationswirtschaft betroffen. Der Weg in die Wissens- und Informationsgesellschaft muss von den Gewerkschaften beachtet und begleitet werden, damit solidarisches Handeln, demokratische Verantwortung und soziale Gerechtigkeit nicht zu kurz kommen. Die Bildungspolitik ist dabei von zentraler Bedeutung.
Bildung wird von ver.di als Schlüsselthema angesehen und war bereits Inhalt einer programmatischen Konferenz, die den Entstehungsprozess der neuen Dienstleistungsgewerkschaft begleiteten. Mit der Bildungspolitischen Konferenz am 9. und 10. Oktober 2000 hat ver.di auch inhaltlich Position bezogen. Im Zentrum stehen drei Bereiche:
Für die Gewerkschaften übernimmt die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di mit ihrer Gründung die ordnungspolitische Verantwortung für die überwiegende Zahl der in der Bundesrepublik bestehenden Ausbildungsberufe und beruflichen Fortbildungsregelungen. Damit hat ver.di nicht nur besondere Gestaltungschancen, sondern auch die Pflicht, die Zukunft von Bildung in Deutschland insgesamt und den Stellenwert von Berufen mitzugestalten.
Der Berufsorientierungsunterricht mit dem Projekt Perspektive.Plus stellt ein mögliches Bindeglied zwischen allgemeiner Bildung und beruflicher Bildung dar. Die Seminareinheiten werden so dem Anspruch gerecht, eine Brücke zwischen den beiden Bereichen zu schlagen und tragen zum kontinuierlichem Kontakt zwischen Schule und Betrieb bei.
Zur Ergänzung des Berufsorientierungsunterrichts an allgemein bildenden Schulen verfügt ver.di mit ihren Mitgliedern über umfangreiches, vielseitiges und aktuelles "Arbeitsweltwissen", das so für beide Seiten Gewinn bringend genutzt werden kann.
Perspektive.Plus knüpft und verstetigt Netzwerke zwischen SchülerInnen, Schulen, Betrieben und den ArbeitnehmerInnen und integriert weitere interessierte KooperationspartnerInnen. Der Aufbau einer systematischen Zusammenarbeit der Akteure am Ausbildungs- und Arbeitsmarkt ist zeitgemäß und lösungsorientiert. Nur durch Vernetzung und regionales Engagement können die Jugendlichen ein unterstützendes Angebot und umfangreiche Beratung erhalten.
Nicht Anpassungsfähigkeit, sondern Einpassung in die neue Lebens- und Arbeitswelt fördern mündige ArbeitnehmerInnen, die ihr eigenes Leben selbst-bewusst in die Hand nehmen und mitgestalten.
Wehnes, Franz-Josef (2001): Theorien der Bildung. In: L. Roth (Hrsg.): Pädagogik. München, S. 291
Vojta, Jens (2002): Reform
der Beruflichkeit - ein Beitrag zur Beschäftigungssicherung. In:
Herzberg, Gerd/ Kunkel-Weber, Isolde/ Timmermann, Rüdiger/ Treml, Franz/
Frank Werneke (Hrsg.): ver.di. Bildung schafft Zukunft. Über die Perspektiven
von Bildung, Beruf und Beschäftigung. VSA-Verlag, Hamburg, S. 107
Qualifizierung gepaart mit unternehmerischer Eigeninitiative ist der Schlüssel für die Zukunftssicherung im Handwerk. Auch wenn bestimmte Handwerksbranchen gegenwärtig ein konjunkturelles Tal durchschreiten: Das Handwerk ist ein dynamischer Wirtschaftsbereich und mit 850.000 Betrieben der Arbeitgeber für rund 6 Millionen Menschen. Qualitätsprodukte, maßgeschneiderte Dienstleistungen und vernetzte Verfahren sind die einzigen schlüssigen Antworten auf die Weiterentwicklung der Märkte. Die Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft fordert besondere Eigenschaften, die im Handwerk fest verankert sind: Kleine flexible Einheiten und ein hohes Qualifikationsniveau sind künftig mehr denn je die Schlüssel für wirtschaftlichen Erfolg.
Trotz der Wirtschaftskraft und Wandlungsfähigkeit hat das Handwerk aber zunehmend Schwierigkeiten Nachwuchskräfte zu gewinnen und langfristig an sich zu binden.
Lehrlinge werden in nicht allzu ferner Zukunft "Mangelware". Wie das Bundesinstitut für Berufsbildung in Bonn in seiner Prognose über die mittelfristige Lehrstellennachfrage feststellte, wird - über alle Ausbildungsbereiche betrachtet - die Nachfrage bis 2006 zwar noch um etwa 30.000 Bewerber ansteigen, danach aber rapide sinken. 2015 werden sich rund 50.000 Jugendliche weniger als heute um eine Berufsausbildung bemühen.
Im Handwerk sind die Nachwuchsprobleme bereits heute Realität. Der Ausbildungsmarkt ist dabei gespalten: Während es für die Lehrstellenbewerber in den östlichen Bundesländern wie eine Botschaft vom 'anderen Stern' klingen muss, melden die Handwerkskammern im südlichen und westlichen Bundesgebiet eine steigende Zahl nicht besetzbarer Lehrstellen. Dort werden händeringend Lehrlinge und ausgebildete Fachkräfte gesucht.
Da die Zahl der Schulabgänger noch vier Jahre lang im Steigen begriffen sein wird und demografische Einbrüche erst danach zu erwarten sind, kann die gegenwärtig schon gestiegene Zahl unbesetzter Lehrstellen im Handwerk nicht allein aus der Demografie-Entwicklung erklärt werden. Andere Erklärungsansätze kommen hinzu. Es sind massive Eignungsprobleme der Schulabgänger (siehe dazu vgl. Kloas 2002) sowie Verschiebungen in der Ausbildungsplatz-Nachfrage zugunsten anderer Ausbildungsbereiche. Insbesondere die Attraktivität der meist im Industrie- und Handelsbereich angebotenen IT-Berufe zieht Jugendliche vom Handwerk ab.
Die Handwerksbetriebe und die Handwerksorganisation wollen dem sich abzeichnenden Fachkräftemangel energisch entgegen wirken. Wegen der gestiegenen Berufsanforderungen, der Unternehmer-Nachfolge-Lücke und dem wachsenden Bedarf an angestellten Führungskräften in größeren Handwerksbetrieben müssen vor allem leistungsstarke Jugendliche für eine Ausbildung im Handwerk und die Fortsetzung ihres Karriereweges im Handwerk begeistert werden.
Das Werben um leistungsstarke Jugendliche ist dabei keine Abkehr von der handwerklichen Tradition und Selbstverpflichtung, sich auch weiterhin um solche Jugendliche zu kümmern, deren Lernerfolg in der Schule nicht gerade herausragend ist. Anders als z. B. bei Abiturienten muss das Handwerk diese Gruppe aber nicht umwerben. Es hat hier genügend Zulauf. Oder anders gesagt, während bei leistungsschwächeren Schulabgängern die Verbesserung der Förderpraxis in Schule, Berufsvorbereitung und Ausbildung im Vordergrund steht, hat bei leistungsstärkeren Jugendlichen die Informations- und Öffentlichkeitsarbeit Priorität.
Besonders Abiturienten ist oft nicht bekannt, wie vielseitig und modern die
handwerklichen Berufe geworden sind und welche ausgezeichneten Karrieremöglichkeiten
bis hin zum Unternehmer sich im Handwerk bieten. Die Handwerkskammern, die
Fachverbände und der Zentralverband
des Deutschen Handwerks haben sich deshalb zu einer groß angelegten
Informationskampagne entschlossen. Auftaktveranstaltung für diese bundesweite
Kampagne war die Fachtagung "Karriere nach der Lehre - Das Handwerk",
die Ende letzten Jahres vom Zentralverband des Deutschen Handwerks anlässlich
des 50-jährigen Jubiläums des Leistungswettbewerbs der Handwerksjugend
in Bremen durchgeführt wurde.
(Die Ergebnisse der Tagung werden im März 2002 in der Schriftenreihe
des Zentralverbands des Deutschen Handwerks veröffentlicht. Der Band
"Karriere nach der Lehre - Das Handwerk" kann bei der Marketing
Handwerk GmbH, Bestellservice, Ritterstr. 21, Fax: 0241/89493-29 bezogen werden.)
Es ist sicher nachvollziehbar, dass das Handwerk mit seiner 4,5 % -igen Abiturientenquote unter den neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen unzufrieden ist. Hinter diesem bundesweiten Durchschnittswert verbergen sich aber auch regionale Spitzenwerte von bis zu 10 %. Dies zeigt, dass durchaus Handlungsspielraum besteht: Bei gezielter Ansprache und maßgeschneiderten Angeboten lassen sich messbare Fortschritte bei der Gewinnung von Abiturienten und Abiturientinnen für eine Berufsausbildung im Handwerk erzielen.
Die Betriebe des Handwerks, die Handwerkskammern, die Innungen und Fachverbände haben es dabei allerdings nicht leicht: Das wissenschafts- und studienorientierte Profil des allgemein bildenden Gymnasiums lässt keinen Platz für handwerksbezogene Orientierungen. Im Gegenteil: Mit diesem Profil, das das Studium an einer Universität als alles überragende Orientierungsgröße betont, ist fast zwangsläufig eine Abwertung praktischen Arbeitens, insbesondere aber handwerklicher Tätigkeit verbunden. Im Allgemeinen herrscht unter den Gymnasiasten der Eindruck vor, sie seien für Handwerksberufe "überqualifiziert", handwerkliche Arbeiten böten ihnen nur geringe Verdienst- und Aufstiegsmöglichkeiten sowie zu wenig intellektuelle und kreative Herausforderungen.
Jeder Versuch, solche Jugendliche für handwerkliche Berufe zu gewinnen, muss daher an der Überwindung von Wissensdefiziten und Klischeevorstellungen ansetzen, und zwar in gemeinsamen Aufklärungsanstrengungen von Handwerk, Schule und Berufsberatung.
Den Schülern muss die große Vielfalt handwerklicher Berufe aufgezeigt werden. Vor allem muss ihnen bewusst gemacht werden, in welchem Ausmaß moderne Handwerksberufe Kreativität, Selbstständigkeit, Sozial-, Planungs- und Entscheidungskompetenz fordern. Nur so kann das Vorurteil überwunden werden, Handwerksarbeit sei ausschließlich manuelle Tätigkeit ohne besondere intellektuelle Herausforderungen. Auch sollte der falschen Vorstellung, handwerkliche Tätigkeiten seien durchweg schlecht bezahlte Tätigkeiten, durch Aufklärung über berufliche Entwicklungs-, Aufstiegs- und Weiterbildungsmöglichkeiten und die Chance der Selbstständigkeit entgegengewirkt werden.
Was für junge Berufseinsteiger zählt, ist die Antwort auf die Frage, inwieweit sie ihre Bedürfnisse nach existenzieller Absicherung, kreativer und interessanter Arbeit, nach Verantwortungsübernahme und Aufstiegsmöglichkeiten befriedigen können. Und hier bietet das Handwerk eine ganze Menge:
Die auftragsbezogene, ganzheitlich orientierte Ausbildung im Handwerk mit ihren vielfältigen Vorteilen für die Qualifizierung, Persönlichkeitsentwicklung und berufliche Identifikation ist, wenn man so will, das Karriere-Sprungbrett im Handwerk. An die 130 Ausbildungsberufe stehen zur Wahl, von A - wie Augenoptiker bis Z - wie Zweiradmechaniker. Das breite Spektrum umfasst Hightech-Berufe ebenso wie Tätigkeiten, die kaufmännisches oder künstlerisches Können erfordern. Wer einen abwechslungsreichen Beruf mit guten Perspektiven sucht, in dem Kopf und Hand, Kreativität und Können, Teamarbeit und Kundenkontakt gefragt sind, der ist im Handwerk richtig.
Das Handwerk wird immer mehr zu einem Hightech-Wirtschaftszweig. Mittlerweile spielen informations- und kommunikationstechnische Qualifikationen hier eine ebenso große Rolle wie das Beherrschen von gewerblich-technischen, kaufmännischen und künstlerischen Fertigkeiten.
Bereits in der Ausbildung werden in fast allen Handwerksberufen IuK-Grundqualifikationen vermittelt. Mit dem Informationselektroniker hat das Handwerk einen attraktiven eigenständigen Beruf in diesem Bereich geschaffen.
Hinsichtlich des an das Handwerk gerichteten Vorwurfs, es würde - gemessen an der schnellen Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnik - zu wenig neue Ausbildungsberufe in diesem Bereich entwickeln, muss berücksichtigt werden, dass solche neuen Tätigkeiten im Handwerk nur im Ausnahmefall in "Reinform" auftreten. Anders als beispielsweise in der Industrie, wo die Tätigkeitsbereiche stärker arbeitsteilig organisiert sind, besteht im Handwerk nur im seltensten Fall ein Bedarf an ausschließlicher Hard- oder Softwareproduktion, ausschließlicher kaufmännischer Abwicklung oder ausschließlicher Beratung und Logistik im Bereich der IuK-Technik. Deshalb werden hier in der Regel keine gesonderten Berufe sondern Querschnittsqualifikationen entwickelt.
Bei der Fortbildung steht der Umgang mit IuK-Technik häufig sogar im Mittelpunkt -und dies in beinahe allen Handwerksbranchen: Von der Schneiderin, die Schnittmuster am Computer entwirft bis zu den Metall- und Elektrohandwerkern, die hoch entwickelte Messelektronik einsetzen und industriell entwickelte Produkte warten und instand halten.
Der Handwerksmeister setzt die IuK-Technik natürlich auch im Büro seines Unternehmens und zur Vermarktung seiner Leistungen ein. Dass die Vermittlung von IuK-Qualifikationen ein Schwerpunkt der Qualifizierungsaktivitäten des Handwerks ist, lässt sich beispielsweise an der Entwicklung neuer Fortbildungsgänge, etwa zum Netzwerkservicetechniker und zum Betriebsinformatiker, ablesen.
Die Ausbildung im Handwerk ist anspruchsvoller und vielseitiger geworden als sich mancher vorstellt - und sie lässt sich im Sinne des Prinzips "lebenslanges Lernen" ganz gezielt und sinnvoll ergänzen. Schon während der Lehre bestehen für junge Handwerker und Handwerkerinnen umfassende Möglichkeiten zum Erwerb von Zusatzqualifikationen. Nach der Gesellenprüfung können sie dank einer großen Bandbreite von Weiterbildungsmöglichkeiten systematisch ihre individuelle Karriere aufbauen. Insbesondere winkt die Möglichkeit, die Meisterprüfung abzulegen und sich dann selbstständig zu machen. Den frisch gebackenen Meisterinnen und Meistern eröffnen sich gute berufliche Aussichten, zumal in den nächsten Jahren in vielen Handwerksbetrieben Nachfolger gesucht werden.
Mit dem Meisterbrief werden nicht nur gewerblich technische Kompetenzen erweitert, sondern vor allem auch das notwendige betriebswirtschaftliche Managementwissen und das pädagogische Know-how vermittelt, um ein Unternehmen mit Erfolg zu führen. Keine andere Qualifikation bereitet so optimal auf die Selbstständigkeit vor. Der Meisterbrief ist nicht nur der Garant für eine hohe persönliche Qualifikation des Handwerkers. Er steht auch für die gute Qualität handwerklicher Produkte und Dienstleistungen sowie die Fähigkeit, selbst wieder Nachwuchskräfte auszubilden. Die Meisterqualifikation ist ein unverzichtbares Instrument zur Bewältigung des wirtschaftlichen Strukturwandels.
Der Strukturwandel ist sowohl durch anspruchsvoller werdende Verbraucher, die individuelle Dienstleistungen aus einer Hand erwarten, als auch durch die überregionale Ausbreitung der Märkte gekennzeichnet. Die Internationalisierung der Wirtschaftsbeziehungen im Handwerk wird dabei häufig unterschätzt. Heute hat bereits nahezu jeder fünfte Handwerksbetrieb Wirtschaftskontakte mit dem Ausland. Vor diesem Hintergrund stellt der Sprachenerwerb, das Kennenlernen anderer Kulturen und Arbeitsweisen sowie die Mobilität der jungen Menschen in Europa ein wichtiges Ziel dar. Um dieses Ziel zu erreichen, unterstützt das Handwerk beispielsweise während oder nach der Ausbildung Auslandsaufenthalte der Mitarbeiter. Fast alle Handwerkskammern bieten inzwischen Austauschprogramme mit verschiedenen Ländern an.
Die Unternehmer und die Beschäftigten im Handwerk müssen nicht nur veränderte Kundenbedürfnisse und Globalisierungserfordernisse im Blick haben. Eine immer wichtigere Rolle für die Organisation im Betrieb sowie die Kooperation mit Partnern spielt der Ausbau des Dienstleistungsangebotes im Internet: Multimedia, Elektronik, E-Commerce und E-Learning gehören die Zukunft. Hier leistet der Zentralverband des Deutschen Handwerks intensive Hilfe zur Selbsthilfe - unter anderem durch den Aufbau der Domäne www.handwerk.de als gemeinsames Dach für die Internetauftritte der Handwerksbetriebe und der Handwerksorganisationen in Deutschland.
Zwar ist das Handwerk vielen als "Ausbilder der Nation" bekannt. In der Öffentlichkeit kaum bewusst ist dagegen, dass es mit über 500 Bildungs- und Technologiezentren auch zu den größten Weiterbildungsanbietern in Deutschland rechnet. Diese Zentren runden nicht nur während der Ausbildung die Qualifizierung in den Handwerksbetrieben und Berufsschulen durch überbetriebliche Lehrgänge ab. Sie sind in zunehmendem Maße in der Weiterbildung aktiv.
Weiterbildung beginnt heute schon während der Ausbildung, indem gerade für leistungsstärkere Jugendliche ergänzende, d. h. über die allgemeinen Ausbildungsanforderungen hinausgehende Zusatzqualifikationen angeboten werden. Besonders nachgefragt sind hier doppelt qualifizierende Bildungsgänge, mit denen sich neben dem Lehrabschluss noch ein weiterer Abschluss erreichen lässt.
Immer mehr Auszubildende mit besonderer Motivation und Engagement wählen solche doppelqualifizierenden Lehrgänge. Sie erwerben neben dem Lehrabschluss zum Beispiel über den Fortbildungsabschluss "Technischer Fachwirt" die Voraussetzungen für den betriebswirtschaftlichen Teil der Meisterprüfung. Wieder andere wählen, wenn sie die Fachhochschul- oder Hochschulreife besitzen, Kombinationsmodelle von Handwerkslehre plus Studium an Fachhochschulen oder Berufs- und Wirtschaftsakademien. Wenn die Fachhochschulreife noch nicht vorliegt, kann sie ebenfalls in Verbindung mit einem Lehrabschluss im Handwerk erworben werden.
Da heute alle nach Wegen suchen, wie sich Bildungsziele in kürzerer Zeit erreichen lassen - sei es das Abitur oder der Studienabschluss - überrascht es nicht, wenn auch das Handwerk Modelle entwickelt hat, wie der Meisterbrief als "Eintrittskarte in die Selbstständigkeit" in kürzerer Zeit erreicht werden kann.
So besteht für Hochschul- und Fachhochschulberechtigte in einzelnen Kammerbezirken die Möglichkeit, den bisher längeren Weg über Lehre, Praxis und Meisterschule auf 4 ½ Jahre zu komprimieren. Dieser "Express-Weg" zum Meister bzw. zur Meisterin mit integrierter Gesellenprüfung und integriertem Fortbildungsabschluss als Technischer Fachwirt wird sowohl den Ansprüchen an eine handwerkliche Ausbildung als auch den tiefergehenden Anforderungen der Meistervorbereitung und der betrieblichen Praxiserfahrung gerecht.
Das Handwerk ist dabei, den Weg zur Meisterprüfung auch durch einen modularen Aufbau der Weiterbildung gangbarer zu machen: Zwischen dem Gesellen und dem Meister werden neue Fortbildungsabschlüsse etabliert, die für sich genommen schon für eine mittlere Führungsposition im Handwerksbetrieb befähigen, aber gleichzeitig auch auf einen oder zwei der vier Teile der Meisterprüfung anrechenbar sind.
Durch das Modularprinzip wird die Weiterbildung sozusagen in "kleineren Portionen" aufgeteilt um den "große Brocken" Meisterprüfung leichter zu bewältigen. Als Beispiele seien hier der Kfz-Servicetechniker, der bereits erwähnte Technische Fachwirt (HWK) und die Kaufmännische Fachwirtin (HWK) genannt.
Die beiden Fachwirt-Regelungen mit ihren betriebswirtschaftlichen Managementqualifikationen werden von immer mehr Berufsbildungszentren und Kammern angeboten. Bei der Umsetzung des Ziels, auf der Ebene zwischen Geselle und Meister solche "mittleren" Fortbildungsabschlüsse generell zu etablieren, konnten in der branchenübergreifenden Weiterbildung schon große Fortschritte erzielt werden. Bei den branchenspeziellen Weiterbildungsgängen besteht demgegenüber noch Nachholbedarf.
Weiterbildung endet natürlich nicht mit der Meisterprüfung. Das Handwerk baut deshalb das bereits lang eingeführte Weiterbildungsangebot für Meister und Meisterinnen - zum Beispiel im Bereich der Gestaltung, der Restauration, der Betriebswirtschaft, der Energieberatung und der Qualitätssicherung - weiter aus.
Diese Aktivitäten richten sich nicht nur auf die Erweiterung des Fortbildungsangebots der Bildungs- und Technologiezentren des Handwerks. Auch die Studierfähigkeit von Meistern, die zwar über weitreichende Kompetenzen und Erfahrungen verfügen aber in der allgemein bildenden Schule nicht die Hochschulberechtigung erworben haben, muss verbessert werden. Zu begrüßen ist, dass das "Studium ohne Abitur" mittlerweile in allen Bundesländern möglich ist. Allerdings sind hier noch einheitlichere und transparentere Regelungen des Zugangs zu den Hochschulen und mehr studienunterstützende Angebote für Berufspraktiker zu entwickeln.
Das Handwerk wendet sich mit seiner Nachwuchskampagne bewusst auch an junge Frauen. Sie verfügen über die vergleichsweise besseren Schulabschlüsse und sind nicht nur in den frauentypischen Berufen des Handwerks sehr erfolgreich. Gerade im Handwerk besteht ein breites Angebot an Weiterbildungsmöglichkeiten, die speziell auf die Berufsinteressen von Frauen - etwa im Bereich der kaufmännischen Betriebsführung, der Informations- und Kommunikationstechnik und der Gestaltung - gerichtet sind. Daneben existieren spezielle Angebote für Berufsrückkehrerinnen. Das Vorurteil, dass das Handwerk eine reine Männerwelt sei, ist längst widerlegt. Schon ein Blick in die Statistik macht deutlich, dass dem nicht so ist, auch nicht in den Führungsebenen.
Die Qualifizierungsoffensive und die Informationskampagne richten sich nicht nur darauf, eine ausreichende Zahl an Schulabgängern als Lehrlinge zu gewinnen. Ziel ist auch die Abwanderung ausgebildeter Fachkräfte zu stoppen, indem das Handwerk selbst mit attraktiven Weiterbildungsangeboten und Karrieremöglichkeiten bessere Alternativen schafft.
Das Handwerk hat für motivierte, engagierte und leistungsstarke junge Menschen den "roten Teppich" ausgebreitet. Es braucht aber auch Unterstützung von außen. Bekannt ist, dass auch die Hochschulen, die großen Industriebetriebe, der Handel und andere Wirtschaftsbereiche leistungsstarke Jugendliche umwerben. Deshalb kommt es in besonderem Maße darauf an, dass unter den vielen ausgelegten roten Teppichen, der des Handwerks entdeckt wird. Lehrer, Berufsberater, Journalisten und andere "Multiplikatoren" sind dazu aufgefordert mit dazu beizutragen, dass die Informationen über das neue, über das moderne Handwerk bei den jungen Leuten ankommen.
Die Diskussion um die Notwendigkeit einer beruflichen Grundbildung war in der Bundesrepublik gekoppelt mit der Einführung der Stufenausbildungsmodelle. Sie stand damit in engem Zusammenhang mit den veränderten Arbeitsanforderungen der Großbetriebe. Die Grundbildung sollte die Mobilität der Arbeitskräfte erhöhen und Grundlage für die Fachbildung einer Vielzahl von verwandten Ausbildungsberufen sein.
Grundbildung wurde bestimmt als Gelenkfunktion zwischen Schule und Beruf. Bereits nach 1945 war die Diskussion zur Neuordnung der Berufe weit gehend eine Diskussion um die Einführung der Stufenausbildung.
Bis in die sechziger Jahre wurde auch eine Reihe von Modellen zur Stufenausbildung entwickelt (Braunschweiger Plan, Krupp Stufenplan bis zu einem Stufenplan der IG Metall). Von Seiten der Gewerkschaften wurden über die Stufenausbildung "Modernisierungswirkungen" erwartet, die auch in den Darstellungen der Unternehmerverbände geteilt wurden:
1972 erfolgte die Neuordnung der Elektroberufe mit Zustimmung der Gewerkschaften in gestufter Form. Jedoch führte die Praxis der Stufenausbildung zu einer Vielzahl von Problemen und heftigen betrieblichen Auseinandersetzungen. Die erwarteten Modernisierungswirkungen wurden nicht erreicht. Hauptkonfliktpunkt war die Tatsache, dass kein Anspruch auf Übernahme in die zweite Stufe für die Jugendlichen bestand. Die Stufenausbildung wurde dadurch zu einem Instrument der selektiven Anpassung und zu einem Mittel der Disziplinierung. Vor allem kam es auch zu heftigen Auseinandersetzungen bei der tariflichen Eingruppierung nach Abschluss der ersten Stufe. Viele Unternehmer gingen davon aus, dass der Abschluss der ersten Stufe keine Facharbeiterqualifikation vermittelt. Die Unternehmerverbände verlangten von der Bundesregierung, den Übergang von der ersten in die zweite Stufe von einer Durchschnittsnote abhängig zu machen.
1972 lehnten schließlich die Delegierten des Gewerkschaftstages der IG Metall weitere Ausbildungsordnungen in gestufter Form ab. Sie forderten, die bestehende Stufenausbildung in der Elektroindustrie durch eine neue Ausbildungsordnung zu ersetzen und den Stufenplan für die gewerbliche Ausbildung Metall, der 1966 dem Bundesminister für Wirtschaft vorgelegt worden war, zurückzuziehen.
Ein weiterer Lösungsansatz, um das Ziel einer breiten Grundausbildung dennoch durchzusetzen, wurde in der Einführung schulischer Berufsgrundbildungsjahre und parallel dazu in der verstärkten Übernahme von Ausbildungsinhalten durch die Berufsschule gesehen. Für die Bundesregierung hatte die Einführung des schulischen Berufsgrundbildungsjahres im Zusammenhang mit der beabsichtigten Reform der beruflichen Bildung eine hohe Priorität. Übergeordnete Reformziele waren: Chancengleichheit, mehr berufliche Mobilität, größere Durchlässigkeit des Bildungssystems, Integration allgemeiner und beruflicher Bildung. Für das BGJ wurden folgende Leitziele abgeleitet:
Über diese Ziele bestand bei allen "reformwilligen" Gruppen Übereinstimmung. Vom Konzept her wurde als Vorteil des schulischen Berufsgrundbildungsjahres gesehen, eine Reform der Inhalte der Berufsausbildung mit einer Reform der institutionellen Voraussetzungen (Lernorte) zu verbinden: Das BGJ sollte als 11. Bildungsjahr für alle Jugendlichen, die eine Berufsausbildung beginnen, obligatorisch sein. Um eine breite Grundbildung auf Berufsfeldbreite zu ermöglichen, sollte das BGJ grundsätzlich von der Produktion getrennt durchgeführt werden. Von der inhaltlichen Gestaltung her sollte der didaktische Zusammenhang von vorberuflicher Bildung und anschließender beruflicher Fachbildung beachtet werden.
Aufgrund der getrennten Zuständigkeit für allgemeine und berufliche Bildung in Deutschland beschränkte sich die Zuständigkeit des Bundes auf die Möglichkeit, durch den Bundesminister für Wirtschaft die Anrechnung des BGJ`s auf die Dauer der beruflichen Erstausbildung zu verfügen.
Diese Anrechnungsverordnung wurde 1972 erlassen, und bald darauf zeigten sich auch die Schwächen und Probleme des Reformkonzeptes BGJ, die von den negativen Entwicklungen in der Praxis noch übertroffen wurden:
Da sich die Unternehmer weigerten, den Besuch des schulischen BGJ`s auf die Berufsausbildung anzurechnen, wurde es zum Aufbewahrungsort für Jugendliche, die keinen betrieblichen Ausbildungsplatz erhalten konnten. Es wurde zur "Restschule" und erhielt bundesweit ein negatives Image und damit den Charakter einer Notlösung.
Daran konnten die Unternehmerverbände mit ihrer Ablehnung des schulischen BGJ`s anknüpfen. 1975 forderten die Spitzenverbände der Wirtschaft vom Bundeskanzler die Aufhebung der Anrechnungsverordnung. Wegen des Widerstandes der Gewerkschaften und des Einspruches des Bundesausschusses für Berufsbildung blieb die Forderung zunächst erfolglos.
Allerdings wurde dem Willen der Unternehmerverbände dadurch Rechnung getragen, dass in die offiziellen Plandaten der Bund-Länder-Kommission der gleichberechtigte Ausbau eines kooperativen Berufsgrundbildungsjahres (das heißt in den Betrieben) mit dem schulischen BGJ aufgenommen wurde. Die erneute Überantwortung der beruflichen Grundbildung an den Betrieb waren erste Abstriche an den Reformanspruch des Berufsgrundbildungsjahres.
Parallel dazu wurde die bildungspolitische Begründung der Einführung des schulischen BGJ`s zunehmend arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Erfordernissen untergeordnet. Auf das unzureichende betriebliche Ausbildungsangebot der Betriebe reagierte der Staat mit einer Ausweitung schulischer Angebote speziell für diejenigen Jugendlichen der geburtenstarken Jahrgänge, die aufgrund der Marktlage keinen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz finden konnten. Vorangetrieben wurde vor allem der Ausbau von Sonderformen des Berufsgrundbildungsjahres. Diese Sonderformen waren von der Verpflichtung zur Anrechnung auf ein Ausbildungsverhältnis ausgenommen.
Und ihr Besuch galt in vielen Ländern als ausreichende Voraussetzung zur Aufhebung der Berufsschulpflicht. Die Abwertung des Berufsgrundbildungsjahres - ob in schulischer oder kooperativer Form - zur einjährigen Anlernmaßnahme war damit vollzogen.
