Sachverständigenbefragung, Hearing

Bei einer Sachverständigenbefragung werden fachkundige Personen in Interviews oder in Diskussionen, die unter gezielten Fragestellungen stehen, um Informationen zu bestimmten Sachverhalten gebeten.

Das Hearing ist eine spezifische Form der Sachverständigenbefragung, die vor allem im parlamentarisch-politischen Raum genutzt wird, um zu einem bestimmten Thema die notwendigen Informationen, die unterschiedlichen Meinungen, das Für und Wider zu erfahren. Dabei kann man Expertinnen bzw. Experten einzeln befragen oder mehrere gleichzeitig. Die Expertinnen bzw. Experten können zu Beginn des Hearings durch eine kurze Information den eigenen Standpunkt darstellen. Danach sollen diese Äußerungen hinterfragt, vertieft und in Frage gestellt werden. Die Sachverständigenbefragung wird durch die Fragen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer strukturiert.


Anforderungen an eine Sachverständigenbefragung
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer müssen in einer Vorbereitungsphase ihr Vorverständnis vom Problem geklärt und eine Absprache getroffen haben über die Arbeitsform während der Sachverständigenbefragung. Nur so sind sie in der Lage, sachgerechte Fragen zu stellen. Zur weiteren Vorbereitung sollte ein Fragenkatalog bzw. ein Interviewleitfaden erarbeitet werden. Daneben muß jedoch auch Platz für spontane, unvorbereitete Fragen sein.
Sachverständigenbefragungen sind keine Expertenvorträge, sondern erlauben höchstens eine kurze Darstellung eines Standpunktes bzw. eine kurze Information zum Problem. Deshalb sollte die Moderatorin bzw. der Moderator darauf achten, daß die Experten tatsächlich auf die Fragen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer eingehen.
In der Auswertung der Sachverständigenbefragung sollten die Eindrücke, die gewonnenen Informationen und Ergebnisse mit den Voreinstellungen und Annahmen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer verglichen werden. Unklarheiten sollten durch weitere Recherchen beseitigt werden.

Vgl. Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.): Die Fähigkeit, zu verstehen und zu lernen "Betr.: Information und Kommunikation". Aus der Reihe Schlüsselwörter der politischen Bildung. Bonn 1986, S. 16 f.


Einige Fragen zur Vorbereitung

  • Zu welchem Problemfeld sollen spezielle Informationen oder Beurteilungen eingeholt werden?
  • Welche Informationen und Einschätzungen besitzen wir bereits?
  • Welche Fragen haben wir zum Problemfeld?
  • Wo liegen unsere Unsicherheiten?
  • Was können wir von einer Expertin bzw. einem Experten erwarten?
  • Wo können wir Expertinnen und Experten zu unserem Themenbereich finden?
  • Wo liegen die Schwerpunkte ihrer bzw. seiner Arbeit bzw. worin besteht ihre bzw. seine spezifische fachliche Kompetenz?
  • Welchem politischen Spektrum ist die Expertin oder der Experte zuzurechnen?
  • Vertritt die Expertin oder der Experte einen speziellen Ansatz? (Sollen auch andere Richtungen gehört werden?)
  • Wie soll die Befragung strukturiert sein?
  • Welche Themenbereiche sollen angesprochen werden?
  • Welche konkreten Fragen sollen gestellt werden?
  • Wer übernimmt die Moderation?
  • Wer stellt die Fragen?
  • Wie soll die Sitzordnung aussehen (Hufeisen, Kreis, Tischgruppen)?
  • Wie wird die Befragung dokumentiert?
  • Wie wird mit den Ergebnissen weitergearbeitet?


Eine Erfahrung aus der Praxis

"Viele Sachverständige sind mit der Befragung in Reinform nicht vertraut. Auch ungeübte Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind zuweilen in der gedanklichen Strenge und Gesprächsdisziplin überfordert, oder aber es entwickelt sich eine Eigendynamik, bei der sich die Beteiligten so stark auf Teil- oder Nebenaspekte des Themas konzentrieren, daß dadurch das Hauptanliegen der Veranstaltung verschüttet wird. Räumen sie in solchen Fällen der Expertin bzw. dem Experten eine (sehr) kurze Zeit zu einer Darstellung im Überblick ein. Dies können sie medial unterstützen (lassen) durch ein Thesenpapier oder durch ein Schaubild mit den notwendigen Zusammenhängen auf Tafel oder Tageslichtschreiber. Es liegt an der Gesprächsleitung, wie schnell zur echten Befragung zurückgefunden wird."

Josef M. Thees

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