Vor diesem Hintergrund bedeutete der Ausbau des schulischen BGJ`s eine neue Form der Stufenausbildung. Nach Meinung der Gewerkschaften wurde der Verzicht auf den mit dem BGJ verbundenen Reformanspruch, mit der Änderung der Anrechnungsverordnung Ende der siebziger Jahre besiegelt. Mit ihr wurde die Fachpraxis zu Lasten der allgemein bildenden Inhalte erhöht, im zweiten Halbjahr wurden Schwerpunkte eingerichtet, so dass nur noch ein halbes Jahr lang auf Berufsfeldbreite ausgebildet werden musste. Bei zweijährigen Berufen brauchte der Besuch des BGJ`s überhaupt nicht mehr und in zahlenmäßig stark besetzten Berufen des Handwerks nur noch mit einem halben Jahr angerechnet werden. Außerdem konnten BGJ-Absolventen ohne einen anschließenden Ausbildungsvertrag von der Berufsschulpflicht befreit werden.
In der Praxis konnte also von breiter Grundbildung und Verbesserung der Berufswahlmöglichkeiten keine Rede mehr sein. Unter dem Druck des Ausbildungsstellenmangels wurden ursprüngliche Reformziele des schulischen BGJ`s den Bedingungen der Unternehmerverbände untergeordnet. Materielle Nachteile für BGJ-Schüler kamen hinzu, da diese auf die Ausbildungsvergütung im ersten Jahr verzichtet mussten. Somit wurden lediglich die Unternehmer von den Kosten der Ausbildung im ersten Jahr entlastet, während die Inhalte des ersten Ausbildungsjahres verstärkt an den betrieblichen Interessen nach Spezialisierung ausgerichtet wurden.
Vor diesem Hintergrund lehnten die Delegierten des Gewerkschaftstages der IG Metall im Jahr 1980 den weiteren Ausbau des flächendeckenden schulischen BGJ`s ab.
Die Zielvorstellung einer breiten Grundausbildung wurde jedoch bei der Neuordnung der Metallberufe in den darauf folgenden Jahren von der IG Metall verstärkt in den Vordergrund gestellt.
Die Auseinandersetzung über Ausmaß und Tiefe von Grundbildung im Verhältnis zu spezialisierten Inhalten setzte sich bei den konkreten Verhandlungen um das Neuordnungskonzept fort. Bei Interpretation der Eckdaten gingen die Arbeitgeber von der Erfordernis eines flexiblen Personaleinsatzes im Betrieb und der verstärkten Notwendigkeit von planenden und analytischen Fähigkeiten aufgrund veränderter betrieblicher Anforderungen aus.
Diese veränderten Anforderungen waren auch Bezugspunkt für die IG Metall. Darüber hinaus ging es den Gewerkschaften aber vor allem darum, Ausbildungsinhalte durchzusetzen, die den Beschäftigten eine langfristige Verwertbarkeit ihrer Ausbildung ermöglichten. Von daher war gewerkschaftliche Zielsetzung die Erarbeitung von Grundberufen, in der jede Spezialisierung möglichst weit gehend vermieden werden sollte.
Auf der Grundlage einer einheitlichen berufsfeldbreiten Ausbildung für alle Berufsfelder (feinschlosserisch, grobschlosserisch, werkzeugmaschinenorientiert) strebten sie die weitest gehende Zusammenfassung in Grundberufen an. Gesamtmetall zielte vor allem auf die Befähigung zur Ausübung des Berufes unmittelbar nach Abschluss der Ausbildung durch entsprechende Spezialisierungen ab.
Als Kompromiss wurde das Fachrichtungsmodell erarbeitet. Anstelle von 37 bis dahin vorhandener Metallberufe wurden sechs neue Ausbildungsberufe mit insgesamt 17 Fachrichtungen vereinbart. Alle Berufe bauen auf einer gemeinsamen Grundbildung auf. Dieser schließt sich eine berufsgruppenspezifische Fachbildung an, die für zwei Berufe (Industriemechaniker, Werkzeugmechaniker) jeweils ein weiteres halbes Jahr gemeinsame Inhalte vorsieht. Die Trennung in Fachrichtungen erfolgt erst im dritten Jahr, wobei auch dann zwischen den Fachrichtungen durchaus noch identische Inhalte bestehen. Geordnet wurden nicht Einzelberufe, sondern Technikbereiche.
Wichtig vor allem:
Die zu erlernenden Qualifikationen werden nicht nur als Fertigkeiten und Kenntnisse begriffen. Vielmehr wurde ein Qualifikationsbegriff vereinbart, der darauf abzielt, individuelle Handlungsfähigkeit zu vermitteln, die selbstständiges Planen, Durchführen und Kontrollieren von Arbeitsgängen ermöglicht. Im Prinzip wurde damit die Aufspaltung in Theorie und Praxis überwunden.
In der Darstellung der Ergebnisse durch Arbeitgeber bzw. Gewerkschaft kommt die unterschiedliche Auffassung nach wie vor zum Ausdruck. Gewerkschaftliche Veröffentlichungen betonen den Charakter von Grundberufen mit Fachrichtungen oder Berufsprofilen. Dagegen sprechen die Arbeitgeber von Berufsabschlüssen, spezialisiert in Fachrichtungen.
Ein weiterer Kompromiss wurde bezogen auf die letzten 12 Wochen des ersten Ausbildungsjahres geschlossen. In dieser Zeit sollen die Ausbildungsinhalte unter Berücksichtigung der betriebsbedingten Schwerpunkte sowie des individuellen Lernfortschrittes vertieft vermittelt werden. Durch die Art der Vertiefung könnte bereits im ersten Jahr eine betriebsspezifische Spezialisierung erfolgen, was natürlich nicht das Ziel der Gewerkschaften ist.
Nach Auffassung der IG Metall muss auch in der Vertiefungsphase dem Grundgedanken der berufsfeldbreiten Grundbildung Rechnung getragen werden. Insofern orientiert sich die Gewerkschaft auf die Möglichkeit, aufgrund der Formulierung in der Ausbildungsordnung besondere Fördermöglichkeiten für einzelne Auszubildende vorzusehen, damit die Vollständigkeit der Grundbildung für alle sichergestellt wird.
Aufgrund der unterschiedlichen Interpretation der Ergebnisse war für die IG Metall von vornherein klar, dass der Prüfstein für den Erfolg des Neuordnungskonzeptes in der Praxis der betrieblichen Umsetzung liegen wird.
Entgegen den Forderungen der Gewerkschaft wurde eine umfassende, flächendeckende Evaluierung der neuen Berufe nicht vorgenommen. Erster Hinweis auf betriebliche Reaktionen unmittelbar nach Einführung der neu geordneten Berufe war ein überproportional hoher Rückgang der Ausbildungszahlen.
Mit eine wichtige Ursache dafür lag sicher im demografisch bedingten Rückgang der Bewerberzahlen für betriebliche Berufsausbildung in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre.
In den Vorjahren hatten sich die Betriebe daran gewöhnt, unter einer großen Anzahl von Bewerbern auswählen zu können und wählten entsprechend Jugendliche mit den schulischen und sozialen Voraussetzungen, die ihren Vorstellungen entsprachen. Diese Situation änderte sich exakt zum Zeitpunkt der Einführung der neu geordneten Berufe. Gerade jetzt aber hätten viele Betriebe die mit der Einführung der neuen Berufe verbundenen Unsicherheiten und Risiken sehr gern auf die Auszubildenden abgewälzt - zum Beispiel indem sie im besonderen Maße Jugendliche für die Ausbildung auswählten, die ihnen aufgrund ihrer besseren Schulabschlüsse für eine theoretisch fundierte Ausbildung und das Lernen in Zusammenhängen hinreichend vorbereitet erschienen. Da dies nicht gelang, verzichtete eine Reihe von Betrieben auf eine Ausbildung in den neuen Metallberufen.
Nicht wenige allerdings stellten sich auf die neuen Anforderungen ein, und sie führten Schulungen für Ausbildungspersonal durch und veränderten zum Teil auch ihre Ausbildungsorganisation. Denn eine wichtige Erfahrung bei der Umsetzung der neuen Ausbildungsberufe war auch, dass das vorherrschende arbeitsteilige Kursprinzip in der betrieblichen Berufsausbildung nicht mit der Zielvorstellung des selbstständig planenden und handelnden Auszubildenden zu vereinbaren war. Gerade die Vermittlung von Selbstständigkeit ist eine entscheidende Reformperspektive der neuen Berufe und ein wichtiger Ansatz zur qualitativen Verbesserung der betrieblichen Ausbildung.
Der Verwirklichung standen jedoch die überwiegend praktizierten Ausbildungsmethoden (Kursmodell) entgegen. Eine entsprechende Veränderung der Ausbildungsorganisation stellte aber für viele Betriebe eine sehr große Hürde dar - besonders aus Kostengründen.
Insgesamt kann sicher festgestellt werden, dass in vielen Betrieben aufgrund der neuen Anforderungen wichtige Impulse und Ansätze zur konkreten Verbesserung der Ausbildungsqualität durchgesetzt wurden. Nach Meinung der betrieblichen Experten sind diese Prozesse auch heute noch längst nicht in allen Betrieben abgeschlossen.
Zur positiven Bilanz gehört auf jeden Fall, dass mit den neuen Ausbildungsordnungen das formal festgeschriebene Anspruchsniveau junger Menschen an die Ausbildung weit reichend verbessert wurde. Der qualitative Anspruch, dass eine Ausbildung zur sachgerechten Anwendung beruflichen Wissens und Könnens bei der Lösung komplexer Aufgaben in unterschiedlichen Situationen befähigt und nicht lediglich die Beherrschung einzelner Fertigkeiten vermittelt, ist zur Mindestanforderung an berufliche Ausbildung und damit - auf der normativen Ebene - allgemein verbindlich geworden.
Ferner wurde über den erzwungenen Konsens zwischen den Tarifvertragsparteien für mehrere Jahre eine Stabilisierung des Konsensprinzips beim Prozess der Entstehung von Ausbildungsordnungen erreicht. Es wurden auch wichtige Grundlagen zur Vorbereitung und Beschleunigung von Neuordnungsverfahren in anderen Branchen und Bereichen getroffen.
Die langjährigen Auseinandersetzungen bei der Bearbeitung und Umsetzung neuer Ausbildungsordnungen bestätigen die Notwendigkeit grundlegender Reformen der politischen Rahmenbedingungen beruflicher Bildung: Dazu gehört die Gleichwertigkeit von allgemeiner und beruflicher Bildung ebenso wie verbindlich geregelte Weiterbildungsrechte und Weiterbildungsberufe für "dual" ausgebildete Beschäftigte.
Für die IG Metall geht es dabei um tragfähige neue Konzepte; um ein Stück Reform bei jedem Beruf und um solide Qualität.
In den letzten Jahren wurde einiges vereinbart, das zukunftsweisenden Charakter hat.
Das gilt für
Und bei den Metall- und Elektroberufen werden wir ebenfalls versuchen, Bildungsansprüche von Jugendlichen zu stärken. Der Erwerb eines Berufes - das Berufsprinzip - bleibt eine Lebenskategorie, zu der es keine Alternative gibt. Dabei geht die IG Metall davon aus, dass mit dem einmaligen Erlernen eines Berufes der notwendige Qualifikationsbedarf von Arbeitnehmern nicht abschließend vermittelt ist.
Die erste berufliche Ausbildungsphase verhilft in der Regel zum Berufseinstieg. Und die Absicherung der Übernahme in Tarifverträgen hat ganz konkret erste Beschäftigungsperspektiven verschafft. Eine hinreichende Qualifikationssicherung für die Dauer eines Berufslebens ist dies allerdings schon lange nicht mehr. Denn es kommt hinzu: Berufsbiografien verlaufen zunehmend weniger gradlinig.
Insoweit ist die schulische und berufliche Grundbildung allein auch überfordert, auf Dauer marktgerechte Qualifikationen anzubieten. Daraus kurzerhand zu schließen, das Berufsprinzip sei überholt, ist ein Kurzschluss und führt in der Konsequenz zu verhängnisvollen Ergebnissen. Die weit gehend in Berufen organisierte Form von Arbeit sichert die Grundlage der Beruflichkeit.
Gerade die neuen Arbeitskonzepte in der Industrie setzen auf berufliche Identitäten und Fachkompetenz. Nicht das Ende des Berufes steht zur Debatte, sondern vielmehr die Renaissance von qualifizierter Arbeit auf der Basis von Berufen. Deshalb setzen die Gewerkschaften auf die Erneuerung des Berufskonzeptes - nicht auf dessen Abschaffung.
Dabei sind es drei konkrete Ansätze zur Sicherung und Weiterentwicklung des Berufskonzeptes, an denen sich gewerkschaftliche Berufsbildungspolitik orientiert:
Im Mittelpunkt der gegenwärtigen Diskussion um die Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer für das berufsbildende Schulwesen stehen folgende vier Aspekte:
BLBS, VLW und die Sektion Berufs- und Wirtschaftspädagogik der DGfE sehen die Gefahr, dass - angesichts des gegenwärtigen Problemdrucks - die langjährig bewährten und einen hohen Qualitätsstandard gewährleistenden universitären Studiengangmodelle und Studienstrukturen aufgegeben werden, ohne dass für einen adäquaten Ersatz gesorgt würde. Die Verbände fordern daher die Kultusminister der Länder auf, die folgenden Eckpunkte bei der Gestaltung des Studiums ohne Abstriche umzusetzen.
Die Nachwuchssituation bei den Lehrkräften für das berufsbildende Schulwesen ist seit einigen Jahren in der Mehrzahl der Bundesländer schwierig und wird sich in den kommenden Jahren, falls sich die Zahl der Studierenden nicht wesentlich erhöht, insbesondere aufgrund der anstehenden Pensionierungswelle noch weiter verschärfen. Daher sind die Kultusministerien der Länder in der Pflicht, nachhaltige Maßnahmen zur Sicherung der quantitativen Unterrichtsversorgung an den berufsbildenden Schulen zu ergreifen, ohne dabei gleichzeitig die notwendigen Qualifikationsanforderungen zu vernachlässigen. Die Situation ist vor allem in den großen gewerblich-technischen Berufsfeldern (insbesondere Elektro- und Metalltechnik), in den informationswirtschaftlichen und -technischen Berufen sowie im Bereich Wirtschaft und Verwaltung brisant. Die von mehreren Ländern bereits eingeleiteten Quer- und Seiteneinsteiger-Programme, die darauf abzielen, im gewerblich-technischen Bereich Diplom-Ingenieure und im wirtschaftsberuflichen Schulwesen Diplom-Kaufleute, Diplom-Volkswirte und Diplom-Wirtschaftsinformatiker als Quereinsteiger direkt in den Schuldienst oder als Seiteneinsteiger in das Referendariat einzustellen, können mittel- bis langfristig nicht als zielführender Weg zur Verbesserung der Nachwuchssituation gesehen werden. Darüber hinaus gehen von solchen Maßnahmen Signale an die Studierenden aus, die keineswegs geeignet sind, sich für die Aufnahme eines grundständigen berufs- und wirtschaftspädagogischen Studienganges zu entscheiden. Hier sind vielmehr Konzepte gefordert, die für interessierte Studienanfänger und Studierende das Arbeitsfeld "Berufsbildende Schule" attraktiv machen. Dazu gehören u. a. bessere Arbeitsbedingungen und Aufstiegschancen, wie auch eine Anhebung der Referendarbezüge auf ein Niveau, das mit den Gehältern von Trainees in der Wirtschaft vergleichbar ist.
Für viele der gegenwärtig bereits eingerichteten Quer- und Seiteneinsteiger-Programme gilt, dass sie den berufs- und wirtschaftspädagogischen Qualitätsstandard eines grundständigen universitären Studiums deutlich unterschreiten. Angesichts des Wandels der Arbeitswelt sowie im Zeichen einer globalisierten Wirtschaft steigen die Qualifikationsanforderungen ständig, so dass solche "Notmaßnahmen" sich als kontraproduktiv erweisen. Es ist daher sicherzustellen, dass in den zur Abdeckung des kurzfristigen Bedarfs eingerichteten Quer- und Seiteneinsteiger-Programmen eine fundierte berufs- und wirtschaftspädagogische Ausbildung integriert und in den entsprechenden Curricula fest verankert wird. Die Gestaltung und Durchführung der Programmelemente sollte von den universitären Lehr- und Forschungseinrichtungen der Berufs- und Wirtschaftspädagogik in Verbindung mit den Studienseminaren der zweiten Phase verantwortet werden.
Die Berufs- und Wirtschaftspädagogik ist die profilbildende wissenschaftliche Disziplin im Studium künftiger Lehrkräfte an berufsbildenden Schulen, denn sie konzentriert sich in Forschung und Lehre vor allem auf die Untersuchung von Lehr-/ Lernprozessen im Rahmen der beruflichen Aus- und Weiterbildung in berufsbildenden Schulen, Betrieben und sonstigen Berufsbildungseinrichtungen. Im Mittelpunkt des Interesses stehen Fragen der Ziel- und Inhaltsbestimmung von beruflichen Bildungsgängen, der Gestaltung von berufsbezogenem Unterricht und der Ermöglichung von Lern- und Bildungsprozessen. Hinzu kommen die Ermittlung und Beurteilung personaler Lern- und Bildungsvoraussetzungen sowie die Entwicklung der organisatorischen, institutionellen, rechtlichen, politischen und personellen Rahmenbedingungen der Berufsbildung. Im Studium werden die Studierenden mit diesen Kernbereichen der Berufs- und Wirtschaftspädagogik so weit vertraut gemacht, dass sie auf der Basis der erworbenen grundlegenden Erkenntnisse in der Lage sind, praktische Fragen und Probleme in den genannten Tätigkeitsfeldern theoriegeleitet zu reflektieren und rational begründete, auf individuelle und kollektive Bedürfnisse abgestimmte Lösungen zu entwickeln und umzusetzen. Die Umsetzung dieser Leitidee erfolgt im Studium in aufeinander bezogenen Lehrveranstaltungen im Umfang von etwa 30 Semesterwochenstunden (SWS) im Verlaufe von neun Semestern, wobei weitere 10 SWS für individuelle Profilbildungen der einzelnen Lehr- und Forschungseinrichtungen zur Verfügung stehen.
Durch die Ausformulierung eines Kerncurriculums für diesen Studienteil
von 30 SWS soll der Grad an Übereinstimmung zwischen den einzelnen Hochschulstandorten
erhöht und die inhaltliche Abstimmung zwischen dem Studium an der Universität
und der Ausbildung am Studienseminar optimiert werden. Gleichzeitig würde
auch ein Beitrag zur Attraktivitätssteigerung des Studiums geleistet
werden. Zudem soll durch ein solches Kerncurriculum ein nicht zu unterschreitender
Qualitätsstandard für berufs- und wirtschaftspädagogische Studiengänge
erreicht werden, der auch - wie bereits betont - für Quer-
und Seiteneinsteiger-Programme gelten muss.
Die Ziel- und Inhaltsbestimmung von Bildungsgängen und die Planung, Konstruktion, Durchführung und Evaluation von Lehr-/ Lernprozessen zählen zu den wesentlichen Aufgaben einer jeden Lehrkraft. Insofern ist es unverzichtbar, dass zukünftige Lehrkräfte an berufsbildenden Schulen bereits im Studium Expertenwissen im Bereich der Didaktik beruflichen Lehrens und Lernens erwerben, und zwar sowohl auf dem Felde der von ihnen gewählten beruflichen Fachrichtung als auch auf dem Felde des von ihnen gegebenenfalls gewählten weiteren nicht-berufsbezogenen Unterrichtsfaches oder einer berufsbezogenen Vertiefungsrichtung. Daher wird didaktischen Fragen auch im Kerncurriculum ein breiter Raum gegeben.
Der hohen Bedeutung fachdidaktischer Forschung und Lehre für den Professionalisierungsprozess
zukünftiger Lehrkräfte an berufsbildenden Schulen steht jedoch gegenwärtig
ein mangelhafter Ausbau der fachdidaktischen Lehr- und Forschungseinrichtungen
an einer Vielzahl von Universitäten gegenüber. Häufig sind
für die Fachdidaktiken keine Professuren eingerichtet, oder es fehlt
an einer sachlichen und personalen Mindestausstattung, so dass eine kontinuierliche
fachdidaktische Forschung als wichtige Grundlage für eine fundierte Lehre
nicht gewährleistet ist. Hierunter leidet nicht allein die Qualität
der Lehre, sondern insbesondere auch die Ausbildung des wissenschaftlichen
Nachwuchses in den Fachdidaktiken. Um die Qualität des Studiums zu erhalten
und weiter zu verbessern, ist ein schneller und umfassender Ausbau der beruflichen
Fachdidaktiken - vor allem im gewerblich-technischen Bereich -
in enger Verbindung mit den berufs- und wirtschaftspädagogischen Lehr-
und Forschungseinrichtungen daher unverzichtbar.
Während aus der Sicht der veranstaltenden Verbände die Erhöhung der Attraktivität und die Sicherung des Studiums durch die bisher genannten Maßnahmen im Vordergrund der Diskussion um die Veränderung der universitären Phase stehen müssten, wird diese gegenwärtig von formal-organisatorischen Aspekten dominiert. Im Mittelpunkt steht die Entwicklung neuer Modelle für die Gestaltung der berufs- und wirtschaftspädagogischen Studiengänge. Dabei handelt es sich um konsekutive BA- und MA-Studiengänge, welche die etablierten Diplom- bzw. Staatsexamensstudiengänge ablösen sollen. Wenn zukünftig Lehrkräfte für die berufsbildenden Schulen in solchen Studiengängen ausgebildet werden sollen, müssen mindestens die bisher erreichten Qualitätsstandards des Diplom- bzw. Staatsexamensstudiengangs sichergestellt werden. Dieses Ziel könnte erreicht werden, wenn nach einem sechssemestrigen Studium mit dem Bachelor ein erster Abschluss verliehen werden könnte, der für außerschulische Tätigkeiten, z. B. im Bereich der betrieblichen Aus- und Weiterbildung, arbeitsmarktfähig ist, der allerdings noch nicht zur Einstellung als Lehrkraft für das berufsbildende Schulwesen berechtigt. Erst weitere erziehungswissenschaftliche, fachdidaktische und vertiefte fachwissenschaftliche Studien in viersemestrigen MA-Studiengängen können zu der Qualifizierung führen, die von den angehenden Lehrkräften beim Eintritt in das Referendariat für das Lehramt an berufsbildenden Schulen erwartet werden.
BLBS, VLW und die Sektion für Berufs- und Wirtschaftspädagogik sehen eine Umstrukturierung des Studiums auf das BA-/MA-Studiengangkonzept nur dann mit Aussicht auf Erfolg realisierbar, wenn die übrigen wirtschafts- und ingenieurwissenschaftlichen Studiengänge als fachwissenschaftliche Bezugsdisziplin ebenfalls in dieser Form organisiert werden. Darüber hinaus muss die Integration des Studiums eines zur gewählten beruflichen Fachrichtung nicht affinen Wahlbereichs in ein konsekutives Studiengangsmodell in befriedigender Weise gelingen und eine grundständige berufs- und wirtschaftspädagogische Ausbildung im Sinne der Qualitätsstandards des Kerncurriculums garantiert sein.
Dagegen wird die von mehreren Bundesländern beabsichtigte partielle Verlagerung des Studiums an Fachhochschulen und Pädagogischen Hochschulen eindeutig abgelehnt. Diese Modelle werden den an die Lehrkräfte gestellten hohen Qualifikationsanforderungen nicht gerecht. Sie stehen zudem im Gegensatz zu internationalen Entwicklungen, die grundsätzlich auf eine volluniversitäre Ausbildung der Lehrkräfte für berufsbildende Schulen hin ausgerichtet sind.
BLBS, VLW und die Sektion Berufs- und Wirtschaftspädagogik der
DGfE sind überzeugt, dass die Umsetzung dieser Eckpunkte zur qualitativen
Weiterentwicklung der Ausbildung der Lehrkräfte für berufsbildende
Schulen erforderlich ist, um den wachsenden gesellschaftlichen Anforderungen
an das Berufsbildungssystem entsprechen zu können.
Bundesverband der Lehrerinnen
und Lehrer an beruflichen Schulen e.V. (BLBS)
Bundesgeschäftsstelle: Friedrichstraße 169/170; 10117 Berlin
Bundesvorsitzender Dipl.-Ing. Günter Besenfelder
Bundesverband der Lehrerinnen
und Lehrer an Wirtschaftsschulen e.V: (VLW)
Bundesgeschäftsstelle: Wehlauer Straße 170; 76139 Karlsruhe
Bundesvorsitzender Dipl.rer.pol. (techn.) Manfred Weichhold
Sektion
Berufs- und Wirtschaftspädagogik der Deutschen Gesellschaft für
Erziehungswissenschaft (DGfE)
Kontakt zum Vorstand: Carl-Zeiss-Str. 3; 07740 Jena
Vorsitzender Sektion BWP Prof. Dr. Holger Reinisch
Arbeits- und Lebenswelt ändern sich dramatisch. Treffen aktuelle Prognosen zu, werden schon im nächsten Jahrzehnt vier Fünftel der Arbeit aus Tätigkeiten bestehen, bei denen Daten Rohstoff, Werkzeug und Produkt sind. Neue Arbeitsplätze in der Wissens- und Informationsgesellschaft werden vor allem im Bereich Dienstleistungen entstehen: beraten, informieren, entwickeln, organisieren und vernetzen. Schon heute arbeiten hier 45 % aller Erwerbstätigen. Einmal erlerntes "Vorratswissen" veraltet angesichts des rasanten technologischen und wirtschaftlichen Fortschritts immer schneller.
Vielen Jugendlichen wird angst und bange angesichts der dynamischen Veränderungen in der Arbeitswelt. Die Suche nach einem Arbeitsplatz ist für viele schon eine große Herausforderung. War damit früher der Berufsweg vorgezeichnet, heißt es heute: lebensbegleitende Weiterqualifizierung und flexible Anpassung an neue Anforderungen. Sehr viel stärker als noch vor einer Generation werden Jugendliche in die Verantwortung genommen für ihren Berufsstart, ihre soziale Absicherung und ihre Altersvorsorge.
Junge Menschen finden sich immer häufiger in einem unberechenbaren Spannungsfeld:
Wer hier ernsthaft die Absicht hat, junge Menschen für eine aktive Gestaltung ihres Lebens zu begeistern, wer eine wache und lebendige Arbeitswelt und Demokratie wünscht, der muss Wege aufzeigen und wirkliche Beteiligung ermöglichen. Wer ihnen zeigen will, dass Veränderungen möglich und nötig sind, dass Engagement sinnvoll und unverzichtbar aber auch mit Rückschlägen verbunden ist, der kann Jugendliche nicht ernsthaft auf die Chancen ihrer "erwachsenen Zukunft" vertrösten.
Nicht zuletzt die PISA-Studie belegt, dass deutsche Schülerinnen und Schüler nur unzureichend auf den Übergang von der Schule ins Berufsleben vorbereitet sind, obwohl Jugendliche heute, wenn sie die Schule verlassen, deutlich älter sind als ihre Eltern und Großeltern es waren. Arbeit war und ist für jeden Menschen von lebensstrukturierender Bedeutung. Entsprechend ihrer personalen und objektiven Bedeutung müssen die Anforderungen, Möglichkeiten und Probleme der Arbeit und Arbeitswelt Eingang in die Schulen finden. Schülerinnen und Schüler haben einen berechtigten Anspruch auf Berufsorientierung, bevor sie sich am Ende ihrer Schullaufbahn für ihren Ausbildungsweg entscheiden.
Berufsorientierung muss deshalb einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, Schülerinnen und Schüler auf den Weg in eine sich ständig verändernde Arbeits- und Lebenswelt vorzubereiten. Gleichzeitig muss vermittelt werden, dass die Zukunft von Arbeitswelt und Gesellschaft durch die aktive Teilnahme jedes Einzelnen wandelbar und gestaltbar ist.
Wie können Chancen des ökonomischen und gesellschaftlichen Wandels genutzt, Risiken und Konflikte bewältigt werden? Die Antwort führt zu einer Berufsorientierung, die sich längst nicht mehr allein auf die Information über Berufsbilder beschränkt, sondern die Informationen über Veränderungsprozesse in Arbeitswelt und Gesellschaft aufgreift. Aufgrund der generellen Bedeutung der Arbeit für die Persönlichkeitsentfaltung und die Integration des Einzelnen in die Gesellschaft kommt der erfolgreichen Eingliederung der Jugendlichen in das Beschäftigungssystem eine Schlüsselrolle zu.
Am Ende der Schulzeit stehen junge Menschen vor der ersten Entscheidung, die sie wirklich selbstständig treffen und deren Folgen sie selbst tragen müssen. Bisher haben ihre Eltern Entscheidungen für sie oder mit ihnen getroffen: der Besuch einer weiterführenden Schule am Ende der Grundschulzeit, die Unterstützung und Förderung der Begabungen durch Finanzierung von Stunden und Kursen in Musik, Sport, Hobby usw. Sie haben ihren Kindern Chancen eröffnet.
Sie haben auch Einstellungen und Werthaltungen ihrer Kinder mitgeprägt, z. B. durch ihre Einstellung zur Gestaltung des Lebens und der Freizeit, zu Arbeit und Beruf. Nun erwarten sie, dass ihre Kinder sich selbstständig und eigenverantwortlich der Aufgabe des Übergangs von der Schule in den Beruf stellen.
Dieser Übergang ist für junge Menschen in zweifacher Hinsicht ein wichtiger Schritt:
Zum einen markiert er das Ende der Kindheit und Jugendzeit. Die Jugendlichen sollen ihre Rolle in der Welt der Erwachsenen eigenständig übernehmen. Diese ist geprägt von der Notwendigkeit, durch den Einsatz des eigenen Arbeitsvermögens ein anerkanntes Mitglied der Gesellschaft zu werden. Ihr Leben gestalten und bewältigen sie unabhängig von anderen.
Zum anderen markiert dieser Schritt eine Einordnung in die betrieblich oder institutionell gegliederten gesellschaftlichen Systeme von Arbeit, in den Arbeitsmarkt mit seinen Qualifikationsanforderungen und der Herausforderung, die Nützlichkeit des bisher erworbenen Wissens und Könnens am Markt unter Beweis zu stellen.
Die Übergangsphase zwischen Schule und Beruf hat sich verlängert und damit zu einer zeitlich verzögerten Berufswahl geführt. Die schulischen Angebote sind vielfältig und bieten, zwar mit jeder Entscheidung etwas weniger, eine Reihe von Übergangsmöglichkeiten und Chancen zum Weiterlernen. Gleichzeitig hat sich der Stellenwert der Berufswahl verändert: Nicht das konkrete Berufsziel steht im Mittelpunkt der beruflichen Entscheidung, sondern der Wunsch möglichst lange möglichst viele Bildungs- und Berufsmöglichkeiten offen zu halten. Damit wird deutlich, dass für die Jugendlichen der Weg klarer ist als das Ziel.
Durch dieses Verhalten kommt die starke Verunsicherung zum Ausdruck, die sich aufgrund der verschlechterten Ausbildungs- und Arbeitsmarktperspektiven und der zunehmenden Unübersichtlichkeit und Ausdifferenzierung der Bildungsgänge unter jungen Menschen ausbreitet und die Ausbildungswahl erschwert. Fehlende Erfolgsaussichten und der Wandel der Erwerbsarbeit überschatten bereits das Selbstgefühl der Jugendlichen und prägen beklemmende Zukunftserwartungen. Selbstzweifel, Abwendung und Lähmung bei Jugendlichen sind deprimierende und beobachtbare Folgen. Offensichtlich gelingt es uns nicht, den nachwachsenden Generationen in ausreichendem Maße Mut zu machen und Wege aufzuzeigen, trotz objektiver Problemlagen, mit Kraft und Selbstvertrauen an deren Überwindung zu gehen.
Gerade deshalb haben Berufsorientierung und spätere Berufswahl eine gesellschaftliche Funktion. Sie erfüllen aus gesellschaftlichem Blickwinkel die Aufgabe der Einordnung des Einzelnen in die Gesellschaft und der Zuweisung des Einzelnen zu bestimmten Berufspositionen. Gesellschaftliche Aufgabe ist es, Ungleichgewichte zwischen Arbeitsangeboten und deren Nachfrage zu vermeiden und beruflichen Fehlentscheidungen vorzubeugen. Ausbildungsabbrüche und Arbeitslosigkeit sind deshalb nicht nur für das Individuum, sondern auch aus gesellschaftlicher Perspektive problematisch.
Grundlage für die Stärkung der Ausbildungsfähigkeit muss deshalb eine Berufsorientierung sein, welche die Entwicklung der Ausbildungsfähigkeit von Schülerinnen und Schüler in dieser Phase unterstützt und Schlüsselkompetenzen vermittelt.
Nur jene Menschen werden zukünftig in ihrem eigenen Interesse Einfluss auf die Gestaltung ihrer Arbeit nehmen können, die Einsicht in die Zusammenhänge von Technologie, Ökonomie, Arbeitsorganisation und gesellschaftliche Entwicklung gewonnen haben und die auch über Kompetenzen verfügen, ihre Vorstellungen in die gesellschaftliche Auseinandersetzung einzubringen. Dies bedeutet Heranwachsende zu befähigen, die spezifischen Möglichkeiten der technisch und ökonomisch geprägten Lebenssituationen zu analysieren und zu bewerten, humane und ökologische Alternativen technischer Entwicklung zu denken, Handlungsstrategien zur Durchsetzung entsprechender Lösungen zu erörtern und in praktisch-technischen als auch in politischen Handlungsvollzügen zu erproben.
Junge Menschen müssen auf die Veränderungsprozesse in der Arbeitswelt vorbereitet werden. Aufgrund der generellen Bedeutung der Erwerbsarbeit für die Persönlichkeitsentwicklung sowie für die Integration des Einzelnen in die Gesellschaft kommt der erfolgreichen Eingliederung der Jugendlichen in das Beschäftigungssystem eine Schlüsselrolle zu. Erwerbsarbeit soll vielfältige, unterschiedlich bewertete Erwartungen erfüllen: Materielle Basis für eine selbst verantwortliche Lebensführung, interessante und verantwortungsvolle Tätigkeiten, Herausforderung und Weiterentwicklung der persönlichen Fähigkeiten, materielle und soziale Anerkennung der beruflichen Leistung, beruflichen und sozialen Aufstieg, soziale Kontakte und vielfältige, auch über den unmittelbaren beruflichen Tätigkeitsbereich hinausgehende Anregungen, Einsichten und gesellschaftliche Anerkennung.
In allen Industriegesellschaften findet gegenwärtig ein gravierender technologischer, wirtschaftlicher und sozialer Strukturwandel statt. Dieser Wandel verändert auch die individuellen und gesellschaftlichen Erfahrungen von Arbeit, beschleunigt durch den umfassenden Einsatz der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien. Mit der Informatisierung der Arbeit deutet sich das Risiko einer beschleunigten Individualisierung in der Gesellschaft an. In flexibleren Arbeitszeitregelungen, der Auflösung von Regelarbeitszeiten in Betrieben und vielfältigen, zum Teil ungesicherten Arbeitsverhältnissen kommt die Individualisierung von Arbeit zum Ausdruck - mit einschneidenden Auswirkungen auf die kollektive Interessenvertretung und die Mitgestaltung von Arbeitsorganisation durch die Beschäftigten. Bezogen auf die Arbeitsorganisation beginnt die bisher in vielen Wirtschaftsbereichen dominierende hochgradige Arbeitsteilung aufzubrechen mit einer Tendenz, stärker ganzheitliche und integrierte Arbeitsprozesse zu realisieren. Im Produktionsbereich geht die direkt produktionsbezogene Herstellungsarbeit zurück, statt dessen nehmen indirekt planende, steuernde und kontrollierende Arbeiten zur Systembetreuung zu.
Im Dienstleistungsbereich entstehen Arbeitstätigkeiten, die durch eine höhere Komplexität, die Erweiterung der Aufgaben zu komplizierten Sachverhalten gekennzeichnet sind. Die Hauptqualifikation für eine Gestaltung solcher Arbeitssituationen ist die Fähigkeit zum strategischen Umgang mit Informationen. Dies setzt gute Fachkenntnisse, analytische Fähigkeiten, intellektuelle Flexibilität und gute kommunikative Kompetenzen voraus.
Ausbildung und Arbeit wird deshalb von Jugendlichen - neben Partnerwahl und Familiengründung - als entscheidender Schritt für ihr Erwachsenwerden betrachtet. Im Leben des einzelnen Menschen bildet die Erwerbstätigkeit den Rahmen für die Gestaltung eines großen Teils der Lebenszeit. Die Mehrheit der Bevölkerung bestreitet ihren Lebensunterhalt aus dem Einkommen für abhängige Erwerbsarbeit. Wegen der seit Jahren bestehenden Massenarbeitslosigkeit sorgen sich die Menschen um ihre Arbeits- und Ausbildungsplätze.
Arbeitslosigkeit, gerade auch unter Jugendlichen, bleibt auf absehbare Zeit ein zentrales Problem unserer Gesellschaft. Vor allem weniger qualifizierte Jugendliche mit schlechten oder niedrigeren Bildungsabschlüssen sind betroffen. Auf dem Arbeitsmarkt werden für einfache Tätigkeiten immer weniger Arbeitsplätze angeboten. Ungelernte Arbeitskräfte sind deshalb besonders stark betroffen, weil auch die einfachen Tätigkeiten zu einem Drittel bereits von Absolventinnen und Absolventen mit beruflichem Abschluss übernommen werden. Das gilt für die Produktion ebenso wie für die primären Dienstleistungen, die direkt mit der Warenproduktion verbunden sind. Gleichzeitig steigt der Bedarf an Fachkräften mittlerer Qualifikation in allen produzierenden Branchen.
Die Erwerbsarbeit ist und bleibt die wichtigste Quelle der Existenzsicherung. Dennoch: Mit steigender Produktivität ohne wachsende Absatzmöglichkeiten für die Produkte verringert sich der Anteil bezahlter Erwerbsarbeit in der Gesellschaft. Für die Menschen verschwimmen die Grenzen zwischen Arbeit, Nicht-Erwerbsarbeit und Freizeit. Im Betrieb, aber auch in der Familie, entwickeln sich neue anspruchsvolle und zum Teil irritierende Sozialisationsbedingungen für Heranwachsende. Jugendliche sind daher längst nicht mehr bereit, unreflektiert die Werthaltungen der Elterngeneration zu übernehmen. Flexible Arbeitsverhältnisse jenseits des sozial abgesicherten Normalarbeitsvertrages entstehen - zum Teil unsichere Arbeitsverhältnisse oder Formen der Selbstständigkeit. Gerade in diese Bereiche versuchen sich auch oft Jugendliche und junge Erwachsene einzubringen mit dem Ziel, eine sinnvolle Arbeit auszuüben und befriedigende Kommunikations- und Sozialbeziehungen aufzubauen.
In diesem tief greifenden Wandlungsprozess unserer Gesellschaft nimmt Bildung eine Schlüsselrolle ein. Mit dem Strukturwandel einher geht eine Expansion des Wissens. In einer wissensbasierten Wirtschaft ist die Produktivitätsentwicklung in immer stärkerem Maße von den "human ressources" abhängig und damit von Bildung, Forschung und innovativen Organisationsstrukturen.
Bildung ist heute eine strategische Größe: Nur mit guten Qualifikationen haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf Dauer eine Chance auf einen Arbeitsplatz und berufliches Fortkommen. Sie müssen dafür die notwendigen Entscheidungskompetenzen erwerben. Jugendliche müssen schon in der Schule Schlüsselqualifikationen erwerben, die im Berufsleben wichtig sind. Ein modernes Bildungssystem muss dem ebenso gerecht werden wie der Tatsache, dass sich die Qualifikationen in raschem Tempo verändern.
Berufsorientierung ist mehr als Anpassungsqualifizierung für die Belange der Wirtschaft. Als letzte verbliebene gesellschaftliche Einrichtung, die alle jungen Menschen erreicht, haben Schulen zudem eine wichtige Funktion für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. In einer Gesellschaft, die den Anspruch erhebt, die Gestaltung ihrer Lebensbereiche demokratisch zu legitimieren, hat Schule die Aufgabe, Einsicht in die sozialen, ökonomischen und politischen Rahmenbedingungen zu geben. Jugendliche müssen darauf vorbereitet werden, an den Entscheidungen über die künftige Gestaltung der Gesellschaft mitzuwirken. Schulen können helfen, die Standards und Werte unserer Gesellschaft zu verbessern, damit Menschen nicht auf ihre ökonomische Verwertbarkeit reduziert werden. Dies schließt die Fähigkeit junger Menschen ein, die eigene Arbeitskraft selbstbestimmt "so teuer wie möglich" zu verkaufen.
In dieser Situation werden Schulen gebraucht, die Chancengleichheit und eine fundierte Bildung anstreben, damit alle jungen Menschen entsprechend ihrem "Lerntyp" ihre Talente und Potenziale entwickeln können. Es werden Schulen gebraucht, die es der jungen Generation ermöglichen, gleichermaßen konkurrenz- und solidaritätsfähig zu werden.
Arbeitsbezogene technische und ökonomische Inhalte stellen in diesem Zusammenhang zentrale Themen allgemeiner Bildung dar, mithilfe derer Heranwachsende auf das zukünftige gesellschaftliche Leben am Arbeitsplatz und anderen Orten vorbereitet werden. Veränderungen und Verschiebungen in der Arbeitswelt müssen von ihr wahrgenommen werden. Lehrerinnen und Lehrer müssen ihre pädagogische Kompetenz dafür einsetzen, dass Schülerinnen und Schüler in der Berufsorientierung und späteren Berufswahl bewusste Entscheidungen treffen können.
Dieses Bewusstsein sollte sich auf die Unterstützung des Selbstwertgefühls und des Selbstbewusstseins beziehen, in dem die Schülerinnen und Schüler gestärkt werden die Ausbildung anzustreben, die ihren Begabungen und Interessen entspricht und nicht zu früh Abstriche zu machen, nur weil der Markt sie in die Schranken weist.
Die Hinführung zur Wirtschafts- und Arbeitswelt wurde im Katalog vieler Schulrichtlinien festgeschrieben. Zur Entwicklung dieser Kompetenzen und von Ansätzen der Umsetzung im Unterricht sind vielfache Voraussetzungen geschaffen worden. Die meisten Haupt-, Real- und Gesamtschulen führen Schülerbetriebspraktika durch. Gleiches gilt in einigen Bundesländern für die Gymnasien. Und dieses Betriebspraktikum wird von den Schulen vielfach dazu genutzt, eine erste Berufsorientierung zu leisten.
Auf den ersten Blick passiert hier eine ganze Menge. Erschrecken muss jedoch
die Tatsache, dass sich die Jugendlichen immer noch auf bestimmte Ausbildungsberufe
beschränken und nicht ausreichend über die ganze Bandbreite der
mehr als 360 dualen Ausbildungsberufe informiert sind. Noch immer wird Berufsvorbereitung
und Berufsorientierung heute von den meisten Schulen als etwas angesehen,
was man zusätzlich leistet und wozu man eigentlich nicht da ist. Das
ist ein Irrtum.
Die eine große Hauptaufgabe von Schulen ist es, Schülerinnen und
Schüler bei der Berufsorientierung und bei der Berufseinmündung
zu unterstützen. Nicht als Ersatz des Arbeitsamtes, aber durchaus in
Kooperation mit dem Arbeitsamt und in ganz enger Kooperation mit den Betrieben.
Deshalb muss auch gefragt werden, ob es nicht zu spät ist, wenn die Kooperation
erst bei Jugendlichen mit 14 oder 15 Jahren beginnt.
Der berufsorientierende Unterricht muss die herausragende Bedeutung der Erwerbsarbeit für die Persönlichkeitsentwicklung zum Inhalt haben. Schülerinnen und Schüler müssen Kenntnis über die Handlungs- und Mitbestimmungsmöglichkeiten zur Realisierung ihrer Lebenspläne im Beschäftigungssystem und für dessen Mitgestaltung erhalten. Sie sollen darüber hinaus Einsichten über die Möglichkeiten einer eigenverantwortlichen, sachkundigen und persönlichkeitsbezogenen Entscheidung für eine Ausbildung oder ein Studium und die folgende berufliche Laufbahn erwerben. Letztendlich gilt es, die politische Gestaltung des Wirtschafts- und Beschäftigungssystems und der internationalen Wirtschaftsbeziehungen zu verstehen.
In der Berufsorientierung sind deshalb folgende Leitfragen zu beantworten:
Um diese Fragen beantworten zu können, um sie mit der Lebenswirklichkeit verbinden zu können, bedarf es einer aktiven Auseinandersetzung und damit einer Öffnung des Unterrichts. Im berufsorientierenden Unterricht - aber nicht nur dort - brauchen wir einen verstärkten Praxisbezug. Lernen soll und kann kein geschlossenes Weltbild ergeben, sondern verschiedene Zugänge zur Realität zeigen. Dieses Verständnis von Lernen liegt jedoch bisher vielfach quer zur curricularen Praxis in Schulen. Dort findet sich noch oft die Vorstellung eines geschlossenen Wissenskanon, der sich vom traditionellen Lernbegriff aus begründet. Die Orientierung ist hier das überprüfbare Wissen. Die Lernprozesse selbst, die Entwicklung von Interessen und die Erweiterung von Handlungskompetenz einschließlich der damit im Zusammenhang stehenden sozialen Erfahrungen werden darin vernachlässigt.
Gerade die Ergebnisse der PISA-Studie haben gezeigt, dass Anwendungsbezug
und Praxisorientierung viel stärker zum schulischen Alltag gehören
müssen: gegen die herrschende Form der lehrerfixierten Wissensvermittlung
optiert eigenverantwortliches, selbst gesteuertes Lernen, gegen einen Unterricht
im 45-Minuten-Takt spricht alles für einen projektorientierten Lernzusammenhang,
gegen die Vermittlung von bloß abstrakten Wissensinhalten sind praxisbezogene
und projektorientierte Formen der Wissensvermittlung zu setzen, gegen die
fortschreitende Verdichtung der Stoffpläne wird die Vermittlung von Schlüsselqualifikationen
benötigt.
Dies ist dann auch eine wesentliche Voraussetzung für ihre spätere
berufliche Karriere.
Schule bewegt sich nicht im luftleeren Raum, sondern muss auch mit ihrem
gesellschaftlichen Umfeld, dem Stadtteil, der Region besser vernetzt werden.
Neue Arbeitsformen gelingen nur dort, wo vor Ort Eltern, Vereine, Betriebe,
Gewerkschaften und andere gesellschaftliche Gruppen aktiv mitwirken.
Es gilt, die Kooperation mit außerschulischen Experten zu verstärken.
Neue Beteiligungsformen und Initiativen hängen allerdings auch von der
Bereitschaft ab, Schulen nicht allein zu lassen. Es ist eigentlich eine unmögliche
Situation; die Schule ist eine der wichtigsten Einrichtungen unserer Gesellschaft,
aber der größte Teil der Gesellschaft hat nach dem Verlassen der
Schule nichts mehr damit zu tun. Das muss sich ändern. Wir können
nicht einseitig Motivation und Engagement von den Lehrerinnen und Lehrern
und den Schülerinnen und Schülern erwarten.
Die Anforderungen, die von außen an die Schule gestellt werden, stoßen
nur dann auf Akzeptanz, wenn auch die Bereitschaft zur Kommunikation und Kooperation,
zur Hilfe und Mitarbeit vorhanden ist.
Immer wieder hört man die Frage: Sind Schülerinnen und Schüler, ist die Schule fit für die Arbeitswelt? Dies muss natürlich auch für den Umkehrschluss gelten. Ist die Arbeitswelt eigentlich fit für die Schülerinnen und Schüler? Wirtschaft und Unternehmen müssen sich anders als bisher öffnen. Es geht nicht nur darum, ein breiteres Verständnis über das Wirtschafts- und Beschäftigungssystem in der Schulwelt zu verankern. Es geht in der Wirtschaft gleich wichtig darum, dies auf dem Weg über die Bereitschaft einer selbstkritischen Grundhaltung zu fördern.
Für den Ernstfall Arbeitswelt-Schule bedeutet das für den DGB,
sich eben nicht nur mit wohlfeilen Ratschlägen an der Debatte zu beteiligen,
sondern mit inhaltlichen und handfesten Angeboten zur verbesserten Berufsorientierung
einen Beitrag zu leisten.
Deshalb haben wir bundesweit ein Unterrichtsprojekt auf den Weg gebracht,
das sich an Schülerinnen und Schüler, Lehrende und Schulen gleichermaßen
richtet.
Ziel ist es, insbesondere die Berufsorientierung und Berufswahlwahlkompetenz der Jugendlichen zu fördern und auf eine sich ständig wandelnde Lebens- und Arbeitswelt vorzubereiten. Dazu sind nicht nur 10 Themenhefte für Schülerinnen, Schüler und Lehrekräfte veröffentlicht worden, sondern es wird auch parallel ein interaktiver Dialog via Internet für Schülerinnen, Schüler, Lehrkräfte und Schulen angeboten. Lehrende und Lernende werden ausdrücklich ermutigt, selbst gestaltend in die Wirklichkeit von Schule und Unterricht einzugreifen. Deshalb werden auch keine curricular geschlossenen Themen vorgestellt. Angeboten werden vorstrukturierte Print- und Online-Materialien, die arbeitsweltbezogene Konfliktlagen verdeutlichen und Raum für schüler- und handlungsorientierte Lernprozesse eröffnen.
Unter der Adresse www.workshop-zukunft.de wurde eine Lernwelt im Internet eingerichtet. Aktuelle Entwicklungen in Arbeitswelt und Sozialleben werden für den Unterricht schülerorientiert vorbereitet. Die interaktiven Mitmach-Projekte ermöglichen innovative Formen selbstbestimmten Lernens und Lehrens. Zentrale Schlüsselqualifikationen für das spätere Berufsleben wie Medienkompetenz, Kommunikationsstärke und Teamfähigkeit können hier erworben werden. Ein weiteres Ziel der Mitmach-Projekte ist es, die Vernetzung von Schule und Arbeitswelt zu fördern. Über die Kommunikation im Netz können die Schulen mit relativ geringem Aufwand Kontakt zu Expertinnen und Experten der Arbeitswelt knüpfen. Per E-Mail oder im Chat können die Schülerinnen und Schüler Fragen stellen und Probleme diskutieren.
"Workshop Zukunft" setzt auf die Öffnung von Schule. Außerschulische Lernorte - Betriebe, Gewerkschaften, Verbände, Arbeitsämter - sollen intensiv in den Unterricht einbezogen werden, sei es virtuell oder in der persönlichen Kommunikation. Die Auseinandersetzung mit der Arbeitswelt, die Kooperation mit außerschulischen Expertinnen und Experten soll Jugendliche frühzeitig für die Anforderungen, Interessen und Konflikte in der Arbeitswelt sensibilisieren.
Berufsorientierung ist kein "heiteres Beruferaten". Sie ist mehr als Anpassungsqualifizierung. Berufsorientierung leistet auch einen wesentlichen Beitrag zur Lebensorientierung. Jungen Menschen muss deutlich werden, dass Zukunft und Gesellschaft durch die aktive Teilnahme jedes Einzelnen wandel- und gestaltbar sind. Berufsorientierung zielt auch darauf ab, sich mit den gesellschaftlichen Aspekten von Arbeit und Beruf in der persönlichen Lebensplanung auseinander zu setzen.
Schule darf nicht wirtschaftlichen Verwertungsinteressen unterworfen werden - dieser Satz hat lange Zeit als pädagogisches Leitmotiv gegolten und gilt immer noch. Gleichzeitig gilt aber auch: Ziel aller Bildung ist es, Menschen in die Lage zu versetzen, ihr Leben zu gestalten und die Gesellschaft verantwortlich mitzugestalten. Dazu gehört für jeden Einzelnen auch, arbeits- und erwerbsfähig zu werden, und zur Gesellschaft gehört als elementarer Bereich die Arbeitswelt und mit ihr die Berufsorientierung. Diese Erkenntnis umzusetzen und die Distanz zwischen den Systemen abzubauen, ist dringende Aufgabe für die Bildungspolitik und alle Beteiligten.
Dieser Beitrag ist entstanden auf Anregung der wissenschaftlichen Begleitung des Programms "Schule - Wirtschaft/ Arbeitsleben". Das Programm wird gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung und durch den Europäischen Sozialfonds der Europäischen Union. Der Inhalt liegt in der Verantwortung des Verfassers bzw. der Verfasserin.
Berufsorientierung ist kein "heiteres Beruferaten". Sie ist mehr als Anpassungsqualifizierung. Berufsorientierung leistet auch einen wesentlichen Beitrag zur Lebensorientierung. Jungen Menschen muss deutlich werden, dass Zukunft und Gesellschaft durch die aktive Teilnahme jedes Einzelnen wandel- und gestaltbar sind. Berufsorientierung zielt auch darauf ab, sich mit den gesellschaftlichen Aspekten von Arbeit und Beruf in der persönlichen Lebensplanung auseinander zu setzen.
Schule darf nicht wirtschaftlichen Verwertungsinteressen unterworfen werden - dieser Satz hat lange Zeit als pädagogisches Leitmotiv gegolten und gilt immer noch. Gleichzeitig gilt aber auch: Ziel aller Bildung ist es, Menschen in die Lage zu versetzen, ihr Leben zu gestalten und die Gesellschaft verantwortlich mitzugestalten. Dazu gehört für jeden Einzelnen auch, arbeits- und erwerbsfähig zu werden, und zur Gesellschaft gehört als elementarer Bereich die Arbeitswelt und mit ihr die Berufsorientierung. Diese Erkenntnis umzusetzen und die Distanz zwischen den Systemen abzubauen, ist dringende Aufgabe für die Bildungspolitik und alle Beteiligten.
Dieser Beitrag ist entstanden auf Anregung der wissenschaftlichen Begleitung des Programms "Schule - Wirtschaft/ Arbeitsleben". Das Programm wird gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung und durch den Europäischen Sozialfonds der Europäischen Union. Der Inhalt liegt in der Verantwortung des Verfassers bzw. der Verfasserin.
Die Orientierungslosigkeit der jungen Generation liegt u. a. auch daran, dass die Arbeitswelt komplexer geworden ist und die Jugendlichen nur vage Vorstellungen von möglichen Berufsfeldern während der Schulzeit entwickeln können. Schule und Berufsleben haben immer noch zu wenig Berührungspunkte, so dass vielen Jugendlichen nicht nur die Vorstellung des von ihnen anzustrebenden Berufes fehlt, sondern auch Vorstellungen über die Arbeitswelt und die dort zu erfüllenden Anforderungen.
Diese Berufsorientierung kann die Schule nicht alleine vermitteln. Es ist es daher notwendig, dass die Jugendlichen die Möglichkeit erhalten, im Laufe der Schulzeit mehr als ein Praktikum zu absolvieren. Weiterhin sollten erste Beratungsgespräche mit Schüler/innen und Eltern bereits ab der achten Klasse erfolgen. Über einen Berufswahlpass sollten Erfahrungen und Lernergebnisse im Rahmen des Berufswahlprozesses festgehalten und für die Jugendlichen nachlesbar und vorzeigbar sein.
Die in der Zwischenzeit in allen Schulen durchgeführten Praktika werden von den Jugendlichen unter sehr unterschiedlichen Kriterien ausgewählt. Es erscheint daher sinnvoll, in der Schulzeit zwei Praktika zu absolvieren. Dies führt zu vertieften Einsichten, zu Vergleichsmöglichkeiten und Erfahrungen und auch zu mehr Flexibilität.
Der Bundeselternrat hat gefordert, dass alle Jugendlichen eine gute und fundierte Begleitung bei ihrer Berufswahl erhalten müssen. Dies muss neben dem Elternhaus auch die Schule leisten. Wichtiger Kooperationspartner für die Schule und die Eltern sollte die Berufsberatung der Arbeitsämter sein. Es wäre schön, wenn durchgängig die Gewissheit bestehen würde, dass diese eine qualifizierte und individuelle Ausbildungsberatung durch befähigte Berufsberater anbietet. Die derzeitige Beratung lässt leider oftmals viele Wünsche offen. Sie ist zu wenig auf die Persönlichkeit und die Vorbildung der Jugendlichen abgestimmt.
Allerdings wissen Eltern auch, dass dies noch Zukunftsmusik ist und sich im Sinne der jungen Generation schnell etwas verändern muss. Es wäre daher sinnvoll, wenn auch private Berufsberater mit Schulen und Eltern zusammenarbeiten könnten und dafür Finanzierungsmöglichkeiten geschaffen würden.
Der Berufsfindungsprozess sollte für Eltern genauso wichtig sein, wie ehedem die Wahl der richtigen Schule. Berufswahlvorbereitung ist auch ein Familienprozess, der aktiv verstanden und gestaltet werden sollte.
Im Berufswahlprozess sollten Stärken, Begabungen, Schwächen und Vorzüge sowie Neigungen und Belastbarkeit des Jugendlichen angesprochen werden. Es gibt nie nur den einen Beruf, es gibt immer viele, die langsam eingekreist und auf die Brauchbarkeit für die eigene Person hin untersucht werden müssen. Dieser Prozess braucht zusätzlich zum Engagement der Eltern auch professionelle Unterstützung.
Die Jugendlichen sollten bei ihrer Suche nach der richtigen Perspektive für
die Zukunft von den Eltern, den Schulen und einer guten Berufsberatung in
ihrem
Findungsprozess unterstützt werden. Die Berufswahlentscheidung ist Teil
eines Lebenskonzeptes für den jungen Menschen.
Wichtig ist es deshalb, dass die erste Berufswahl möglichst ein Volltreffer wird. Der missglückte Einstieg in einen Beruf belastet den jungen Menschen ein ganzes Leben lang. Über die Berufstätigkeit definiert er sein Selbstwertgefühl. Erfolg oder Misserfolg entscheiden damit über die weitere Bereitschaft Neues auszuprobieren, sich zu engagieren, Belastungen auszuhalten und ein Leben lang die Bereitschaft zu erhalten zu lernen und sich fortzubilden.
Eltern sollten aus Verantwortung für ihre Kinder alles ihnen Mögliche tun, um die Berufswahl erfolgreich zu gestalten. Dazu können Hilfen von außen, Gespräche mit Berufsberatern, mit Psychologen sowie das Studium von Literatur einen sinnvollen Ansatz bieten.
Der Bundeselternrat hat in den letzten Jahren zwei Tagungen zu diesem Thema durchgeführt. Die dort von den Eltern verfassten Resolutionen füge ich diesem einleitenden Text bei.
auf der Fachtagung vom 15. - 17. 09. 2000 in Neustadt/ Weinstraße
Thema: Veränderte und verbesserte Berufswahlvorbereitung in den Realschulen - welchen Beitrag kann eine gute Berufswahlvorbereitung für den erfolgreichen Übergang von der Schule in die Berufsausbildung leisten?
Der Realschulausschuss im Bundeselternrat hat sich auf seiner Fachtagung mit der Thematik des Übergangs von der Realschule in das Berufsleben auseinander gesetzt. Die von der Wirtschaft beklagte unzureichende Ausbildungsfähigkeit und die Schwierigkeiten der Schulabgänger bei der Wahl eines geeigneten Berufs zeigen, dass für alle Verantwortlichen dringender Handlungsbedarf besteht.
In den einzelnen Bundesländern werden Schüler/ -innen durch die Schule auf unterschiedlichste Weise auf das Berufsleben vorbereitet. Der Realschulausschuss hält es für notwendig, dass in der gesamten Bundesrepublik vergleichbare Regelungen festgeschrieben werden.
Den Jugendlichen stehen mittlerweile über 400 Ausbildungsberufe offen, von denen nur wenige bekannt sind.
Deshalb muss z. B. erreicht werden, dass im Rahmen des Unterrichts ab der 8. Klasse jährlich mindestens ein Besuch im Beratungs- und im Berufsinformationszentrum stattfindet. Dafür muss ein angemessenes Stundenvolumen vorgehalten werden.
Bereits bestehende Modelle belegen die Möglichkeit, Wichtigkeit und den Erfolg solcher Angebote.
Eine Kooperation zwischen Schule und Arbeitswelt ist unabdingbar. Die Schulen müssen berufsweltoffen und die Wirtschaft schulweltoffen werden. Nur in Kenntnis der jeweiligen Systeme kann es gelingen, Ausbildungsfähigkeit zu erreichen. In diesen Prozess sind Eltern notwendigerweise einzubeziehen.
Zur Berufsorientierung muss das Betriebspraktikum in der Realschule in allen Bundesländern verbindlich durchgeführt werden. Das Betriebspraktikum als schulische Veranstaltung bedarf einer sorgfältigen Vor- und Nachbereitung im Unterricht.
Darüber hinaus müssen die vorhandenen Informationen und Erfahrungen auf vielfältige Weise genutzt werden.
Insbesondere ist es hilfreich, wenn ehemalige Schüler/ -innen und deren Ausbilder ihren persönlichen Werdegang und ihre Berufsbilder vorstellen.
Es ist außerdem unbedingt erforderlich, im Unterricht alle medialen Möglichkeiten zu nutzen.
Den ständig beklagten Leistungsdefiziten muss begegnet werden:
Eine erfolgreiche Berufsvorbereitung in der Schule setzt voraus, dass Betriebspraktika in der Lehreraus- und Weiterbildung verpflichtend werden.
Weiterhin wird die Wirtschaft aufgefordert, durch verantwortliche Personalplanung Schule und Arbeitswelt zu unterstützen.
Der BER fordert daher
vom 26. - 28.01.2001 in Magdeburg
Thema: Berufswahlvorbereitung in der Gesamtschule
Der Gesamtschulausschuss im Bundeselternrat hat sich auf seiner Fachtagung mit der Berufswahlvorbereitung und dem Übergang in Ausbildung und Studium auseinander gesetzt.
Wir unterstützen die Resolutionen des Ausschusses der Realschulen vom 17. 09. 2000 und des Ausschusses der Gymnasien vom 2. 04. 2000, die sich mit der gleichen Thematik beschäftigt haben.
In Ergänzung dieser Resolutionen haben wir folgende Forderungen und Empfehlungen:
In der Gesamtschule sollen die Unterrichtsfächer zum Thema Arbeit, Wirtschaft und Technik verstärkt und gefestigt werden, da sie die Grundlage für die berufliche und gesellschaftliche Handlungsfähigkeit von Schülerinnen und Schülern sind. Die fachlichen, persönlichen und sozialen Kompetenzen werden als Grundlage in der Schule gelegt, sind Basis auch der Berufswahlkompetenz und für einen lebenslangen Bildungsprozess.
Aus diesem Grund fordern wir die Befähigung der Lehrkräfte für die Berufsfindungsphase und zur Vorbereitung, Begleitung und Auswertung der Praktika. Daneben fordern wir Betriebspraktika für Lehrerinnen und Lehrer, damit sie selbst erfahren, wie Wirtschaft und Unternehmen funktionieren, um damit ableiten zu können, welche Anforderungen an Schülerinnen und Schüler im Berufsleben gestellt werden.
Die in den Gesamtschulen fest verankerten Praktika dienen zur Begegnung mit der Berufswelt und können zur Auseinandersetzung mit eigenen Berufsvorstellungen führen. Das Betriebspraktikum ist ein wichtiges methodisches Instrument und soll das berufliche Selbstkonzept der Schülerinnen und Schüler mit der Realität der Arbeits- und Wirtschaftswelt in Einklang bringen. Es ist in den unterrichtlichen Zusammenhang einzubetten und fächerübergreifend zu behandeln. Besonders die Vorbereitungs- und Auswertungsphase muss qualifiziert ausgestaltet werden. Die Durchführung darf nicht ohne Begleitung stattfinden und muss von den Beteiligten konzeptionell vorbereitet sein. Die Schülerinnen und Schüler sollen in die Lage versetzt werden, auf dem Hintergrund der exemplarischen Erfahrungen in den Betriebspraktika auch andere Berufsfelder reflektieren zu können. Die Begleitung des Praktikums muss finanziell und sachlich abgesichert sein.
Zur qualifizierten Berufswahlvorbereitung ist die Zusammenarbeit mit dem Arbeitsamt erforderlich, dessen Beratungsauftrag im III. Sozialgesetzbuch in den §§ 29 - 34 und im Artikel 12 GG verankert ist. Die Ebenen der Zusammenarbeit Schule/ Berufsberatung sind festgeschrieben in der Rahmenvereinbarung der KMK vom 5. 02. 1971, im Übereinkommen zwischen der Bundesanstalt für Arbeit und der KMK vom 12. 02. 1971 und in dem Übereinkommen auf Länderebene.
Um diesen Rechtsanspruch zu erfüllen, fordern wir von der Bundesanstalt für Arbeit eine qualifiziertere, individuelle Ausbildungsberatung und -planung. Die Berufsberater sind dazu entsprechend zu befähigen. Öffnungszeiten der BIZ und Sprechzeiten der Berater haben sich den Bedürfnissen der Familien zu orientieren, so dass auch berufstätige Eltern die Angebote wahrnehmen können. Die Beratungsstellen sind so zu besetzen, dass Termine zeitnah zur schulischen Berufswahlvorbereitung kurzfristig angeboten werden können.
Neue Formen der Arbeitsteilung und der Zusammenarbeit von Schulen, Betrieben, Bildungsträgern und Eltern müssen entwickelt werden. Die schulischen und beruflichen Ausbildungsinhalte und -pläne sind zukunftsorientiert zu reformieren. Das duale Ausbildungssystem muss erhalten, gestärkt und qualitativ verbessert werden.
In der Sekundarstufe II ist die Kompetenz zur Entscheidungsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler im Blick auf Berufs- und Studienwahl in den Gesamtschulen weiterhin zu fördern und zu effektivieren.
In den gesamten Berufsfindungsprozess sind auch die Eltern frühzeitig einzubeziehen, da die Berufsentscheidung in den meisten Fällen in den Familien stattfindet.
Der Gesellschaft muss klar sein, dass Berufswahlentscheidungen Bestandteil des Lebenskonzeptes eines jeden Menschen sind.
Geschäftsstelle:
Bundeselternrat
p. A. Vertretung des Landes NRW beim Bund
Görresstraße 13
53113 Bonn
Tel. (02 28) 26 99 - 314 / - 414
Fax (02 28) 26 99 - 424
E-Mail: Bundeselternrat@gmx.de
Durch dramatische Einschnitte in die Sozialsysteme werden arbeitslosen Menschen die Geldmittel stark gekürzt. Obwohl bei einem raschen strukturellen Wandel der Beschäftigungsverhältnisse immer weniger Arbeitsplätze geschaffen werden und in vielen Sektoren ein drastischer Abbau der Beschäftigung stattfindet - und es somit für Arbeitnehmer schwieriger wird Arbeit gemäß ihrer Qualifikation zu finden - werden sie mit dem Entzug öffentlicher Zuwendungen für ihr Scheitern bestraft. Nur wer bereit ist, Tätigkeiten zu übernehmen, für die man sich neu qualifizieren muss oder für die es keiner Spezialisierung bedarf, bezieht auch weiterhin Geld; in der Tendenz ist das Einkommen dann aber geringer als zuvor. Denen es nicht gelingt, sich auf einem Arbeitsmarkt, dessen Anforderungsprofile genauso flexibel wechseln wie die Ausschläge von Börsenindices, erneut einzugliedern, erleben den freien Fall durch die löchrige Hängematte des Sozialsystems.
Sich nicht in das Bild eines wirtschaftlichen Verlierers fügen zu müssen, ist auch für Schüler eine starke Triebfeder. Durch die allen Orts propagierte Notwendigkeit wirtschaftlichen Erfolg zu erzielen und sich damit gesellschaftlich einen gewissen Status zu sichern, entsteht unter wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, welche hohe Arbeitslosigkeit und ein absinkendes soziales Niveau für den größten Teil der Bevölkerung bedingen, ein Spannungsgefüge aus dem Sehnen nach Erfolg und der lauernden Gefahr des individuellen Scheiterns, das durch die Sozialsysteme zunehmend weniger abgefangen und gesellschaftlich stigmatisiert wird. Das Wort von der "Sozialschmarotzerin" wird schnell im Munde geführt und durch Äußerungen im öffentlichen Raum wird mittels der Medien eine Konkurrenzsituation zwischen den Verdienenden und den vom Arbeitsleben Ausgeschlossenen geschaffen. Anzeichen finden sich tiefschwellig bereits in Äußerungen, die Zeugnis darüber ablegen, dass es der bundesdeutschen Gesellschaft angesichts zu vieler unliebsamer Menschen, die es sich auf Staatskosten gut gehen lassen, ohne für ihren relativen Wohlstand einen Beitrag für die Gemeinschaft vermittelt über den Arbeitsmarkt leisten zu wollen, schlecht gehe.
So tat sich zum Beispiel der christdemokratische Ministerpräsident Hessens Roland Koch für kurze Zeit mit Plänen hervor, durch einen drastischen Abbau der Zuwendungen und den Zwang zur Annahme von Tätigkeiten jeglicher Art - vom Straßenkehren bis zum Spargelstechen - all die Faulen im Lande wieder zum Arbeiten zu bewegen. Durch sein Maßnahmenbündel wollte er die Zahl der Sozialhilfeempfänger in Hessen halbieren. Forderungen wie diese bedienen den Konkurrenzdruck in der Bevölkerung und machen aus Menschen, die durch den Verlust ihres Arbeitsplatzes ohnehin schon Ausgrenzung und oftmals Verzweiflung erleben, Volksfeinde, die gierig nach dem Geld der anderen trachten. Unberücksichtigt bleibt bei solch populistischen Äußerungen, dass am Beispiel Hessens eine Halbierung der Sozialhilfeempfänger nicht möglich wäre, da nur etwa ein Drittel dieser Personen dem Arbeitsmarkt auch tatsächlich zur Verfügung stehen könnte. Bei dem größeren Teil handelt es sich um Alte oder Kranke, die wohl kein Ministerpräsident dieses Landes wirklich auf das Spargelfeld schicken möchte. Doch eine rationale Auseinandersetzung findet kaum Raum in der Schnelllebigkeit des Nachrichtendschungels, so dass meist nur die dumpfe Stimmungsmache gegen eine Minderheit zum Durchsetzen wirtschaftspolitischer Ziele und zur Steigerung der Gunst im Wahlvolk im Ohr der Medienkonsumenten und Wähler verbleibt.
Antworten zur individuellen Überwindung dieses Spannungsverhältnisses
zwischen dem Wunsch nach wirtschaftlichem Erfolg und der Angst vor dem individuellen
Scheitern zu geben und Perspektiven zu entwickeln, wie eine Teilhabe am wirtschaftlichen
Produktionsprozess und den daraus resultierenden Gewinnen für Einzelne
realisiert werden kann, muss ein Prozess sein, der schon während der
Schulzeit hinreichend begleitet wird und dem Individuum Hilfestellung leistet,
die eigene Rolle im gesamtgesellschaftlichen Gefüge zu definieren und
daraus Handlungsansätze abzuleiten.
Hierdurch allein sind strukturelle Defizite nicht überwindbar. Fragen
des Arbeits- und Ausbildungsmarktes sind Faktoren, die auf anderen Ebenen
gesteuert werden und die als Richtgrößen die Auseinandersetzung
mit der Thematik einer Berufsorientierung beeinflussen und auf die kritisch
Bezug genommen werden muss, sollen Jugendliche ihre Handlungsoptionen erschließen.
Diese Handlungsoptionen sind limitiert. Sie sind nur so weit gestreut, wie
dies die politische und wirtschaftliche Steuerung zulässt. Eine an die
Berufsorientierung anschließende Berufsqualifizierung hängt nicht
nur von deren Ausgestaltung sondern auch von der Verfügbarkeit einer
entsprechenden Ausbildungsstelle, Qualifizierungsmaßnahme oder eines
Studienplatzes ab.
Der Mangel an Studienplätzen wird über das Instrument des Numerus
clausus verwaltet und der Versuch einer gesellschaftlichen Steuerung der angebotenen
Ausbildungsplätze wurde kaum unternommen oder solche Bestrebungen brachen
unter dem Druck einer starken Lobby schnell zusammen.
Unter diesen Bedingungen fällt es vielen Jugendlichen schwer, Zukunftsperspektiven
zu entwickeln, die ihre eigenen, nur rudimentär entwickelten Vorstellungen
einer Teilhabe am wirtschaftlichen Leben ausdrücken. Oftmals erfolgt
die Orientierung an Hand der Verfügbarkeit und die Frage der Möglichkeiten
erstreckt sich lediglich auf den Bereich des innerhalb reduzierter Möglichkeiten
Machbaren. Dass während der Schulausbildung nicht hinreichend eine Positionsfindung
unterstützt wird, solche Angebote kaum vorhanden sind und der gesamte
Komplex wirtschaftlicher Tätigkeit der Gesellschaft, von der jede Schülerin
und jeder Schüler ein Teil sind, wenig Beachtung findet und der Versuch
nicht unternommen wird, die kaum überschaubaren Faktoren, die auf diesem
Bereich wirken, versteh- und begreifbar zu machen, ist ein gewichtiger Grund
dafür, dass so viele für sich keine Rolle in dem abstrakten Bereich
wirtschaftlichen Lebens definiert haben. Nur eines dürfte allen klar
sein: Dass dort die Geldmittel bezogen werden können, die zur Existenzsicherung
und darüber hinaus benötigt werden; dass dort Ressourcen zugewiesen
werden, die nicht in beliebiger Quantität verteilbar und beziehbar sind.
Wenn ein Prinzip des Arbeitsmarktes erkannt wird, dann ist es das Konkurrenzprinzip.
Dass Arbeit der Entfaltung des Menschen gemäß seiner Interessen dienen kann, findet kaum Widerhall. Dass es gilt, Interessen und Neigungen zu entdecken und zu fördern, entspricht selten der Motivation des Lehrkörpers und widerspricht klar dem in Deutschland weit verbreiteten in Dreigliedrigkeit angelegten Bildungssystem. Doch gerade Versäumnisse an dieser Stelle fügen den Schülerinnen und Schülern einen nicht kompensierbaren Schaden zu und hemmen insbesondere die Entwicklung ohnehin schon Unterprivilegierter, die aus bildungsfernen Familien mit meist geringem Haushaltseinkommen stammen.
Viele Studien belegen mittlerweile, dass gerade diese Jugendlichen in unserem Bildungssystem kaum zu höheren Abschlüssen geführt werden. Durch Unterrichtsformen, die weiterhin jegliche pädagogische Konzeption vermissen lassen, indem auf altbackenen Frontalunterricht in Klassen mit über 30 Schülern und nicht ausreichend qualifizierten Lehrern gesetzt wird, manifestieren sich soziale Grenzen und gelingt es nicht den Schülerinnen und Schülern die Kompetenzen zu vermitteln, die für eine selbstbestimmte Lebensplanung im Allgemeinen und die Orientierung in denen sich immer schneller wandelnden Gesellschafts- und Wirtschaftsstrukturen im Besonderen unerlässlich sind. Durch Lehrpläne, die auf Reproduktion von Fakten zielen und nicht zum Ziel haben, ein Verständnis der komplexen Gefüge, die unser tägliches Leben bedingen, zu durchleuchten, werden systematisch Lebenschancen verbaut und nicht Handlungsmöglichkeiten eröffnet.
Wenn wir feststellen, dass lohnabhängige Beschäftigungsverhältnisse einem stetigen Wandel unterworfen sind und sich zum einen ein struktureller Wandel des gesamten Arbeitsmarktes abzeichnet und zum anderen sehen, dass Arbeitsbiografien wie sie viele Jugendliche von ihren Eltern kennen, die über den Großteil ihres Lebens hinweg bei ein und demselben Arbeitgeber in ein und demselben Arbeitsfeld beschäftigt gewesen sind, kann sture Faktenvermittlung allein nicht dienlich sein, wenn vergessen wird, andere wichtige Fertigkeiten zu entwickeln und zu fördern.
Doch findet eine Förderung dieser im Wirtschaftsneusprech als Softskills bezeichneten Fertigkeiten wie zielgerichtete Zusammenarbeit in der Gruppe oder das eigenständige Definieren von Aufgaben keinen Platz in den faktenüberfrachteten Lehrplänen. Veraltete Vermittlungsstrukturen blockieren hier Möglichkeiten, wo ein Hinwenden zu einer interaktiven und methodisch ausgewogenen Unterrichtsgestaltung förderlich wäre.
Selbst strukturiertes Arbeiten erfordert auch ein hohes Maß an Medienkompetenz. Wollen sie Aufgaben erfolgreich meistern, müssen die Schüler von heute und Arbeitnehmer von morgen im Umgang mit verschiedenen Medien geübt sein. Sie müssen deren Inhalte kritisch zur weiteren Verwendung prüfen können und dazu in der Lage sein, selbst Medien zu erstellen, um diese der Lerngruppe oder dem Projektteam zur Verfügung zu stellen.
Viele Politiker propagieren nach wie vor, dass es genau drei verschiedene Arten von Menschen gäbe, die über drei verschiedene Stoffzuteilungsmechanismen mit Bildung beladen werden können. Gemäß eines veralteten Klassenverständnisses wollen sie die Zukunft eines Menschen bereits in der fünften Klasse festlegen.
Erst einmal eingestuft fällt es leicht über die Stufen des Bildungssystems nach unten zu purzeln, aber ist es mehr als mühsam, den Aufstieg in die Oberklasse zu vollziehen. Durch das frühe Einteilen in angeblich homogene Lerngruppen werden soziale Unterschiede zementiert. Auf diese Art wird dafür gesorgt, dass soziale Milieus unter sich verbleiben und eine auf die Lebensgestaltung ausgerichtete Orientierung nur innerhalb der sich verfestigenden Bezugsgruppe erfolgt. Schule ist die einzige Institution, die alle Menschen erreicht und so die Möglichkeit bietet, unterschiedlichste Charaktere und Gruppen zusammenzuführen und so einen Nutzen für alle Beteiligten zu generieren. Lässt man diese Chance ungenutzt, wird nicht nur die Perspektive Unterprivilegierter eingeengt; auch auf Teilgebieten leistungsstärkeren Schülerinnen und Schülern wird die Möglichkeit genommen, ihr Wissen oder ihre Fertigkeiten in die Gruppe einzubringen und so ihre eigene Vermittlungskompetenz zu stärken. Das Voneinanderlernen und nicht lediglich das mittels Autoritäten gewonnene Wissen erhielte größeres Gewicht.
Doch statt dessen bestimmt nicht das gemeinsame Lernen das Bild sondern viel mehr das Lernen gegeneinander. Durch die Reduzierung auf abprüfbares Wissen, das über einen dozierenden Lehrer vermittelt wird, werden junge Menschen in ihrer persönlichen Entwicklung beschnitten. Die sich ergebenden Defizite vermindern auch ihre Möglichkeiten der Teilhabe im Erwerbsleben.
Um sich auf dem Arbeitsmarkt der Gegenwart wie der Zukunft behaupten zu können, müssen Menschen die Fähigkeit mitbringen, sich schnell in neue und oftmals recht komplexe Arbeitsfelder einzuarbeiten. Die Arbeit im Team erhält zunehmend einen hohen Stellenwert. Aber nicht weil es unter den gegenwärtigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ein Gebot der Stunde ist, eigenverantwortlich Arbeitsprozesse zu strukturieren, sich Zielvorgaben zu setzen und deren Erfolg oder Scheitern zu evaluieren, ist die gezielte Entwicklung auf dieser Ebene so wichtig.
Lernen Kinder und Jugendliche nicht, Fragestellungen zu entwickeln, die ihre eigene Stellung und die ihres persönlichen Umfeldes im gesamtgesellschaftlichen Kontext beleuchten, kann es ihnen auch nicht gelingen, planend Handlungsansätze egal welches Gebiet ihres Lebens betreffend zu entwerfen. Es wird ihnen nicht gelingen zu erkennen, dass sie die Möglichkeit besitzen, auf ihre individuellen Lebensumstände Einfluss zu nehmen und diese in ihrem Sinne verändern zu können.
Ein Scheitern an diesem Punkt stellt in Frage, wie wichtig es uns ist, dass Menschen in demokratischen Prozessen ihre eigene Zukunft und die der Gesellschaft, deren Teil sie sind, zu lenken. Und doch findet eine Auseinandersetzung mit den sich einmischenden Akteuren und deren Interessen an Arbeits- und Absatzmärkten, der Rolle der einzelnen beteiligten Menschen als Produzenten und Konsumenten nicht statt. Indem im Unterricht lediglich Fakten der Abprüfbarkeit wegen vorgelegt werden, erkennen die Lernenden die Arbeitswelt als festgeschriebenen, beinahe naturgegebenen und nicht veränderlichen Zustand. Die Frage wirft sich auf, ob unter diesen Voraussetzungen wirklich davon gesprochen werden kann, dass junge Menschen ihren Platz frei wählen oder gegebenen Rollenbildern unreflektiert nacheifern.
Wollen wir erreichen, dass Menschen mündig ihre Entscheidungen treffen, und dies in jeder Phase ihres Lebens und gleichgültig welche Ebene betreffend, müssen wir das Verständnis fördern, dass sie selbst dazu auch in der Lage sind. Erhalten Jugendliche in der Schule keine Gelegenheit, ihren Schulalltag zusammen mit den anderen beteiligten Personengruppen zu gestalten, lernen sie über viele Jahre hinweg nur den Anweisungen der Erwachsenen in Form von Lehrern zu gehorchen und werden darauf vertröstet, irgendwann einmal, wenn sie selbst Erwachsene sind, über ihr eigenes Leben (mit)bestimmen zu dürfen, hat man einen für die Ausbildung eines menschlichen Charakters extrem wichtigen Lebensabschnitt ungenutzt gelassen. Wie sollen Menschen, die beinahe ihr ganzes Leben unmündige Bildungskonsumenten gewesen sind, auf einmal Verantwortung für sich und andere übernehmen?
Wie sollen sie selbst Perspektiven für die eigene Zukunft ermitteln, wenn sie sich in einem Bildungssystem bewegen müssen, das ihnen zunehmend weniger Wahlfreiheiten bietet? Der Ruf nach zentralen Abschlussprüfungen schallt von Bundesland zu Bundesland. Für die Schülerinnen und Schüler bedeutet dies konkret, dass sie sich nicht mehr gemäß ihrer eigenen Interessen für Fächer entscheiden dürfen, die sie vertiefen möchten. Sie werden gezwungen, allgemein verbindliche Vorgaben zu akzeptieren und auf eine Abschlussprüfung hin zugerichtet zu werden, so dass man, wenn schon nicht so ganz klar ist, wer in die Schule hineingesteckt wird, zumindest weiß, wer oder was aus der Schule wieder herauskommt. Das kann man nämlich einfach in Form von Ziffern von einem Blatt Papier ablesen.
Dass diese Art der schulischen Ausbildung nicht das individuelle Fördern im Sinn hat, liegt auf der Hand. Auch eine Vermittlung von Methoden- oder gar Lebenskompetenz ist ihr fern. Was weiter als "Du bist schlecht", oder "Du bist gut", kann die Note einem Schüler vermitteln? Wie kann die Schülerin aus einer Ziffernnote ihre Stärken und Schwächen ersehen? Was mehr lernt man aus der Notengebung, als dass es immer darauf ankommt, wie andere einen beurteilen und dass man abhängig ist vom Urteil anderer, die ähnlich wie Lehrer in der Schule mit ihrer Beurteilung über Zukunftschancen entscheiden? Auch an diesem Punkt lässt sich feststellen, dass die Qualifizierung zum mündigen Bürger der Schule fern ist.
Wird in der Schule nicht erlernt, dass das eigene Leben form- und gestaltbar ist, werden die Menschen auch immer weniger auf allen anderen gesellschaftlichen Feldern aktiv Demokratie üben. Und wie kann eine Zukunftsplanung erfolgreich durchgeführt werden, wenn es nicht selbstverständlich ist, solidarisch und verantwortungsbewusst zu agieren?
Berufsorientierung ist weit mehr als den Ablauf des Arbeitstages eines Schreiners oder eines Staatsanwalts kennen zu lernen. Sollen Jugendliche ihre Lebensplanung selbstständig gestalten, setzt dies ein entsprechendes Vorwissen praktischer Erfahrung voraus, das sie während ihrer Schulzeit sammeln sollen.
Diese Frage stellen sich die meisten Schülerinnen und Schüler erst am Ende ihrer schulischen Laufbahn. Obwohl die Schulrichtlinien vielerorts vorsehen, die Jugendlichen auf den Übergang in das Arbeits- und Wirtschaftsleben vorzubereiten, findet dies nur in einem sehr reduzierten Rahmen statt und die Anstrengungen auf diesem Gebiet übersteigen meist nicht ein bis zwei verbindliche Betriebspraktika.
So wichtig Praktika für eine Orientierung auch sein mögen, sind sie nicht hilfreich, wenn keine ausreichende Begleitung sowie eine entsprechende Vor- und Nachbereitung stattfinden. Dies wird jedoch nur selten als Aufgabe der Schulen wahrgenommen. Innerhalb der starren Formen, die Schule ausmachen - von der Wissensvermittlung in 45-Minuten-Häppchen über einen auf abprüfbares Wissen reduzierten Stoffkatalog - kann das Durchführen der Berufspraktika nur unzureichend begleitet und evaluiert werden.
Zwar kann man leicht einsehen, wie schwierig es sich gestaltet, einen umfassenden Überblick über die gewaltig große Zahl verschiedener Berufsbilder zu geben, doch stellt sich die Frage, wie sinnvoll Berufspraktika sind, die nur aus einer Hand voll vorstellbarer Beschäftigungen ausgewählt werden. Es kann nicht allein Aufgabe von Schule sein, diesen Überblick herzustellen, doch müssen Formen der Vermittlung aus der Schule heraus initiiert werden, die einen größtmöglichen Informationszugewinn für die Schülerinnen und Schüler erbringen.
Schule kann nicht losgelöst von der Gesellschaft betrachtet werden, innerhalb derer sie ihren Dienst versieht. Doch werden diese Verknüpfungen in der konkreten Ausgestaltung des Schulunterrichts nicht mit ausreichender Aufmerksamkeit bedacht. So muss versucht werden alle gesellschaftlich relevanten Kräfte in den Unterricht einzubinden, um eine weitreichende Orientierung zu ermöglichen. Zentrale Rollen können hierbei das Arbeitsamt, Gewerkschaften, Universitäten, Berufsschulen und die Betriebe der Region übernehmen.
Sind die notwendigen Verknüpfungen entstanden, ist es dann möglich, den Lernort von der Schule zum Beispiel in einen Betrieb zu verlegen, um den Schülerinnen und Schülern dort beispielhaft Einblicke in die betriebliche Organisation und Arbeitspraxis zu geben. Verpflichtende Praktika für alle Schülerinnen und Schüler während ihrer Schulzeit dienen dazu, die Kenntnisse zu vertiefen und eigene Erfahrungen in einem Unternehmen zu gewinnen. Dies muss in einen wirtschaftskundlichen Unterricht eingebunden werden, der die historische Entwicklung der Arbeitsverteilung und der Entlohnung für geleistete Arbeit beleuchtet und eine kritische Auseinandersetzung mit der Rolle wirtschaftlicher Leistungen für die Gesellschaft und der an ihnen beteiligten Einzelpersonen erschließen hilft.
Es ist zunehmend zu beobachten, dass das Fach Politik oder Gemeinschaftskunde in Wirtschaft und Politik gewandelt wird. Sollen junge Menschen zu eigenverantwortlicher Gestaltung ihres Lebens- und Ausbildungsweges befähigt werden, müssen sie innerhalb eines solchen Unterrichts zum einen die gegebenen Strukturen im Staats- und Wirtschaftswesen und jeweilige Funktionsmechanismen verstehen. Wird aber versäumt, die Entstehung dieser Strukturen unter Berücksichtigung der sich in Phasen der Veränderung jeweilig sichtbar werdenden Machtstrukturen und Machträger zu zeigen, wird aber kollidierenden Interessenslagen keine Beachtung geschenkt, die in der Frühzeit der Industrialisierung massiv im Konflikt zwischen den hungernden Arbeiterfamilien und den auch auf politischer Ebene enorm einflussreichen Fabrikbesitzern zutage traten oder auch heute die Frage beantwortet werden muss, ob die soziale Sicherheit vieler Menschen weniger wichtig ist als stetig steigende Umsätze internationaler Wirtschaftsmachtanhäufungen, fehlen den Lernenden wesentliche Grundlagen, um ihre eigene Position im Sektor wirtschaftlichen Lebens zu erreichen oder den Weg dorthin zu planen.
Die Entwicklung der für den Beruf benötigten Kompetenzen findet nicht allein im Unternehmen statt. Berufs- und Hochschulen haben hier große Bedeutung. Die einzelne Schülerin muss sich nicht nur entscheiden, welches Berufsfeld am besten mit ihren Interessen übereinstimmt. Auch muss sie festlegen, ob sie sich für eine berufliche Ausbildung im dualen System bestehend aus Betrieb und Berufsschule entscheidet, ein Studium an einer Universität oder Fachhochschule anstrebt oder sich zu einer von privaten Instituten angebotenen Ausbildung entschließt. Darüber hinaus wird von ihr verlangt, sich während der Berufstätigkeit weiterzubilden. Auch hier wird es wieder darauf ankommen, zwischen einer Zahl an vorhandenen Angeboten die sinnvollste Alternative zu wählen.
Soll diese Wahl getroffen werden, ist ein Abwägungsprozess nötig, der auf der Grundlage einer breiten Kenntnis der möglichen Bildungswege stattfinden muss. Über Angebot und Ablauf der Ausbildungsgänge und Abschlüsse kann das Arbeitsamt Auskunft geben. Dort können auch beratende Gespräche geführt werden, die zur Entscheidungsfindung beitragen und Möglichkeiten aufzeigen. Viele Schulen führen für die einzelnen Klassen Tagesausflüge zu den Berufsinformationszentren der Arbeitsämter durch, doch fällt die Bemessung des Zeitrahmens für eine angemessene Beratung meist zu gering aus. Werden nur Profile mittels einer computergestützten Auswertung erstellt, ist niemandem geholfen. Deshalb muss auf weiterführende Beratungsmöglichkeiten verwiesen werden, für die die Arbeitsämter entsprechend qualifiziertes Personal beschäftigen müssen.
Um eine Entscheidung herbeizuführen, bedarf es auch der Kenntnis der Lernorte selbst - also auch der Berufs-, Hoch- und anderer Schulen. Da es in der Organisation der Ausbildung und der Anforderungen erhebliche Unterschiede gibt, ist eine Kenntnis hierüber für die Wahl des Berufes und des Bildungsweges so wichtig. Diese Kenntnisse können am leichtesten vor Ort gewonnen werden. Wenn sie Vorlesungen und Träger der beruflichen Bildung besuchen, können Schülerinnen und Schüler wichtige Fakten für ihren Entscheidungsprozess sammeln. Gute Möglichkeiten dies zu tun, ergeben sich auch aus Gesprächen mit Lehrenden und Lernenden, die so herbeigeführt werden können. Auch hier gibt es meist die Möglichkeit, spezielle Beratungsangebote zu nutzen, die außerhalb einer Gruppenveranstaltung wahrgenommen werden können. Wird auf diese hingewiesen und können bestenfalls auch direkt Termine vereinbart werden, erleichtert man den Jugendlichen, Kontakte herzustellen und für sich wichtige Informationen zu gewinnen.
Gewerkschaften kommt eine bedeutende Rolle zu, wenn es um die konkrete Ausgestaltung der Arbeitssituation geht, die auch Auswirkungen auf das Leben im Allgemeinen hat. Dies reicht von der Durchsetzung von Arbeitsschutzverordnungen über ihre Eigenschaften als Tarifpartner bis hin zur direkten Mitbestimmung in Betrieben. Welche Möglichkeiten Arbeitnehmer haben, auf ihr Arbeitsumfeld Einfluss auszuüben und welchen Sinn verregelte Mitbestimmungsstrukturen in Unternehmen haben, kann von Personen, die Erfahrungen auf diesem Gebiet gesammelt haben, besser veranschaulicht werden als durch die Lektüre von Gesetzestexten. Gibt man Gewerkschaftsvertretern den Raum, Möglichkeiten der Mitbestimmung und der Veränderung aufzuzeigen, können auch Schülerinnen und Schüler ihren eigenen Handlungsspielraum besser einschätzen und der starre Komplex wirtschaftlichen Wirkens und Handelns verliert den Anschein des Festgeschriebenen und Unveränderlichen. Sollen Schülerinnen und Schüler planerische Ansätze und daraus Handlungsschritte entwickeln, können Einsichten an diesem Punkt festgefahrene Rollenbilder aufbrechen und Handlungsoptionen eröffnen.
Auch an dieser Stelle soll darauf geachtet werden, dass einer Debatte ausreichende Entfaltungsmöglichkeiten eingeräumt werden, damit sich individuelle Positionen herausformen können. Hierzu müssen andere Vermittlungsformen als die des Frontalunterrichts genutzt werden. Es gibt Methoden der Gruppenarbeit, die für diesen Zweck wesentlich effizienter sind und es ermöglichen, die ganze Lerngruppe zu integrieren und zu aktivieren. Mittels Kartenabfragen oder Planspielen mit anschließender Auswertung kann es gelingen, dass Schülerinnen und Schüler sich gemeinsam dabei helfen, einen Kenntniszugewinn zu befördern. Lehrerinnen und Lehrer müssen für diese Art der Wissensvermittlung ausgebildet werden. Diese Unterrichtsgestaltung benötigt mehr Zeit und Raum, als unter den momentan an den meisten Schulen vorherrschenden Bedingungen zur Verfügung steht.
Es sind sowohl strukturelle Veränderungen von Schulen und Berufsschulen als auch eine bessere Finanzierung von Bildung durch die öffentliche Hand notwendig, wenn der Nutzen von Schule für die Schülerinnen und Schüler erhöht werden soll. Will man ausreichend Raum für eine Kompetenzvermittlung schaffen, die es den Jugendlichen ermöglicht, Entscheidungen in fundierten Abwägungsprozessen zu fällen; will man Wissensvermittlung so konzipieren, dass den Schülerinnen und Schülern mehr abverlangt wird, als Datenbestände kurzfristig bei Prüfungen abzurufen; will man ein Bildungssystem aufbauen, das Menschen unabhängig von ihrer sozialen Herkunft dazu befähigt, frei und ohne Einschränkungen ihren Lebensentwurf planend umzusetzen, ergeben sich Anforderungen an Schule, die am wenigsten durch ein dreigliedriges Schulsystem mit Unterricht im Schulstundentakt erfüllt werden.
Öffnet sich Schule der Gesellschaft, die sie umgibt und aus der sie resultiert, wie es am Beispiel der beruflichen Bildung und der Berufsorientierung nachvollzogen werden kann, müssen flexiblere Stundenpläne und Schulzeiten für den ermöglichenden Rahmen sorgen. Soll verhindert werden, dass soziale Ungleichheit durch das Bildungssystem zementiert wird, muss man aufhören, Menschen in der Ausbildung von Fertigkeiten zu beschneiden, indem man sie in vermeintlich homogenen Lerngruppen mittels der Dreigliedrigkeit voneinander abkapselt. Soll ermöglicht werden, dass Lebensentwürfe auch umgesetzt werden können, müssen sowohl Studien- als auch Ausbildungsplätze in ausreichender Zahl verfügbar und ohne Gebührenlast zugänglich sein.
Verfolgt man die öffentliche Debatte, scheint gerade Letzteres nicht erreichbar zu sein. Unter dem Verweis auf die schlechte konjunkturelle Lage verweigert sich die Arbeitgeberseite zunehmend stärker, wenn Gewerkschaften und Schülervertretungen auf eine verbindlich festgelegte Anzahl von Ausbildungsplätzen und sozial verträgliche Beschäftigungsverhältnisse drängen. Doch ist das Schaffen von Lehrstellen eine Investition der Unternehmen in deren eigene Zukunft. Soll in Zeiten wirtschaftlichen Wachstums nicht erneut wie vor einiger Zeit in der IT-Branche ein massiver Mangel an Fachkräften aufkommen, darf die Planung der Unternehmen nicht so kurzfristig ausgerichtet sein, wie es von den Arbeitgeberverbänden öffentlich kommuniziert wird.
Die BundesschülerInnenvertretung unterstützt die in jüngster Zeit wieder verstärkt vorgebrachte Forderung der Gewerkschaften nach einer gesetzlichen Umlagefinanzierung. Hierdurch wird eine Unterstützung insbesondere kleinerer Betriebe gewährleistet und neue Lehrstellen werden geschaffen. Nach wie vor erzielen viele deutsche Firmen auch heute mit Hilfe von qualifizierten Arbeitnehmern große Gewinne. Da verwundert die Weigerung, sich weiterhin für eine Qualifizierung zukünftiger Fachkräfte einsetzen zu wollen. Wenn solche Firmen nicht selbst ausbilden wollen, dann sollen sie anderen Betrieben über finanzielle Zuwendungen ermöglichen, Ausbildungsplätze anzubieten.
The knowledge-based economy requires more highly skilled workers at a time when our workforce is shrinking and many Canadians are being underutilized.(1) The Canadian government is spear-heading a national campaign to:
The economy of the 21st century will need workers who are lifelong learners, who can respond and adapt to change. Canada's labour market programs must be transformed to meet this challenge. - Speech from the Throne(3)
As Canada's workforce changes, Canadians need new knowledge and skills to keep pace with the evolving employment environment. Yet our citizens cannot be assigned to education, training programs, or to jobs; they must choose them. To make relevant choices they need accurate career and labour market information and they need the skills to use this information effectively. They need career management skills suited to today's workforce and society.
Canada's new career management paradigm recognizes that career development is a lifelong process of knowledge and skills mastery reflecting a continuum of learning and mastery.
The key to success in the modern workplace, as in life, is not just finding the right job, friend or life partner, it's becoming the right worker, friend or life partner. The new paradigm sees Canadians learning a new set of career and life management skills that will enable them to construct personal meaning and plan their lives and careers with confidence and intention. "Constant change and shifting work relationships are the footprints of a knowledge-based workplace."(4)
Canadian workers with career management skills are more likely to choose education, training and employment that meet their needs, and those of Canada's evolving workplace. In turn, individuals who find suitable work are more likely to be productive and remain in their jobs longer. This results in higher productivity and lower recruitment and training costs for employers. People capable of planning and managing their careers are less likely to be underemployed or unemployed for extended periods, to need social assistance, to require health care due to work-related stress, to flounder in arbitrarily chosen education and training programs or to drop out.
Helping more current and future workers improve their career management skills will increase Canada's productivity and international competitiveness, and reduce public and private sector expenditures. If one makes the modest assumption that increasing career management skills will result in a 1 percent decrease in corporate and government expenditures (see following pages), the net national effect is billions of dollars freed up annually to be invested in Canada's future.
The career management paradigm shift is underway. Previous public and private sector investments are paying off. A number of initiatives are in place and form the foundation of the new paradigm. Among these are Human Resources Development Canada's Skills and Learning Engagement Strategy, Sectoral Skills, Skills Information and Essential Skills Initiatives, Industry Canada's Innovation Initiative, and the Conference Board of Canada's Employability Skills 2000+ Initiative.
A cornerstone of the paradigm shift is the Blueprint for Life/Work Designs. The Blueprint is a comprehensive framework of competencies (skills, knowledge and attitudes) Canadians of all ages need to be self-reliant career builders and managers. It's also a "how to" guide of tested approaches any organization can use to create or re-engineer programs to enhance career management skills in their employees, clients and students. Moreover, the Blueprint provides an accountability framework and standards by which the success of individuals and organizations can be measured.
School-to-work transition and workforce development initiatives fail too many Canadians because career management skills do not receive the curricular focus that academic and technical skills receive. Career theorists provide clear and unequivocal evidence to demonstrate the need to imbed career management skills in all education and training programs and services designed to help Canadians succeed in the employment market of the future. Implementing career-relevant programs that integrate the Blueprint career management skills and accountability procedures will:
Career Management Paradigm Shift |
Prosperity for Citizens, Windfall for Governments |
Phillip S. Jarvis |
Vice-President, Partnership Development |
National Life/Work Centre, Ottawa(5) |
The economy of the 21st century will need workers who are lifelong learners, who can respond and adapt to change. Canada's labour market programs must be transformed to meet this challenge. - Speech from the Throne(6)
The new knowledge economy is changing the way people work. Recent projections(7) suggest that new labour market entrants are likely to experience a succession of work roles, with 12 to 25 jobs in up to five industry sectors in their working lives. At times they may have concurrent part-time jobs, at others no paid work. Work periods will be interspersed with periods of learning, either full- or part-time while holding one or more jobs. Krumboltz and Worthington(8) describe a future where " . . . there will be more of a need for worker flexibility as worker requirements change more frequently and new teams are formed to work on specific projects. Workers will increasingly be expected to move from project to project doing whatever work needs to be accomplished, and not merely to fulfill a written job description." That future is here. Project-based work is the norm in more and more public and private sector organizations across Canada.
At the same time, Canada's workforce is changing drastically. Knowledge Matters: Skills and Learning for Canadians, the recent discussion paper from Human Resources Development Canada, describes the challenges:
Canada needs more highly skilled workers, yet our workforce is shrinking. 50 percent of our 2015 workforce is already working. By 2011 immigration will account for all net workforce growth. In all sectors, it is more important than ever that Canadians connect with the best possible learning and work opportunities. Yet too few education and training institutions teach career management skills, and most companies of 50 or fewer workers have no employee training and development or human resources services. As a result, current and future employees typically make career choices unassisted, without the benefit of key career management skills they need to succeed.
The key is helping Canadians choose education and training programs and fields of work that serve both their needs and the needs of the evolving workforce. Our society is based on freedom of choice, which is limited by knowledge of one's options and mastery of good decision-making skills. Our challenge is to help Canadians learn how to choose wisely, as often as necessary, and be committed to on-going learning to become better, more satisfied and more fulfilled at what they choose to do, both at work and in their communities.
Canadians need good career and labour market information. In the words of Richard Froeschle (2002), Career Resource Network Director with the Texas Workforce Commission, " labor market and career information is to students and job seekers what market research data is to business - invaluable."(10) High quality, current and comprehensive information is essential, but it is not enough. Canadians also need skills to use the information effectively to make sound choices. They need skills that give them legitimate self-reliance. They need focus, on what they have to offer and on what is important to them. They need direction, knowing their options, what is suitable for them, and what is needed to get where they want to go. They need adaptability, the skill of making the best of ever-present change. Collectively, these are career management skills, and they cannot be learned solely from printed publications and websites. Human support during the learning process is essential.
The new economy demands a new approach to career development. People need to identify broad industry sector destinations and learn employability and transferable skills to equip them for multiple roles within these sectors. Mastery of career management skills, which include transferable employability and personal management skills, needs be part of mainstream primary, secondary and post-secondary education programs, employee training and development programs and remedial programs for adults in career transitions. Acquisition of these skills increases likelihood of workplace success, but also increases likelihood of success in relationships, family and community. Therefore, an investment in helping more citizens master these skills provides a multi-faceted return on investment, and benefits both for individuals and for society.
The traditional vocational guidance paradigm expected young people to make an informed, long-term career choice before graduating from high school. Yet, when any group of adults is asked if they are now doing what they expected to be doing when they left high school fewer than 10 percent (except educators and nurses) will raise their hands. Are you now doing what you expected to be doing at this age when you were in high school?
The old vocational guidance model was about helping people make informed career decisions, and went as follows:
The new career management model is about helping people become healthy, self-reliant citizens, able to cope with constant change in rapidly changing labour markets and maintain balance between life and work roles. For some, this means reclaiming their lives from the onslaught of "labour-saving" technologies in the workplace.
Cornerstones of the career management paradigm are the "high five" principles:
Those who master the Blueprint career management skills and follow the high five principles are more likely to secure fulfilling work and life roles in the knowledge age economy, and prosper. Regrettably, most educators, corporate executives, legislators and policy makers, community leaders, parents and others are still encumbered by the old vocational guidance mindset.
The catch phrase of the old paradigm, "What do you want to be when ?" loses relevance in labour markets where new workforce entrants can anticipate having 12 to 25 jobs in up to 5 industry sectors.(11) It is now unrealistic, even self-defeating, to expect anyone to choose an occupation for life. Through no fault of their own many educators, spouses and parents do not fully comprehend the new work world. Inadvertently they create additional pressures for those they are trying to help. For example, many parents feel their children are doing something wrong or failing somehow when they cannot secure a "permanent" job soon after finishing school.
In the career building paradigm the question, "What do you want to be when ?" is replaced by questions like:
"Not what, but who are you now, and what do you love to do?"
"What are your specials gifts and skills?"
"What types of organizations need what you can offer better than others?"
"What innovative work arrangements might work for you and potential employers?"
"People don't succeed by migrating to a "hot" industry. They thrive by focusing on who they really are - and connecting that to work that they truly love (and, by doing so, unleashing a productive and creative power that they never imagined). Companies win when they engage the hearts and minds of individuals who are dedicated to answering their life question."(12)
Tests won't answer people's life questions, and certified professionals are not needed to ask them. The career management paradigm puts control in the hands of individual career managers, not tests, computer systems or specialists. Yet to be in control, people need to learn a set of career management skills the same way they learn math, science, communications or technical skills.
The workplace of the knowledge era is a radically different place at the beginning of the 21st century than that of the 20th century. 97 percent of Canadian businesses have fewer than 50 employees. 750,000 have fewer than 5 employees.(13) Self-employment, particularly among aging baby boomers, is growing. Even in larger organizations, the notions of self-employment and working for customers and clients have replaced working for a boss. Doing what you are told and following established procedures is now balanced with encouragement to invent new solutions to getting the job done and better serving customers and clients. Just being responsible for your job has been replaced by pressure to be a good team player and help the team continuously learn and improve. Respect used to be accorded to position. It is now earned by people, at any level in the organization, on the basis of their contribution, commitment to learning and growing and their willingness to help others improve.
The following terms(14) represent concept shifts, not just "vernacular du jour." They are occurring at different rates in different regions and sectors of society, but they are indicative of a global career management paradigm shift.
Old Paradigm | New Paradigm |
General | |
Office | Virtual space |
Success = career ladder | Success = valued skills |
Authority | Influence |
Entitlement | Marketability |
Loyalty to company | Loyalty to work and self |
Salaries and benefits | Contracts and fees |
Job security | Personal freedom and control |
Identity = job, position, occupation | Identity = life circumstances and contribution to work, family, community |
Attention to bosses and managers | Attention to clients and customers |
Employees | Vendors, entrepreneurs, team members |
Private Sector/Employers | |
Social Contract | At-Will Workforce |
Mass Production | Customization |
Industry Knowledge | Consumer Pull |
Cost Reduction | Revenue Growth |
Vertical Integration | Outsourcing |
Incumbent Workers | Contingent Workers |
Retail Stores | "E-tailing" |
Bureaucratic organization | Shared Vision and Mission |
Local Labour Supply | Global Labour Competition |
Jobs as Continuous Duty | Project Orientation |
Job Security | Employment Resilience |
Job Description | Task/Duty Statements |
Public Sector/Education | |
Entitlement | Personal Responsibility |
Employment Service | One Stop Co-Location Centers |
Worker Training | Work First-Welfare Reform |
Job Qualifications | Skills Standards |
Occupational Titles | Skills Clusters |
Diploma or Degree | Skill Certification |
Degree Attainment | Non-linear Perpetual Learning |
Recruitment | Informed Choice |
Academic Calendar | Open entry/Open exit |
Semester Courses | Discrete Learning Events |
Carnegie Unit/Seat Time | Competency Demonstration |
Bricks and Mortar | Distance Learning |
School Teacher | Learning Coach |
Career Guidance | Career Development/ Building/ Management |
Process/Peer Review | Outcomes/External Evaluation |
Mainframe Computers | Internet Connectivity |
Keepers of Knowledge | Democratization of Knowledge |
As technologies and skill requirements change, demand for workers changes. Workers need to be able to follow occupational and industrial trends, observe where job growth or decline is likely to happen and position themselves to adjust to the trends. The fastest growing category of companies is the smallest ones, which have the greatest failure rate. Larger companies are being merged, downsized, split up, re-engineered, or bought out. Job security is no longer a given for anyone at any level in any organization, and it has become an individual matter. Workers need to prepare themselves for periodic job loss and the inevitable loss of income.(15)
The very notion of "job" is shifting dramatically. In most contemporary settings those who say "That's not my job!" won't have a job for long! Workers are increasingly seeking meaning, purpose and fulfillment from their work roles, not just pay cheques. Career is increasingly being viewed as something every human has, for a lifetime.(16) The concept "occupation" is an anachronism in many industry sectors, yet it remains the cornerstone of career information systems and databases, guidance processes and post-secondary education and training offerings. "Work is now defined not by occupational titles or categories, but by skills and values. Effective career builders know how to shape and build their careers project by project. This is a new competency, still largely unrecognized by most adults in the workforce."(17)
Increasingly it's okay, even desirable, to have one's "eggs in more than one basket." More and more people are getting more satisfaction, stimulation, respect, money and freedom by brokering portions of their time and skills to multiple organizations in creative new work "packages." Security derives from the knowledge that if one "job" ends abruptly, others are still in place. As companies do not pay benefits and can initiate and terminate contracts easily, they are willing to pay more. ("We can pay you $500 per day for 10 days every three months, but we can't offer you a full-time job"). If they deliver reliable, high quality service, self-employed people often find more and more employers want more and more of their time. To succeed, self-employed workers in atypical, contract work arrangements need to have specialized skills, be aware of their value to specific employers, and be capable of marketing themselves effectively. This demands a high level of self-knowledge and self-confidence, both of which are career management skills.
The more education and skills a person has, the greater the likelihood of securing work, earning a good income, and remaining employed. High school dropouts have an unemployment rate of more than 18 percent, compared with 7 percent for those with a university degree.(18) Over the next five years, occupations that require less than high school education will account for less than 6 percent of new job opportunities. More than 70 percent of new jobs will require at least some postsecondary education.(19) The main activity of 61 percent of respondents in a recent British Columbia survey in their first year after high school was attending school full time or part time.(20) Thus, 39 percent were rejecting advice from "the system," or from their parents. Nearly half of the students who go to post-secondary programs after high school either change programs or drop out by the end of their first year.
Society expects people to select an occupational goal then pursue the prerequisite education and training. While preparing to enter the workforce they are graded on acquisition of academic and technical skills, not career management skills, despite constant pleas from employers to teach "employability skills." While academic and technical qualifications open doors, life and career management skills largely determine selection, success and advancement.(21) (22) Job seekers who market themselves as skilled in narrow occupational specialties do themselves a disservice. Those who can describe the skills they bring to an organization to help it achieve long-term success, in whatever combination of roles, are in greater demand.(23) The key in the workplace as in life is not just finding the right job, friend or life partner, it's becoming the right worker, friend or life partner.
"Increasingly, career development is about leadership. It's about the personal leadership required to take action, take risks and learn new skills. It's also about the leadership required to help others develop, grow and learn. Creating things that don't yet exist is now part of career development, not just choosing among existing options. Preparedness for an environment that does not yet exist is key to adaptability, and leadership - therefore, it's key to career management."(24)
Over the past quarter century disparities in earnings from employment have widened. The well paid have experienced earnings gains, while market incomes at the low end of the spectrum have stagnated or even declined. Almost two million adult Canadians work for less that $10 an hour - about one in six employed people. These jobs do not pay enough to support a family, yet workers face barriers to advancing their incomes. Workplace barriers occur because employers concentrate more on controlling payroll costs than on productivity growth and development of skills.(25) The prevalent assumption that money is the shortest route to freedom and happiness is flawed, as so many stressed professionals have discovered. In fact "the shortest route to the good life involves building the confidence that you can live happily within your means"(26) while doing work you truly love - whatever it pays.
The new career management paradigm recognizes that career development is a life-long process of skill acquisition and building through a continuum of learning, development and mastery. This process enables people to be in charge of their own careers, having enough focus and direction for stability and enough flexibility and adaptability to allow for change along the way. Career management does not seek to help people make the "right" choice the first time. It equips them to make good choices, time after time, year after year, for the rest of their lives. The aim is to help people become self-reliant, allowing them to provide for themselves and their families, and to contribute positively to our ever-changing workforce. Failure to meet these changing needs for more Canadians will be costly. In fact, it already is.
Many workers go through their entire working lives without focus or direction, and without learning career management skills. They fall into the work they do or make do with whatever is available. For them, the old paradigm has not worked. They are spending 50 percent of their conscious lives in inappropriate work settings. This impacts the other 50 percent of their non-sleep hours. Wherever there is a mismatch between workers' strengths, the nature of the work and current labour force needs there are problems. These workers either stay on the job, unsatisfied and going through the motions, or leave. In both cases, there is a loss of productivity and a waste of human capital, whether measured in training costs or unrealized human potential. Investment by both the public and private sectors yields an unacceptable return. The fallout from gaps between people's skills and workforce needs includes enormous costs in social spending: on education, health care, social services, protection and correctional services, and more. Equally staggering is the loss of revenue to employers and governments.
For businesses and for our economy productivity is the key to competitiveness. Canada relies on the productivity of its workers to keep us competitive in the global marketplace. If we increase our productivity, our entire economy and social structure benefit. If productivity slips we all lose, and pay for loosing.
Variability in employee productivity influences the economics of an organization. Employers who can select more congruent (right person in the right job) employees from a better applicant pool have a distinct advantage over their competitors. After conducting a meta-analysis of 85 years of research on personnel selection, Schmidt and Hunter (in press) conclude that person-job congruence benefits the worker, the company, and the nation.(27) In Po Bronson's words, "We are sitting on a huge potential boom in productivity - if we could just get the square pegs out of the round holes."(28)
Canada's annualized Gross Domestic Product as of the second quarter of 2002 was $1,138.2 billion.(29) A 1 percent increase in productivity would result in an increase of over $11 billion in goods and services in 2002. Better mechanisms for helping people connect with work roles they like and in which they excel would have profound ramifications for Canadian society. A modest 1 percent increase in productivity through better matching of individual Canadians' skills and workforce requirements could generate as much as $10 billion annually in increased gross domestic production. What if, over time, we could achieve a 5 or 10 percent increase in productivity, or more, across the country? Any gain would favourably impact Canada's international balance of payments and would be felt in standard of living improvements in communities from coast-to-coast.
$64.1 billion(30) was invested by all levels of government in Canada in the past year on primary, secondary and post-secondary education. Too many students are floundering or unsure why they are learning what they are learning. Many more cannot decide what programs they should be in. Many change programs, underachieve or drop out. Some extend their education because they are reluctant to move on. Most students do not fully understand the diversity of work roles for which the academic and technical skills they are acquiring are suitable. Not enough students are acquiring and mastering the skills of personal management, work and learning exploration, and career management they will need to complement their academic skills in becoming self-reliant career managers beyond graduation. Effective career management programs would help youth develop these skills and gain greater focus and direction. While we might hope to do better, even a 1 percent increase in efficiencies though having more students learning what they are motivated to learn translates to potential savings of $600 million annually.
Those who are unemployed or in work roles they dislike are subject to increased stress, have increased likelihood of unhealthy lifestyles, and may be more prone to substance and physical abuse. Good jobs foster mental health whereas poor jobs cause distress (Loscocco & Roschelle, 1991).(31) For instance, in a September 2002 Ipsos-Reid survey for the Globe and Mail and CTV(32), one in six Canadians surveyed (17%) said there has been a time in their life when they've been under so much stress that they've wanted to commit suicide. As for what the main causes of stress in Canadians' lives are, their job or work (43%) and their finances (39%), were the most cited in the same survey.
Over $76.9 billion(33) was invested by all levels of government in Canada in the past year on health care. If only 1 percent of the people now availing themselves of health care services require them directly or indirectly as a result of inability to find and maintain suitable work, nearly $800 million annually could be saved. If the actual percentage is higher, say a modest 5 percent, this equates to $4 billion annually. Some or all of this could be invested in improved health care services for all citizens.
In societies committed to improving living standards for all citizens, the term "social inclusion" has received increased attention in recent years. To be included is to be accepted and to be able to participate fully within our families, our communities and our society. Those who are excluded, whether because of poverty, poor health, gender, race, or lack of education or skills, do not have the opportunity for full participation in the economic and social benefits of society.
Anna Diamantopoulou, European Union Commissioner for Employment and Social Affairs, points out that social inclusion makes good economic sense. Her Commission estimates that social exclusion costs between 12% and 20% of the GDP of the European Union member states. If the Canadian situation is similar, these percentages would translate to Canadian social exclusion costs of $136 to $228 billion annually. The EU regards the fight against social exclusion as a worthwhile investment and has committed 27 billion euros to the Social Fund for the period from 2000-2006.(34)
$113 billion(35) was invested by all levels of government in Canada in the past year on social services, including social assistance and welfare. Inability to locate and maintain suitable and fulfilling learning and work opportunities is a contributing factor for some recipients. Significant savings could accrue if more citizens possessed the skills they need to self-reliantly plan and manage their careers and constructively address change. For example, a modest 1 percent saving on these expenditures would save over $1 billion annually.
Over $15 billion(36) was invested by all levels of government in Canada in the past year on "protection of persons and property," including policing, prisons and correctional services. One might expect that a contributing factor in the case of some law-breakers and detainees is their inability to connect with appropriate life and work roles. A 1 percent improvement in helping more of these youth and adults acquire career management skills, become hopeful about their future and achieve increased self-reliance, could generate savings of $150 million annually.
Over $432 billion(38) was collected by all levels of government in Canada in the past year in income taxes (individual and corporate), property taxes, consumption taxes, health premiums, social insurance contributions, etc. If more Canadians were able to connect with steady work roles they consider appropriate, all levels of government could anticipate increased revenues. A 1 percent improvement here would generate over $4 billion annually in increased government revenues. A 5 percent improvement would yield a $20 billion annual windfall for all levels of government.
The ability of Canadians to make effective connections to meaningful work is the underpinning of improvement in each of these areas. Excellent career information and mastery of career management skills can help them make these connections. If even a small percentage of Canadians increase their mastery of career management skills, the savings can be enormous. Consider the impact on the Canadian economy and society of freeing up that amount of money, no matter how it might be redirected!
How do we attain the improvements suggested above and the savings that come with them? Some of the necessary tools are already in place. What is needed is a concerted effort to use the tools now in place effectively and in concert with each other, to increase understanding of the necessity of this paradigm shift, and to help as many Canadians as possible increase their mastery of career management skills. We need programs and resources that are based on clear career management learning and performance outcomes, and that are accountable to those who fund them. We need a means by which career practitioners, counsellors, educators and human resources specialists can easily select resources based on the outcomes they want to achieve with their clients and the skills they wish to build. We need a common map or framework of career management skills to see the linkages, or overlaps, between programs, and to identify gaps in existing programs and services. We need a common language of career management so there is no ambiguity or confusion among career practitioners, employment counsellors, educators and HR people, or between them and the public. We need a new, national career management culture.
Pioneering work on a national career management skills framework began in the United States in 1988, under the leadership of the National Occupational Information Coordinating Committee (NOICC) and its network of 58 State Occupational Information Coordinating Committees (SOICCs). The process of adapting what became the U.S. National Career Development Guidelines for Canada began in 1998, lead by the National Life/Work Centre in concert with the Canada Career Information Partnership, with support from Human Resources Development Canada. The result is Canada's Blueprint for Life/Work Designs. Thousands of American and Canadian career practitioners, employment counsellors, educators, human resources specialists and researchers have spent fourteen years developing, piloting, evaluating, revising and implementing this North American career management skills framework.
The Blueprint identifies core competencies with associated performance indicators for each competency at four developmental levels across the lifespan. The core competencies are the basis upon which career development programs can be designed. The performance indicators, which are organized by learning stages, can be used to measure learning gains and demonstrate the effectiveness of such programs.
Competencies and performance indicators are arranged under three key headings:
Area A: Personal Management | ||
1. | Build and maintain a positive self-image | |
2. | Interact positively and effectively with others | |
3. | Change and grow throughout ones' life | |
Area B: Learning and Work Exploration | ||
4. | Participate in life-long learning supportive of life/work goals | |
5. | Locate and effectively use life/work information | |
6. | Understand the relationship between work and society/economy | |
Area C: Life/Work Building | ||
7. | Secure or create and maintain work | |
8. | Make life/work enhancing decisions | |
9. | Maintain balanced life and work roles | |
10. | Understand the changing nature of life and work roles | |
11. | Understand, engage in and manage one's own life/work building process |
These competencies include the employability skills employer groups suggest are lacking in too many prospective employees, particularly youth. In fact, because work habits and attitudes strongly influence early adult earnings, educational and training programs should emphasize work behaviours as much as they emphasize job skills(39). Self-reliance grows out of the acquisition of these skills. The Blueprint recognizes that people at different ages and stages learn differently, and that even young children can learn and appreciate the Blueprint competencies. In fact, we know that attitudes toward work are formed early in life, so workforce and vocational guidance policy should take a developmental perspective. Vocational psychologists such as Super, Crites, Gribbons, and Lohnes have each concluded from their longitudinal studies that planful competence in early adolescence relates to more realistic educational and vocational choices, occupational success, and career progress.(40) For this reason, the Blueprint's core competencies are defined for four developmental levels:
Level 1: | Primary/Elementary School | |
Level 2: | Junior High/Middle School | |
Level 3: | High School | |
Level 4: | Adult, including Post-secondary |
There are performance indicators for each competency, at each level, organized by "learning stages." For example, the performance indicators for Competency 5 at Level 3 are:
Competency 5 - Level 3 (High School) |
|||
Locate, interpret, evaluate and use life/work information | |||
Learning stage a: Acquisition | |||
5.3 a1 | Explore the educational and training requirements of various work roles. | ||
5.3 a2 | Discover how key personnel in selected work roles could become ideal information resources and/or role models. | ||
5.3 a3 | Explore how trends and work opportunities in various economic/industry sectors impact the nature and structure of work roles. | ||
5.3 a4 | Explore how employment and workplace trends impact education and training scenarios. | ||
5.3 a5 | Understand how a variety of factors (e.g., supply and demand for workers, demographic changes, environmental conditions, geographic location) impact work opportunities. | ||
5.3 a6 | Understand how labour market information (profiles, statistics, etc.) should be used when making life and work decisions. | ||
5.3 a7 | Explore a variety of work alternatives (e.g., full employment, multi-tracking, contracting, consulting, self-employment, entrepreneurship). | ||
Learning Stage b: Application | |||
5.3 b1 | Use career information resources such as career monographs, occupation classifications systems, labour market information, mass media, computer and Internet-based career information delivery systems to educate oneself to the realities and requirements of various work roles. | ||
5.3 b2 | Consult key personnel in selected work roles as information resources, role models and/or mentors. | ||
Learning Stage c: Personalization | |||
5.3 c1 | Determine, according to one's preferences, the advantages and disadvantages of various work alternatives (e.g., full employment, multi-tracking, contracting, consulting, self-employment, entrepreneurship). | ||
5.3 c2 | Assess life/work information and evaluate its impact on one's life/work decisions. | ||
Learning Stage d: Actualization | |||
5.3 d1 | Improve one's strategies to locate, interpret, evaluate and use life/work information. |
The Blueprint provides the basis for setting the learning outcomes, establishing performance standards, and measuring success in any public or private sector agency in the career development business in Canada. It's a foundation piece of the new career management paradigm, and implementation is well underway.
Many provincial and territorial ministries of education, human resources and employment, community services and others across Canada are adopting the Blueprint as the foundation of their career management programs or imbedding its competencies into their own guidelines. Career resources, programs, curricula and services from public and private sector organizations, large and small, are being coded to the Blueprint competencies and performance indicators. Blueprint Orientation and Leadership Sessions are being offered across Canada to develop local Blueprint Facilitators to teach educators, career and employment counsellors and human resources specialists to make effective use of the Blueprint and its support materials.
Many individuals and organizations across Canada are contributing to the new career management paradigm in different ways. For example, the Conference Board of Canada's Employability Skills 2000, Human Resources Development Canada's Essential Skills, and the Workinfonet national partnership of career, learning and labour market information Internet gateway sites are making important contributions to the needed paradigm shift. The Canada Career Consortium, Industry Sector Councils, Canada Career Information Partnership, Career Circuit, Canadian Career Development Foundation, National Life/Work Centre and others are as well. The National Career Development Standards and Guidelines for Career Practitioners contributes a complementary competency framework for career and employment counsellors and career practitioners. The Real Game Series, now in thousands of schools from coast-to coast, provides national curriculum to teach career management skills in educational and community settings across Canada. The Blueprint provides a map of the career management terrain by which these and many other contributions of large and small, public and private sector organizations across Canada can be plotted and tracked.
School-to-work transition and workforce development initiatives fail too many Canadians because career management skills do not receive the curricular focus that academic and technical skills receive. Career theorists provide clear and unequivocal evidence to demonstrate the need to imbed career management skills in all education and training programs and services designed to help Canadians succeed in the employment market of the future. Implementing career-relevant programs that integrate the Blueprint career management skills and accountability procedures will:
The OECD applauds Canada's approach in its current 14-country Career Guidance Policy Review. After visiting Canada from July 2nd to July 10th, 2002 the OECD reviewers noted:
In all of these respects, Canada is widely recognized as being a world leader, a position endorsed and reinforced by the two recent international symposia on career development and public policy (funded by Human Resources Development Canada and managed and coordinated by the Canadian Career Development Foundation)."
Momentum for the career management paradigm shift is growing among government
departments, educational leaders, community agencies, business owners, career
and employment counsellors, and human resource specialists. Their support
will help close the gap between workers' skills and employment opportunities,
with the attendant economic savings made
available to stimulate and sustain this nation's prosperity. With more concerted
effort in developing, implementing and evaluating the proposed career management
skills agenda, together we can help citizens achieve self-reliance and empowerment
in their careers, focus and direction in their current employment, and satisfaction
and control in their lives.
1) Human Resources Development Canada, Knowledge Matters: Skills and Learning for Canadians, 2002, pp. 7-8.
2) Ibid., pp. 13-19, 25-32, 37-43, 49-53.
3) Government of Canada, Speech from the Throne, September 30, 2002
4) Dr. Bruce Cassie, Ontario Institute for Studies in Education.
5) The Author is grateful to many people, but in particular: Yves Boutot, National Life/Work Centre, Fredericton; Dr. Bruce Cassie, Ontario Institute for Studies in Education, North Bay, Ontario; Susan Deruelle, Nova Scotia Community Services, Sydney; Nova Scotia; Rich Froeschle, Texas Career Resource Network, Austin, Texas; Robert Goguen, National Life/Work Centre, Montreal, Québec; Dale Gullekson, Elk Island School Division, Edmonton, Alberta; Helen Hackett, Arcadia Works, Ottawa, Ontario; Vicki King, California Career Resource Network, Sacramento, California; Carol Kososki, South Carolina Occupational Information Coordinating Committee, Columbia, South Carolina; Paul Lukaszek, BC Ministry of Education, Victoria, British Columbia; Marie Lapointe, National Life/Work Centre, Ottawa, Ontario; Dr. Roberta Neault, Life Strategies Ltd, Coquitlam, British Columbia; Juliette Noone-Lester, formerly ED of the National Occupational Information Coordinating Committee, Washington, D.C.; Dave Redekopp, Life Role Development Group, Edmonton, Alberta; Gunter Rochow, CAPRA International, Cumberland, Ontario; Mark Savickas, Northeastern Ohio Universities College of Medicine, Rootstown, Ohio; Rob Straby, Life Works by Design, Elora, Ontario; Lee Wallace, Car-Ed Consulting, Ottawa, Ontario; Dr. Tony Watts, OECD. Paris, France; Jessi Zielke, BC Career Education Society, Vancouver, British Columbia.
6) Government of Canada, Speech from the Throne, September 30, 2002
7) Alberta Learning (1999). What Works: Career Building Strategies for Special Needs Groups.
8) Krumboltz, J.D., & Worthington, R.L. (1999). The School-to-Work Transition From a Learning Theory Perspective. The Career Development Quarterly, 47, 312-325.
9) Human Resources Development Canada, Knowledge Matters: Skills and Learning for Canadians, 2002, pp. 7-8.
10) Froeschle, R. (2003). Cost of Market Indecision: The Economic Effects of Insufficient Career Information, Texas Workforce Commission, Career Development Resources, Austin, Texas (forthcoming).
11) Alberta Human Resources and Employment, What Works: Career Building Strategies for Special Needs Groups, 1999.
12) Po Bronson, "What Should I do With My Life? The True Story of People Who Answered the Ultimate Question." Random House, January 2003.
13) Dr. Sam Shaw, President, Northern Alberta Institute of Technology, The Role of Education: Building a World-Class Work Force, Edmonton, September 2002.
14) The author wishes to acknowledge the contributions of R. Froeschle, Texas Workforce Commission; Dr. D. Redekopp, Life Role Development Group; and Dr. R. Straby, Life Works by Design to this list of terms.
15) Carlson, B., After Career Development, What? Office of vocational and Adult Education, U.S. Department of Education, Washington, D.C., 2002.
16) Gysbers, N.C. (1997). Involving Counseling Psychology in the School-to-Work Movement: An Idea Whose Time Has Come. The Counseling Psychologist, 25(3), 413-427.
17) Straby, R, Life Works by Design, Elora, 2002.
18) Statistics Canada, Labour Force Survey, 2001.
19) Applied Research Branch, Human Resources Development Canada, Job Futures (2000) World of Work: Overviews and Trends.
20) BC Ministry of Education, 2002 High School Graduate Transition Study.
21) Krumboltz, J.D., & Worthington, R.L. (1999). The School-to-Work Transition From a Learning Theory Perspective. The Career Development Quarterly, 47, 312-325.
22) Worthington, R.L., & Juntunen, C.L. (1997). The Vocational Development of Non-College-Bound Youth: Counseling Psychology and the School-to-Work Transition Movement. The Counseling Psychologist, 25(3), 323-363.
23) Worthington, R.L., & Juntunen, C.L. (1997). The Vocational Development of Non-College-Bound Youth: Counseling Psychology and the School-to-Work Transition Movement. The Counseling Psychologist, 25(3), 323-363.
24) Redekopp, D., Ph.D., Life Role Development Group, Edmonton, 2002.
25) Maxwell, Judith, Smart Social Policy - "Making Work Pay," Canadian Policy Research Networks, Ottawa, 2002.
26) Po Bronson, "What Should I do With My Life? The True Story of People Who Answered the Ultimate Question." Random House, January 2003.
27) Savickas, M, 14 Facts Career Specialists Could Assert in Debates about Public Policy Regarding Workforce Development and Career Guidance, For International Career Development Policy/Practice Symposium participants, Vancouver, May 2002.
28) Po Bronson, "What Should I do With My Life? The True Story of People Who Answered the Ultimate Question." Random House, January 2003.
29) Statistics Canada, CANSIM II, Economic Indicators - Canada, August 2002
30) Statistics Canada, CANSIM II, Consolidated federal, provincial, territorial and local government revenue and expenditure, August 2002
31) Savickas, M, 14 Facts Career Specialists Could Assert in Debates about Public Policy Regarding Workforce Development and Career Guidance, For International Career Development Policy/Practice Symposium participants, Vancouver, May 2002.
32) Canadians and Stress: A Special Report, Ipsos-Reid, September 2002
33) Statistics Canada, CANSIM II, Consolidated federal, provincial, territorial and local government revenue and expenditure, August 2002
34) Anna Diamantopoulou, European Commissioner responsible for Employment and Social Affairs, EC News, Lexis-Nexis database, Commission of the European Communities, 2000.
35) Statistics Canada, CANSIM II, Consolidated federal, provincial, territorial and local government revenue and expenditure, August 2002
36) Statistics Canada, CANSIM II, Consolidated federal, provincial, territorial and local government revenue and expenditure, August 2002
37) Human Resources Development Canada, Performance Report, Page 28, March 31, 2001
38) Statistics Canada, CANSIM II, Consolidated federal, provincial, territorial and local government revenue and expenditure, August 2002
39) Savickas, M, 14 Facts Career Specialists Could Assert in Debates about Public Policy Regarding Workforce Development and Career Guidance, For International Career Development Policy/Practice Symposium participants, Vancouver, May 2002.
Blueprint for Life/Work Designs (http://www.blueprint4life.ca)
National Life/Work Centre (http://www.lifework.ca)
Canada Career Information Partnership (http://www.ccip-picc.org)
Blueprint Orientation and Leadership Sessions (http://new.blueprint4life.ca/leadership.cfm)
Human Resources Development Canada's Essential Skills (http://www15.hrdc-drhc.gc.ca/english/es.asp)
Workinfonet (http://www.workinfonet.ca/)
Canada Career Consortium (http://www.careerccc.org/)
Industry Sector Councils (http://www.councils.org/)
Canada Career Information Partnership (http://www.ccip-picc.org/)
Career Circuit (http://www.thecircuit.org/)
Canadian Career Development Foundation (http://ccdf.ca/)
National Life/Work Centre (http://www.lifework.ca/)
National Career Development Standards and Guidelines for Career Practitioners (http://ccdf.ca/CCDF_Standards.html)
The Real Game Series (http://www.realgame.ca/)
Career Guidance Policy Review (http://www.oecd.org/els/education/careerguidance)
"Schlüsselqualifikation" gehört zu den zentralen Schlagworten der bildungspolitischen Diskussion der letzten Jahre. Das "Was", "Wie" und "Wo" der Vermittlung von "Schlüsselqualifikationen" bestimmt die Auseinandersetzung um ein modernes, zukunftssicherndes Bildungsverständnis am Beginn des neuen Jahrtausends. Ausgehend von "Schlüsselproblemen" als zentrale Herausforderungen für den Fortbestand unserer Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur geht es um die Bestimmung essenzieller Fähigkeiten, über die Heranwachsende künftig verfügen müssen, um Problemlösungen in ihrer natürlichen und sozialen Umwelt und für sich selbst zu finden.
Besonders unter pädagogisch-didaktischen Gesichtspunkten lassen die Auseinandersetzung um den Wert und die Vermittlung von Schlüsselqualifikationen bisher die notwendige Konkretisierung vermissen. Es ist noch kaum gelungen, zu einer Präzisierung und Umsetzung entsprechender Vorstellungen im Curriculum der Schulen zu kommen bzw. das Curriculum inhaltlich und strukturell so umzugestalten, dass die Vermittlung von Schlüsselqualifikationen Inhalt und Ziel des Unterrichts sein kann.
Im Prinzip gilt diese Feststellung für alle Schularten und Schulstufen. Dies ist auch der Hintergrund für die seit längerem geführte breite Diskussion unter den zuständigen Fachministern der Länder über den künftigen Bildungskanon. Obwohl sich diese Debatte im Wesentlichen auf das Curriculum der Sekundarstufe II konzentriert - ausgehend von der Diskussion um die Dauer der Schulzeit -, wird sie sich unmittelbar auf Ziele und Inhalte der anderen Schulstufen auswirken (soweit das nicht bereits erfolgt ist).
Auch die von breiten Kreisen geforderte Gleichwertigkeit allgemeiner und beruflicher Bildung findet in der Vermittlung von "Schlüsselqualifikationen" einen zentralen Anhaltspunkt, da es aus bildungstheoretischen und schulpolitischen Gründen immer weniger vertretbar erscheint, mit Blick auf die Lösung zentraler sozioökonomischer Fragen an einer künstlichen Trennung allgemeiner (und dann akademischer) und beruflicher Bildung festzuhalten. Die curricularen Grenzen dieser Bildungsbereiche sind ohnehin fließend geworden.
Zur Frage der Gleichwertigkeit hat sich der VBE bereits wiederholt geäußert und in seiner Position durch die Beratungsergebnisse der Kultusminister Bestätigung erfahren.
Wenn auch das Thema "Schlüsselqualifikationen" unter generellen bildungspolitischen Gesichtspunkten diskutiert wird, so ist der Zuschnitt der Debatte in den einzelnen Schulbereichen sehr verschieden. Das gilt auch für den Sektor der Berufsbildung.
Mit "Schlüsselqualifikationen" sind vor allem "Qualifikationsbündel" gemeint, die neben der notwendigen Fachkompetenz einer Lösung beruflicher bzw. privater/ allgemeiner Problemlagen dienen sollen (wie Methodenkompetenz, Teamkompetenz, Kommunikationskompetenz etc.).
Die Forderung nach einer Ausrichtung der Curricula an der Vermittlung von Schlüsselqualifikationen wird gerade auch von der Wirtschaft erhoben und gezielt auf die Berufsausbildung bezogen. Hintergrund dafür ist der beschleunigte Wandel in der Arbeitswelt und die unmittelbare Nähe beruflicher Bildung zu Betrieben der Wirtschaft bzw. die Ausrichtung beruflicher Ausbildung am wirtschaftlichen Bedarf. Die Orientierung dieses Bedarfs ist einem Wandel unterworfen, die Vermittlung von sozialen, kommunikativen und fachübergreifenden Kompetenzen nimmt heute einen gleichrangigen Wert neben der fachlichen Dimension der Berufsbildung ein.
Doch die Forderung nach geeigneter Berufsausbildung durch die Betriebe ist immer schwieriger zu erfüllen, weil die Diskrepanz zwischen den Anforderungen an Facharbeiter (niedergelegt in den Ausbildungsordnungen) und der Bereitschaft junger Menschen, diesen Anforderungen gerecht werden zu wollen, wächst. Es ist deshalb notwendig, mit Reformen im Bereich der Berufsbildung sowohl den Interessen und Neigungen der Heranwachsenden als auch den Erwartungen der Wirtschaft entgegenzukommen. Die Konzentration auf "Schlüsselqualifikationen" bietet dafür einen geeigneten Zugang, weil darin individuelle und kollektive Dimensionen der Daseinsvorsorge bzw. Zukunftsbewältigung enthalten sind. Dies gilt insbesondere dann, wenn ein konkreter Lebensweltbezug für die Auszubildenden gegeben ist.
Allerdings müssen Reformen im Bereich der Berufsbildung durch geeignete Schritte im Sekundarbereich I des Schulwesens unterstützt werden.
Die anstehende Reform im Bereich beruflicher Bildung muss auf Umfang und Inhalte des Curriculums zielen. Ein Wettlauf mit der technischen bzw. wirtschaftlichen Entwicklung in den Betrieben ist für die Berufsschule aussichtslos. Sie sollte sich deshalb auf die Vermittlung von Fachgrundlagen beschränken und in den Mittelpunkt ihrer Arbeit die Schaffung von Teamfähigkeit, fachübergreifendem Denken und Handeln sowie die Förderung kommunikativer Fähigkeiten legen. Die Heranwachsenden müssen befähigt werden, Lernprozesse selbst im Sinne selbsttätiger Wissensaneignung zu organisieren (und damit das Lernen zu lernen). So wird die Grundlage für künftige Fortbildungsphasen gelegt, ohne die kein Beruf mehr auskommen wird. Spezifische Ausbildungsinhalte (im Sinne eines spezifischen Berufswissens) müssen durch die Wirtschaft selbst anwendungsorientiert vermittelt werden. Berufliche Erstausbildung ist mit beruflicher Weiterbildung besser abzustimmen.
Eine stärkere Differenzierung nach Neigung und Leistung wird auch im Bereich der Berufsbildung unausweichlich. Dazu ist es notwendig, die Lernformen in den Fachstufen zu überdenken und das spezifische Bildungsangebot auszubauen. So muss die Förderung besonderer Neigungen und Interessen auch in den Berufsschulen intensiviert werden, und der fremdsprachliche Unterricht sollte ausgebaut werden. Dadurch erfolgt eine Erweiterung der Durchlässigkeit, die zum Aufbau eines attraktiven und gleichwertigen Bildungsangebots mit der Möglichkeit des Hochschulzugangs dringend erforderlich ist. Eine Orientierung am gymnasialen Bildungsgang ist dabei allerdings zu vermeiden.
Für die Auszubildenden ist eine Stufenausbildung mit Teilabschlüssen und möglicher Weiterführung des Ausbildungsganges bis zum Facharbeiterniveau sinnvoll.
Für Ausbildungsabbrecher sind Zertifikate vorstellbar, um die Arbeitsmarktchancen der großen Zahl junger Menschen ohne Berufsabschluss zu verbessern.
Im Rahmen beruflicher Bildung im Dualen System müssen die an den Berufsschulen erbrachten Leistungen eine Aufwertung dadurch erfahren, dass das Zeugnis der Berufsschule als Teil der Abschlussprüfung gewertet wird. Die gegenwärtige Form der Kammerprüfung steht in krassem Gegensatz zu den Forderungen (u. a. der Wirtschaft) an die Berufsbildung, Kompetenzen im allgemein bildenden bzw. sozialen Bereich zu vermitteln. Es muss deshalb über neue Prüfungsformen nachgedacht werden, die auch in den Abschlüssen zu mehr Gleichwertigkeit der Ausbildungsinhalte und Qualifikationsanteile führen.
Das höhere "Einstiegsalter" der Auszubildenden, z. B. nach dem Abschluss der gymnasialen Oberstufe, muss sich künftig in den Lehr- und Lernformen der Berufsschule stärker niederschlagen. Der immer noch übliche autoritäre Lehrstil wird immer weniger partnerschaftlichen Formen des Lernens gerecht. Insbesondere die heterogene Zusammensetzung von Berufsschulklassen mit Schülerinnen und Schülern mit unterschiedlicher Lernbiografie stellen Lehrerinnen und Lehrer ohne eine Veränderung des Lehr- und Lernbegriffs vor kaum lösbare Probleme. Die Herabsetzung der Klassengrößen unterstützt eine solche unterrichtsinterne Reform ebenso wie ein Ausbau von differenzierenden, vor allem leistungsdifferenzierenden Maßnahmen.
Der dynamische Wandel in Wirtschaft und Beruf durch neue Techniken und Technologien machen einen entsprechenden Innovationstransfer in die Berufsschulen auch dann notwendig, wenn sie selbst am Innovationswettlauf nicht teilnehmen. Verstärkte Neueinstellungen sind deshalb - aber auch wegen der aktuellen Altersstruktur und der zu erwartenden höheren Zahl von schulischen Vollzeitmaßnahmen - unabdingbar. Neue Impulse können durch junge Kolleginnen und Kollegen, die über ein aktuelles Wissen im methodisch-didaktischen Bereich verfügen, mit hoher Effektivität in den Unterrichtsalltag eingebracht werden. Auch die Berufsbildung benötigt deshalb einen Einstellungskorridor, der weitgehend unabhängig von dem Auf und Ab der Schülerzahlen offengehalten wird und dem Innovationstransfer Kontinuität gibt.
Schulen und Betriebe müssen regional/ lokal stärker zusammenarbeiten. Diese Forderung bezieht sich sowohl auf die Gewichtung der jeweiligen Ausbildungsinhalte als auch auf eine Abstimmung von Sach- und Fachthemen in der theoretischen und berufspraktischen Ausbildung.
Für berufsbildende Schulen ist eine Erweiterung ihrer Selbstverwaltung eine Voraussetzung für ein den regionalen Bedingungen angepasstes Bildungsangebot, erhöhte Effizienz und verbesserte Flexibilität. In engen Vorgaben des Lehrplans und einem starren Stundenraster sind fachübergreifende Formen des Unterrichts und eine Erweiterung des Projektangebots nur schwer oder gar nicht umsetzbar. Über einen Grundkanon der Stundentafel hinaus müssen Freiräume geschaffen werden, die Lehrern wie Schülern die Möglichkeit bieten, neue Lern- und Unterrichtsformen zu erproben.
Die Veränderungen der schulischen Rahmenbedingungen führen auch in der Berufsbildung zu einer Erschwerung bzw. Verschärfung der Unterrichtssituation. Das Stundendeputat der Lehrerinnen und Lehrer muss diesen Veränderungen durch eine Minderung Rechnung tragen, wenn nicht - wie in anderen Schulen auch - erhebliche Leistungsverluste in Bildungsangebot und Unterrichtsversorgung in Kauf genommen werden sollen. Andernfalls müssen die fachlichen Einrichtungen der Berufsschulen durch zusätzliches Personal betreut und gewartet werden und Problemfälle unter den Schülern, die einer besonderen sozialpädagogischen Betreuung bedürfen, müssen durch entsprechende Experten übernommen werden.
Eine Verbesserung der Berufsausbildungsqualität lässt sich letztlich nur durch eine Neugestaltung der Berufsschullehrerausbildung an der Universität erreichen. Aktuelle Forderungen nach Intensivierung sozialen Lernens oder nach fächerübergreifenden Lehr- und Lernformen bedingen allein schon inhaltliche und strukturelle Reformen der Ausbildung. Erforderlich ist ein erziehungswissenschaftliches Grundstudium für alle Studiengänge, auf dem die Fachstudien aufbauen. Damit werden Veränderungen im beruflichen Selbstverständnis der Lehrkräfte eingeleitet, die den gewandelten Anforderungen an die Berufsschulen und der Förderung problemlösenden und kreativen Denkens und Handelns weit eher entsprechen als traditionelle Ausbildungspläne. Auch Berufsschullehrerinnen und -lehrer sind zuallererst Pädagogen, auch für sie bieten praktische Psychologie und neue kommunikative Techniken Wege der Erweiterung pädagogisch-didaktischer Kompetenzen und beruflichen Selbstvertrauens.
Im Rahmen der Fort- und Weiterbildung müssen mehr Möglichkeiten für Betriebspraktika geschaffen werden, um die aktuelle Entwicklung in Wirtschaft und Betrieben vor Ort erfahren zu können. Nur wer die Berufswirklichkeit außerhalb der Schule kennt, wird pädagogisch sinnvoll auf sie vorbereiten und sie für die eigene berufliche Entwicklung gewinnbringend nutzen können. Dies bedeutet auch eine Auseinandersetzung mit modernen Formen des Managements, um neue Ideen bei der Lehrplanumsetzung, der Unterrichtsorganisation und in Führungsfragen zu erhalten. Die geforderte Vermittlung von Schlüsselqualifikationen lässt sich nur durch eine intensive, didaktische Fortbildung erreichen. Neue Technologien müssen durch Institutionen zielgruppengerecht aufbereitet werden und in regionaler Lehrerfortbildung möglichst schnell und effizient vermittelbar sein. Auch durch die Einführung neuer Berufsbilder und differenzierter Ausbildungsrichtungen entsteht erhöhter Fortbildungsbedarf.
Zu den Rätseln des Erwachsenwerdens gehört die Berufswahl Jugendlicher. Weder ist sie nur ein voluntaristischer Akt, noch gründet sie auf Selbstprüfung anhand gemachter Erfahrungen. In traditionalen Gesellschaften war die Berufswahl der Jungen durch den Vaterberuf zwar nicht festgelegt, aber weit gehend vorgezeichnet. Bauernjungen wurden Bauern, Generalssöhne wurden Fähnriche. Aber auch bei Abweichungen von dieser Regel verblieb man in dem standesgemäßen Formenkreis der Berufe. Moderne Gesellschaften haben das nicht radikal, aber doch signifikant geändert. Dazu gehört auch, dass die Mädchen ihre Berufswünsche anmelden.
Die neue Offenheit hat enorme Orientierungsschwierigkeiten mit sich gebracht, um deren Abbau sich Schulbürokratie und Arbeitsverwaltung sorgen. In den Schulen gibt es "Berufswahlunterricht", der hoffentlich besser ist als die dümmliche Bezeichnung. Die Arbeitsämter haben Berufsinformationszentren eingerichtet, in denen man Berufsbeschreibungen nachschlagen, aber selbstverständlich keine Arbeitserfahrungen machen kann.
In der klassischen Berufswahl-Literatur, namentlich derjenigen psychologischer Provenienz, ist von "Eignung" und "Neigung" die Rede. Eignung soll etwas Naturwüchsiges sein: Ein 1,60 Meter großer Jüngling kann schlechterdings nicht Basketball-Profi werden. Eine farbenblinde junge Dame wäre schlecht beraten, würde sie Modeberaterin. Lässt man derartige Kalauer beiseite, kann die schon von Scharmann (vgl. Scharmann 1965) erwähnte enorme Plastizität des jungen Berufswählers bestätigt werden. Heute kann eine zarte junge Frau einen 20-Tonner LKW lenken und ein vollbärtiger Vierschrot wäre wahrscheinlich kein schlechter Kindergärtner.
Ungleich komplizierter verhält es sich mit der Neigung. Was ist Neigung, wie kommt sie zustande? Wie "geneigt" ist ein Jugendlicher, der noch nie in seinem Leben ein Stück Stahl gefeilt hat, sich aber hartnäckig um einen Ausbildungsplatz als Industriemechaniker bewirbt? Warum strebt ein junges Mädchen obsessiv den Beruf der Arzthelferin an, hat aber weder Erfahrungen mit therapeutischen Techniken noch mit der Verwaltung von (Patienten)- Dateien? Schließlich können Neigungen gar nicht manifest werden, wenn das Objekt der Begierde völlig unbekannt ist.
Die meisten Berufe aber sind dem gewöhnlichen Absolventen unserer "allgemein bildenden" Schule unbekannt. Ja, viele Jugendliche haben eine nur sehr vage Vorstellung von den Berufen ihrer Eltern. Lange Zeit war man davon überzeugt, dass eine strikte Arbeitsteilung zwischen Allgemeinbildung und Berufsbildung sinnvoll sei. Mit der konzeptionellen Ausarbeitung einer Arbeitslehre wurde zweierlei deutlich: Das was bisher euphemistisch "Allgemeinbildung" genannt wird, ist mitnichten eine solche. Andererseits wurden die Brüche in Berufskarrieren zum Anlass, die fachliche Verengung des Berufsausbildungssystems zu problematisieren. Die Schwellensituation "Berufswahl" hätte eigentlich längst deutlich machen müssen: Arbeitslehre gehört zur Allgemeinbildung, denn n u r die Arbeitslehre macht Berufswahl zu einem reflektierten und Arbeitserfahrungen bereitstellenden Prozess.
Noch ist die Berufswahl häufig kein Prozess, sondern eine mehr oder weniger kurze Zeit der Ratlosigkeit, der man mit Ratgeberliteratur beizukommen sucht.
Wir müssen nun den Katalog der die Berufswahl determinierenden Faktoren erweitern. Eignung und Neigung können nicht suspendiert, sollen aber ergänzt werden.
Eignung verliert an Bedeutung, weil die früher eine viel größere Rolle spielende Körperkonstitution durch allgegenwärtigen Technikeinsatz kompensiert wird. Andererseits nehmen Fälle von Nichteignung infolge allergischer Reaktionen zu.
Neigung fällt nicht vom Himmel, sondern wird durch ein Anregungsmilieu erzeugt. Wir werden uns deshalb im zweiten Teil des Aufsatzes mit dem Anregungspotenzial der Arbeitslehre beschäftigen.
Regionale Ausbildungsangebote divergieren selbstverständlich auch in dichtbesiedelten Industrieländern wie der Bundesrepublik. Die noch eingeschränkte Mobilität von 16jährigen Schulabgängern und die strukturell gar nicht vorhandene Möglichkeit, fernab vom elterlichen Wohnsitz eine Ausbildung zu machen (Lehrlingswohnheime), reduzieren Berufswahlmöglichkeiten.
Die Platzierung im hochselektiven Schulsystem entscheidet über berufliche Ausbildungsmöglichkeiten. Wenn Betriebe nur Realschulabsolventen oder gar nur Abiturienten ausbilden wollen, ist die grundgesetzlich verbürgte Freiheit der Berufswahl bereits nach Klasse 4 der Grundschule eine Fiktion. Bei Hauptschülern und Sonderschülern von einer Wahlfreiheit zu sprechen, grenzt an Zynismus.
Unabhängig von objektiven Anforderungsmerkmalen des Berufes hat jeder Beruf einen Symbolgehalt, der sich im Alltagswissen mitteilt. Am Outfit des Berufsträgers, am Ambiente, in dem der Beruf ausgeübt wird, an Wertezuschreibungen, etwa bei Helferberufen, orientieren sich Jugendliche - eine unvermeidliche, aber auch völlig unzulängliche Praxis.
Die Identifikation mit Personen kann vielschichtige Gründe haben. Dabei treten auch Imitationsversuche hinsichtlich der Berufseigenschaften des Vorbildes auf. Gespräche mit Lehramtsstudenten zeigen, dass in ihrem Schülerleben ein charismatischer Lehrer den Wunsch weckte, auch Lehrer zu werden.
Berufswahl war noch nie ein rein idealistischer Akt. Der Jugendliche muss fragen dürfen, welche materiellen Erwerbschancen sich ihm bieten. Wenn aber das Sicherheits- und Versorgungsdenken gar nicht zu einer Berufswahl sondern zu einer Statuswahl (Beamter) führt, zeugt das von einer gewissen Strukturlosigkeit der Person.
Bei dieser groben Skizze der Berufswahldeterminanten wollen wir es bewenden lassen. Es sollten aber noch zwei aktuelle Diskussionslinien wenigstens angesprochen werden. Erstens geht es um die allgemeine Verknappung von Ausbildungsmöglichkeiten, die im Extremfall eine Berufswahl völlig suspendiert, und den Jugendlichen zu einer Akzeptanz jedweder Ausbildungsmöglichkeit zwingt. Hier muss man die Verantwortlichen in der Privatwirtschaft und im politischen System schärfstens kritisieren. Bedarfsrechnungen und Kostenüberlegungen dürfen niemals eine freie Berufswahl versperren. Viel zu wenig wird die Tatsache gewürdigt, dass Berufe, vorausgesetzt der Nachwuchs ist vorhanden, sich auch innovative Tätigkeitsfelder schaffen. Diese sind nicht immer identisch mit dem normierten Berufsbild. Ein verbreitetes Missverständnis besteht darin, die Berufswahl als abhängige Variable von Bedarfsmeldungen der Unternehmen zu sehen.
Die zweite Provokation ist das Gerede vom Ende der Beruflichkeit. Eine ganze Reihe von Schreibtischtätern will uns dies weismachen. Die Verkünder selbst haben meistens noch nie an einen Wechsel ihrer Tätigkeit gedacht. Jenes Fähigkeitsbündel, das den Beruf ausmacht, muss von Zeit zu Zeit neu geschnürt werden, eine Kernsubstanz jedoch ist notwendig und wird hoffentlich nicht durch "hohe Flexibilität", vulgo: willenlose Anpassung, ersetzt.
Ich komme jetzt zu meinem eigentlichen Anliegen, zum Anregungsmilieu der Arbeitslehre, und zu der These, dass in unseren Schulen viel stärker als bisher berufspropädeutisches Probehandeln möglich sein muss. In einer Zeit, die durch fragwürdige Interpretationen einer TIMSS-Studie aufgescheucht ist, hört man nicht gerne das Wort "Probehandeln"; Schule muss doch wieder eine ernste, leistungsorientierte Angelegenheit werden. Deshalb bedarf dieses Wort einer Erläuterung.
Die Arbeitslehre agiert auf drei berufspropädeutischen Handlungsebenen:
Überall dort, wo die erste Handlungsebene fehlt, gleichen die Ebenen zwei und drei Zufallsbegegnungen, mit nicht kalkulierbaren Ausdeutungen durch die Persönlichkeit des Jugendlichen.
Die Arbeit in den Schulwerkstätten muss natürlich das Bastelniveau überwunden haben. Baukästen, Laubsägen und Sticktücher sind untauglich für das Entdecken von Berufsneigungen. Der Werkzeuggebrauch muss entfernte Ähnlichkeit mit Berufsarbeit haben. In Berlin stehen in den Schulwerkstätten professionelle Maschinen, für deren Bedienung durch Schüler eine Regelung gefunden wurde. Das weithin noch gültige Maschinenverbot für Jugendliche unter 18 Jahre ist Ausfluss eines obsoleten Schonraumdenkens.
Dass die Arbeit in den Werkstätten keine Berufsarbeit sein kann und will, ergibt sich aus der Abwesenheit zahlreicher Zwänge, die nun mal für Berufsarbeit konstitutiv sind. Aber auch Experimente im naturwissenschaftlichen Unterricht haben mit Forschung wenig gemein und der Deutschunterricht ähnelt kaum dem Berufsalltag eines Journalisten. So gesehen können wir also auf das "Probehandeln" zurückkommen, bei dem man eine Vielzahl von Neigungen nicht entdecken, aber entwickeln kann!
Schüler, die diesen Erfahrungshintergrund erworben haben, treffen eine bewusstere Berufswahl - aber auch Abwahl - als alle jene, die auf die Kernarbeitslehre verzichten wollen/ müssen und bestenfalls an einer belehrenden "Berufsorientierung" teilnehmen. |
Abschließend eine kurze Bemerkung zu dem Katechismus der Berufsorientierung, dem Berufswahlordner Mach's Richtig. Dieses sechsteilige Werk wird bundesweit allen Schülern der Abschlussklassen von der Bundesanstalt für Arbeit in die Hand gedrückt. Psychologisch nicht sonderlich genial ist der häufig eingestreute Hinweis:
"Je mehr du bereit bist, auch nach dem Ende deiner Ausbildung Neues dazuzulernen, umso besser wirst du in Zukunft in deinem Beruf zurechtkommen - oder später einmal in einen anderen Beruf wechseln können." (Bundesanstalt für Arbeit 2002, S. 20)
Ob man jungen Menschen, die noch ganz im Banne des Neuanfangs stehen, eine drohende Entwertung des erst noch zu Lernenden prophezeien muss, ist zumindest fragwürdig.
Viel bedrückender aber sind die endlosen Appelle: "Stell dir vor", "versuche dich hineinzuversetzen", "trau dich"! "schau dich um"! Bei "schau dich um" lesen wir:
"Wenn du durch die Straßen und Läden gehst, begegnen dir Menschen, die gerade ihrem Beruf nachgehen. Wer genau hinsieht, kann viel über die Berufe erfahren ...".(Bundesanstalt für Arbeit 2002, S. 12)
WO, WAS, und WOMIT sind drei (untaugliche) Schlüsselfragen, mit denen man angeblich Berufskategorien ordnen kann. Antwortete ein Jugendlicher auf die Frage WO er arbeiten wolle mit "unter Wasser" käme nur der Berufstaucher infrage. Antwortet er mit "im Freien", kommen so unterschiedliche Berufe infrage, dass der Ordnungsgewinn gleich null ist. Bei "WAS will ich tun" wird "reparieren, verkaufen, untersuchen, bedienen" angeboten. Diese Tätigkeitsaggregate haben keinerlei Trennschärfe. Es gibt so viele Formen des Verkaufens, die untereinander stärker differieren als verkaufen und reparieren. Damit der Schüler sich unter "WOMIT habe ich vor allem zu tun" etwas vorstellen kann, wird ihm gesagt, ein Tischler habe es mit dem Hobel zu tun. Ohne die von ehrlichem Bemühen getragene Ratgeberliteratur verächtlich machen zu wollen, man muss sich doch einigermaßen wundern, wenn mit ihrer Hilfe ein Jugendlicher kompetenter seinen Beruf wählte.
Scharmann, Theodor (1965): Jugend in Arbeit und Beruf, München
Baumert, J. u. a. (1997): TIMMS - Mathematisch-naturwissenschaftlicher Unterricht im internationalen Vergleich. Deskriptive Befunde, Opladen beginnen
Bundesanstalt für Arbeit (Hrsg.) (2002): Mach's Richtig, ein Berufswahl-Ordner, ergänzt um ein Computerprogramm
In den vergangenen Monaten haben DGB und Einzelgewerkschaften mit verschiedenen Fachleuten aus dem Bereich der Arbeitslehre über eine gemeinsame Initiative von DGB, BDA und Eltern in Richtung Kultusministerkonferenz beraten. Ziel dieser Initiative soll es sein, die arbeitsorientierte Bildung (bzw. mit der sozioökonomischen Bildung Teile davon) verbindlich in allen allgemein bildenden Schulen zu verankern und ihr den gebührenden Stellenwert zu sichern. Gleichzeitig ist es uns darum gegangen, eine Vorstellung davon zu entwickeln, wie eine moderne arbeitsorientierte Bildung aussehen sollte, die für alle jungen Leute, gleichgültig welche Schule sie besuchen, attraktiv und wichtig ist. Wir wissen, dass der traditionellen Arbeitslehre ein Blaujacken- und Bastel-Image anhaftet, das es auf jeden Fall zu überwinden gilt.
Meine Aufgabe heute besteht darin, die Essentials des bisherigen Diskussionsprozesses vorzutragen, so wie sie sich aus meiner Sicht darstellen. Als letzter Diskussionsentwurf ist mir ein Papier der BDA vom 11. Januar 2000 bekannt. Dieses Papier ist Bezugspunkt meiner Ausführungen. Ich gehe davon aus, dass alle Anwesenden ihn kennen. Ich werde nicht auf einzelne Textpassagen eingehen, sondern mich mit den "großen Linien" und grundsätzlichen Problemen beschäftigen.
Die Tatsache, dass ich eine Vertreterin der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft bin, bringt es mit sich, dass ich bei meinen Ausführungen die schulische Gesamtsituation im Blick habe und nicht nur das Lernfeld arbeitsorientierte Bildung. Ich will jedoch gleich zu Beginn deutlich machen, dass ich der arbeitsorientierten Bildung für diese schulische Gesamtsituation einen außerordentlich hohen Stellenwert beimesse.
Insgesamt hoffe ich, dass die vielen unterschiedlichen Perspektiven und Interessen, die bei diesem Workshop versammelt sind, im Interesse der Jungen und Mädchen in den Schulen zu einem guten Gesamtbild und zu wirkungsvollen Aktivitäten werden können. Ich freue mich deshalb besonders über das große Engagement der Eltern.
Ich spreche im Folgenden von arbeitsorientierter Bildung, um deutlich zu machen, dass die im Papier der BDA benutzte Terminologie "sozioökonomische Bildung" zwar einen wesentlichen Teilbereich der arbeitsorientierten Bildung umfasst, aber andere wesentliche Teile wie Technik, neue Technologien völlig ausspart. Selbst wichtige Teile der sozioökonomischen Bildung wie Familienarbeit, Eigenarbeit usw. bleiben unberücksichtigt. Ich werde darauf später zurückkommen.
Die materielle Basis der Gesellschaft, Arbeit und Konsum, Produktion und Reproduktion, Wirtschaft und Technik, spielt in den allgemein bildenden Schulen derzeit noch nicht die Rolle, die ihr auf Grund ihrer existenziellen Bedeutung für den einzelnen Menschen wie für die gesamte Gesellschaft gebührt. Es besteht deshalb größte Übereinstimmung, dass dieser Bereich eine Bedeutungsausweitung erfährt und verbindlich in den Bildungsplänen aller Schulformen und Schulstufen verankert werden soll. Eine gemeinsame Initiative von Eltern, BDA und DGB mit Zielrichtung KMK wird deshalb ausdrücklich begrüßt und findet breite Unterstützung.
Übereinstimmung mit dem Diskussionspapier der BDA besteht auch in der Forderung nach qualifizierter Lehrerbildung - sowohl in der primären wie in der berufsbegleitenden Phase. Ebenfalls ungeteilte Übereinstimmung lässt sich bezüglich der Lernformen feststellen: Handlungs- und Problemorientierung, Praxisbezug, Projektlernen und die Öffnung von Schulen für das kommunale Umfeld bewegen sich auf der Höhe der Diskussion.
Die folgenden Essentials markieren Bereiche, in denen Diskussionsbedarf besteht.
Arbeitsorientierte Bildung ist ein wesentlicher Bestandteil der Allgemeinbildung. Die Ziele arbeitsorientierter Bildung sollen deshalb aus den allgemeinen Bildungszielen abgeleitet werden. Das heißt, arbeitsorientierte Bildung soll ihren spezifischen Anteil leisten,
Mit dieser Zielsetzung verträgt es sich nicht, wenn junge Menschen vornehmlich als "Humanressource" im Interesse des Wirtschaftsstandortes gesehen werden oder wenn das Interesse - wie im Diskussionsentwurf der BDA - vor allem der wirtschaftlichen Verwertbarkeit bzw. Bedeutsamkeit der jungen Menschen gilt. Gerade in diesen Wochen, in denen ein geradezu unerträglich eingeschränktes, teilweise sogar fehlendes Demokratie- und Rechtsverständnis höchster Repräsentanten unserer Republik zutage tritt (1), wird für mich eines wieder besonders deutlich: Erziehung zur Mündigkeit muss vor allem die Erziehung zur Demokratiefähigkeit einschließen. Und zwar - auch das will ich betonen - Demokratiefähigkeit in allen Bereichen: in Politik, Parteien, Kirchen und Gewerkschaften, ebenso wie am Arbeitsplatz, in der Wirtschaft und in den privaten Beziehungen. Für mich bekommt in diesem Zusammenhang auch die Tugend der Zivilcourage wieder einen ganz besonderen Klang.
Unter PädagogInnen besteht Übereinstimmung: Auch in der arbeitsorientierten Bildung müssen die allgemeinen humanen und zivilisatorischen Wertvorstellungen Bezugspunkt für Bildungsziele bleiben. Sie dürfen nicht durch das Leitbild eines noch so zeitgemäßen Homo oeconomicus ersetzt werden. Allgemein bildende Schulen sind Teil des gesamten Lebens junger Menschen. Sie sind keine Anhängsel des Wirtschaftsprozesses und dienen auch nicht einzig der Vorbereitung auf das Erwerbsleben.
Ich sage das auch vor dem Hintergrund des berechtigten Hinweises im Diskussionspapier der BDA, dass Unternehmensinteressen zunehmend auf selbstbestimmte, eigenständige, kreative, vielleicht sogar auf politisch hellwache MitarbeiterInnen mit Demokratieanspruch und Zivilcourage gerichtet sind (letzteres steht dort zwar nicht) und es den Anschein haben kann, als deckten sich mittlerweile Unternehmensinteressen weitgehend mit den allgemeinen Bildungszielen. So begrüßenswert diese Entwicklung ist, darf sie doch nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie nur für einen kleineren Teil der jungen Leute gilt und aus Sicht des Einzelnen auch nur so lange, wie ein wirtschaftliches Interesse an den entsprechenden Kompetenzen besteht. Das In-Eins-Fallen von individuellen, gesellschaftlichen und ökonomischen Interessen wird - diese ironische Bemerkung sei mir gestattet - einem wie auch immer gearteten "Goldenen Zeitalter" vorbehalten bleiben müssen.
Auf arbeitsorientierte Bildung bezogen heißt das bisher Gesagte:
Arbeitsorientierte Bildung muss
Es kann also nicht darum gehen, der arbeitsorientierten Bildung ausschließlich eine Integrations- und Anpassungsfunktion an das bestehende Wirtschaftssystem zuzuweisen, wie es im Diskussionspapier der BDA geschieht. Regelrecht abzulehnen ist die Orientierung an kurzfristigen oder einseitigen Interessen des Arbeits- oder Kapitalmarktes. Das Wirtschaftssystem hat eine dienende Funktion, es ist kein Selbstzweck. Dies gilt - auch diese Bemerkung sei mir gestattet - auch für die Steigerung des Shareholder-Value.
Zwei Beispiele mögen verdeutlichen, was ich meine:
Ein Mangel an Ingenieuren z. B. sollte weder zu hastigen Werbekampagnen in den Schulen führen noch gar dazu, die entsprechenden technischen Fachanteile auszuweiten. Schule muss in langen Fristen und allen Bereichen menschlichen Arbeitens denken, kurzfristige oder partikulare Interessen sind schlechte Ratgeber. Wir haben es in der Vergangenheit erlebt: Werbemaßnahmen für bestimmte Berufe griffen in der Regel dann richtig, als der Bedarf schon wieder rückläufig war; führten folglich zu einem Bewerber-Überangebot und Arbeitslosigkeit, dadurch wurde ein Abschreckungseffekt erzeugt, der wiederum neuerlichen Mangel erzeugte.
Zweites Beispiel:
Aktien. Folgt man dem Deutschen Aktieninstitut, sollen die Deutschen zwecks Alterssicherung und Kapitalstockerhöhung zu einem Volk von (Klein-)Aktionären werden. Es widerspräche dem Bildungsauftrag der Schulen, wenn in Schulen unkritisch für den Kauf von Aktien geworben würde. Der Bildungsauftrag der Schulen verlangt, dass die Positiva und Negativa, also auch die Risiken und Nebenwirkungen etwa einer Alterssicherung auf Aktienbasis Gegenstand des Unterrichts sind.
Meine persönliche Meinung ist, dass das kapitalistische Wirtschaftssystem für seine dynamische Entwicklung regelrecht die kritischen Köpfe, die Querdenker und bunten Originale braucht. Vor allem auch um diese müssen sich die Schulen kümmern. Die Angepassten und Egoisten - so mein Eindruck - schaffen es meistens von alleine.
Auf welches Verständnis von Arbeit soll sich arbeitsorientierte Bildung beziehen?
Menschliche Arbeit ist eine fundamentale Kategorie allgemeiner Bildung. Sie weist über das Wirtschafts- und Beschäftigungssystem hinaus und führt entsprechend der gesellschaftlichen Entwicklung zu einem modernen, erweiterten Arbeitsbegriff, der Erwerbstätigkeit, Familien-, Pflege- und Eigenarbeit, gesellschaftliche Arbeit und Lernarbeit einschließt. Mittlerweile setzt sich zunehmend die Einsicht durch, dass alle diese Formen produktiver und reproduktiver Arbeit bedeutsam sind - und zwar für Individuen wie für die Gesellschaft gleichermaßen: So hängt die Funktionsfähigkeit unseres Wirtschafts- und Gesellschaftssystems z. B. stark von Familienarbeit und gesellschaftlicher Arbeit ab. Und auch jeder junge Mann und jede junge Frau braucht einen Zugang zu allen diesen Arbeitsformen, um die individuelle berufliche und private Biografie "managen" zu können. Zu einem modernen Verständnis von arbeitsorientierter Bildung gehört deshalb, auf ein Leben mit sog. Patchwork-Biografien vorzubereiten, in denen Phasen von Erwerbs- und Familienarbeit, arbeitsbezogene Lernzeiten, selbstständige oder scheinselbstständige Tätigkeiten, aber auch Zeiten von Arbeitslosigkeit abwechseln können.
Die traditionellen männlichen und weiblichen Normalbiografien sind passé und taugen deshalb nicht als Leitbilder für eine moderne arbeitsorientierte oder auch sozioökonomische Bildung. Das Diskussionspapier der BDA argumentiert in diesem Zusammenhang nicht auf der Höhe der Zeit.
Unser Wirtschafts- und Beschäftigungssystem hat Licht- und Schattenseiten. Die Schule muss mit beiden Seiten, also auch den Schattenseiten bekannt machen, nicht um - wie zum Teil befürchtet wird - "Ideologisierungen" Vorschub zu leisten, sondern um die jungen Männer und Frauen mit einem hohen Maß an Wissen und Kenntnissen auszustatten, damit sie die eigene Situation reflektieren und über Alternativen sowie über individuelle und kollektive Handlungsmöglichkeiten nachdenken können. Nicht immer "läuft" bekanntlich alles so wie erhofft oder geplant. Unser Wirtschaftssystem erweist sich z. B. schon seit längerer Zeit als unfähig, die hohe Jugendarbeitslosigkeit zu senken. Manche Hauptschule ist durch die daraus resultierende Perspektiv- und Orientierungslosigkeit der jungen Leute hochgradig beeinträchtigt, ihren Bildungs- und Erziehungsauftrag zu erfüllen.
Nein, Glaubwürdigkeit und Fürsorge, notwendige Fundamente eines jeden Bildungsprozesses, gebieten es, auch die dunklen Seiten zu thematisieren: Firmenzusammenbrüche, unkontrollierte, vielleicht sogar unkontrollierbare wirtschaftliche Machtkonzentrationen, mafiose Strukturen und kriminelle Machenschaften bei Großkonzernen, Börsen-Crashs und die nackte Ausbeutung in Drückerkolonnen gehören ebenso ins Bild wie boomende, vor Kreativität sprühende Unternehmen der IT-Branche, riesige, durch Glück und Können erzielte Aktiengewinne oder die Tatsache, dass unser Wirtschaftssystem ein vollständiges Warenangebot bei knappen Gütern sichert. Persönliche Tüchtigkeit ist - wie wir alle wissen - leider kein sicherer Schutz vor Arbeitslosigkeit. Deshalb darf die Schule keine Seite unterschlagen, sie muss Orientierung bieten und Deutung ermöglichen. Die Erziehung zu selbstständigem Handeln - auch wirtschaftlich selbstständigem Handeln - muss dabei unterschiedslos für alle Mädchen und Jungen gelten. Selbstständiges Handeln ist in jeder Lebenssituation wichtig, ob man sich eine selbstständige wirtschaftliche Existenz aufbauen will, eine Tätigkeit im Management anstrebt oder die eigene Arbeitslosigkeit in den Griff bekommen muss. Vielleicht ist selbstständiges Handeln im letzteren Fall sogar am wichtigsten.
Im Diskussionspapier der BDA ist ein solch ausgewogener Ansatz noch nicht zu erkennen. Die Lichtseiten überwiegen so sehr, dass man fast geblendet ist.
Eine moderne arbeitsorientierte Bildung muss das Verhältnis von Ökologie und Ökonomie thematisieren und sich Fragen von Ethik und Moral bei wirtschaftlichen Entscheidungen und Prozessen öffnen. Sie muss sich am Prinzip der Nachhaltigkeit und der Verantwortung für die nächste Generation orientieren.
Was ist damit gemeint?
Unsere Art zu wirtschaften hat für manche einen hohen Preis. Sie spaltet zunehmend in Arme und Reiche, sowohl innerhalb unserer hoch entwickelten Gesellschaften wie auch zwischen den Völkern. Ein ökonomistisches Denken, das nur noch nach dem kurzfristigen ökonomischen Nutzen fragt und - um mit dem Bundespräsidenten zu sprechen - "von allem den Preis, aber von nichts mehr den Wert kennt", ergreift zunehmend alle Lebensbereiche und gefährdet die erkenntnis- und sinnstiftende Funktion von Kunst und Kultur, Bildung, vielleicht demnächst auch von Religion. Eine öffentliche Diskussion über ethische und moralische Dimensionen der Gen-Technik wird z. B. ebenso schleppend geführt wie die über Demokratieentwicklung und Globalisierung oder über Technikfolgenabschätzung bei Großtechnologien oder Demokratisierung und Partizipation am Arbeitsplatz und in der Wirtschaft. Die natürlichen Lebensgrundlagen werden (immer noch) vergeudet und nicht schonend genutzt und der private und kollektive Konsum ist eher an Verschwendung denn an Nachhaltigkeit orientiert.
Junge Menschen wollen und müssen sich mit diesen Problemen auseinander setzen. Sie "erben" diese Welt mit allen ihren Vorzügen und Problemen, sie müssen deshalb hellwach und mit viel Problemlösungskompetenz ausgestattet sein. Ein Lernfeld arbeitsorientierte Bildung ist dafür ein geeigneter Ort. Berufsorientierung alleine - so wichtig sie ist - reicht als Leitkategorie ebenso wenig aus wie Konsum.
Exkurs zum Stichwort Konsum:
Es kann in Schulen auch nicht darum gehen, dem Konsum eine größere Bedeutung einzuräumen als den produzierenden und reproduzierenden Tätigkeiten. Ganz schief wird es, wenn obendrein auch noch die identitätsstiftende persönlichkeitsbildende Funktion des Konsums ganz besonders betont wird. Auch hier wieder der Hinweis auch auf die dunklen Seiten, vor denen die Schulen nicht die Augen verschließen dürfen und oft auch gar nicht können: Die dunkelste Seite ist sicher, wenn Konsum der Kontrolle entgleitet und zur "Sucht" wird. Aber auch das Anheizen von Konkurrenzgefühlen bis hin zu tätlichen Übergriffen zwischen Kindern und Jugendlichen ("Jacken abziehen", Erpressung), das z. B. durch das Tragen und Besitzen-Wollen von Markenartikeln provoziert wird, bereitet den Schulen mittlerweile so große Probleme, dass mancherorts über Schuluniformen nachgedacht wird. Schließlich äußert sich in der Form und im Umfang des Konsums am sichtbarsten der Unterschied zwischen Arm und Reich: Zwischen armen und reichen Menschen, aber auch zwischen armen und reichen Gesellschaften. Und zu guter Letzt: In der Frage des verantwortungsvollen oder verantwortungslosen Konsums der natürlichen Lebensgrundlagen wird der enge Zusammenhang von Ökonomie und Ökologie und die Notwendigkeit einer kritischen Haltung im Interesse der künftigen Generationen deutlich.
Zu diesem gesamten, für die junge Generation und die Zukunft unserer
Gesellschaften, ja des gesamten Planeten so wichtigen Komplex finden sich
im Diskussionspapier der BDA keinerlei substanzielle Aussagen. Auch hier diskutiert
es nicht auf der Höhe der Zeit. Ich möchte mir in diesem Zusammenhang
gestatten, auf einen äußerst wichtigen und aufschlussreichen Beitrag
hinzuweisen, den Greenpeace-Chef Thilo Bode auf einer Konferenz der Alfred
Herrhausen Gesellschaft für internationalen Dialog gehalten hat und
der in der Frankfurter Rundschau vom letzten Donnerstag auszugsweise veröffentlicht
ist. Die Ausführungen über Marktprinzipien, Nachhaltigkeit und politische
Verantwortung im Kapitalismus für die nachwachsende Generation kann ich
als Einstieg in die Problematik nur empfehlen. Sie machen eindrucksvoll deutlich,
dass arbeitsorientierte Bildung, aber auch sozioökonomische Bildung im
engeren Sinn, diese Themen als ureigene Fragestellungen bearbeiten muss.
Arbeitsorientierte Bildung soll unterschiedslos in allen allgemein bildenden Schulen, also auch an Gymnasien, eine wichtige Rolle spielen und im Grundsatz und in den Zielen nicht nach Schulformen unterschieden werden.
Neuere Untersuchungen weisen deutlich nach, dass die Verteilung der Fähigkeiten bei den Schülerinnen und Schülern auf die einzelnen Schulformen im Grundsatz keine schulformspezifischen Besonderheiten begründen kann. Wie die jüngste Untersuchung Hamburger Schulen erst wieder gezeigt hat, gibt es an Hauptschulen z. B. einen relevanten Anteil von jungen Leuten, der den durchschnittlichen Leistungsbereich eines Gymnasiums erreicht wie es umgekehrt auch erstaunlich viele Gymnasiasten gibt, die deutlich unterhalb der Leistungsspitze in Haupt-, Real- oder Gesamtschulen bleiben und dennoch Abitur machen. Auch studieren bekanntlich längst nicht alle jungen Leute mit Abitur, sind nicht generell vor Arbeitslosigkeit geschützt und auch nicht prinzipiell geeignet, ins Management zu gehen oder eine selbstständige unternehmerische Tätigkeit auszuführen. Junge Leute aus Realschulen und Hauptschulen ergreifen entgegen landläufiger Vorstellungen auch bei weitem nicht nur sog. praktische oder kaufmännische Berufe. Sie werden auch nicht mehrheitlich arbeitslos oder sind per se für abhängige Tätigkeiten prädestiniert.
Es sei mir an dieser Stelle eine persönliche Bemerkung zur Frage praktischer und theoretischer Begabung und ihrer Zuordnung zu Schulformen gestattet: HauptschülerInnen wären praktisch und Gymnasiasten theoretisch begabt. Ich halte das alles für einen großen Unfug. Ich z. B. wünsche mir nichts mehr als eine ausgeprägte praktische Begabung bei meiner Zahnärztin oder dem Chirurgen, der mich unters Messer nimmt. Bei dem Heizungsbauer, der mir zu einer ökonomisch und ökologisch optimalen Heizungsanlage verhelfen soll, wünsche ich mir auch eine ausgesprochen theoretische Begabung. Mit diesem Einschub will ich mit der unglaublich zählebigen Vorstellung aufräumen, an Gymnasien brauchte man keine jungen Leute mit ausgeprägter praktischer Begabung. Mich machen Menschen in hoch dotierten und gesellschaftlich wichtigen Positionen, die sich ihrer beiden linken Hände rühmen, immer eher skeptisch. Aus der Lernforschung wissen wir, wie eng praktische und theoretische Intelligenz einander bedingen. "Begreifen" kommt von greifen. Man sollte hier mit Bekenntnissen vorsichtig sein.
Allen jungen Menschen - gleichgültig, welche Schule sie besuchen - ist gemeinsam, dass junge Frauen und junge Männer ihre Lebensplanung zunehmend gleichberechtigt gestalten und sich - siehe oben - auf Patchworkbiografien und Lebenssituationen einstellen, die von ihnen große Selbstständigkeit, Kreativität, Verantwortungsbewusstsein und Problemlösungskompetenz verlangen - in der Partnerschaft, im Beruf oder beim Lernen.
Die im Diskussionspapier der BDA geforderten schulformspezifischen Besonderheiten sind bislang nicht ausgeführt. Dadurch ist es nicht möglich zu beurteilen, ob diese Besonderheiten in Übereinstimmung oder im Widerspruch zu den vorgenannten Ausführungen stehen.
Wie soll arbeitsorientierte Bildung in den Schulen organisiert werden?
Die bisherigen Ausführungen sollten implizit deutlich machen, dass ein Lernen, das auf gegenwärtige und zukünftige existenzielle Lebenssituationen der jungen Menschen gerichtet ist, am besten problem- und handlungsorientiert, projektbezogen und interdisziplinär organisiert wird. Ein traditionelles isoliertes Unterrichtsfach "Wirtschaft" ist diesem Anspruch weder von der inhaltlichen Reichweite her noch strukturell förderlich. Die Modernität der Inhalte verlangt nicht nur nach modernen Lernformen, die - um es zu wiederholen - im Diskussionspapier der BDA gut abgebildet sind. Entsprechend den didaktischen Entwicklungen und lerntheoretischen Erkenntnissen verlangt die Modernität der Inhalte nach ebenso modernen Organisationsstrukturen. Ein alle Aspekte arbeitsorientierter Bildung integrierendes Fach oder ein Lernfeld Arbeit-Wirtschaft-Technik kommt dieser Forderung - bei allen kulturföderalen Unterschieden und Schwierigkeiten - nahe. Ein isoliertes Fach Wirtschaft - so wie es das Diskussionspapier der BDA vorsieht - ist dazu nicht in der Lage.
Interdisziplinarität muss auch für die Lehrerausbildung gelten. Bezugswissenschaften sind die Human- und Sozialwissenschaften ebenso wie die Wirtschafts-, Ingenieurs- und Haushaltswissenschaften. Die länderspezifischen Umsetzungen werden sich auch hier aus den entsprechenden schulischen Konzepten ergeben.
Bislang ungelöst geblieben in unserer internen Diskussion ist die Frage der Bezeichnung: "Arbeitslehre" erweckt leider falsche Assoziationen im Sinne von Bastelunterricht oder Blaujacken-Angelegenheit, "Sozioökonomie" klingt zwar "moderner" (Fremdwort!), bezieht sich jedoch nur auf das Wirtschafts- und Beschäftigungssystem und klammert alle anderen Formen der Arbeit sowie Technik aus, "Wirtschaft" als Bezeichnung für eine arbeitsorientierte Bildung schließlich greift ganz entschieden zu kurz. Eine treffende Bezeichnung wird unsererseits noch gesucht. Mir persönlich gefällt "arbeitsorientierte Bildung" oder kürzer "Arbeit und Bildung" gut.
Im Mai 2001 haben sich DGB, BDA und BER auf die unten stehende Erklärung verständigt. Obwohl viele Anregungen und Überlegungen der GEW eingeflossen sind, hat sich die GEW der Initiative vor allem wegen der Forderung nach einem eigenen verbindlichen Unterrichtsfach "Wirtschaft" nicht vorbehaltlos anschließen können. Wir haben die Auffassung vertreten und halten daran fest, dass es nicht angeht, immer neue Inhalte durch immer neue Fächer "aufzusatteln", ohne eine gründliche Revision der Lehrpläne und der Lernorganisation in Angriff zu nehmen. Die GEW schlägt vor, das Lernen nicht über fächerbezogene Wochenstunden zu organisieren, sondern Zeitkontingente für Lernbereiche und Bildungsziele verbindlich zu machen, die konkrete Organisation des Lernens jedoch in die Zuständigkeit der Schulen zu geben.
Die Kultusministerkonferenz ist der Forderung nach einem verbindlichen Unterrichtsfach "Wirtschaft" nicht gefolgt. Sie hat auf ihrer 295. Plenarsitzung am 18./ 19. Oktober in Stuttgart einen Bericht über die "Wirtschaftliche Bildung an allgemein bildenden Schulen" verabschiedet. Darin erklärt sie, dass ökonomische Bildung unverzichtbarer Bestandteil der Allgemeinbildung sei und somit zum Bildungsauftrag der allgemein bildenden Schulen in der Bundesrepublik Deutschland gehöre. Sie hat sich dafür ausgesprochen den Dialog Schule/ Wirtschaft zu intensivieren und ansonsten auf die "Ländervielfalt" verwiesen.
Die Unverbindlichkeit des Vorgehens und der Verweis auf die Länderzuständigkeiten können allerdings nicht befriedigen.
Erklärung BDA, DGB, BER
Wirtschaft - notwendig für schulische Allgemeinbildung
Gemeinsame Initiative von Eltern, Lehrern, Wissenschaft, Arbeitgebern und Gewerkschaften
Unverzichtbare Aufgabe der allgemein bildenden Schule ist es, Schülerinnen und Schüler zu einer selbst- und mitverantwortlichen Teilhabe in einer sich ständig wandelnden Arbeits- und Wirtschaftswelt zu befähigen. Dies folgt aus dem Auftrag der Schule, die Persönlichkeitsbildung der Jugendlichen zu fördern, als auch aus der zentralen Bedeutung des Wirtschafts- und Beschäftigungssystems für den Einzelnen und für die Gesellschaft als Ganzes.
Sozioökonomische Bildung ist damit ein wesentlicher Bestandteil der Allgemeinbildung. Ihre Ziele leiten sich aus den allgemeinen Bildungszielen ab und leisten ihren spezifischen Anteil, damit junge Menschen selbstständig und selbstbestimmt leben, für sich selbst und andere Verantwortung übernehmen und an der Entwicklung der gesellschaftlichen Belange reflektiert und konstruktiv mitarbeiten.
Sozioökonomische Bildung wird umso wichtiger, als die Arbeitsteilung und die damit verbundene Komplexität unseres Wirtschaftslebens ebenso zunehmen wie die Herausforderungen durch ein zusammen wachsendes Europa und die Globalisierung. Die materielle Basis der Gesellschaft - Arbeit und Erholung, Produktion und Konsum, Unternehmertum und Mitbestimmung - muss deshalb eine stärkere Rolle in den allgemein bildenden Schulen spielen. Denn Wirtschaft ist von existenzieller Bedeutung für den einzelnen Menschen wie für die Gesellschaft.
Damit Schülerinnen und Schüler sachgerecht und verantwortungsbewusst, selbstbestimmt und sozial handeln können, müssen sie sich im Unterricht verstärkt mit dem Wirtschafts- und Beschäftigungssystem auseinander setzen. Sie müssen Kenntnisse und Einsichten erwerben sowie Beurteilungskompetenz und Reflexionsfähigkeit entwickeln über
Soziökonomische Bildung befähigt auch zur Reflexion über eigene Wertvorstellungen und Interessen, über die Rollen von Mann und Frau, über unterschiedliche Gesellschaftsbilder und zu einer rationalen Auseinandersetzung mit wirtschaftlichen Sachverhalten. Hierzu gehört auch, auf ein Leben vorzubereiten, in dem sich Phasen von Erwerbs- und Familienarbeit, Lernzeiten, selbstständige und unselbstständige Tätig-keiten mit Zeiten von Arbeitslosigkeit abwechseln können.
Eine zeitgemäße sozioökonomische Bildung ist interdisziplinär und praxisorientiert und sie behandelt ökonomische, soziale, politische, rechtliche, ökologische und technische Zusammenhänge von Arbeit und Wirtschaft.
Sie bezieht Betriebe als Lernorte und Fachleute aus der Arbeitspraxis in den Unterricht ein und nutzt die modernen Informationsmedien.
Die umfassenden Ziele der soziökonomischen Bildung erfordern wegen des Umfangs und der Komplexität ihres Gegenstandsbereiches ein eigenständiges Unterrichtsfach in allen Jahrgangsstufen ab Klasse 5, in welchem kontinuierlich und systematisch die notwendigen Fachkompetenzen erarbeitet und die Grundlagen für einen inhaltlich anspruchsvollen fächerübergreifenden Unterricht gelegt werden. Dies ist der Grundstein zur Entwicklung des Lernbereichs Sozioökonomie.
Ihre Realisierung setzt bei den Lehrenden differenzierte fachliche und didaktische Qualifikationen voraus, die nur in eigenständigen Studiengängen erworben werden können. Hierauf ist die Lehreraus- und -weiterbildung auszurichten.
Mit der Einführung eines eigenständigen Unterrichtsfachs Wirtschaft erfährt die Allgemeinbildung eine Weiterentwicklung, die der Bedeutung der Wirtschaft und Arbeitswelt für die Dynamik moderner Gesellschaften Rechnung trägt.
Die Träger dieser Initiative fordern die Kultusminister auf, diesen Vorschlag in ihren Ländern umzusetzen.
In diesem Beitrag werden die berufsabklärenden und berufsvorbereitenden Maßnahmen der Berufsbildungswerke charakterisiert und Auswirkungen neu gefasster sozialpolitischer Vorgaben auf diese Maßnahmen herausgestellt. Es ergeben sich aus diesen Auswirkungen Fragen, deren Beantwortung neue Impulse für die Konzeption dieser Maßnahmen geben können. Dieser Beitrag gliedert sich folgendermaßen:
Verständnis von Behinderung
Verständnis von gesellschaftlicher Integration
Verständnis von Fordern und Fördern
Grundprinzipien
Qualitätsstandards
Konzeptionelle Unterschiede
Aus Kostenträger Sicht
Aus Sicht der Teilnehmer
Aus sicht der Einrichtungen
Die sozialpolitische Gesetzgebung der letzten Jahre äußerte sich unser Wirkungsfeld betreffend in der Fassung des SGB III und SGB IX. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang aber auch das Job-Aqktiv-Gesetz. Die Leitgedanken dieser Gesetzgebung lassen sich in folgender Weise darstellen:
In der aktuellen Gesetzgebung fand ein weiterentwickeltes Verständnis von Behinderung Niederschlag, wie es von der World Health Organisation (WHO) vertreten wird. Die WHO sieht die Notwendigkeit, Behinderung nicht nur personenbezogen zu sehen, sondern auch gesellschaftlich zu betrachten. Der Mensch wird als ein "biopsychosoziales" Wesen angesehen. Seine Gesundheit kann durch Schädigung körperlicher Strukturen und Funktionen, durch Beeinträchtigung seiner Aktivitäten und durch Einschränkungen bezüglich seiner gesellschaftlichen Partizipationsmöglichkeiten gestört sein. Diesem Ansatz folgend kann Gesundheit dadurch weitgehend wieder hergestellt werden, dass gesellschaftliche Bedingungen geschaffen werden, die die negativen Auswirkungen von körperlichen und sonstigen Schädigungen oder Aktivitätsbeeinträchtigungen mindern. Rehabilitationsarbeit bedeutet nicht nur den einzelnen Menschen zu fördern, sondern auch gesellschaftspolitisch zu handeln.
Gesellschaftliche Integration wird in der neuen sozialpolitischen Gesetzgebung durch zwei zentrale Aspekte definiert: Selbstbestimmung und Teilhabe. Selbstbestimmung ist umfassend gemeint. Die Menschen, die Rehabilitationsmaßnahmen in Anspruch nehmen wollen, erhalten nicht nur die Möglichkeit, Rehabilitationseinrichtungen zu wählen, sondern sie können auch die Maßnahmegestaltung mit beeinflussen. Maßnahmen werden im zunehmenden Maße individualisiert gestaltet werden müssen. Vereinbarungen zwischen Rehabilitationseinrichtungen und Rehabilitanden erhalten eine höhere Bedeutung, als sie bisslang genossen. Die Interessenvertretung auf der Ebene der einzelnen Betroffenen und ihrer Zusammenschlüsse zum Beispiel in Form von Selbsthilfegruppen kann an Bedeutung gewinnen. Der Aspekt der Teilhabe verstärkt den Anspruch auf einen Arbeitsplatz und selbstständige Lebensführung. Arbeit und Wohnen muss weitgehend barrierefrei gestaltet werden, um die Auswirkungen gesundheitlicher Störungen gering zu halten.
Aus sozialpolitischer Sicht wird Förderung in den unterschiedlichsten Rahmenbedingungen zunehmend mit dem Prinzip des Forderns verbunden. So werden Vorgaben für die Integration von Arbeitslosen zur Vermittlung auf dem Arbeitsmarkt neu gefasst. Ebenso werden im Bereich der Rehabilitation mit dem SGB III neue Anforderungen gestellt, indem Rehabilitationsmaßnahmen nur noch nach dem Prinzip "so viel Hilfe wie nötig und so wenig als möglich" angeboten werden sollen. Die gestellten Anforderungen beinhalten, dass die geförderten Personen einen größtmöglichen persönlichen Beitrag leisten, um die Teilhabe auf dem Arbeitsmarkt zu erreichen. Die Anforderungen ihrerseits sind - dem Geiste nach - nahezu ausschließlich auf die vorgegebenen Bedingungen des Arbeitsmarktes ausgerichtet. An dieser Stelle besteht teilweise ein Spannungsverhältnis zu dem neuen Verständnis von Behindertsein, das ja gerade auch fordert, betriebliche Bedingungen in der Weise zu verändern, dass sich aus Behinderung ergebende Einschränkungen verringert oder ganz abgebaut werden können.
In der aktuellen Diskussion haben sich neue Begrifflichkeiten wie Assessment und Profiling etabliert. Sie wurden auf politischer Ebene insbesondere durch die Drucksache des Bundestages 14/6944 eingeführt. Sie sollten auf die notwendigen Verbesserungen bei der Vermittlung von arbeitslosen oder von Arbeitslosigkeit bedrohten Arbeitnehmern durch Eignungserfassung und Abstimmung auf die Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt hinwirken. Diese Anregungen wirken sich nun auch auf den Bereich der Rehabilitation aus, in dem es bereits Maßnahmen wie Arbeitserprobung, Berufsfindung und Förderlehrgänge gab und gibt. Für diese Maßnahmen gab es konzeptuelle Vorgaben, die für die Förderlehrgänge nach wie vor über einen Runderlass geregelt sind (vgl. Bundesanstalt für Arbeit 1996). Für Arbeitserprobung und Berufsfindung wurde der entsprechende Runderlass nicht fortgeschrieben, aber es existieren wissenschaftlich abgesicherte Konzepte (vgl. Wöhrl/ Klammer/ Dijkstra 1987).
Die Grundprinzipien von Arbeitserprobung und Berufsfindung sind multidisziplinäre Diagnostik, pädagogisch aufbereitete Lernfelder, Beobachtungs- und Beurteilungssysteme, interdisziplinäre Beratung und Empfehlungsfindung, Plausibilität der Aufgabenstellungen für die Teilnehmer, kontinuierliche Rückmeldung über die Bewertung und Aussagefähigkeit von Aufgaben sowie das Einbeziehen der Teilnehmer in den gesamten Prozess. Für berufspädagogische Erprobungen in beiden Maßnahmen wurden verschiedene von Experten aus der beruflichen Rehabilitation ausgewählte berufsfeldtypische Aufgaben zusammengestellt, durch die individuelle Lernprozesse initiiert und überprüft werden können. Die Bearbeitung sollte keine einschlägigen beruflichen Vorerfahrungen erfordern. Diese Aufgaben sind im Schweregrad differenziert und decken die Breite der Berufsfelder ab. Sie ermöglichen, Aussagen zu verschiedenen Anforderungsniveaus und Ausbildungsgängen der Berufsfelder zu treffen. Sozialpädagogisch relevante Verhaltensaspekte sind ebenfalls durch Experten aus der beruflichen Rehabilitation abgestimmt, um lebenspraktische und soziale Verhaltenskompetenzen der Teilnehmer bezogen auf die Bewältigung zukünftiger Ausbildungen zu erfassen. Rehabilitationsmedizinische und -psychologische Befunderhebung und Unterstützung im Maßnahmeprozess vervollständigen die ganzheitliche Erfassung und Vermittlung von Ergebnissen. Die Komplexität der Maßnahme, die das Erfassen nicht nur von Eignung sondern auch von Neigung und Belastbarkeit ermöglicht, verlangt nach einer systematischen Organisation von interdisziplinärer Zusammenarbeit und Einbeziehung der Teilnehmer. Die Heterogenität der durch sehr verschiedene psychosoziale Entwicklungsbedingungen bewirkten persönlichen Entwicklungsstände verlangt nach einer sehr differenzierten Vorgehensweise, um sie so weitgehend wie möglich mit einbeziehen zu können sowie einen individuellen Maßnahmeverlauf zu ermöglichen.
Zu den Grundprinzipien in Fördermaßnahmen (F1, F2, F3 und F4) gehört, ein breites Berufswahlspektrum anzubieten. Das breite Spektrum dient zum einen als Grundlage für eine Entscheidungsfindung und zum anderen für eine individuell ausgerichtete Förderung. Das Lernen erfolgt ganzheitlich und die pädagogische Vorgehensweise richtet sich an einer Kompetenz- und nicht an Defizitorientierung aus. Ausbildungsmotivation gilt es aufzubauen und berufsfeldtypische fachpraktische und fachtheoretische Grundkenntnisse und Grundfertigkeiten zu vermitteln sowie betriebliche Erfahrungen zu ermöglichen. Es sollten allerdings keine Ausbildungsinhalte vorweg genommen werden. Berufsfeldübergreifende Kompetenzen wie soziale Handlungskompetenzen und ein angemessenes Arbeitsverhalten sind differenziert aufzubauen. Konkretere inhaltliche Vorgaben über die Prinzipien der Projektarbeit und Betriebspraktika hinaus werden nicht gesetzt. Aber es wird das Prinzip der Modularisierung gefordert, um eine flexible am Teilnehmern ausgerichtete Lehrgangsgestaltung zu ermöglichen. Die berufspädagogischen Inhalte müssen also zum einen nach der Art von Bausteinen, die auf einander bezogen sind, geplant werden. Zum anderen müssen bei dieser Planung alle anderen Fachlichkeiten, die zur interdisziplinären Zusammenarbeit notwendig sind, wie Sozial- und Sonderpädagogik, Psychologie und je nach Klientel auch Medizin mit einbezogen werden. Ein organisierter kontinuierlicher interdisziplinärer Austausch gewährleistet ein hohes Beurteilungsniveau, da subjektive Fehlerquellen minimiert werden.
Profiling kann als ein systematisierter Ansatz verstanden werden, die persönlichen Voraussetzungen eines Menschen in beruflicher Hinsicht zu erfassen, mit den erhobenen Angeboten des Arbeitsmarktes abzugleichen und daraus eine Vermittlungsempfehlung abzuleiten. Benannte die Arbeitsvermittlung früher nur ihr bekannte Arbeitsgesuche, wird jetzt verlangt, dass der Arbeitssuchende auch tatsächlich den Anforderungen des Stellengesuchs entspricht. Zu den Grundprinzipien des Profilings zählen mit Blick auf betriebliche Nachfrage die aktuellen persönlichen Qualifikationen und Kenntnisse, sowie die Leistungsbereitschaft und Weiterbildungsmotivation zu erfassen. Das Erfassen dieser individuellen Voraussetzungen erfolgt in der Regel über Gespräche, Unterlagen oder Tests. Auf der Grundlage dieser Erfassung wird eine obligatorische individuelle Chancenabschätzung vorgenommen. Es geht also um eine Prognoseerstellung durch Eignungsfeststellung mit dem Ziel, eine Vereinbarung über das Vorgehen zu treffen, wie ein Arbeitsplatz erfolgreich gefunden und eingenommen werden kann.
Unter Assessment Center firmieren verschiedene Ansätze. Zu den Grundprinzipien von Assessment Center gehört, Eignungsaussagen anhand verschiedener Aufgabensituationen, in denen Teilnehmer nach festgesetzten Kriterien beobachtet und beurteilt werden, zu treffen. Die Aufgabenstellungen müssen Anforderungen enthalten, für deren Bewältigung die Teilnehmer die abzuklärenden Eignungen einsetzen müssen. Die Aufgabenstellungen des Assessment Centers sollen also einen engen nachvollziehbaren Bezug zu den zukünftigen (Arbeits-) Tätigkeiten haben. Die Beobachtungen sollen überprüfbar und beschreibbar sein. Die Beobachter werden vor ihrem Einsatz geschult. Die Auswertungen der Beobachtungen werden zwischen den Beobachtern abgestimmt und in einem Ergebnisbericht formuliert. Die Teilnehmer werden über die Ziele und den Ablauf des Assessment Centers in Kenntnis gesetzt. Sie werden während des Assessment Centers über die Teilergebnisse sowie an dessen Ende über das Gesamtergebnis informiert. Assessment Center können so aufgebaut sein, dass Ergebnisse aus einem ersten Assessment Center zu einer gezielten Trainingsmaßnahme führen, nach deren Abschluss die Teilnehmer in einem folgenden Assessment Center wieder ihre Eignung unter Beweis stellen können.
Die bisherige Gestaltung der berufsabklärenden und berufsvorbereitenden Maßnahmen haben eine fortwährende Anpassung ihres Ablaufes und ihrer Inhalte erfahren, ohne ihre grundsätzliche Konzeption zu verändern. So ist die Flexibilisierung des Ablaufes, um individuellen Anforderungen besser gerecht zu werden, erhöht worden. Eine zentrale Bedeutung nimmt dabei der Ansatz der Modularisierung ein, der nicht immer explizit benannt wird. In verschiedenen Versionen erfolgt die Durchführung in den Berufsbildungswerken, sodass sich die Konzepte als anpassungsfähig an die verschiedenen Rehabilitanden Gruppen und organisatorischen Bedingungen der Einrichtungen erwiesen haben und erweisen. Die inhaltlichen Aufgabenstellungen sind in den einzelnen Einrichtungen an die veränderten Ausbildungsinhalte und im weiteren an die veränderten Arbeitsplatzanforderungen ausgerichtet worden. Die Entwicklungen sind in erster Linie durch die Einrichtungen initiiert und umgesetzt worden, wobei für die Fördermaßnahmen ein Rahmen vorgegeben war, der bei den anderen beiden Maßnahmen nicht fortgeschrieben wurde. Mit Profiling und Assessment Center werden nun zwei Ansätze neu in den Rehabilitationsbereich eingebracht. Sie geben neue Impulse und eröffnen neue Chancen, die geprüft werden müssen.
Aus Sicht der Einrichtungen können also mit Profiling und Assessment Center neue Teilnehmergruppen angesprochen werden, die bislang nicht von den Angeboten in Berufsbildungswerken profitieren. Es gilt also neue strategische Überlegungen anzustellen und umzusetzen. Die Einrichtungen können aber auch von der Kombination von Aspekten der verschiedenen Maßnahmen Nutzen ziehen, in dem sie ihren bisherigen Bestand auf der Grundlage neuer Anregungen einer kritischen Reflexion unterziehen. Hierzu lassen sich eine Reihe von geeigneten Fragestellungen entwickeln, die einer sorgfältigen Analyse und Bewertung bedürfen. Insbesondere unter dem Gesichtspunkt einer vernetzten Rehabilitationsplanung.
Darüber hinaus werden mögliche Perspektiven aus der Sicht der Kostenträger und Teilnehmer vermutet, die Beachtung finden sollten.
Aus Sicht der Rehabilitationsträger ergeben sich verschiedene Aspekte. Sie werden zum einen Vorteile bei den Gestaltungen von Maßnahmen sehen, die durch eine Fokussierung auf die Erprobung beispielhafter Arbeitssituationen zu einer verkürzten Zeitdauer führen. Eine Effektivitätssteigerung ergibt sich aber nur dann, wenn die Prognose gleich sicher wie bei Maßnahmen ist, die einen Rahmen geben, bei dem berücksichtigt werden kann, dass die Persönlichkeitsentwicklung der Teilnehmer beeinträchtigt ist, sie überwiegend kein altersentsprechend gefestigtes Selbstbild haben, ihre Selbsteinschätzung durch die besonderen Entwicklungsbedingungen beeinträchtigt und die Behinderung oft nicht angemessen verarbeitet ist. Sie müssen an ihrem Entwicklungsstand abgeholt werden und ihnen gilt es, einen Rahmen zu geben, der Entwicklungsmöglichkeiten einschließt. Dieser Rahmen muss allerdings flexibel individuelle Abläufe ermöglichen, wozu eine geeignete und weiterentwickelte Modularisierung beiträgt. Zum Zweiten werden Träger daran interessiert sein, dass durch eine kontinuierliche Überprüfung der inhaltlichen Aufgabenstellungen ihre Aktualität bezogen auf Ausbildungs- und Arbeitsanforderungen gewährleistet ist, dies erfordert eine systematische und kontinuierliche Überprüfung der Inhalte. Zum Dritten wird vonseiten der Träger ein Interesse daran bestehen, auf der Basis vorhandener Ansätze Qualitätskriterien und deren Überprüfung zu definieren. Viertens erwarten Träger eine Evaluation der Abschlüsse, für die es allerdings unter Beteiligung der Einrichtungen angemessene Vorgaben zu bestimmen gilt.
Aus Sicht der Teilnehmer werden sich Änderungen ergeben, die in Richtung einer selbstbestimmten Einflussnahme auf Maßnahmen gehen. Hier wird sich ein neuer Bedarf an Beratung über Maßnahmen und ihren Inhalten ergeben, der sowohl zu Beginn als auch im Laufe der Maßnahme zunehmen wird. Der persönliche Entwicklungsstand und das Lebensalter der Teilnehmer wird es notwendig machen, auch das mögliche Einbeziehen von Erziehungsberechtigten oder betreuenden Personen zu berücksichtigen. Neue Teilnehmergruppen können Interesse finden. Das Angebot des Assessment Center könnte zur verbesserten betrieblichen Arbeitsplatzplanung und -besetzung genutzt werden, sodass sich sowohl Arbeitnehmer als auch Betriebe dafür interessieren können.
Brattig, V. (1998): Qualitätsstandards für Berufsfindungs- und Arbeitserprobungsmaßnahmen. In: Berufliche Rehabilitation. Beiträge zur beruflichen und sozialen Eingliederung junger Menschen mit Behinderungen. Bundesarbeitsgemeinschaft der Berufsbildungswerke (Hrsg.). Ausgabe 3/98, S. 176, Freiburg
Bundesanstalt für Arbeit (Hrsg.)(1996): Dienstblatt Runderlass 42/96. Nürnberg
Wöhrl, H.-G./ Klammer, W./ Dijkstra, J. (1987): Berufsfindung und Arbeitserprobung als berufswahlunterstützende und eignungsdiagnostische Maßnahmen für behinderte Jugendliche: Abschlußbericht zum Projekt "Revision, Entwicklung und Erprobung von Aufgaben-, Beobachtungs- und Beurteilungssystemen für die Berufsfindung/Arbeitserprobung in Berufsbildungswerken". Forschungsbericht 156. Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung (Hrsg.). Bonn
Zu den Aufgaben der BA gehören u. a. Berufsberatung, Vermittlung in Ausbildungs-
und Arbeitsstellen, Förderung der Berufsausbildung, Förderung der
beruflichen Eingliederung Behinderter, Arbeitsmarkt- und Berufsforschung,
Arbeitsmarktbeobachtung und -berichterstattung und das Führen von Arbeitsmarktstatistiken.
Autor Christian Strijewski arbeitet im Referat Berufsberatung und Berufsorientierung
der Bundesanstalt für Arbeit.
Die BAG BBW ist der Spitzenverband selbstständiger Berufsbildungswerke
in Deutschland, die vornehmlich Jugendlichen mit Behinderungen eine erstmalige
Berufsausbildung ermöglichen.
Autor Volker Brattig ist Leiter des psychologischen Dienstes beim BBW Hannover.
Die BUAG Schule Wirtschaft wird durch das Institut der Deutschen Wirtschaft
und die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände getragen.
Sie initiiert und gestaltet den Dialog und die Kooperation zwischen Schule
und Wirtschaft.
Die Autoren gehören dem Vorstand und der Geschäftsführung der
BUAG an:
Gerrit Witschaß, Abteilung "Bildungspolitik, Gesellschaftspolitik
und Grundsatzfragen" der BDA,
Dr. Roland Delbos, Mitglied des Vorstandes der Deutschen Krankenversicherung
AG,
Marion Hüchtermann, verantwortlich für die Projekte "JUNIOR"
und "GO to school" des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln,
Ulrich Wiethaup, Schulleiter der Elly-Heuss-Knapp Schule in Neumünster.
Haupttätigkeitsfelder der BBJ Consult AG sind Entwicklung, Durchführung
und Beratung von Programmen und Projekten in der Sozial-, Jugend-, Arbeitsmarkt-,
Berufsbildungs- und Strukturpolitik.
Die Autoren sind im Projektbereich Berufliche Bildung der BBJ tätig:
Joachim Dellbrück, Projektleiter,
Günther Kühling, Koordinator.
Im Bundeselternrat sind die Landeselternvertretungen aller 16 Bundesländer
zu einer bundesweiten Interessenvertretung zusammengeschlossen.
Autorin Renate Hendricks ist Vorsitzende des Bundeselternrates.
Das BMBF erfüllt im Rahmen seiner Zuständigkeiten im Bildungsbereich nach dem Grundgesetz u. a. Grundsatz-, Koordinierungs- und Rechtsetzungsaufgaben für die außerschulische berufliche Bildung und Weiterbildung. Ferner ist das BMBF zusammen mit den Ländern verantwortlich für die Gesetzgebung zur Ausbildungsförderung und deren Finanzierung.
Die BSV vertritt die Interessen von Schülerinnen und Schülern gegenüber
der Öffentlichkeit und länderübergreifend wirkenden politischen
und gesellschaftlichen Institutionen und Vereinigungen.
Autor Andreas Kowarschik ist Mitglied des Vorstandes der BSV.
Der BLBS nimmt zu allen wichtigen berufspädagogischen, schul- und bildungspolitischen Fragen Stellung und beeinflusst die Entwicklung der beruflichen Bildung und Ausbildung.
Der VLW ist die Bildungsgewerkschaft und spezielle Interessenvertretung der Lehrerinnen und Lehrer an kaufmännischen Schulen.
Der Schwerpunkt der Arbeit der Sektion Berufs- und Wirtschaftspädagogik liegt in den Bereichen Berufsvorbereitung, Berufsausbildung und berufliche Weiterbildung.
Der DGB vertritt die Gewerkschaften gegenüber den politischen Entscheidungsträgern,
Parteien und Verbänden in Bund, Ländern und Gemeinden. Er koordiniert
die gewerkschaftlichen Aktivitäten als Dachverband.
Autor Michael Sommer ist Vorsitzender des DGB.
Die 55 Handwerkskammern in Deutschland bilden gemeinsam den DHKT. Als Dachverband
hat er die Aufgabe, die Angelegenheiten der ihm angehörenden Handwerkskammern
zu vertreten.
Autor Dr. Peter-Werner Kloas vertritt die Abteilung Berufsbildung des DHKT.
Die GATWU ist eine von Lehrerinnen und Lehrern, Hochschullehrenden und Studierenden
gegründete gemeinnützige Gesellschaft. Ziel der GATWU ist u. a. die
Förderung der fachwissenschaftlichen und fachdidaktischen Forschung und
Lehre sowie des Unterrichts in den Bereichen der technischen, ökonomischen
und haushaltsbezogenen Bildung.
Autor Dr. Günther Reuel ist 1. Vorsitzender des Bundesvorstandes der
GATWU.
Die GEW ist die Bildungsgewerkschaft im Deutschen Gewerkschaftsbund. Sie
ist die gewerkschaftliche Interessenvertretung für ihre Mitglieder und
sieht sich als bildungs- und gesellschaftspolitisches Sprachrohr für
alle Lernenden.
Autorin Marianne Demmer ist Leiterin des Organisationsbereichs "Schule"
beim Hauptvorstand der GEW.
Die HRK ist der freiwillige Zusammenschluss der staatlichen und staatlich
anerkannten Universitäten und Hochschulen in Deutschland. Sie begreift
sich als Stimme der Hochschulen gegenüber Politik und Öffentlichkeit
und als Forum für den gemeinsamen Meinungsbildungsprozess.
Autor Michael Ley ist Dozent am Institut für Erziehungswissenschaften
der Universität Bonn.
Die IG Metall vertritt die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
der Metallindustrie, des Metallhandwerks, der Textil- und Bekleidungsindustrie
sowie der Holz- und Kunststoffindustrie.
Autorin Eva Kuda ist Gewerkschaftssekretärin im Vorstand der IG Metall.
Das NL/ WC ist eine private, nicht kommerzielle Organisation in Kanada, die
sich die Verbesserung der Berufsorientierung Jugendlicher zum Ziel gesetzt
hat und landesweit agiert.
Autor Phillip S. Jarvis ist Vize-Präsident im Partnership Development
des NL/ WC.
Die KMK ist der Zusammenschluss der für Bildung und Erziehung, Hochschulen und Forschung sowie kulturelle Angelegenheiten zuständigen Ministerinnen und Minister bzw. Senatorinnen und Senatoren der Länder. Diese haben das Ziel, in der Konferenz in Belangen, die von länderübergreifender Bedeutung sind, für das notwendige Maß an Gemeinsamkeit in Bildung, Wissenschaft und Kultur zu sorgen.
Das SWA-Programm, gefördert durch das Bundesministerium für Bildung
und Forschung und den Europäischen Sozialfonds der Europäischen
Union, hat sich zum Ziel gesetzt, den Übergang Jugendlicher von der Schule
in die Berufsausbildung zu verbessern. Die wissenschaftliche Begleitung hat
die vordringliche Aufgabe, eine wissenschaftsgestützte Evaluation der
einzelnen Projekte und des Programms insgesamt durchzuführen.
Prof. Dr. Gerd-E. Famulla ist Professor und Direktor am Institut für
Politik und Wirtschaft und ihre Didaktik der Universität Flensburg, Fachgebiet
"Wirtschaftswissenschaften und ihre Didaktik" sowie Leiter der
wissenschaftlichen Begleitung des Programms "Schule - Wirtschaft/
Arbeitsleben".
Claudia Schreier ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Rahmen der wissenschaftlichen
Begleitung des Programms "Schule - Wirtschaft/ Arbeitsleben"
am Institut für Politik und Wirtschaft und ihre Didaktik an der Universität
Flensburg.
Der VBE hat Landesverbände in allen Bundesländern, die als Berufsorganisation
für Lehrkräfte, Erzieherinnen und Erzieher sowie Studierende und
Lehrende der Hochschulen fungieren. Aufgabe des VBE Bundesverbandes ist es,
für die Arbeit seiner Landesverbände die notwendigen Rahmenbedingungen
zu schaffen und die Interessen der Länder in allen bundesrelevanten Bereichen
wahrzunehmen.
Autor Dr. Ludwig Eckinger ist Bundesvorsitzender des Verbandes Bildung und
Erziehung.
Ver.di ist aus fünf Gründungsgewerkschaften - der Deutschen
Angestelltengewerkschaft, der Deutschen Postgewerkschaft, der Gewerkschaft
Handel, Banken und Versicherungen, der Industriegewerkschaft Medien und der
Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr -
hervorgegangen und stellt die größte Einzelgewerkschaft in Deutschland
dar. Ihre Aufgabe ist es, die wirtschaftlichen, ökologischen, sozialen,
beruflichen und kulturellen Interessen der Mitglieder zu vertreten. Homepage
Autorin Sabine Daß arbeitet im Bereich Jugend des Bundesvorstandes von
Ver.di. und betreut das Projekt "Perspektive.Plus".